Archiv der Kategorie: WM 2010

Vorschau: Ein nettes Freundschaftsspiel

Das ÖFB-Team hat sich also zu einem 2:1-Sieg gegen Litauen gewürgt – dank der gütigen Mithilfe des belgischen Schiedsrichters, der Schiemers Schwächeanfall mit einem verfrühten Weihnachtsgeschenk in Form eines Elfmeters belohnte. Schön mitanzusehen war das gerade nach der Pause nicht, vor allem angesichts der Tatsache, dass man gegen die dann recht sortiert auftretenden, aber doch eher biederen Litauer kein echtes Mittel fand.

Was ich nicht nur, aber auch auf die zu defensiv ausgelegte Rolle von Thomas Prager zurückführe. Der so formstarke LASK-Spielmacher musste de facto einen defensiven Mittelfeldspieler geben. Doppelt falsch: Erstens wäre Prager offensiv zentral hinter den Spitzen besser aufgehoben gewesen, zweitens brauche ich, bei allem Respekt vor Litauen, keine Doppelsechs wenn ich dieses Spiel gewinnen will. Man muss sich auch ein bissi was trauen. Zudem ist und bleibt Schiemer eine Karikatur von einem Außenverteidiger – aber wenn Constantini sich den Luxus erlauben will, auf einen solchen im Kader überhaupt zu verzichten, darf man sich nicht wundern. Schiemer war über weite Strecken des Spiels nur physisch anwesend, wirklich teilgenommen daran hat er kaum.

Der dritte Gruppenplatz ist nun also fixiert, und das Aufrücken vom fünften in den dritten Lostopf für die nächste Auslosung ist so gut wie fix. Das ist erfreulich und somit ist das eigentliche, in Zahlen ausdrückbare Ziel dieser Qualifikation erfüllt worden – eine Abschlussbilanz wird es in ausführlicherer Form nach dem Frankreich-Spiel geben.

Und das ist genau das Stichwort: Frankreich. Auf das Team wartet jetzt noch ein nettes Spiel vor 80.000 Zuschauern im Stade de France. Ja, es zählt noch zur Qualifikationsgruppe – aber weder für die Franzosen noch für uns kann sich am Ausgang der Gruppe noch irgend etwas ändern. Damit erfüllt die Partie den Tatbestand eines im Grunde belanglosen Freundschaftsspiels. Dass man dieses Spiel aber nicht abschenken sollte und auch nicht wird, ist dem Ehrgeiz der jungen Generation zu verdanken. Hier gilt der Grundsatz von Sturm, Rapid und der Austria in der Europa League: Holt man was, isses schön; verliert man, isses auch nicht schlimm – Hauptsache, man hat was gelernt.

Damit zur voraussichtlichen Aufstellung. Im Tor wird wie gewohnt der in starker Form spielende Helge Payer stehen, davor ist wie (ohne die verletzten Prödl und Pogatetz) gewohnt mit Aleks Dragovic und Paul Scharner zu rechnen. Auf den Außenpositionen gibt es Änderungen zum Litauen-Spiel: Links wird der in Innsbruck gelbgesperrte Christian Fuchs auflaufen, der bei Bochum von der Verletzung seines LV-Konkurrenten Philipp Bönig profitierte und zuletzt wieder durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machte. Rechts ist geplant, dass statt dem diesmal gesperrten Schiemer Besiktas-Legionär Ekrem Dag zu seinem Teamdebüt kommt. Der ist zwar auch kein gelernter Außenverteidiger, schlechtes Gefühl habe ich beim ihm aber aufgrund seiner außerordentlichen taktischen Flexibilität da nicht.

Der gegen Litauen etwas fahrige Yasin Pehilvan ist im defensiven Mittelfeld natürlich gesetzt, ihm zur Seite wird als tatsächlicher Partner in der Doppelsechs (anders als dem alibimäßig als offensiver angekündigten Prager) Jules Baumgartlinger gestellt. Das ist auswärts gegen eine starke Mannschaft wie Frankreich nachzuvollziehen und auch nicht weiter zu kritisieren.

