Alle Beiträge von Tom Schaffer

Über Tom Schaffer

Journalist und als langjähriger Mittelfeldmotor stolzer zweifacher steirischer Jugendvizemeister. Fan des Offensivkicks und des englischen Fußballs.

Mehr oder weniger englische Engländer

Das Mutterland des Fußballs ist nicht so erfolgreich, wie es sein möchte – Daran entzünden sich auch Fragen der Nationalität Englands Fußball-Nationalteam sieht seit geraumer Zeit alt aus. Kleinere Länder – etwa Österreich – mögen sich immer noch neidvoll nach den Problemen einer Nation sehnen, die bei den letzten vier Weltmeisterschaften und der letzten Europameisterschaft immer die Gruppenphase überstand. Aber England hat die Ambitionen einer Fußballnation, die gerade den 150. Geburtstag ihres Verbandes feiert. Während zwei Amateurteams vor dem Buckingham Palace am Montag das Spiel ihres Lebens feierten, stellt sich dem Rest des Landes eine Identitätsfrage: Wer ist eigentlich englisch genug, um für England zu spielen?

Die Erfolglosigkeit der letzten Jahre wurde im Sommer mit einer gewissen Perspektivlosigkeit verschärft, als das U21-Team bei der EM und das U20-Team bei der WM klanglos in der Vorrunde ausschieden. Der Optimismus, der sich vor wenigen Jahren aus zwei Vizeeuropameistertiteln (2009: U19, U21) und einem Europameistertitel (U17 2010) speiste, scheint verflogen, und eine gewisse Resignation köchelt – vielleicht zu Recht, vielleicht zu Unrecht – immer wieder hoch. Immer wieder in der allgemeinen Kritik steht, dass so wenige junge Engländer in der Premier League zum Durchbruch kommen – trotz Jungspieler-fördender Maßnahmen. Die FA gründet nun eine Arbeitsgruppe dazu.

Ein Januzaj hat die Wahl

Jüngst trieb die Debatte auch etwas skurrile Blüten, als sie sich an Manchester Uniteds Youngster Adnan Januzaj entzündete. Der hat sein Team bei seinem ersten Einsatz über 90 Minuten mit zwei Toren zum Sieg in Sunderland geschossen. Spekulationen über eine Zukunft im englischen Team entstanden. Teamtrainer Roy Hodgson beobachtet Spieler und Situation, obwohl die Wahrscheinlichkeit nicht groß ist, dass der junge Überflieger jemals für England spielen darf.

Januzaj ist seit zwei Jahren in Manchester am Werken. Er ist 18 Jahre alt und wurde in Brüssel geboren, seine Eltern sind Kosovo-Albaner, seine Mutter hat angeblich auch einen türkischen Pass. Theoretisch könnte er für Belgien, Albanien, den Kosovo, Serbien oder die Türkei spielen. Und würde der junge Mann noch fünf Jahre in England spielen, ohne vorher für ein anderes Land aufzulaufen, wäre eben auch England ein Thema.

Dass er so lange auf seine internationale Karriere wartet, ist nicht nur angesichts der Fülle an Möglichkeiten zu bezweifeln, aber Einberufungen ins aufregende belgische Teams hat Januzaj bislang immerhin abgelehnt. Gleichzeitig steht noch nicht fest, ob er überhaupt bis über den nächsten Sommer hinaus in England bleiben wird. Mit Interessenbekundungen von unter anderen Bayern München, Juventus Turin und Real Madrid in der Hinterhand pokert Januzaij derzeit um den bestmöglichen Vertrag.

Ein Wilshere will sie nicht

Womit wir von einer fernen Hoffnung für das englische Team zu einer sehr konkreten, aktuellen kommen: Jack Wilshere. Arsenals Mittelfeldspieler kämpft sich gerade von seiner Verletzungsgeschichte zurück ins vielversprechende Fußballerleben und rettete seinem Team jüngst einen Punkt bei West Bromwich Albion. Er lief zwar kürzlich spätabends mit einer Tschick in der Pappalatur einem Paparazzo in die Arme, ansonsten gilt der nun vom Laster geläuterte 21-Jährige aber als große Hoffnung für England. Er ist einer, der von seinem Trainer Arsene Wenger als Spieler mit „spanischer Technik, aber englischem Herzen“ quasi zum multikulturellen Fußballer geadelt wurde.

