„Mia san verdammte Scheiße zweiter Platz!“

Manuela Zinsberger saß auf der Materialkiste in der Mixed Zone, das Match wetterleuchtete noch in ihren Augen. Der versammelte Kreis an Journalisten bekam die volle Zinsi-Show geboten. „Mia woa’n stäker“, grinste sie nach dem Sieg gegen Norwegen, der Platz zwei in der Nations-League-Gruppe fixierte, womit man sich sogar das Abstiegs-Playoff erspart. „Mia san verdammte Scheiße zweiter Platz, lasst’s eich des auf der Zunge zergehen“, forderte die Torhüterin, „auf eicha Schlogzeile g’frei i mi, lasst’s eich was Guats einfallen, goi, Leute?“

Der Sieg über Norwegen, auch wenn er – nicht nur wegen der Minustemperaturen in St. Pölten – mit Zittern verbunden war, stellt den krönenden Schlusspunkt unter ein grandioses Jahr für den heimischen Frauenfußball dar. Denn neben dem Prestige-Erfolg in der Nations League gibt es auch das WM-Ticket für die U-20, souveräne Quali-Vorrunden der U-19 und der U-17 sowie die erneute Teilnahme von Meister SKN St. Pölten an der Champions League zu registrieren.

Montag Abend im Team-Hotel in Krems: Wer nicht gerade beim Physio war oder mit Teamchefin Irene Fuhrmann konferierte, saß im Meeting-Raum, die Augen am TV-Gerät. So sahen die ÖFB-Frauen am Tag vor dem eigenen Match gegen Norwegen die österreichische U-20, wie sie im WM-Playoff erbarmungslos mit 6:0 über Island drüberkrachte, sich damit die Teilnahme am Welt-Turnier sicherte.

„Einfach nur sehr geil“, jubilierte Fuhrmann selbst. Ihr eigenes Team hatte trotz einer sehr guten Vorstellung zuvor 0:3 in Frankreich verloren, dennoch vier Tage danach den zweiten Platz in der Gruppe fixiert. Wie kann man nach diesem Nations-League-Herbst also bilanzieren – außer mit einem weiteren „sehr geil“?

Das 0:3 in Frankreich

„Frankreich hat Probleme mit Gegnerorientierungen“, sagte Sarah Zadrazil vor dem Spiel in Rennes, und mit einem Blick auf ihr Spiel mit den Bayern gegen Paris St. Germain im Europacup in der Vorwoche wusste sie: „Da machen defensiv nicht immer zu 100 Prozent ihren Job!“ Vor allem Sakina Karchaoui auf der linken Seite – das ist bekannt – ist im Vorwärtsgang stark, agiert defensiv aber zuweilen ungeschickt, was die Positionierung und den Zweikampf angeht. De Almeida, die rechts aufgestellt ist, spielt im Verein innen.

Frankreich – Österreich 3:0 (1:0)

Unglücklich war, dass das Match für Österreich praktisch mit einem 0:1-Rückstand begann – Henry nickte nach einem Freistoß von Nahe der Eckfahne in der 5. Minute ein – aber umso stärker war, wie sich die ÖFB-Frauen danach präsentierten. Im Zentrum liefen Puntigam und Zadrazil konsequent Dali und Geyoro an, sobald der Ball in deren Nähe kam: Sofort unter Druck setzen, war die Devise, und gar nicht erst die Steilpässe auf die flinken Bacha und Dali auf den Flügeln bzw. die mit großem Aktionsradius ausgestattete Sturmspitze Le Sommer erlauben.

Auch in anderen Bereichen des Platzes ging es vor allem darum, 1.) schon Druck auszuüben, ehe die Französin den Ball wirklich auf dem Fuß hat und 2.) wurden Französinnen vor allem dann angelaufen, wenn sie den Ball mit dem Rücken zum österreichischen Tor annehmen musste. Die Positionierungen der Österreicherinnen war stets so präzise, dass die Anlaufwege kurz (und damit effektiv) waren.