In der Defensive ist also nicht mehr mit großen Überraschungen zu rechnen, das steht alles ziemilch. Sehr viel wackeliger sind da schon Prognosen, wenn es um die Abteilung Attacke geht. Denn ob Constantini drei offensive Mittelfeldspieler plus Solospitze bringt, oder mit einem Sturmduo beginnt, ist so genau nicht vorherzusagen. Bei der eher defensiv zu erwartenden Grundausrichtung wäre es eigentlich logisch, das Mittelfeld mit einem fünften Mann zu stärken und vorne entweder einen Prellbock Marke Janko hinzustellen, oder aber (wie Sturm das vor allem international recht erfolgreich macht, seit Mario Haas verletzt ist), mit Daniel Beichler (wahlweise auch Roman Wallner) einen kleinen, spielstarken. Da das zu erwartende französische IV-Duo Gallas/Evra nicht zu den körperlich größten, aber technisch eher beschlageneren Gespannen zählt, würde sich ein Kopfball-Typ wie Janko in diesem Fall eher anbieten.

Die Offensivpositionen im Mittelfeld könnten dann der wieder genesene Jakob Jantscher (links) und Veli Kavlak (rechts) übernehmen, bzw. wiederum Prager oder Beichler in der Zentrale – als drei eher kleine, aber schnelle und wendige Spieler. Erfolg und Misserfolg einer solchen Variante könnte auch damit zusammenhängen, welche zwei Kandidaten bei den Franzosen die zentralen Defensivpositionen im Mittelfeld einnehmen – die kleinen, flinken Lass Diarra und Patrice Evra, oder der etwas robustere Jeremy Toulalan (je nachdem, ob Domenech etwas experimentiert oder die Einsergarnitur aufs Feld schickt). Zuletzt spielte Evra hinten zentral und Toulalan und Diarra im defensiven Mittelfeld. Sollte sich Contantini für ein 4-4-2 wie gegen Litauen entscheiden, wird er wirderum auf ein ungleiches Stürmer-Duo zurückgreifen, also am Ehesten wieder Janko und Wallner (eventuell auch Beichler). In diesem Fall würde Jakob Jantscher auf links im Mittelfeld und wahrscheinlich Veli Kavlak auf der rechten Seite spielen.

Es lohnt auch noch ein kleiner Blick auf die französische Mannschaft. Nimmt man als Referenz ihr Spiel in Serbien vor etwa einem Monat, liefen die Bleus mit einem 4-3-3 aufs Feld. Drei Stürmer (Torschützenkönig Gignac zentral, dazu Henry links und Anelka rechts als echte Flügelstürmer), im Mittelfeld ein Offensiver (Gourcuff) mit zwei Abfangjägern (Toulalan und Diarra), und hinten mit einer normalen Viererkette. Auch im Heimspiel gegen die Färöer am Samstag, das die Franzosen locker mit 5:0 gewannen, war dies die Ausrichtung. So ist die Prognose, dass es auch gegen Österreich so sein wird, keine gewagte. Darum wäre es sicherlich nicht von Nachteil, im Mittelfeld auf Überzahl zu gehen und das Spiel mit einem 4-2-3-1 anzugehen.

Sprich: Payer – Dag, Scharner, Dragovic, Fuchs – Kavlak, Baumgartlinger, Beichler, Pehlivan, Jantscher – Janko

Ein Wort noch zu David Alaba: Ich hatte ja schon länger im Gefühl, dass das letzte Spiel, in dem es vermutlich um nichts mehr gehen würde, ein guter Zeitpunkt wäre. Schließlich ist das nächste Pflichtspiel erst im kommenden September, nach der Weltmeisterschaft, und da ist es gut und richtig, wenn man eventuellen Begehrlichkeiten von seiten des nigerianischen Verbandes gleich einmal Vorschub leistet. In der 88. Minute einwechseln, und das Thema Alaba ist erst einmal erledigt. Richtig so, dann kann man seine (bislang recht erfreuliche Entwicklung) weiter abwarten.

(phe)

PS: Im Übrigen sei an dieser Stelle noch an diesen äußerst intelligenten Artikel im Standard erinnert, und das dazugehörige Buch kann ich auch nur empfehlen, ich habe es verschlungen.

