Die erste Runde der EURO neigt sich ihrem Ende zu. Für Österreich verlief der Auftakt gegen Nordmazedonien – zumindest vom Ergebnis – nach Plan. Tom und Philipp sprechen noch einmal über das Spiel, seine Nachwirkungen und blicken dann nach vorn zum nächsten Gegner: die Niederlande. Ist Angst nach deren furiosem Auftakt gegen die Ukraine angebracht?
Und die Ballverliebt-Boys sprechen darüber, was sonst bisher bei der EURO passiert ist. Vom Schock rund um Christian Eriksen bis zu den Favoriten-Auftritten: England, Italien, Spanien und Belgien waren schon im Einsatz. Was war davon zu halten? Und hat sich ein neuer Geheimtipp hervorgetan?
Europameisterschaft! Österreich ist dabei! Alle anderen Top-Teams auch! Und doch… Irgendwie tun wir uns alle ein wenig schwer mit der Vorfreude auf dieses EURO 2020-Turnier. Aber weil wir sicher alle recht flott in EM-Modus kommen, sobald der Ball mal rollte, haben sich Tom und Philipp mal ins Turnier vertieft.
Warum frustriert uns das ÖFB-Team so sehr? Wurde wirklich das richtige Umschaltverhalten trainiert? Was passiert, wenn das Auftaktspiel gegen Nordmazedonien nicht gewonnen wird? Was können die Teams in den anderen Gruppen? Und vor allem: Kann Luis Enrique nicht bis 26 zählen?
Mit einem Jahr Verspätung steht nun die Europameisterschaft vor der Tür. Österreich ist auch noch dabei. Aber von einer Euphorie, wie sie 2016 alle mitgerissen hat, ist meilenweit nichts zu spüren. Viel eher scheinen viele Fans in Österreich zu hoffen, dass das Turnier so schnell wie möglich vorbei gehen möge, weil man sich mit dem ÖFB-Team ja doch nur ärgern muss.
Es gibt auch tatsächlich diverse Baustellen, die in den letzten Matches eher schlimmer wurden als besser.
Nein, großen Spaß hat das nicht gemacht. Den Zusehern an den TV-Geräten nicht. Und den österreichischen Spielern, die beim 3:1-Sieg gegen die Färöer auf dem Feld standen auch nicht. Das lag zum einen an der giftigen Spielweise der Färinger, die Spielfluss und Rhythmus beim ÖFB-Team effektiv störten. Und aber auch einmal mehr daran, dass die überwiegend offensiv denkenden Spieler erneut von Franco Foda zum Nachlaufen angehalten wurden, anstatt die Initiative zu behalten.
Österreich kam zum Auftakt in die WM-Qualifikation für Katar 2022 zu einem 2:2 in Glasgow. Obwohl einige Stammkräfte nicht zur Verfügung standen und die Schotten willig waren und die Intensität hoch hielten, war das ÖFB-Team doch das bessere, durch eine geschickte Umstellung für die zweite Halbzeit konnte man auch Sasa Kalajdzic ins Spiel einbinden, was dieser mit zwei Toren belohnte. Dennoch verschenkte man die Punkte durch individuelle Schnitzer und gesteigerte Schlampigkeit in der Schlussphase.
Die gute Nachricht: Österreich ist Gruppensieger und steigt damit in den A-Pool der Nations League auf. Die schlechte: Gegen das hastig und bunt zusammen gewürfelte Team aus Norwegen, das coronabedingt das eigentliche Nationalteam ersetzen musste, hätte es beinahe eine verdiente Niederlage gegeben. Erst der Ausgleich in der 94. Minute verhinderte die Niederlage für ein ideen- und espritloses ÖFB-Team, das schon vor dem Rückstand wenig Plan zeigte und danach jegliche Struktur verlor.
Es brauchte die Brechstange nach dem Rückstand in der 74. Minute, aber am Ende gab es einen 2:1-Sieg für Österreich im fünften Spiel dieses Nations-League-Herbstes. Der Gegner aus Nordirland zwang das ÖFB-Team dazu, Ideen und entwickeln und diese auch umzusetzen. Dies funktionierte nicht nach Wunsch – vor allem die tiefen Läufe von Marcel Sabitzer haben Potenzial, brachten aber (noch) keinen nachhaltigen Schwung.
