Spielen die Spanierinnen oder spielen sie nicht – und, wenn ja, mit wem? 33 Tage nach dem WM-Finale startet die neue Women’s Nations League, in der die Olympiatickets vergeben werden. Österreich legt mit einem Match in Norwegen und dem programmierten Zuschauerrekord im Viola Park gegen Frankreich los, der Nabel der Frauenfußball-Welt war im letzten Monat aber Spanien. Der Wirbel um Ex-Verbandspräsident Luis Rubiales bestimmte die Schlagzeilen weit über die Branche hinaus und die bewusst provokante Einberufungsliste der neuen Teamchefin Montserrat Tomé fügte der Saga beim neuen Weltmeister ein weiteres Kapitel hinzu.
Ohne Zweifel wird seit dem US-Triumph von 1999 kein Titelgewinn so nachhaltigen Einfluss auf den Frauenfußball haben wie jeder der Spanierinnen von 2023. Die Art und Weise, wie die Debatte geführt wurde, offenbart dabei auch gesamtgesellschaftliche Phänomene.
ÖFB-Rekord wird pulverisiert
Während des großen Bebens in Spanien wurde in Österreich angestrebt, endlich den elf Jahre alten Zuseherrekord bei den ÖFB-Frauen zu Fall zu bringen. Das gelingt: Über 8.000 Tickets waren fünf Tage vor dem Spiel gegen Frankreich im Stadion der Wiener Austria schon verkauft worden. Einerseits ist es erfreulich, dass die alte Bestmarke nicht nur verbessert, sondern von 3.600 (im EM-Playoff-Hinspiel gegen Russland damals) geradezu pulverisiert wird. Andererseits offenbart die relative Leichtigkeit, mit der das geschafft wird, wie sehr es verabsäumt wurde, zumindest auf dem Hype von 2017 aufzubauen.
Relative Leichtigkeit? Nun: Seit 1996 (!!!) gab es kein Frauen-Ländermatch in der Bundeshauptstadt, es wurde diesmal die mediale Trommel gerührt und selbst das Fehlen Österreichs bei der WM war auf einmal kein Hindernis mehr, die Tickets abzusetzen. Spannende Gegner gab es in den Pflichtspielen der letzten Jahre genug: Frankreich empfing man 2014 in Ritzing (vor 300 Leuten im UFO im burgenländischen Nichts), Norwegen 2016 in Steyr (ja, 1.300 Leute, eh ausverkauft), Spanien 2018 in der Südstadt (2.900, aber so richtig mit ganzem Herzen angenommen wurde der Standort von den Wienern auch nie) und schließlich England 2022 in Wr. Neustadt (2.600, knackevoll, aber halt viel zu klein für den Anlass).
Das Drama beim Weltmeister
Auf einen der beiden europäischen Olympia-Plätze wird Österreich keine Chance haben. Spaniens Ziel ist das sehr wohl, in den fünf Wochen seit dem Finale stand das Sportliche aber nicht im Fokus. Die Vorkommnisse vom 20. August in Sydney sind öffentlich ad nauseam breitgetreten worden. In der Folge waren es 81 Spielerinnen (darunter alle 23 aus dem WM-Kader), die den offenen Brief unterzeichnet haben, deren Message simpel war. Endlich ernst genommen werden, endlich ein tragbares Miteinander mit vernünftigen Strukturen, sonst werden sie nicht mehr für Spanien spielen. Rubiales und Vilda haben sich zwar gewehrt, sind aber jetzt weg, für 39 Spielerinnen reicht dies alleine aber nicht: Es geht um ein gelebtes Miteinander auf Augenhöhe, nicht nur um Namen.
Der Verband versicherte, ab sofort für ein auf gegenseitigem Vertrauen basierendes Umfeld zu schaffen. In der Praxis sah das so aus, dass Tomé – von Vildas Co-Trainerin zu dessen Nachfolger aufgestiegen – einen 23-köpfigen Kader mit 21 Spielerinnen nominierte, die sich ausdrücklich als nicht zur Verfügung stehend bezeichnet haben. Und zwar, ohne irgendjemandem von ihnen vorher Bescheid zu geben. Ein interessantes Verständnis von „gegenseitigem Vertrauen“, das der spanische Verband da pflegt, denn auf die Verweigerung der Einberufung steht als Strafe Berufsverbot von bis zu 15 Jahren.