Österreich versteckt sich nicht

Die Französinnen haben die individuelle Qualität, sich mit ihrer technischen Stärke und ihrer raschen Auffassungsgabe aus solchen Drucksituationen zu befreien – vor allem Geyoro tat sich dabei hervor – aber der Favorit hatte sichtbar zu tun und aus dem Spiel heraus gelang es nicht sehr oft, das Tempo der Außenspielerinnen eingesetzt zu bekommen. Am Ende sollte nur eines der drei französischen Tore aus dem Spiel heraus fallen.

Frankreich war bemüht, schon die österreichische Spieleröffnung zu behindern. Die Stürmerinnen standen hoch und stellten Deckungsschatten und deuteten immer wieder an, auch zum Anlaufen bereit zu sein. Situativ ließ sich Sarah Puntigam zurückfallen und bildete das linke Glied einer Dreierkette, was es Marina Georgieva rechts erlaubte, mit dem Ball aufzurücken und offene Linien für einen Steilpass auf Höbinger bzw. Campbell zu suchen, die ihrerseits den Ball dann für die jeweils andere abzulegen versuchten.

Zwischen der 10. und der 25. Minute war Österreich das deutlich aktivere und auch gefährlichere Team, Frankreich hatte einige Male Glück, sich nicht den Ausgleich zu fangen (Campbell vorm Tor in der 17. Minute einen Schritt zu spät; Höbinger in der 19. Minute ans Aluminium). Im Ganzen war es wohl die beste Halbzeit seit dem Spiel gegen Norwegen bei der EM vor eineinhalb Jahren.

Unterschied: Kadertiefe!

Nach einer Stunde erwischte Frankreich das ÖFB-Team einmal unsortiert bei einem Gegenstoß zum 2:0, womit das Spiel im Grunde entschieden war. In dieser Phase merkte man den größten Unterschied zwischen den Teams – nämlich die Kadertiefe. „Die Top-Nationen können aus einem größeren Pool an Qualität zurückgreifen“, bestätigt Fuhrmann, „und wir haben im Juli gesehen, dass wir auf einigen Positionen einfach dünn besetzt sind.“

Da fehlten Fuhrmann im Test gegen Island verletzungsbedingt Wienroither, Hanshaw, Naschenweng und Schiechtl – und schon war überhaupt keine Außenverteidigern mehr da, nicht mal im weiteren Kreis. Hervé Renard kann einfach in der Halbzeit Diani durch Katoto tauschen, hat eine Majri und eine Périsset auf der Bank. Sandie Toletti, Mittelfeld-Motor von Real Madrid? Ihre Verletzung kann Renard relativ egal sein, mehr als Wechselspielerin ist sie bei Frankreich ohnehin nicht. Ähnliches gilt für Sandie Baltimore, Flügelstürmerin von PSG.

Sprich: Frankreich konnte im Zuge der Wechsel das Niveau problemlos halten, bei Österreich wurden mit dem 0:2-Rückstand und dem intensiven Spiel der ersten Stunde die Reserven zusehends ausgeschöpft. Die Bälle konnten nicht mehr so gut gehalten werden, die Pässe wurden ungenauer, Frankreich spielte die Zeit routiniert herunter. In der Schlussphase gab es nach einem Eckball sogar noch das 3:0 durch Marie-Antoinette Katoto. Es war ihr erstes Team-Tor seit ihrem Kreuzbandriss bei der EM 2022.

„Wir haben zu hoch verloren, dafür, wie wir gespielt haben“, brummte Laura Feiersinger nach dem Spiel.

Was macht die Nations League mit einem Team?

In der Vergangenheit waren Bewerbsspiele gegen Teams des Kalibers Frankreich oder Norwegen die Ausnahme: Es war zuletzt in der Quali für die WM 2011 der Fall, dass zwei Gruppengegner deutlich über Österreich zu stellen waren; seit jener für die EM 2017 sind die ÖFB-Frauen immer im zweiten Topf gewesen.