Kein Arnautovic, kein Sabitzer, kein Laimer – und doch gab es für Österreich den dritten Länderspiel-Sieg innerhalb einer Woche. Das 1:0 in Rumänien basierte auf einer Umstellung zu Beginn der zweiten Halbzeit: Damit löste Teamchef Franco Foda das zerfahrene Spiel etwas auf und sein Team nützte die Schwächen, welche Rumänien schon zuvor in defensiven Umschaltmomenten offenbart hatte.
Im Hinspiel in Klagenfurt überrumpelte Rumänien das ÖFB-Team mit einem aggressiven, hohen Pressing. Darauf war Österreich diesmal besser eingestellt, zumindest reaktiv. Denn da es beide Teams gut verstanden, dem Gegner die Zeit am Ball zu nehmen und damit die Passgenauigkeit nach unten zu drücken, wurde es vom ästhetischen Standpunkt nicht gerade eine Augenweide von einem Fußballspiel.
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Auffällig waren die Mannorientierungen, welcher das österreichische Mittelfeld – vor allem Schlager und Baumgartlinger gegenüber Stanciu und Marin – bediente, wenn Rumänien das Spiel eröffnen wollte. Kam der Pass aus der rumänischen Abwehr ins Mittelfeldzentrum, standen sofort Österreicher parat. Auch auch die Außenverteidiger wurde von den ÖFB-Spielerin schnell isoliert. Generell stellte Österreich rasch und geschickt Überzahl in Ballnähe her.
Spielerisch fiel den Rumänen nicht viel ein. Wenn sie doch in die Nähe des Strafraums gekommen sind, halfen Österreichs Spieler gut zusammen, um den ballführenden Rumänen abzudrängen. Mehr als ein Weitschuss zu Spielbeginn und eine Chance, nachdem Baumgartlinger in der Vorwärtsbewegung sehr robust vom Ball getrennt wurde, schaute vor der Pause für Rumänien nicht heraus. Kurz nach Wiederanpfiff folgte das Tor, welches wegen (vorgeblichem) Abseits nicht zählte.
Österreich hatte etwas mehr Torszenen, allen voran natürlich der Lattenschuss von Gregoritsch nach etwa 20 Minuten. Vor allem, wenn man mit Tempo gegen ein etwas aufgerücktes rumänisches Team kontern konnte, waren die Gastgeber zuweilen unsortiert. Am auffälligsten war dies nach rund zehn Minuten, als Schlager den Konter nicht erfolgreich abschließen konnte.
Fodas Umstellung auf 5-4-1
Zehn Minuten nach Wiederanpfiff kam Posch für Hinteregger, mutmaßlich, um den früh gelb-belasteten Hinteregger vor einem Ausschluss zu bewahren. Im Zuge dieses Austausches wurde aber auch das System und die generelle Herangehensweise beim ÖFB-Team geändert. Posch nahm Hintereggers Position ein, aber Ilsanker rückte von der Sechs zurück in die Abwehr. Dadurch entstand ein recht klares 5-4-1.
Die Absicht war offensichtlich: Das offene Spiel um den Ball brachte nichts ein und man rieb sich zunehmen darin auf. Letztlich war dies die Art von Spiel, die Rumänien zu wollen schien. Also schob Österreich nach der Umstellung im Block etwas weiter zurück und man ließ die rumänischen Abwehrspieler den Ball zirkulieren, ohne viel Raumgewinn zu gewähren. Früher oder später kam aber ein Pass nach vorne, hier war Österreich wieder schnell in Überzahl und nach Ballgewinn ging es schnell in Richtung Tătăruşanu.
Man lud dadurch zwar durchaus Druck ein und Rumänien war sehr bemüht, für Gefahr zu sorgen. Aber nur Österreich näherte sich dem Tor an: Einmal, in der 62. Minute, wurde gerade noch vor Schlager geklärt; wenig später näherte sich Schlager noch weiter an, dann rettete der rumänische Keeper bei einem Gewaltschuss von Baumgartner. Alle diese Angriffe wurden über die rechte Seite lanciert, als in der 75. Minute Alaba und Baumgartner von links in den Strafraum kamen und Schöpf freistehend fanden, war das 1:0 für Österreich gefallen.
