Blick auf die Zuseherzahlen der ÖFB-Frauen – und ein WoSo-Roundup

Es geht um alles! Naja, nicht wirklich. Schon bevor am Dienstag die ÖFB-Frauen zum abschließenden WM-Quali-Spiel in Wr. Neustadt gegen Finnland antreten, sind die maßgeblichen Entscheidungen zumindest höchstwahrscheinlich gefallen. Weshalb ein Blick auf die Zuschauerzahlen lohnt – diese Zahlen gut. Aber längst nicht so gut wie anderswo.

Die Ausgangslage

Sollen wir noch über die Konstellation in der Gruppe reden? Zahlt sich eigentlich kaum aus. Österreich wird Gruppenzweiter, wenn man das letzte Spiel am Dienstag gegen Finnland nicht hoch genug verliert, um nach dem 2:0-Auswärtssieg in Helsinki doch noch irgendwie den Direktvergleich zu verlieren. Wird nicht passieren. Und selbst bei einem Punktgewinn von Finnland in Spanien reicht Österreich ein eigenes Remis.

Gut. Sollen wir noch über die Chance reden, ins Playoff der vier besten Gruppenzweiten zu kommen? Damit Österreich da noch reinrutscht, müsste vieles passieren, was nicht passieren wird.  Wer einen Euro auf eine Kombiwette mit allen Spielen setzt, die richtig ausgehen müssten, würde im Erfolgsfall rund 15.000 Euro rausbekommen. Viel Glück.

Sollen wir dann noch über die Topfeinteilung für die Auslosung zur Qualifikation für die EM 2021 reden? Die ÖFB-Frauen werden den zweiten Topf gehalten haben, gar kein Zweifel. Bei der letzten Veröffentlichung des Rankings im April war Österreich auf Platz 14, für den zweiten Topf reicht Platz 17 – und seither hat Österreich zweimal gewonnen, während die ohnehin schon dahinter platzierten Russinnen (2x) und Finninnen (1x) verloren haben.

Alles nicht mehr besonders spannend, ja, ich weiß.

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Die Zuschauerzahlen steigen…

Also reden wir über Zuschauerzahlen. Hier schneidet Österreich zweischneidig ab. Ja, der Matchtag-Besuch ist seit der EM deutlich besser geworden. Nein, wirklich gut sind er im internationalen Vergleich noch immer nicht.

Im Schnitt waren 2.700 Menschen bei den drei bisherigen Heimspielen in der Südstadt live dabei. Letzten Herbst setzten sich zudem immerhin 2.500 Menschen ins Stadion in St. Pölten, wo sie aber mehr den Nebel als das Freundschaftsspiel gegen Holland sahen. Der EM-Effekt ist klar: Das ist beinahe eine Verdreifachung gegenüber vorher. Es ist die Folge eines singulären Ereignisses, welches die ÖFB-Frauen in die öffentliche Wahrnehmung gebracht hatte.

Denn davor hatte man sich stets im Bereich um die 1.000 Zuseher bewegt.In der EM-Quali für 2013 trieb die unerwartete Aussicht auf eine Playoff-Chance die Zahlen kurzfristig in die Höhe (2.300 gegen Portugal in Wr. Neustadt, 2.600 gegen Dänemark in St. Pölten). Das waren aber eher Ausreißer nach oben.

Potenziell zugkräftige Heimspiele gegen Frankreich im Oktober 2013 (vor 600 Leuten im burgenländischen Nirgendwo in Ritzing) und Norwegen im April 2016 (vor 1.200 in Steyr, weil sich der LASK ein ÖFB-Spiel in Pasching allzu fürstlich entlohnen lassen wollte) blieben wegen der Austragungsorte ungenützt. Nach Ritzing kommt niemand, in Steyr war die Sitzplatz-Kapazität begrenzt.

Seit dem letzten Bewerbs-Heimspiel der ÖFB-Frauen im letzten Qualifikationsdurchgang – dem 4:0 gegen Israel in Horn vor knapp über 1.000 Zusehern im Juni 2016 – sind zwei Dinge passiert. Zum einen der Halbfinal-Einzug bei der EM. Und zum anderen wurden die Heimspiele nun direkt vor den Tore von Wien ausgetragen.