Matches gegen mittelgute Teams (also etwa Finnland, Wales oder Serbien) oder schlechte (Israel, Mazedonien, Kasachstan) standen an der Tagesordnung. In diesem Herbst ging es je zweimal gegen Großmacht Frankreich, gegen die traditionelle Frauenfußball-Nation Norwegen und gegen jenes Team aus Portugal, das bei der WM im Sommer beinahe die USA eliminiert hätte. „Ich glaube schon, dass wir uns durch diese starken Gegner weiterentwickelt haben“, sinniert Kapitänin Sarah Puntigam, „weil es in solchen Spielen immer eine Herausforderung ist, im Ballbesitz zu bleiben und im Spiel mit dem Ball besser zu werden.“ Zinsberger bestätigt: „Wir sind mutiger mit dem Ball, erarbeiten uns Chancen auch gegen starke Teams und haben wieder einen Schritt nach vorne gemacht.“

Ja, natürlich hat es Testmatches gegen starke Teams in den letzten Jahren häufiger gegeben: Deutschland (2x), Schweden (2x), Italien (2x), Holland (4x) – aber das waren eben genau das, Testmatches nämlich. Da konnte man gefahrlos was ausprobieren, auf hohem Niveau, aber wenn es Niederlagen gab, war’s relativ egal. Diese reinen Testspiele fallen mit der Nations League jetzt weitgehend weg und Fuhrmann gibt jetzt zu, dass zu Beginn des Herbstes „durchaus einige Bedenken in puncto Erfahrung da waren. Es war nicht einzuschätzen, wie die jungen Spielerinnen auf den Druck reagieren!“

Das 2:1 gegen Norwegen

Das trifft auf die in diesem Herbst sehr starke Celina Degen zu, die in diesen beiden Länderspielen wegen Gelbsperre bzw. Blessur am Fuß nicht zum Einsatz kam und von Gini Kirchberger ersetzt wurde. Das trifft aber auch auf Lilli Purtscheller zu, die gegen Norwegen statt Laura Feiersinger einlaufen durfte.

Die 20-Jährige spielte eine herausragende erste Hälfte, nicht nur wegen ihres Assists zum frühen 1:0. Das quirlige Team-Küken ließ Gegenspielerin Marita Bratberg-Lund vor allem in dieser Szene aussehen wir einen plumpen Baumstamm, Vilde Bøe-Risa hätte sich gegen die Tirolerin beinahe die zweite gelbe Karte eingefangen.

Beim Hinspiel in Oslo war Norwegen aktiv und aggressiv vorne drauf gegangen, bereitete Österreich damit eine Halbzeit lang große Probleme. Davon war nun überhaupt gar nichts zu sehen: Im 4-4-2 stand Norwegen relativ tief, hatte keine Idee nach vorne – außer, den Ball in die grobe Richtung von Terland und (vor allem) Hegerberg zu bolzen. Die Weltklasse-Stürmerin von Lyon war die einzige, die vorne etwas kreieren konnte, gleichzeitig teilte sie permanent ihre Leute ein, orchestrierte, gab Anweisungen. Einerseits beeindruckend, andererseits versteckten sich halt wirklich alle hinter Hegerberg.

Natürlich hat es Norwegen nicht geholfen, dass mit Caroline Hansen von Barcelona (beim Match in Portugal eine auf den Knöchel bekommen) und Guro Reiten von Chelsea (langwierige Bänderverletzung) und Abwehrchefin Maren Mjelde (gelbgesperrt) nicht dabei sein konnten, Emilie Haavi (AS Roma) wurde von Smerud schon den ganzen Herbst nicht berücksichtigt. „Die haben anscheinend das Kick-and-Rush für sich entdeckt“, ätzte Zinsberger nach dem Spiel, „die sind größer und sind voll auf die langen Bälle gegangen… aber wir haben mehr Wumms!“

Zittrige zweite Hälfte

Zumindest eine Halbzeit lang. Keine Norwegerin, die in der groben Nähe einer Österreicherin postiert war, konnte in Ruhe die Bälle verarbeiten, sofort war stets der Gegnerdruck da. Nach dem Seitenwechsel – und ohne die ausgewechselte Hegerberg – wurde das norwegische Spiel etwas weniger berechenbar, bei Österreich passten die Anlaufwege nicht mehr, vor allem aber wurde das Passspiel ungenauer.