Vorschau: Österreich-Litauen

Am Samstag geht es also in einem vollen Innsbrucker Tivoli gegen Litauen. Wenn, wie als Ziel ausgegeben, der dritte Tabellenplatz gesichert werden soll, muss gegen die Balten gewonnen werden – und das ist auch möglich. Der Gegner, der da kommt, ist gleichermaßen unangenehm wie unberechenbar – aber auch absolut schlagbar.

Das hat der letzte Auftritt der Litauer gezeigt, als sie ihr Spiel auf den Färöer-Inslen gar verloren haben. Erinnern wir uns aber gleichzeitig ein Jahr zurück: Da besiegten sie das österreichische Team auf dem besseren Bezirkssportplatz von Marijampole mit 2:0 – es war eine klassische Nullnummer mit zwei eher glücklichen Toren (ein abgefälschter Weitschuss z.B.). Dann werfen wir einen kurzen Blick auf die österreichische Aufstellung von damals, und wir merken sofort: Diese Partie lässt, was das ÖFB-Team betrifft, keinerlei Rückschlüsse auf das Rückspiel am Samstag zu. Mit Paul Scharner ist nur einer von der Startformation auch diesmal dabei, Christian Fuchs kam in Marijampole für die letzten fünf Minuten ins Spiel.

Schauen wir also auf die jetzige Mannschaft. Im Tor wird Helge Payer stehen – nach den zuletzt wirklich starken Leistungen in Nationalteam und Europacup gibt es da auch nichts zu diskutieren. Die Innenverteidigung wird von Aleksandar Dragovic (so er denn rechtzeitig fit wird) und Paul Scharner gebildet. Sollte Dragovic nicht spielen können, stünden Manuel Ortlechner und Jürgen Patocka Gewehr bei Fuß. Eher kein Thema für die IV sollte hingegen Frnaz Schiemer sein, der als einziger im Kader einen Rechtsverteidiger zumindest halbwegs sinnstiftend spielen kann. Auf rechts wird’s sonst dünn. Links wird entweder Manuel Ortlechner spielen (so er eben nicht innen gebraucht wird), oder Andi Ulmer. Trotz der zuletzt deutlich ansteigenden Form des Salzburgers Ulmer fürchte ich, dass Ortlechner spielen wird.

Das sollte aber nicht viel ausmachen, da die Ausrichtung der jungen Truppe, die davor das Vertrauen geschenkt bekommt, ohnehin eher offensiv ausgerichtet ist. Zumindest in einem Heimspiel, das gewonnen werden muss. Constantinis Ankündigung, da mit einem Solo-Sechser (wohl Pehlivan) spielen zu wollen, gefällt da ganz gut. Auf den Außenpositionen ist erstmals Ekrem Dag (der im Mittelfeld alles spielen kann, quasi eine Allround-Waffe ist) ein Thema. Er wäre das aber wohl nicht, wenn nicht Andi Hölzl verletzungsbedingt passen müsste. Hier wird Constantini wohl zu seinem Glück gezwungen.

Links ist Jakob Jantscher mittlerweile wohl gesetzt, wiewohl da beim Sturm-Youngster noch ein kleines Fragezeichen hinter seiner Fitness steht. Er musste am Wochenende gegen Kapfenberg nach einer halben Stunde angeschlagen ausgewechelt werden. Geht bei Jantscher nichts, kann ich mir Veli Kavlak ganz gut vorstellen – Christopher Drazan wäre da wohl eher als Joker für die letzte halbe Stunde wirkungsvoller.

Die zentrale Offensivposition ist hingegen so ein Thema. Grundsätzlich wäre das die ideale Position für den derzeit bei Mainz in Überform agierenden Andi Ivanschitz, doch der ist ja bekanntlich nicht dabei. Ob es sich dabei wirklich um eine geforderte Stammplatzgarantie handelt (was ich nicht so recht glauben mag), persönliche Animositäten seitens des Teamchefs (was ich nicht hoffen mag) oder, wie in der Kleinen Zeitung angedeutet, mangeldes Defensiv-Verhalten (was zumindest ein sportlich akzeptabler Grund wäre), ist eigentlich egal. Der zwei Jahre jüngere Thomas Prager, der unter einem echten Trainer beim LASK aufblüht und wie Ivanschitz vor Selbstbewusstsein strotzt, kann auch das spielen.

