DFB nach 1:4-Debakel: Schönwetter-Fußball statt deutscher Tugenden?

„Schweden hat unsere linke Abwehrseite ständig überladen – deswegen wussten wir nicht so recht, wie wir es machen sollten!“ Janina Minge gab sich nach dem deutschen 1:4-Debakel gegen Schweden überrascht. Wie auch Bundestrainer Christian Wück: „Die Abwehrprobleme, die wir hatten, sind aufgrund der schwedischen Spielweise entstanden.“

Überraschende Aussagen aus dem Lager der DFB-Frauen. Denn das Qualitäts-Defizit, welches Wück auf dieser Abwehrseite ganz gezielt und ganz bewusst in Kauf genommen hat, ist seit Monaten das ganz große Bauchweh-Thema in der medialen Berichterstattung gewesen. Es wäre wesentlich irritierender gewesen, hätte Schweden dieses nicht angebohrt. Der Titel ist für Deutschland damit so gut wie ausgeschlossen.

Schweden – Deutschland 4:1 (3:1)
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Italia, cosa fai? Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben

Einfach die Pflicht erfüllen, Gruppenzweiter hinter Spanien werden. Dann im Viertelfinale ein bisher wirklich fürchterlich schlechtes Norwegen besiegen, das mit zwei erstaunlich unverdienten Siegen schon fix in der K.o.-Runde ist. Und schwupps, schon steht man im Halbfinale der Frauen-EM in der Schweiz.

Doch die Chance auf das beste Turnier-Resultat seit dem Final-Einzug von 1997 scheint Italien zu lähmen, nach dem Motto: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Gegen Belgien gab es ein äußerst harziges 1:0 und gegen ein an sich harmloses Portugal fürchteten sich die Azzurre so lange vor einem späten Gegentor, bis sie es sich tatsächlich einfingen – 1:1.

Aber warum?

Italien – Portugal 1:1 (0:0)
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Ist diesmal alles anders, Frankreich? Der Sieg gegen England und was er bedeutet

Mit überzeugenden Siegen in der Gruppenphase kennen sich die Französinnen aus. Das machen die nun mal so. Und doch: Ist nach dem 2:1-Auftakterfolg gegen England diesmal, bei der EM in der Schweiz, alles anderes? Bringt es Frankreich diesmal zusammen? Was nach den Erkenntnissen des bärenstarken Auftritts in Zürich dafür spricht, was dagegen – und eine historische Einordnung.

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Der Fraumünster-Postraub und Norwegens Coup im Eröffnungsspiel

Wann hat es zuletzt so ein wildes Eröffnungsspiel gegeben? Die Schweiz und Norwegen lieferten beim offiziellen Auftakt-Match zur Frauen-EM eine Partie mit so vielen Volten, unerwarteten Elementen, großen und kleinen Geschichten ab, wie man sie sonst oft in fünf Spielen nicht hat. Ein über weite Strecken katastrophal schlechtes Team aus Norwegen hat mit dem 2:1-Sieg den wohl größten Diebstahl-Coup auf Schweizer Boden seit dem Einbruch ins Hochsicherheitsdepot der Zürcher Fraumünsterpost vor 28 Jahren verübt – dieser sollte aber auch eine Warnung sein.

Schweiz – Norwegen 1:2 (1:0)
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16 Teams und ihre Hymnen: Die Teilnehmer der Frauen-EM 2025

Gerade eine Fußball-EM ist immer auch, so als kleiner Nebenschauplatz, ein alternativer Song Contest. Wenn sich die Teams vor dem Match aufstellen und die Hymne ihres Landes erklingt, sind manche mit mehr Enthusiasmus dabei, manche mit weniger. Aber in praktisch allen Texten (sofern sie einen haben, ¡Hola! nach Spanien) lässt sich irgendwo eine Zeile finden, die einen Hinweis auf die aktuelle Verfasstheit der 16 Teams bei der Frauen-EM in der Schweiz gibt.

Hier sind nun alle 16 Teilnehmer des Turniers im Kurz-Portrait.