Die solchermaßen unter Druck gesetzten Spielerinnen reisten nolens volens an, der FC Barcelona schickte Sportdirektor Zubizarreta und Mentaltrainer Sellarès als Anstands-Wauwau mit, ebenso war Victor Francos im Oliva Resort außerhalb von Valencia: Der Präsident des Nationalen Sport-Rates vermittelte in einer ganznächtlichen Sitzung im Teamhotel den vollen Triumph der Spielerinnen. Schon zu Beginn hatte er zugesichert, dass es auch für Boykotteure keine Strafen geben würde. Damit fiel dem Verband das einzige Druckmittel weg.
„Natürlich ist das ein Thema, das den ganzen Frauenfußball betrifft und man sieht, dass wir alle zusammen stehen. Es geht um mehr als den Sport. Es geht darum, Dinge anzusprechen, einzufordern und zu verändern. Die ganze Community steht dahinter. Daher haben die Spanierinnen und alle, die dafür kämpfen, unsere volle Unterstützung.“
Sarah Zadrazil
Die spanischen Frauen bekommen nun das selbe Organigramm wie die Männer, es wird ab sofort eine einzige Dachmarke „Seleccion Española de Fútbol“ geben (ohne Unterscheidung Männer/Frauen, was auch für die Futsal- und Beach-Teams gilt), es wird eine gemeinsame Kommission mit Vertretern von Frauen-Team, Verband und Sport-Rat geben. Zudem rollen weitere Köpfe: RFEF-Generalsekretär Andreu Camps (der den Frauen einst sogar die Bepflockung der Trikots verweigert hatte und die UEFA kürzlich anflehte, Spanien zu sperren, um den internen Druck auf Rubiales zu verringern), dazu dessen der Ethikkommission vorstehenden Stellvertreter Miguel García Caba sowie Marketingleiter Rubén Rivera (Rubiales‘ Mann für’s Grobe bei dessen Angriffen auf Jenni Hermoso).
Montse Tomé bleibt, wahrscheinlich aber nicht mehr lange. Ihr kann man gratulieren: Sie hätte einfach nur kein hinterfotziges Arschloch sein müssen. So liegt ihre Trainerkarriere komplett in Scherben – niemand wird sie noch auch nur mit einer Giftzange angreifen.
System gegenseitiger Abhängigkeiten
Der spanische Verband, seit 20 Jahren in Las Rozas außerhalb von Madrid beheimatet, war schon immer ein Hort eines besonderen Schlages von Männern. Vetternwirtschaft, fragwürdige fachliche Expertise, Sexismus und eine eher weit gefasste Interpretation von geschäftlicher Integrität gehörte hier stets dazu, schon unter Rubiales‘ Vorgänger Ángel Villar, der 2017 nach fast 30-jährige Amtszeit zurücktreten musste – wegen Veruntreuung von Fördergeldern.
Das Lager um Villars Nachfolger Luis Rubiales – der die Kultur der von gegenseitigen Abhängigkeiten stabilisierter Loyalität ebenso wie die anderen Attribute aus der Villar-Zeit genüsslich weiter pflegte – hat ein Detail hervorragend hinbekommen: Es für Nebenbei-Konsumenten und Frauenfußball-Skeptiker so darzustellen, als wäre ein „harmloses Küsschen“ das einzige, was er sich zu Schulden kommen hat lassen und das die Welt aus den Fugen gerät, wenn man, schockschwerenot, selbst das nicht mehr tun dürfe, „ohne gelyncht zu werden“.
An erwartbaren Bruchlinien
Die Standpunkte in Sozialen Medien und Kommentarspalten (vor allem auf den Portalen von Boulevard-Outlets, aber nicht nur dort) verliefen an erwartbaren Bruchlinien. Was sich hier abspielte und weiterhin abspielt, sagt sehr wenig über die Causa RFEF aus, auch weil hier mit sehr viel Meinung, aber sehr wenig Wissen über die in der Szene seit vielen, vielen Jahren bekannten Umstände innerhalb des spanischen Verbandes hantiert wird. Es sagt aber sehr viel über jene Männer aus, die diese Kommentare absetzen.
Die Täter-Opfer-Umkehr, die hier passiert, kennen Frauen nur zu gut. Sollen doch dankbar sein, dass sie überhaupt spielen dürfen. Sollen sich halt selbst was aufbauen, wenn sie nichts mit den Männern zu tun haben wollen. Haben eh schon den unbescholtenen Präsidenten, der halt einmal etwas zu emotional war, das Leben vernichtet, was wollen diese hysterischen Gfraster denn noch? Am Besten ganz aufhören mit dem Frauen-Kick, mit dem Weibsvolk hat man ja eh nur Ärger und Drama! Das Ergebnis der Verhandlungsnacht von Oliva wurde hier nicht nur einmal als „Verbands-Putsch durch die Feminazis“ bezeichnet.