So konnte sich Norwegen besser in der gegnerischen Hälfte etablieren und auch Chancen herausspielen. Bizet stand in der 68. Minute alleine vor Zinsberger und schoss drüber, kurz darauf hatte Sævik (die im Zuge der Wechsel in die von der rechten Seite in die Spitze gegangen war) die nächste große Möglichkeit, ihre neue Sturmparterin Román-Haug hatte in der 76. Minute den Ausgleich am Fuß. Als Eileen Campbell den Ball in der 86. Minute im Strafraum an den Ellbogen bekam, war das 1:1 eigentlich schon überfällig…

…aber Marita Bratberg-Lund zielte bei ihrem Elfmeter zu hoch und fast im direkten Gegenzug gab es Freistoß für Österreich, den Schiechtl erstaunlich unbedrängt zum 2:0 verwerten konnte – die Entscheidung. Das 2:1 durch Sævik in der Nachspielzeit hatte nur noch statistischen Wert.

„I freu mi mega für die Lilli!“

Wie groß ist die Symbolkraft von einzelnen Ereignissen, isolierten Entscheidungen des Trainerteams, guten individuellen Leistungen? „I freu mi mega für die Lilli“, strahlte Sarah Zadrazil nach dem Sieg gegen Norwegen über Startelf-Debütantin Purtscheller und ihre starke Vorstellung. Nicht, dass Laura Feiersinger jetzt sofort ihren Job in der Startaufstellung los wäre – aber Purtschellers erneuter couragierter Auftritt war der nächste Baustein im Generationswechsel und der nächste Hinweis darauf, dass dieser funktionieren wird.

Purtscheller war vor zweieinhalb Jahren testweise mal bei einem Lehrgang dabei, da war sie etwas überfordert, es ging ihr alles noch ein wenig zu schnell. Jetzt ist sie in Essen, hat sich sofort einen Stammplatz gesichert, strotzt vor Selbstvertrauen. „Und starke Leistungen von den Jungen waren ja nicht die Ausnahme“, blickt Fuhrmann zurück, „das muss uns Mut geben uns uns in unserem Handeln bestärken.“

Auch die Entwicklung der Dynamiken innerhalb des Teams haben in diesem Herbst einen Turbo erhalten. Fuhrmann: „Es sind einige neu dazu gekommen bzw. nehmen jetzt sportlich zentralere Rollen ein. Ein Teamgefüge kommt ja nicht von alleine oder ist einfach gegeben, die Rollen verändern sich immer wieder.“ Auch die Spielerinnen selbst betonen die gute interne Stimmung.

„Müss ma halt andere rauskicken.“

Selbst tritt man also betont als Einheit auf, wo nicht nur die Spielerinnen 12 bis 16 dazugehören, sondern auch die Nummer 17 bis 23 und darüber hinaus. „Wir wissen, dass es aufs Kollektiv ankommt und in solchen Spielen sieht man, dass das manchmal einfach stärker ist als die reine Qualität, die bei anderen vielleicht höher sein mag“, so Marie Höbinger.

Purtscheller sieht man den Schalk im Nacken ihres jugendlich-runden Gesichts an. Zinsberger ist eine ungefilterte Naturgewalt, die im Gespräch über einen hereinbricht. Barbara Dunst redet ohne Punkt und Komma und überholt sich dabei zuweilen selbst. Bei Höbinger ist die Sache wesentlich subtiler: Sie redet ruhig und klar, die Regungen im Gesicht werden sehr sparsam eingesetzt – ein markanter Gegensatz zu den sehr direkten Aussagen, die durchaus kernig sein können.