Eine weitere Alternative für die zentrale Offensivposition wäre Daniel Beichler, der das beherrscht, aber diese Position nicht wie Prager vom Verein gewohnt ist. Ihn könnte ich mir eher als wuseligen Sturmpartner zu Marc Janko vorstellen. Jimmy Hoffer sehe ich aufgrund seiner Spielanlage und vor allem aufgrund seiner Matchpraxis eher als Alternative von der Bank.

Ich erwarte also folgende Formation:
Payer – Schiemer, Dragovic, Scharner, Ortlechner – Dag, Pehlivan, Prager, Jantscher – Beichler, Janko

Ein Sieg gegen die Balten ist, wie erwähnt, Pflicht. Und ein einem muss ich Didi Contantini dann doch absolut Recht geben: Ein dritter Platz wäre ein schöner Erfolg. Wenn man aus Topf 5 startet und eine nominell stärere Mannschaft (in diesem Fall wäre es Rumänien) neben den Litauern hinter sich halten kann, wäre das nicht nur ein Resultat, auf dem man aufbauen könnte. Sondern vor allem wichtig für die kommende Auslosung für die EM-Quali.

Aber auch, wenn’s mit dem dritten Rang am Ende nix werden sollte: Drei Punkte gegen Litauen sind ein absolutes Muss.

(phe)

Erfrischendes Deja-Vu aus Belgrad

Ich weiß nicht, ob Didi Constantini tatsächlich eine Mentalität des Fußballs aus der Steinzeit pflegt, oder uns einfach nur alle verarscht. Denn in diesem Standard-Interview zeigt er eigentlich eine Einstellung, die den Anforderungen des modernen Gekickes diametral gegenübersteht. Summa summarum sagte er: „Teambuilding ist scheiße.“ Und dann spielt die Mannschaft so gut, wie schon lange nicht mehr.

Neben dem Zeitungsgespräch verhieß der Ausfall wichtiger Legionäre (etwa Pogatetz und Prödl) erst einmal nichts Gutes, zusätzlich entschied sich Constantini auch noch für zwei junge Debütanten in Person von Jantscher (offensives Mittelfeld, Sturm Graz) und Dragovic (Innenverteidigung, Austria Wien). Scherzhaft. aber meiner Erwartung durchaus angemessen, stellte ich gestern noch Kollege Schaffer die Frage, wie hoch wir wohl verlieren werden. Auf dem Papier steht heute eine 0:1 Niederlage, in allen anderen Belangen verbuche ich das heutige Spiel als Fortschritt.

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Faröer – Österreich: Die Analyse

Thomas König ist kein Radiomoderator.
Der ORF ist peinlich, weil er im Fernsehen Radio überträgt und keine Webcam besitzt.
Österreich hat keine Goalgetter und kann im Wind nicht spielen.
Die Faröer haben endgültig einen Lieblingsgegner gefunden.
Der slowenische Schiri dürfte kein Genie sein.
Es war wahrscheinlich gar nicht so schlecht gespielt, aber es war zu wenig.
Bei der WM 2010 werden wir wahrscheinlich nicht dabei sein.

Tom und Georg wetten (#1): Färöer – Österreich

Es kam wie es kommen musste. Da waren zwei Ballverliebt-Redakteure sich nicht ganz einig über das, was nächsten Samstag Nachmittag in Torshavn (die Stadt in der ganz bestimmt irgendwo ein Hickersberger-Denkmal stehen muss, auch wenn anno 1990 in Schweden gespielt wurde) passieren wird, und bumm – wurde eine Wette draus. Der Einsatz ist monetär gesehen zwar nicht die Welt, doch das Gut umso wertvoller. Um eine Maß köstlich prickelndes, erlesenes, selbstgebrautes Bier im Highlander geht es bei unserer Autorenwette zu Färöer Inseln – Österreich.

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