Von der Aufweichung des Englischen hält Wilshere aber ganz konservativ und nationalitätsbewusst wenig. Der „Guardian“ zitiert ihn folgendermaßen: „Fünf Jahre hier zu spielen macht dich nicht zu einem Engländer. Wenn ich fünf Jahre in Spanien spiele, spiele ich auch nicht für Spanien. Wenn du Engländer bist, bist du Engländer und solltest für England spielen.“ Es ist eher ein sehr einfaches als ein sehr ausgeklügeltes Argument. Wilshere ist in einem Londoner Vorort geboren, hat nie woanders gelebt und bereits für England gespielt. Es ist eine Frage, die sich ihm persönlich nie gestellt hat und nie stellen wird.

England hofft auf die Zuwanderer

Das gilt eigentlich auch für Gareth Southgate, und doch sieht der neue U21-Teamtrainer die Sache nuancierter – zwangsläufig, denn vier seiner Spieler wurden nicht in England geboren: Wilfried Zaha (Elfenbeinküste), Raheem Sterling (Jamaika), Saido Berahino (Burundi) und Nathaniel Chalobah (Sierra Leone) gelten trotzdem als englische Hoffnungsträger. Southgate: „Die Welt verändert sich, viele Familien ziehen immer wieder um. Wir haben viele Jungs in unserem Team, die nicht in England geboren wurden. Aber ihre Familien sind hierher geflohen, und sie sind unglaublich stolz, für England zu spielen.“ Solange ein Spieler sich für kein anderes Land entschieden habe, solle man sich vor allem ansehen, ob er die richtige Motivation mitbringt.

Es mag die progressivere Position im Vergleich zu Wilshere sein, aber es ist im Prinzip einfach nur der Modus, den die FIFA seit 2004 vorgegeben hat. Und früher wurde das auch durchaus liberaler gehandhabt. Der große Real-Madrid-Star der 50er- und 60er-Jahre, Alfredo di Stefano, spielte für Argentinien, Kolumbien und Spanien. UEFA-Chef Michel Platini wurde nicht nur Europameister mit Frankreich, sondern spielte nach seiner Teamkarriere auch ein Match für Kuwait. Unser Zeitalter mag Globalisierung heißen, doch während Waren und Transaktionen um den Erdball fließen, werden für Menschen manche Grenzen heute schwerer überwindbar.

Der Nationalismus prallt gegen die Welt

Die Frage nach der nationalen Zugehörigkeit ist wahrlich keine Neue. Aber wenn sie dem Fußball in England gestellt wird, wirkt die nationale Einkastelei noch ein wenig seltsamer und antiquierter als sonst.

Ausgerechnet in diesem ehemaligen Weltreich und multikulturellen Einwandererland, das sich noch vergangenen Sommer stolz als olympischer Schmelzkübel der Kulturen präsentierte.

Ausgerechnet in diesem Sport, dem größten der Welt, der von England aus ein global geliebtes Spektakel und globalisiertes Geschäft geworden ist.

Ausgerechnet dort, wo sich das zur erfolgreichsten, populärsten und internationalisiertesten Liga vermengt hat.

Ja, ausgerechnet dort prallen die nationale Idee des 18. Jahrhunderts, die Realität des 21. Jahrhunderts und der größte Sport des 20. Jahrhunderts aufeinander.

Wenn aber das langfristige Leben in einem Land und das Bekenntnis zu dessen Nationalteam nicht genügen, um als Spieler akzeptiert zu werden, was bleibt jungen Menschen mit vielfältigeren Wurzeln dann? Welche einzig wahre nationale Identität hat ein Adnan Januzaj? Und wer soll sie festlegen, wenn nicht er selbst?

Umfrage zur Europa League: Steigen österreichische Klubs auf?