„Unser zweiter Platz ist ein Statement den starken Nationen gegenüber, genau da wollen wir anknüpfen im neuen Jahr“, sagt die 22-Jährige. Aber Norwegen muss dank euch eh schon in die Relegation? „Ja, wemma oben bleiben wollen, müss ma halt andere rauskicken…“

Das Ticket für Kolumbien

„…und man sieht, dass wir auch im U-Bereich mithalten können. Das spricht für die Nachhaltigkeit!“ Höbinger sprach die makellosen Quali-Vorrunden der U-17 und der U-19 an, Siege über Deutschland und Dänemark inklusive. Und natürlich das, was die U-20 angestellt hat.

Das Spiel der Großen gegen Norwegen an sich war nicht speziell bemerkenswert, eher das, wofür es steht. 26 Stunden zuvor war das anders. Ja, Österreich durfte tendenziell favorisiert in das WM-Playoff für die U-20-WM in Kolumbien gehen. Aber Island ist grundsätzlich auch nicht so schlecht und in einem Spiel kann viel passieren.

Doch Österreich übte von Beginn an Druck aus, hetzte die isländische Defensive in Fehler. Schon nach zehn Minuten zog ein Antritt von Natter und ein Horizontal-Laufweg von Ojukwu im Strafraum die gegnerische Defensive auseinander, das 1:0. Nach einer halben Stunde riss Torhüterin Gudlaugsdottir mit allem was sie hatte Natter zu Boden, es wäre sicher Elfmeter und Rot gewesen, hätte Ojukwu den Ball nicht zum 2:0 in die Maschen gedroschen.

Österreich – Island 6:0 (4:0)

Das 3:0 plus rote Karte wurde dann wenig später nachgeholt, Notbremse, Ojukwu haute den Freistoß – ähnlich wie jenen im entscheidenden EM-Quali-Spiel in Italien aus noch größerer Distanz – ins Tor. Wegen einer langen Verletzungspause gab es acht Minuten Nachspielzeit, nach sieben davon ein Foul an Chiara D’Angelo im Strafraum. Elfmeter, 4:0 durch Aistleitner und Almedina Sisic riss schon die Hände jubelnd in die Höhe, da war Aistleitner noch am Anlaufen.

Das fünfte und das sechste Tor durch die eingewechselte Ziletkina in der zweiten Halbzeit waren nur noch Formalität. Wohlgemerkt all das ohne SKN-Offensiv-Stammkraft Valentina Mädl, ohne Mittelfeld-Allrounderin Maggie Rukavina von Neulengbach, ohne Zehner Amelie Roduner von den Bayern, ohne Defensiv-Option Tatjana Weiß. Alle verletzt, aber alle mit dabei. Für Emilia Purtscher aus dem Mittelfeld-Zentrum des Liga-Zweiten Altach blieb nur eine Einwechslung gegen Ende.

Die fünf UEFA-Vertreter bei der Endrunde sind damit die traditionellen europäischen Junioren-Großmächte im Frauenfußball – Turniersieger Spanien, Finalist Deutschland, dazu die Halbfinalisten Frankreich sowie die in der Vorrunde den ÖFB-Mädchen unterlegenen Niederlande – und Österreich. Kein England, kein Schweden, kein Dänemark und schon gar kein Norwegen.

„Der Spielverlauf ist ihnen schon entgegen gekommen, aber trotzdem, 6:0…“, war Sarah Zadrazil beeindruckt, „die dürfen jetzt eine WM spielen, das ist eine Erfahrung, noch noch keine von uns machen durfte. Da werden sicher einige von denen bald auch bei uns anklopfen!“

Die Legionärinnen in Österreich

Die heimische Liga ist im internationalen Erwachsenenfußball-Vergleich eine kleine Nummer, funktioniert als Spielwiese für die hoffnungsvollen Talente aber wunderbar – das hat nicht zuletzt dieser Kantersieg in einem Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Island gezeigt.

Aber wie sieht es umgekehrt aus? Nun, bei Kroatien wird offenkundig gezielt nach Österreicherinnen mit kroatischen Wurzeln gefischt – mit der Erfolg, in seiner B-Gruppe wurde Kroatien überraschenderweise Zweiter, darf nun sogar (wenn auch relativ aussichtslos) Aufstiegs-Playoff spielen.