Der absolute Rekord (3.600 im Playoff gegen Russland vor sechs Jahren) wird zwar auch auch gegen Finnland nicht fallen – auch wegen der ungünstigen, aber von der UEFA vorgegebenen Anstoßzeit um 17.00 Uhr an einem Dienstag. Aber selbst ein Geisterspiel könnte nicht mehr verhindern, dass es die bestbesuchte Qualifikation in der Geschichte der ÖFB-Frauen wird.

…aber anderswo steigen sie noch mehr

In der aktuellen WM-Quali belegt Österreich im Zuschauer-Ranking den zwölften Platz. Es wird noch ein wenig nach hinten gehen – gegen Finnland wird der Besuch vermutlich relativ schwach sein, dazu haben Wales und Island noch die Heimspiele gegen England bzw. Deutschland vor sich. Gerade Island: Das Stadion  gegen Deutschland ist mit 15.000 Zusehern ausverkauft, damit springt der Schnitt auf 6.500 nach oben.

Mit irgendwas zwischen 2.000 und 2.500, die es für Österreich am Ende werden, stinkt man beispielsweise gegen Belgien deutlich ab. Obwohl der Besuch dort noch vor wenigen Jahren kaum vierstellig war und man bei der EM letztes Jahr in der Vorrunde ausgeschieden ist, kommen nun doppelt so viele Fans zu den Heimspielen als bei Österreich.

Von den Sphären des Europameisters Holland reden wir hier gar nicht. Das Team aus den Niederlanden hat alle vier WM-Quali-Heimspiele (in Groningen, Nijmegen, Eindhoven und Heerenveen), ausverkauft. Ähnliches gilt für England (Heimspiele in den etwas kleineren Stadien von Birkenhead, Walsall, Colchester und Southampton). Auch bei Dänemark ist nach dem EM-Finale eine Eurphorie zu spüren, Schweden ist sowieso ein klassisches Frauenfußball-Land.

In Wales wird die Rodney Parade in Newport beim Spiel gegen England aus allen Nähten platzen, weil man sich mit einem Sieg für die WM qualifizieren und den großen Nachbarn ins Playoff schicken würde. Vor zwei Jahren beim 0:0 gegen Österreich waren 700 Leute im selben Stadion, nun werden es knapp 8.000 sein. Spannend ist andererseits, dass die Schweiz seit einem Jahrzehnt zwischen 1.200 und 1.900 stagniert – obwohl man in Qualifikationen seit fünf Jahren unbesiegt ist.

Die anderen Gruppen

Reden wir auch noch kurz über die anderen sechs Gruppen. Schließlich sind mit Spanien und Italien erst zwei der acht europäischen WM-Tickets für die Endrunde 2019 in Frankreich vergeben.

Also: Wales und England treffen am Freitag in Newport aufeinander, im Hinspiel ermauerte Wales in 0:0 – überhaupt sind Fishlock und Co. seit 729 Pflichtspiel-Minuten ohne ein einziges Gegentor. Sehr beeindruckend.

Auch Schottland und die Schweiz haben ihr zweites direktes Duell. Das Match in Schaffhausen haben die Eidgenossinnen 1:0 gewonnen, ein Remis im St. Mirren Park reicht fix zum WM-Ticket zum Abschied von Langzeit-Teamchefin Martina Voss. Diese nämlich übernimmt nach dieser Qualifikation die Nationalmannschaft ihrer Heimat Deutschland. Dort braucht es unter Interims-Trainer Horst Hrubesch zwingend einen Sieg in Island, um sich die Peinlichkeit des Umwegs Playoff zu ersparen – und die damit verbundene Zitterei um eine WM-Teilnahme. Durch die 2:3-Heimniederlage gegen Island ist das DFB-Team erst in diese Situation gekommen.

Europameister Holland braucht in Oslo zumindest ein Remis, um Norwegen auf Distanz zu halten. EM-Finalist Dänemark kann mit einem Heimsieg gegen Schweden den großen Nachbarn auch noch ins Playoff schicken – das Hinspiel ließen die damals streikenden Däninnen zwar platzen, Schweden leistete sich zuletzt aber eine 0:1-Blamage in der Ukraine.

