Das Taktikdefizit

So, da ist er also: Mein erster Artikel für diesen Blog.

Und ich hab mir gleich ein Thema ausgesucht, das mir in letzter Zeit immer schwerer auf dem Herzen liegt: Das Taktikdefizit im österreichischen Fußball, welches beim ach so tollen Wiener Derby mal wieder besonders offensichtlich war. Variable Spielsysteme: Waren nicht vorhanden. Taktische Veränderungen: Wurden vonseiten der Trainerbänke defacto nicht vorgenommen. Aber abenteuerliche Ideen gab es dafür genug. Mein Favorit der präsentierten Blödheiten war das System von Peter Pacult, welches in der Praxis auf ein 4-6-0(!) hinauslief (Bazina war zwar als Spitze aufgeboten, kam aber effektiv mehr aus dem Mittelfeld, sodass bis zur Einwechslung von Bilic die Position des Stürmers eigentlich vakant war).

Bei der Austria sah das Spiel in Sachen Taktik aber auch eher trist aus. Dass die Veilchen nach dem 1:0 für Rapid durch Kulovits (dem ein horrender Tormannfehler vorausging, Fornezzi hat in der Situation so weit draußen nichts zu suchen!) lag eher am Unvermögen der Rapidler, denn an einer gröberen Steigerung der Violetten. Was wir zu sehen bekamen waren eine große Hektik und haarsträubende Fehler (im technischen und im antizipatorischen Bereich) die jeden Trainer im Ausland bis in den Schlaf verfolgen würden. Nur unseren Pacults und Zellhofers ist das nicht nur egal, nein, die Herren lügen sich auch noch selbst in die Tasche, indem sie den gezeigten Grottenkick auch noch hochjubeln und sich so, indem sie das Publikum für blöd verkaufen wollen, gegenseitig ihre Jobs absichern (dass diese Herren sich von der realen Fußballwelt da draußen doch ziemlich bedroht fühlen, konnte man ja gut an der schon fast panikartigen Reaktion auf die Erfolge unserer U20 Mannschaft erkennen – aber egal, das würde jetzt zu weit vom Thema wegführen).

Das Wiener Derby ist aber nur ein Beispiel. Schauen wir uns doch mal den Vizemeister der letzten Saison, die Rieder, an. Dort spielt man ein System, welches man im modernen Fußball schon vor spätestens 20 Jahren abgeschafft hat. Alles wird auf einen einzigen Mann zugeschnitten (in diesem Fall Herwig „Fat Boy“ Drechsel) und wenn dieser irgendwie ausfällt, dann ist sofort Schicht im Schacht. Bei den Spielen gegen den FC Sion war das mehr als offensichtlich. Die haben den überwuzelten Rieder Spielmacher abmontiert und schon war Sand im Getriebe der Oberösterreicher, weil das „Gib dem Wickerl den Ball, der macht schon was damit“-Prinzip plötzlich überhaupt nicht mehr funktionierte. Reaktion der Trainerbank auf diese Tatsache: Null. Zero. NADA. Und das zwei ganze Spiele lang. Wenn wir uns dagegen mal Mannschaften wie den FC Sion anschauen, dann fällt einem sofort auf, dass deren Spielanlage nicht mit einem einzigen Mann steht und fällt. Die kompensieren etwaige Ausfälle mit ihrem variablen Spielsystem, einem starken Kollektiv und mit Spielern, die in einem solchen Fall die Verantwortung eben an sich reißen können. Vor allem aber haben diese Mannschaften aber auch meist einen Trainer, der für den Fall des Falles einen Plan B ausgearbeitet hat und der auf etwaige Veränderungen im Spielablauf entsprechend reagiert. Unsere Trainer sind von so etwas wie einem Plan B meilenweit entfernt. Die haben meistens nicht einmal einen Plan A. Schließlich muss es ja einen Grund dafür geben, dass österreichische Trainer im Ausland derzeit inexistent sind. Und als Belohnung bekommen sie (so wie Peter Pacult) auch noch eine Vertragsverlängerung.

Die Auswirkungen dieser Taktikpleiten kann man derzeit recht gut im Nationalteam beobachten. Mal ganz abgesehen davon, dass Hicke auch so ein Fall ist, dessen Verständnis von Taktik nicht über das kranklsche „Gehts auße und spülts eicha SPÜ!“ hinaus zu gehen scheint, würden unsere Kicker ein ausgereiftes taktisches System auch nicht begreifen, wenn man ihnen Jürgen Klinsmann oder Jose Mourinho als Trainer vor die Nase setzen würde. Der Grund dafür ist ihre schlechte Ausbildung in einer Liga, die sich selbst belügt und die heimischen Fußballfans mit der Heuchelei ihrer „Experten“ für dumm verkauft.

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