Das Hauptproblem vieler Poster scheint zu sein, dass es Frauen sind, die hier im Fußball-Kontext zu einer gewissen Machtposition gekommen sind und diese nun ausnützen – als ob das ein männliches Vorrecht wäre. Man geilt sich gegenseitig in seinem Frauenhass auf, und wenn man versucht, sich mit Gegenargumenten oder belegbaren Zahlen einzuschalten, erntet man entweder geringschätzige Repliken oder Ignoranz – an einem echten Diskurs ist diese Klientel gar nicht interessiert. Es geht darum, weibliche Empowerment zu beklagen und seinem Unbehagen darüber Ausdruck zu verleihen, das eine privilegierte soziale Stellung bröckelt, die sich einzig aus der Tatsache speist, zufällig als Mann geboren worden zu sein.
Es gibt eben nichts fragileres als männliche Egos.
Es geht auch anders
Im slowenischen Verband poppte im Windschatten der Causa Rubiales übrigens eine ähnliche Diskussion auf, hier stand Teamchef Borut Jarc im Zentrum der Kritik – sein ungehobeltes Verhalten und seine sexistischen Wortmeldungen trieben einige Spielerinnen sogar in die Psychotherapie.
Als die Sache öffentlich wurde und in einem offenen Brief auch die auffällige Untätigkeit von UEFA-Präsident Aleksander Čeferin beklagt wurde – er hatte in seiner Zeit als NZS-Präsident Jarc zum Verband geholt – ging es ratzfatz. Es dauerte nicht mal einen Tag, da war Jarc seinen Job los. So geht’s nämlich auch.
Und in Österreich? Alles ruhig. Kein Wirbel, keine Skandale. Ein paar Vereinswechsel, alles ist auf das Sportliche fokussiert, die Vorfreude auf das gut besuchte Spiel im Viola Park ist groß. Das größte Drama des Sommers war, als die U-19-Mädels im letzten Gruppenspiel der EM mit einem 3:3 den historischen ersten Halbfinal-Einzug einer U-Mannschaft im Mädchenbereich verpasst haben.
Dank Außenverteidigerin Chiara D’Angelo (die für die angeschlagene Claudia Wenger nachnominiert wurde) ist diese U-19, die in der letzten Saison England (in einem Test), Deutschland (in der ersten Quali-Phase), Italien (in der zweiten Quali-Phase) und Holland (bei der EM) besiegt hat, nun auch bei den Großen vertreten. Torhüterin Mariela El Sherif hatte auch schon mal Team-Luft schnuppern dürfen.
Die neue Nations League
Nach der Reform der Champions League 2021 (mit Gruppenphase statt K.o.-System) beginnt die UEFA beim Frauenfußball nun auch auf Nationalteam-Ebene ein neues Zeitalter. Die klassische EM- und WM-Qualifikation hat ausgedient, dafür gibt es nun jedes Jahr eine Nations League. Bei jener, die nun beginnt, werden die Tickets für Olympia 2024 in Frankreich ausgespielt. Bei jener im kommenden Herbst geht es um die Teilnahme an der EM 2025 in der Schweiz.
Das Prinzip ist das selbe wie bei den Männern: Die Gruppenletzten steigen ab, die Gruppensieger auf (jene im A-Zug spielen dann im Frühjahr das Final Four). Zusätzlich gehen die Vorletzten gegen die Zweiten in eine Relegation mit Hin- und Rückspielen – so wie auch bei den Männern ab der nächsten Auflage.
Österreich startet dank Platz elf im Nationalteam-Ranking der UEFA in der A-Liga, ist in einer Gruppe mit drei WM-Teilnehmern: Frankreich (Viertelfinale), Norwegen (Achtelfinale) und Portugal (Vorrunde, hätte aber beinahe die USA eliminiert). ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann kann der Neustrukturierung durchaus etwas abgewinnen, „sie war aus einigen Gründen absolut notwendig“, sagt sie: „Spiele wie ein 20:0 von England gegen Lettland oder ein 10:0 von uns gegen Mazedonien bringen wirklich niemandem etwas.“
Ein Abstieg würde die Chancen für das EM-Ticket für 2025 zwar keineswegs rauben, aber sehr wohl würde der Weg dann schwerer, weil im Playoff für Teams aus dem B-Zug natürlich eher stärkere Gegner warten als umgekehrt. Darum wäre der Klassenerhalt in dieser Premieren-Auflage nicht ganz unwichtig und ist auch das erklärte Ziel. Die Heimspiele finden im Viola Park von Wien (26.9. gegen Frankreich) und Altach (27.10. gegen Portugal) statt, jenes am 5.12. gegen Norwegen steht noch nicht fest.
