2:0 in Finnland – ÖFB-Frauen lösen heikle Aufgabe gut

Österreichs Frauen-Nationalteam hat die vermutlich heikelste Aufgabe in der WM-Qualifikation recht souverän gelöst. Mit dem 2:0-Sieg auswärts bei Finnland, dem größten Konkurrenten um den 2. Platz, bleibt man noch im Rennen um eine Playoff-Teilnahme. Spektakulär war es nicht, im Gegenteil: Mit einer frühen Führung und einer sehr kontrollierten Vorstellung danach ließ man Finnland nie große Gefahr ausstrahlen.

Finnland – Österreich 0:2 (0:1)

Die Formationen

Finnland, noch dazu unter Anna Signeul, spielt ein 4-4-2. Immer schon. Schon Finnland ohne Signeul hat ein hölzernes 4-4-2 gespielt, Signeul in Schottland hat zumeist auch ein hölzernes 4-4-2 gespielt. Und jetzt? Taucht Finnland auf einmal mit einem 3-4-3 auf. An der üblichen hölzernen Spielweise änderte sich aber nichts.

Bei Österreich fehlte erstmals seit Oktober 2011 Nina Burger in der Startformation eines Pflichtspiels. Für die etwas angeschlagene Burger, die allerdings später eingewechselt wurde, agierte Nici Billa an der Spitze eines 3-4-3. Ansonsten lief das erwartete Personal auf. Feiersinger und Prohaska flankierten Billa. Schiechtl und Aschauer waren auf den Außenbahnen daheim, Zadrazil und Puntigam wie gewohnt im Zentrum. Die Dreierkette bildeten Wenninger, Kirchberger sowie die Kapitänin und Bald-England-Legionärin Schnaderbeck.

Was bei Österreich auffiel

Die Verdichtung im Zentrum. Bei Finnlands Spiel gegen Spanien im April (auch 0:2) fiel auf, dass man das spanische Spiel zwar weitgehend über sich ergehen ließ, aber dann und wann schon die spanische Eröffnung anlief. Dies ließ den Schluss zu, dass man im Spiel gegen Österreich – wie es auch Serbien beim 1:1 gemacht hat – versuchen würde, Sarah Puntigam aus dem Spiel zu halten. Mittelstürmerin Franssi orientierte sich auch oft an Puntigam. Nun verdichtete aber Österreich das Personal in der Zentrale: Feiersinger und Prohaska rückten viel ein, sorgten so für eine teilweise dramatische Überzahl im Zentrum und nahmen somit den Druck von Puntigam.

Nach vorne über außen. Das hatte den zusätzlichen Effekt, dass sich das finnische 3-4-3 noch mehr gegen die Finninnen selbst entwickelte. Nun waren nämlich die Außenbahnen ungewohnterweise ohnehin nur einzeln besetzt und nicht doppelt, und dann wurden die Wing-Backs auch noch immer irgendwie zwischen den Stühlen erwischt. Der Vorwärtsgang bei Österreich fand daher vornehmlich über die eigenen Wing-Backs Aschauer und Schiechtl statt.

Exzellente Druckbefreiung. Finnland versuchte, die österreichische Abwehr mit drei hoch stehenden Stürmerinnen vom restlichen Team zu kappen und beizeiten die ÖFB-Defensive auch anzulaufen. Wenninger, Schnaderbeck, Kirchberger und Zinsberger zeigten sich in diesen Situationen aber gemeinsam mit der immer wieder abkippenden Puntigam als äußerst resistent. Fast nie mussten Befreiungsschläge herhalten, fast immer wurde die Situation spielerisch gelöst.

Der Gegner

Alle potenziellen finnischen Pläne oder Überraschungsmomente – das unübliche System, das vermutlich geplante Anlaufen von Puntigam, der erhoffte Druck auf die österreichische Eröffnung – funktionierten nicht oder waren sogar Schüsse ins eigene Knie. Hinzu kam noch der frühe Rückstand in Form eines (wahrscheinlichen) Eigentores.

Signeul, die jahrelang das schottische Team trainierte, und das in einer dramatischen Abwärtsspirale steckende finnische Team – sie haben sich gefunden und sie passen auch irgendwie ideal zueinander. Wenn auch nicht im guten Sinne. Kombiniert und nach vorne gespielt wird bei Signeul sowieso nie, und das finnische Spielermaterial hat das auch nicht drauf. Die Folge war auch im Spiel gegen Österreich: Viele lange Bälle von hinten, wenig präzise Vorwärtspässe, ein sehr berechenbarer Spielstil und sehr wenig konkrete Torgefahr. Es gab drei finnische Abschlüsse innerhalb des Strafraums, nur einer (nach einer Ecke) war knapp dran, ein Tor zu werden.

Zuweilen war Finnland sogar richtiggehend naiv. Oft rückten die Wing-Backs zurück, aber die Außenstürmerinnen nicht mit. Das enstehende 5-2-3 mit gigantischen Löchern im Mittelfeld wurde von Österreich nicht einmal wirklich angebohrt, obwohl es einige Einladungen gegeben hätte. In Wahrheit wurde nur ein Angriff durch den offenen Zentralraum aufgebaut, es war in der 19. Minute. Es entstand eine gute Torchance.