Im Ranking der Gruppenzweiten hätten England, Island und die Schweiz (sollten sie jeweils noch abgefangen werden) das Playoff-Ticket der besten vier Zweiten mehr oder weniger sicher, selbiges gilt für Holland bzw. Norwegen und für Dänemark/Schweden. Am wahrscheinlichsten sind die Playoff-Teilnehmer Island, Norwegen, Dänemark/Schweden und einer aus dem Trio Schottland, Wales, Belgien. Die Belgierinnen haben aber nur dann noch eine Chance, wenn sie Italien besiegen.

Was sich in der WM-Quali anderswo tut

Beim Asien-Cup in Jordanien haben sich exakt jene fünf Teams die fünf WM-Tickets gesichert, von denen das zu erwarten war: Der nicht immer überzeugende Finalsieger Japan, das im Endspiel 0:1 unterlegene Team aus Australien, die Halbfinalisten China und Thailand  sowie Südkorea. Das Team aus Nordkorea (als Zehnter im FIFA-Ranking eigentlich das drittbeste Team Asiens) ist schon in der Asien-Cup-Qualifikation an Südkorea gescheitert.

Links: Asiencup-Finale Japan-Australien 1:0. Rechts: Südamerika-Finalrundenspiel Chile-Brasilien 1:3.

Bei der Copa América Femenina in Chile wurden zwei Fixplätze und einer für das Playoff gegen den Concacaf-Vierten ausgespielt. Der völlig unterforderte Turniersieger (Brasilien) war keine Überraschung, der sensationelle Zweite (die flexible und exzellent eingestellte Truppe aus Chile) sehr wohl. Der programmierte Zweite Kolumbien ist nach einer souveränen Vorrunde in der Finalphase völlig verreckt und hat nicht einmal das Playoff erreicht. So wird im November Argentinien um ein WM-Ticket spielen (vermutlich gegen Mexiko oder Costa Rica).

In Afrika sind über den Sommer zwei K.o.-Runden gespielt worden, um die acht Teilnehmer am Finalturnier im November zu ermitteln. Die Elfenbeinküste (WM-Teilnehmer 2015) und Simbabwe (Olympia-Teilnehmer 2016) sind dabei ausgeschieden, die Großen den Kontinents und Favoriten auf die drei WM-Tickets – Nigeria, Südafrika, Kamerun – hatten keine Probleme.

In Nord- und Mittelamerika ist die Qualifikation für die Finalrunde im Oktober (bei der es um drei WM-Fixtickets und eines für das Playoff gegen Argentinien geht) voll im Laufen. In der Karibik-Zone wurde schon die Vorqualifikation absolviert. Weltmeister USA ist neben Kanada und Mexiko für das Turnier mit acht Teams gesetzt. In der letzten Augustwoche rittern nun vier Teams aus Zentralamerika und die fünf verbleibenden aus der Karibik um die Teilnahme an der Finalrunde.

Und in Ozeanien war der Rauswurf von Neuseelands Teamchef und Verbands-Sportchef Andi Heraf das größte Frauenfußball-Thema. Der Österreicher hat es sich mit einer (dem Vernehmen nach) allzu autoritären Menschenführung und einer (für jeden sichtbar) allzu strikt destruktiven Spielweise viele Feinde gemacht. Man wird sich beim Finalturnier im November dennoch selbst mit verbundenen Augen das eine verfügbare WM-Ticket sichern. Sportlich wird in der letzten Augustwoche ausgesiebt, wer noch an der Finalrunde teilnehmen wird. In Ozeanien herrscht erstmals Teilnahmepflicht.

Spaniens Nachwuchs im nächsten Finale

Außerdem fand im August die U-20-Weltmeisterschaft in der Brétagne statt. Japan holte sich mit einem 3:1-Finalsieg über Spanien erstmals diesen Titel und ist nun der erste Verband, der sowohl bei den Großen (2011), als auch mit der U-20 (2018) und mit der U-17 (2014) ein WM-Turnier gewinnen konnte.

Die Halbfinal-Spiele der U-20-WM in Frankreich

Der spanische 1998er-Jahrgang gilt als einer der besten Junioren-Jahrgänge, den es jemals gegeben hat. Zusammen wurde man U-17-Europameister (sieben Spielerinnen sind noch dabei) und letztes Jahr auch U-19-Europameister. Nun ging es wieder ins Finale. Wie für spanische Teams eigentlich immer.