Ein Sommer der Erholung…
Sarah Zadrazil lag auf Kreta am Pool, auch Gini Kirchberger urlaubte in Griechenland. Verena Hanshaw bewunderte die Naturlandschaft in Island, Laura Feiersinger und Marina Georgieva tankten auf den Balearen Kräfte, Kathi Naschenweng in Sardinien, Nici Billa auf Hawaii. Die frisch vermählte Manuela Zinsberger genoss die Flitterwochen mit ihrer Madeleine.
Nachdem der Sommerurlaub letztes Jahr EM-bedingt bestenfalls minimal war, konnten die ÖFB-Teamspielerinnen in diesem Sommer ihre Akkus aufladen. „So weh es tut, aber das war wohl der einzige angenehme Nebeneffekt der verpassten WM-Quali“, so Teamchefin Irene Fuhrmann. Und einige aus dem ÖFB-Kader nützten den Sommer auch, um sich bei ihren neuen Klubs zu akklimatisieren.
…und der Wechsel
Kapitänin Sarah Puntigam zog es von Köln in die NWSL nach Houston, in der US-Profiliga spielte sie seither ein paarmal auf der Sechs und zuletzt gegen Louisville links hinten. Laura Feiersinger wechselte von Frankfurt zum italienischen Meister AS Roma, Marie Höbinger vom FC Zürich in die englische Liga zu Liverpool, Marina Georgieva von der PSG-Ersatzbank in die Innenverteidigung zur Fiorentina.
Kathi Naschenweng zog es von Hoffenheim zu den Bayern, wo sie mit Caro Simon, Magda Eriksson, Tuva Hansen und Ana-Maria Guzmán viel Konkurrenz für die LV-Position hat. Kathi Schiechtl ist nach zehn Jahren Werder Bremen zurück in Österreich (als Routinier in der sonst arg jungen Rasselbande der Austria).
Und auch bei den Jungen haben sich viele bewegt: Lilli Purtscheller und Valentina Kröll gingen von Sturm Graz zu Essen. Katja Wienerroither, Julia Magerl und Michela Croatto sind neu bei Aufsteiger RB Leipzig. Chiara D’Angelo versucht es bei Hoffenheim, dazu ist Nürnberg mit Torhüterin Kristin Krammer, Sechser Livia Brunmair und (der allerdings am Kreuzband verletzten) Offensiv-Allrounderin Lara Felix aufgestiegen. Jelena Prvulovic, in jungen Jahren mit einigen A-Einsätzen und mittlerweile 29 Jahre alt, hat nach Wanderjahren in Zypern und der italienischen Serie B nun bei Duisburg angedockt.
Den unfreiwilligen Wechsel auf die Ersatzbank hat ÖFB-Zweiergoalie Bella Kresche hinter sich, ihr wurde bei Sassuolo Solène Durand vorgesetzt – jene Französin, die im WM-Viertelfinale gegen Australien extra für das irre Elferschießen eingewechselt wurde. Manuela Zinsberger hat diesen Schritt bei Arsenal (vorerst) vermieden, trotz einer unglücklichen Figur beim Aus in der Champions-League-Quali gegen den FC Paris: Die von Arsenal erhoffte Verpflichtung der englischen Team-Torhüterin Mary Earps ist geplatzt.
Frankfurt hat hingegen die Überraschung geschafft und mit Kirchberger, Hanshaw und Dunst den italienischen Vizemeister Juventus eliminiert, spielt nun im Playoff gegen Sparta Prag – machbar. Die beiden österreichischen Vertreter haben die zu erwartenden Resultate in den ersten Quali-Runden eingefahren: Meister St. Pölten kam zu einem ungefährdeten 3:0 gegen PAOK Saloniki, Sturm Graz kam bei Twente Enschede mit 0:6 unter die Räder.
Sturm hat im nur für die Statistik bedeutsamen Platzierungsspiel gegen Islands Vizemeister Stjárnan nach einem 0:0 im Elfmeterschießen verloren. Der SKN muss nun im Playoff gegen den isländischen Titelträger Valúr Reykjavík antreten, was sicher kein Selbstläufer wird, aber auch keineswegs unmöglich zu packen ist. Die Chance, nach der Premiere 2022 nun auch 2023 in der Gruppenphase der Women’s Champions League dabei zu sein, lebt also.