Kontrolliertes Österreich

Der Spielstand war mit 1:0 relativ knapp, es gab praktisch keinen eigenen Torchancen mehr und Nici Billa hing der Sturmspitze komplett in der Luft. Dennoch musste man nie ernsthaft befürchten, dass sich Finnland erfangen würde – sofern nicht ein Weitschuss, ein Standard oder ähnliches einschlägt. Darum war das 2:0 nach 73 Minuten auch so wichtig. Eine wunderbar einstudierte und herausragend ausgespielte Freistoß-Variante sorgte für verdutzte finnische Abwehrspielerinnen und die Entscheidung.

Danach nahm Österreich das schon zuvor eher dosiert eingesetzte Tempo ganz aus dem Spiel. Vor allem im Mittelfeld-Zentrum wurde nun zumeist abgedreht, das Spiel verschleppt, der Ball nach hinten oder maximal auf die Seiten gespielt. Auch auf den Flügeln wurde nun im Zweifel eher der Rückwärtsgang eingelegt. Wie nicht anders zu erwarten war, hatten die Finninnen auch keine Idee mehr. Zwei Vorstöße, bei denen Zinsberger zur Stelle war – mehr kam nicht.

Fazit: Das Team ist erwachsen geworden

Das Spiel in Turku 2013

Das 1:2 in Turku vor fünf Jahren war aus österreichischer Sicht ein Festival des Vorwärtsverteidigens. Man spielte teilweise ein 3-1-6-Hochrisikosystem, drückte vehement auf das finnische Tor, aber nützte die Chancen nicht. Damals war auch die Ausgangsposition noch eine andere: Österreich war der Herausforderer, der Nobody. Finnland war der Platzhirsch, zwei Monate nach der vierten EM-Teilnahme in Folge.

Das 2:0 in Helsinki war das genaue Gegenteil. Österreich ist mittlerweile der Favorit, agierte sehr kontrolliert, nahm so gut wie kein Risiko, nahm vor allem nach der Pause das Tempo heraus, nützte die wenigen echten Chancen gut und ließ Finnland am ausgestreckten Arm verhungern. Es war in all seiner erwachsenen Seriosität beinahe ein wenig langweilig. Das ist angesichts der jüngste Rückschläge – 0:4 und 0:1 gegen Spanien, das 1:1 gegen Serbien – keine Selbstverständlichkeit.

Und: Von den elf Österreichierinnen, die in Turku in der Start-Elf waren, sind neun auch in Helsinki dabei gewesen. Nur Heike Manhart und Anna-Carina Kristler sind gegenüber dem Spiel vor fünf Jahren nicht mehr dabei. Und selbst heute ist das Team mit einem Schnitt von rund 25 Jahren beileibe noch nicht alt.

Die Lage in der Quali

In der Gruppe 7 ist Spanien (2:0 gegen Israel) fix Gruppensieger und damit für die WM qualifiziert. Österreich hat nun den zweiten Gruppenplatz recht gut abgesichert. Finnland hat noch die drei schwereren Auswärtsspiele (in Serbien, Spanien und Österreich) vor sich – gut möglich, dass kein einziges davon gewonnen wird.

Die ÖFB-Frauen sind am Dienstag (18.30 Uhr) in Ramat-Gan zu einem Sieg gegen Israel verpflichtet, wiewohl es durchaus mühsam werden könnte. Zum Abschluss wartet Anfang September eben noch das Heimspiel gegen Finnland.

Um im Rennen um die Playoffs der besten vier Gruppenzweiten zu bleiben, war das 2:0 in Helsinki aber nur die Minimal-Anforderung. Ein Heimsieg gegen Suomi ist ebenso Pflicht, wenn man eventuelle Ausrutscher der Konkurrenz in den anderen Gruppen nützen will – und die braucht es, um noch ins Playoff zu rutschen.

An diesem Spieltag hat von den anderen designierten Gruppenzweiten keiner gepatzt. Dänemark hat 5:1 in der Ukraine gewonnen, Schottland 2:1 gegen Weißrussland, Norwegen 2:0 in Irland und Wales 1:0 gegen Bosnien. Wales hat übrigens seit 729 Pflichtspiel-Minuten kein Gegentor mehr kassiert.

Neben Österreichs Match in Israel ist für die ÖFB-Frauen im Fernduell vor allem die Partie zwischen Wales und Russland interessant, ein walisischer Punktverlust käme Österreich sehr gelegen. Schottland hat in Polen eine unangenehme Aufgabe zu lösen, Norwegen hat das direkte Rückspiel gegen die hartnäckigen Irinnen zu absolvieren. Dänemark (daheim gegen Ungarn), Island (daheim gegen Slowenien) und Belgien (auswärts in Moldawien) sollten zu problemlosen Siegen kommen.

Bei jedem kommen die sechs Spiele gegen Gruppensieger, -dritten und -vierten in die Wertung. Gereiht sind die Teams nach erwarteten Punkten (bei zwei erwarteten Niederlagen gegen den Gruppenersten und vier Siegen gegen den Dritten und den Vierten). Die besten vier Zweiten kommen ins Playoff und spielen sich dort in Halbfinale und Finale ein WM-Ticket aus.

 

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.