Seit 2014 waren die spanischen Juniorinnen in ALLEN ZEHN möglichen EM-Finals. Es ist zehn Jahre her, dass beide europäischen U-Endspiele ohne spanische Beteiligung über die Bühne gegangen sind. Dazu kam nun das vierte Halbfinale bei fünf WM-Teilnahmen und wenn im November in Uruguay die nächste U-17-Weltmeisterschaft stattfindet, ist Spanien als amtierender Europa-Champion sicher kein Außenseiter.

Dabei ist der 98er-Jahrgang eigentlich gar kein reiner 98er. Denn die vier wohl besten Spielerinnen dieses Teams sind im Jahr 2000 geboren – nämlich Patricia Guijarro, Aitana Bonmatí, Carmen Menayo und Maite Oroz. Dieses Quartett hat es in sich.

Als sie 15 Jahre alt waren, wurden sie U-17-Europameister. Als sie 16 Jahre alt waren, wären sie beinahe U-19-Europameister geworden – wenn ihnen das Finale nicht buchstäblich versenkt worden wäre, als dieses bei Sintflut-Regen unter schwer irregulären Verhältnissen durchgepeitscht wurde. Als sie 17 Jahre alt waren, holten sie den U-19-EM-Titel nach. Und nun, als 18-Jährige, waren sie im U-20-WM-Finale. Sie könnten in zwei Jahren noch einen Anlauf starten, U-20-Weltmeister zu werden. Wenn sie das überhaupt wollen. Guijarro ist längst Stammkraft im A-Nationalteam, Bonmatí hat auch schon Einsätze bei den Großen gehabt.

Die anderen gewohnt europäischen Mannschaften schnitten im Rahmen der Erwartungen gut ab. England und Frankreich trafen sich im Spiel um den dritten Platz, Holland und Deutschland blieben im Viertelfinale an England bzw. Japan hängen. Eher erstaunlich hingegen war das Vorrunden-Aus des US-Teams (das sich auf Junioren-Ebene andererseits selten besonders glorreich präsentiert) und der sieglose Auftritt von Brasilien.

Der Kader von Österreich gegen Finnland

Im letzten Aufgebot der WM-Qualifikation fehlen Kapitänin Viktoria Schnaderbeck (schon wieder eine Knie-OP) und Katharina Naschenweng (Kreuzbandriss). Dafür ist erstmals seit der EM die von ihrem dritten Kreuzbandriss seit 2015 genesene Lisa Makas wieder zurück. Erstmals überhaupt im Kader ist Yvonne Weilharter von Sturm Graz.

Tor: Carolin Größinger (21 Jahre, Bergheim, 0 Länderspiele/0 Tore), Jasmin Pal (22, Innsbruck, 0/0), Manuela Zinsberger (22, Bayern/GER, 47/0). Abwehr: Verena Aschauer (24, Frankfurt/GER, 56/7), Marina Georgieva (21, Sand/GER, 3/0), Adina Hamidovic (20, Bremen/GER, 0/0), Gini Kirchberger (25, Freiburg/GER, 61/1), Katharina Schiechtl (25, Bremen, 40/6), Yvonne Weilharter (17, Sturm Graz, 0/0), Carina Wenninger (27, Bayern/GER, 82/4), Laura Wienroither (19, Hoffenheim/GER, 1/0). Mittelfeld: Barbara Dunst (20, Duisburg/GER, 19/0), Jasmin Eder (25, St. Pölten, 39/1), Laura Feiersinger (25, Frankfurt/GER, 64/11), Nadine Prohaska (28, Sand/GER, 85/7), Jenny Klein (19, Hoffenheim/GER, 7/0), Sarah Puntigam (25, Montpellier/FRA, 86/13), Sarah Zadrazil (25, Potsdam/GER, 61/7). Angriff: Nicole Billa (22, Hoffenheim, 45/15), Nina Burger (30, Sand/GER, 104/52), Julia Hickelsberger (19, Neulengbach, 0/0), Lisa Makas (26, Duisburg/GER, 52/18), Viktoria Pinther (19, Sand/GER, 18/0). Teamchef: Dominik Thalhammer (47).

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.