Es wird das dritte Duell einer österreichischen mit einer isländischen Mannschaft in den letzten Monaten. Aus dem Valúr-Kader waren Elísa Viðarsdóttir und Arna-Sif Ásgrímsdóttir beim 1:0-Sieg von Island gegen die ÖFB-Frauen im Sommer von Beginn an dabei, dazu kamen Berglind-Rós Ágústsdóttir und Amanda Andradóttir im Laufe der Partie rein.
Obwohl Österreich gegen Island in der Nachspielzeit noch das Gegentor zum 0:1 gefangen hat, war man im ÖFB-Lager nicht ganz unzufrieden damit: Auch mit einer Rumpf-Besetzung in der Defensive und ohne gelernte Außenverteidigerin im Kader war man voll dabei, die Abläufe passten ganz gut und Island war vor allem aufgrund des unorthodoxen Systems und der flexiblen Positionsbesetzungen ein durchaus herausfordernder Gegner.
„Hat Endrunden-Charakter“
Das kann auch Norwegen sein, der schwachen WM zum Trotz, und trotz der noch nicht verblassten Erinnerung an das 1:0 von Österreich bei der EM letztes Jahr, mit dem die ÖFB-Frauen den Viertelfinal-Einzug fixiert haben. Denn Hege Riise ist nach der WM als NFF-Teamchefin gegangen worden, sie hat nicht mal einen fixen Nachfolger – gegen Österreich sitzt Leif-Gunnar Smerud interimistisch auf der Bank, eigentlich Trainer der U-21-Burschen. Er war auch jener Mann, der im November 2020 die norwegische Reserve-Truppe gegen die ÖFB-Männer coachte, als die Einserpanier in Corona-Quarantäne saß. Wir erinnern uns: Die Foda-Truppe hätte damals beinahe noch den Gruppensieg verdaddelt.
„Dass es bei Norwegen einen neuen Trainer gibt, ist sicher nicht ideal, spielt uns nicht in die Karten“, weiß Fuhrmann, „ich glaub aber nicht, dass er viel umrühren wird. Aber selbst wenn, haben die Werkzeuge, um darauf zu reagieren.“ Das Ziel ist, die Liga zu halten, daher will man auch in Oslo was mitnehmen. Eh klar – was soll sie auch sonst sagen. Muss auch der Anspruch sein.
Dabei geht es sehr wohl um das Standing von Österreich, das man sich mit zwei erfolgreichen EM-Turnieren 2017 und 2022 erarbeitet hat, das mit der verpassten WM aber auch eine kleine Delle erfahren hat. „Wir haben uns unsere Rolle in der A-Liga erkämpft“, sagt Sarah Zadrazil, und man muss anstreben, diese Rolle zu verteidigen. „Und diese A-Liga hat schon Endrunden-Charakter“, dachte sich auch Fuhrmann, als sie am Tag vor dem Auftakt zum Training ins Ullevaal-Stadion von Oslo den Rasen betrat.
Die Zeit der Pflichtsiege gegen Frauenfußball-Zwerge ist vorerst vorbei. Fuhrmann: „In jedem Spiel misst man sich mit den Besten. Das wünschen wir uns auch!“
KADER ÖSTERREICH: Tor: Bella Kresche (24, Sassuolo/ITA, 6 Länderspiele/0 Tore), Jasmin Pal (27, Köln/GER, 3/0), Manuela Zinsberger (27, Arsenal/ENG, 89/0). Abwehr: Michela Croatto (21, Leipzig/GER, 1/0), Celina Degen (22, Köln/GER, 9/2), Marina Georgieva (26, Fiorentina/ITA, 27/0), Verena Hanshaw (29, Frankfurt/GER, 98/10), Gini Kirchberger (30, Frankfurt/GER, 93/3), Jennifer Klein (24, St. Pölten, 18/1), Julia Magerl (20, Leipzig/GER, 3/1), Kathi Schiechtl (30, Austria, 64/9). Mittelfeld: Chiara D’Angelo (19, Hoffenheim/GER, 0/0), Barbara Dunst (25, Frankfurt/GER, 69/10), Laura Feiersinger (30, Roma/ITA, 106/19), Marie Höbinger (22, Liverpool/ENG, 29/7), Kathi Naschenweng (25, Bayern/GER, 42/6), Sarah Puntigam (30, Houston/USA, 134/18), Annabel Schasching (21, Freiburg/GER, 10/1), Lena Triendl (23, Austria, 0/0), Sarah Zadrazil (30, Bayern/GER, 109/15). Angriff: Nici Billa (27, Hoffenheim/GER, 92/47), Eileen Campbell (23, Altach, 5/1), Viktoria Pinther (24, FC Zürich/SUI, 31/1), Lilli Purtscheller (20, Essen/GER, 2/0). Teamchefin Irene Fuhrmann.