Nach dem ordentlichen Auftritt der Austria in der Champions League gestern abend, betreten RB Salzburg und Rapd Wien heute abend für heimische Klubs gewohnteren Boden. Die Europa-League-Gruppenphase hebt an. Wie zuversichtlich ist die Ballverliebt-Community für das Abenteuer Europapokal für diese beiden Teams?

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Umfrage zur Champions League: Wird die Austria punkten?

Die Wiener Austria hat in der CL eine knüppelharte Gruppe erwischt: Atletico Madrid, FC Porto und Zenit St. Petersburg sind immerhin drei der letzten fünf Europa League-Sieger und allesamt auch regelmäßige Gäste in der Champions League. Wie optimistisch sind die Ballverliebt-User angesichts dieser Gruppe aus Sicht der Austria?

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Özil zu Arsenal: Schlechtester Grund für Medien-Empörung aller Zeiten

„Real mobbt Özil zu Arsenal“, titelt die Bild-Zeitung. Und ja, es ist halt die Bild-Zeitung, aber der Boulevard hat seine Wirkung. In einigen deutschen Foren kocht bereits so manche Fanseele: Menschlich ganz schlimm und sportlich sowieso unverständlich sei die Entscheidung, den Deutschen für den Gareth Bale-Transfer zu opfern. Auch seriösere Medien inszenieren Özils Wechsel als eine „Flucht“. Man könnte fast Mitleid mit Özil bekommen. Continue reading

Arnautovic zu Stoke: Eine Bewertung

„We are passing the ball, we are passing the ball. We are Stoke City, we are passing the ball“, auch die Fans der Potters schienen beim Auftaktspiel von Stoke bei Liverpool etwas überrascht von der phasenweisen Darbietung ihres Teams. Stoke City war seit Jahren DAS Premier League-Team für unansehnlichen Fußball: Eine knüppelharte, destruktive Defensive, lange Bälle, wenig Glanz. Das Spiel in Liverpool wich davon nicht grundsätzlich ab, doch stellenweise waren neue Töne zu sehen. Continue reading

Wo stehen Österreichs Vereine in Europa?

Unser Tom analysiert auf derStandard.at die aktuelle Situation der UEFA-Teamwertung:

Es ist kein Zufall, dass die Austria der erste Klub Österreichs seit acht Jahren war, der die Gruppenphase erreichte. Vom Ranking her haben die heimischen Vertreter dort momentan wenig verloren. Die Austria ist mit Abstand das am Schlechtesten bewertete Team der diesjährigen Champions League-Gruppenphase und auch Österreich-Spitzenreiter Salzburg stünde nur unwesentlich besser da.

Der Champions League-Fixplatz ist für Österreich wohl unmöglich

Die Kollegen von Abseits.at haben vor einigen Tagen berechnet, was für Österreich in der UEFA-Fünfjahreswertung nach der aktuellen Saison möglich wäre und kommen zu dem Schluss: „Sogar Platz 13 und somit ein CL-Fixplatz scheint nicht gänzlich unmöglich„. Wir widersprechen geschätzten Kollegen ja ungern, aber seit diesem Satz ist das Playoff nahezu perfekt für Österreich verlaufen, und immer noch ist die Erwartung eines CL-Fixplatzes geradezu utopisch. Zwar ist der CL-Fixplatz theoretisch nicht gänzlich unmöglich, wohl aber scheint er es. Continue reading

Premier Leaks #12: Der milde Mourinho und das runde Paket

Als José Mourinho 2004 zum ersten Mal bei Chelsea anheuerte, war Arsène Wenger einer seiner liebsten Gegner am Platz und im Verbalduell. „Wenn dumme Menschen Erfolg haben, macht sie das manchmal noch dümmer“, sagte der Franzose, damals wie heute Arsenal-Trainer. Oh snap! Mourinho wollte davor mit einem angeblichen 120-seitigen Dossier belegen, dass Wenger sich öffentlich zu viel mit Chelsea beschäftigte. Wenger – der gerade mit seinen „Invincibles“ eine ungeschlagene Saison als Meister beendete – sei ein „Voyeur“. – Diesmal wieder exklusiv bei derStandard.at.