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Frauen-EM 2025: Zwischen Normalität und alten Widerständen

Nein, also das Old Trafford ist das nicht gerade. Wenn am Mittwoch mit Finnland gegen Island die Endrunde der in der Schweiz ausgetragenen Frauen-EM startet, wird das erste Spiel in der Stockhorn Arena von Thun über die Bühne gehen – ein modernes Kleinstadion, funktional und plus/minus so sexy wie ein IKEA-Regal. Auf Österreich umgelegt, wäre das in etwa wie ein Turnier-Auftakt in St. Pölten. Das offizielle EM-Motto lautet „Der Gipfel der Emotionen“, aber naja.

Schon klar: Mit dem letzten Turnier in England auf der Ebene von altehrwürdigen Fußball-Gemäuern konkurrieren zu wollen, kann für die Schweiz nicht gut gehen und gleich nach dem Match in Thun folgt das offizielle Eröffnungsspiel im großen Stadion in Basel, der Gastgeber trifft auf Norwegen. Aber auch ein Push zum Titel, wie ihn England 2022 und die Niederlande 2017 erfolgreich abgeschlossen haben und wie er auch für Schweden 2013 lange das Turnier getragen hat, geht sich für die Eidgenössinnen, aktuell sportlich eher in der Rue de la Gack als im Hotel Baur au Lac daheim, nicht aus.

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0:6 in 45 Minuten: Die Verprügelung von Favoriten und ihre Folgen

Im Horr-Stadion konnten die Fans kurze Messages einschicken, die dann in der Halbzeit auf den Vidiwalls gezeigt wurden. Eine dieser Messages war, in Anlehnung an den Mittelfeld-Muskel der Austria: „Barry rein und alles wird gut!“ Aber Laura Freigang umhacken ist auch keine Lösung. Zumindest nicht mehr bei einem Pausenstand von 0:6.

Wie einst bei Branko Elsner?

Als Branko Elsner im Frühjahr 1985 Teamchef wurde, lud er gleich mal die ganzen alten Helden von Córdoba wieder ein, die zuvor unter Erich Hof einer nach dem anderen aussortiert worden waren. Sie lieferten im WM-Quali-Heimspiel gegen Ungarn einer dermaßen katastrophale Leistung ab, dass allen klar war: Hier und jetzt ist Schluss, das war’s für sie. Es war der Beweis, den die Öffentlichkeit gebraucht hat. Das Team wurde zwar über Jahre nicht mehr wirklich besser, aber es konnte zumindest niemand mehr sagen, dass die Alten immer noch stärker wären.

Das 0:6 der ÖFB-Frauen gegen Deutschland fühlte sich so ähnlich an. Nach diesem Spiel – vor allem der ersten Halbzeit, nach der es eben bereits mit diesem Stand von 0:6 in die Kabinen ging – ist klar: Bei allen Verdiensten, die sich einige der verbliebenen Routiniers um den österreichischen Frauenfußball erworben haben, now’s the end of the line.

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Ohne Rudi Assauer kein Hoffenheim und kein Rangnick bei Red Bull?

„Ich bin diese politischen Possenspiele leid!“ Ralf Rangnick war sichtlich emotionalisiert. „Ich werde meinen Vertrag nicht verlängern. Ich habe keine andere Wahl, als mich so zu entscheiden!“

Keine Angst, das hat der ÖFB-Teamchef nicht vor der nun gegen Rumänien beginnenden WM-Qualifikation gesagt. Und er sagte das auch nicht über das nun von Josef Pröll angeführte ÖFB-Präsidium, das nicht nur dem Teamchef in den letzten Jahren so viel Missvergnügen bereitet hat. Er sagte das vor knapp 20 Jahren mit Blick auf Schalke-Boss Rudi Assauer. Dieser den Trainer erfolgreich aus dem Amt gemobbt – mit dramatischen Folgen für den ganzen Fußball in Deutschland und in Österreich.

Die These: Hätte sich Assauer mit Rangnick arrangiert, wäre Hoffenheim niemals in die Bundesliga gekommen und der Schub bei Red Bull – und damit dessen großer Einfluss auch auf Österreich und das ÖFB-Team – vermutlich auch nicht.

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