Die aus Traun stammende Tea Krznaric von Zweitliga-Herbstmeister LASK ist unumstrittene Stammkraft im Mittelfeld-Zentrum, ebenso wie die Innsbruckerin Ruzica Krajinovic (Sturm Graz). Jelena Dordic (Vienna), born and raised in Wien, spielte nun erstmals für das kroatische Team und erzielte sofort ein Tor. Auch Andrea Glibo (aus Tirol, spielt bei Sturm Graz) und Antea Batarilo (aus Wien, von der Austria) gehören zum Kader. Hinzu kommen noch Innenverteidigerin Leonarda Balog (St. Pölten, zuletzt lange verletzt) und Stürmerin Karla Jedvaj (Kleinmünchen/BW Linz), die als „echte“ Legionäre in der heimischen Liga spielen.

Wie Krznaric ist auch Edina Avdic in Traun daheim, sie spielt Bundesliga bei Kleinmünchen/BW Linz und hätte auch sehr gerne das ÖFB-Trikot übergestreift, es klappte nicht ganz, seither stürmt sie für Bosnien und hat mit der U-19 im Herbst den Einzug in die Eliterunde der EM-Quali fixiert. Die Kosovarin Modesta Uka ist seit acht Jahren in Graz und die offensive Mittelfeldspielerin von Sturm Graz hat ein Tor zum Aufstieg ihrer Heimat in die B-Liga beigesteuert.

Und dann ist da natürlich die traditionell in Österreich stark vertretene Phalanx aus Slowakinnen – sie zogen in ihrer B-Gruppe gegen Kroatien den Kürzeren und müssen damit im Februar ins Abstiegs-Playoff. Verteidigerin Diana Lemešová und Mittelfeldspielerin Mária Mikolajová von Meister SKN St. Pölten sind Stammkräfte, Neulengbachs Kristina Panaková ist Einwechselspielerin. Mit Dominika Škorvanková und Jana Vojteková sind auch zwei ehemalige Österreich-Legionärinnen dabei.

Einen überraschenden und folgenschweren Absturz erlebte Slowenien mit SKN-Routinier Mateja Zver: Statt Tschechien um den Aufstieg zu fordern, muss die Truppe nach dem Wirbel um Ex-Teamchef Borut Jarc als schlechtester B-Vorletzter sogar absteigen. Angesichts des Kaders mit starken Spielerinnen wie Lara Prašnikar (Frankfurt), Kaja Eržen (Fiorentina), Kaja Korošec (Paris FC) und Supertalent Zara Kramžar (AS Roma) mehr als erstaunlich – eher wollte man dazu ansetzen, Serbien als Nummer eins vom Balkan abzulösen.

Bulgarien darf als einer der besseren C-Zweiten Playoff spielen, Zdravka Parapunova von Aufsteiger FC Lustenau/Dornbirn saß bei allen Matches ohne Einsatz auf der Bank. Ihre Klubkollegin Samia Adam, aus den USA stammende Teamspielerin von Ägypten, spielte Afrikacup-Quali, steuerte zwei Tore zu den Erstrunden-Siegen gegen den Südsudan bei, konnte aber das klare Aus in der letzten Qualirunde gegen den Senegal nicht verhindern. Rania Aouina von Zweitligist Horn hat sich mit Tunesien hingegen sehr wohl für den Afrikacup qualifiziert.

Und beim Zweitliga-Dritten Saalfelden wird’s richtig multikulturell: Neben den philippinischen WM-Torhüterin Olivia McDaniel und ihrer Schwester Chandler, die in der asiatischen Olympia-Qualifikation hinter Australien Gruppenzweiter geworden sind, ist auch Jenna Merrill im Pinzgau aktiv. Wie die McDaniel-Schwestern in den USA geboren und aufgewachsen, war sie in den letzten Tagen für die Vorqualifikation zu den Ostasien-Meisterschaften unterwegs.

Für Guam.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.