Kurze Unsicherheit über weitere Marschroute
Das Problem, wenn man sich zurückzieht, um offensiv für sich Räume zu schaffen: Wenn der Plan aufgeht und man in Führung geht, wie geht’s dann weiter? Doch wieder offener, um die Entscheidung herbeizuführen, oder weiterhin auf Konter lauern? In den ersten Minuten nach dem Führungstor schien man auch innerhalb des österreichischen Teams nicht so richtig zu wissen, wie es gehen soll. Schlager beispielsweise drängte vermehrt nach vorne. Letztlich setzte sich das Rückzug-Denken durch.
Die Rumänen warfen alles nach vorne, Mirel Rădoi brachte mit Puşcaş einen zweiten Stürmer und stellte vom variablen Mix aus 4-1-4-1 (gegen den Ball) und 4-2-3-1 (im Ballbesitz) auf ein klares 4-4-2 um. Im Rückstand wurde aber deutlich, dass Rumänien recht patent darin ist, den Gegner zu stören und dessen Fehler zu nützen. Wenn aber eine eigene Idee gefragt ist, ist nicht viel los.
Fazit: Diesmal war defensive Umstellung zielführend
Beim Sieg in Belfast war Österreich klar besser, schaltete nach der Führung zurück und suchte nicht mehr die Entscheidung und machte damit einen unterlegenen Gegner unnötig stark. Auch in Ploieşti erfolgte eine defensive Umstellung, sogar im System, aber der Kontext war ein völlig anderer.
In Rumänien rieb man sich eine Halbzeit lang mühsam gegen einen zumindest gegen den Ball recht geschickt agierenden Kontrahenten auf, konnte sich aber keine zählbaren Vorteile erarbeiten. Die Umstellung vom 4-2-3-1 auf das 5-4-1 nach einer knappen Stunde war ein Versuche, das Gesamtgefüge des Spiels zu verändern und einen Vorteil daraus zu ziehen.
Das hat auch funktioniert.
Die erste Halbzeit in Belfast war erheblich besser als alles, was man in Ploieşti zu sehen bekam. Dennoch hinterlässt der Sieg bei dem zerfahrenen, mühsamen und unansehnlichen Spiel in Rumänien einen wesentlich angenehmeren Nachgeschmack: Diesmal wurde im laufenden Match die Marschroute gewinnbringend geändert.
Damit bleibt Österreich an der Spitze der Gruppe, punktgleich mit Norwegen. Das heißt auch: Wenn am 14. November daheim gegen Norwegen gewonnen wird, ist das ÖFB-Team fix Gruppensieger und auch Aufsteiger in den A-Pool – unabhängig davon, was drei Tage zuvor gegen Nordirland passiert.
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Österreich übernimmt mit einem 1:0-Sieg in Nordirland zur Halbzeit dieser Nations-League-Ausgabe die Führung in der Gruppe. Einer sehr ordentlichen Auftritt vor dem Seitenwechsel folgte ein sehr zurückhaldender nach der Pause. Diese Handbremse sowie Fodas defensive Wechsel ermöglichten einem um mehrere Klassen schlechteren Gegner völlig ohne Not, zurück ins Spiel zu finden.
Der Fußball ist zurück, und damit auch wir! Zweieinhalb Wochen nach dem Start in Deutschland und mit dem Re-Start in den anderen großen Ligen vor der Tür, sprechen Tom und Phil über die ersten Geisterspiel-Erkenntnisse. Wie komisch fühlt es sich an? Ist die sportliche Qualität der Spiele womöglich sogar besser? Und gibt es auch Teams, die speziell von der Null-Kulisse benachteiligt werden?
Außerdem auf dem Spielplan: Franco Fodas Vertragsverlängung und die realpolitische Realität dahinter, die Causa LASK in der Bundesliga und ein kleiner Ausblick darauf, was der verzögerte Saisonschluss für 2020/21 und eventuell sogar in Richtung WM 2022 bedeuten kann.
Anmerkung von Tom: Dass die Info mit dem 12-Punkte-Abzug für den LASK vor der Punkteteilung, die ursprünglich in den Medien zu lesen war, vom Senat 1 der Bundesliga als falsch dementiert wurde, hat sich bis zu mir nie durchgesprochen. Mein Fehler. Würde der Grunddurchgang gewertet werden, hätte der LASK tatsächlich ebenfalls 6 Punkte verloren.