Thalhammer und der LASK: Unerwartet, aber nicht unlogisch

Hoch die Hände: Wer hat den Wechsel von Dominik Thalhammer als Teamchef der ÖFB-Frauen zum Trainer des LASK kommen gesehen? Niemand? Nein, dieser Wechsel kommt tatsächlich aus dem Nichts.

Viele LASK-Fans könnten erst einmal ein wenig vor den Kopf gestoßen sein – nach dem Motto: Was? Der Frauen-Trainer? Ist das wirklich eine gute Idee? Ja, ist es. Denn dieser Transfer ist auf so vielen Ebenen so logisch, dass man sich eigentlich wundert, warum man so überrascht ist. Sowohl für ihn als auch für den LASK ist es eine Win-Win-Situation.

Lebensmittelpunkt Linz

Dominik Thalhammer, an sich aus Wien stammend, lebt seit vielen Jahren in Linz – sein vor neun Jahren angetretener Job beim ÖFB erforderte aber viel Anwesenheit in Wien bzw. in St. Pölten bei der Frauen-Akademie, die er jahrelang leitete. Schon aus persönlichen Gründen ist ein Engagement bei einem Linzer Klub für Thalhammer, verheiratet und Vater zweier Töchter, naheliegend.

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Ungewöhnliche Varianten

Sein Faible für ungewöhnliche taktische Lösungen ist bekannt. Als Trainer eines Nationalteams hatte er nur begrenzte zeitliche (und personelle) Möglichkeiten, diese Varianten einzustudieren und zu perfektionieren. Als Trainer einer Klubmannschaft steht er über Wochen und Monate hinweg täglich mit dem Team auf dem Trainingsplatz, die Auswahl der Spieler ist nicht an ihren Reisepass gebunden. Zudem verfügt der LASK schon jetzt über einen spielintelligenten Kader, der Thalhammers Ideen auch umsetzen können dürfte.

Sanfter Übergang

Dennoch ist nicht zu erwarten, dass ab der der ersten Einheit alles anders wird! Die Basis des erfolgreichen Spiels der ÖFB-Frauen war neben der Flexibilität vor allem das Pressing. Dieses ist auch die Grundlage des LASK-Spiels – von daher gibt es deutliche Anknüpfungspunkte, um eine Übergabe ohne große, inhaltliche Reibungsverluste zu gewährleisten. Was das System angeht, ist Thalhammer flexibel, auch das 3-4-3 des LASK gehörte bei den ÖFB-Frauen zum üblichen Repertoire. So gesehen dürfte der LASK unter Thalhammer zunächst ziemlich ähnlich aussehen wie der LASK unter Ismaël und Glasner.

Spieler ausbilden

Seine Kernaufgabe war es beim ÖFB bzw. der Akademie in St. Pölten, Strategien für den Entwicklung von Spielerinnen zu finden. Nachwuchs-Talente machte er besser, indem sie möglichst breit und möglichst umfassend ausbildete bzw. ausbilden ließ. Das wird auch beim LASK nötig sein, da mittel- oder sogar kurzfristig einige Stützen aus dem Erfolgsteam zu ersetzen sein werden. Wenn eigene Jugendspieler oder preisgünstige Talente, die man von anderen Klubs holt, eingebaut werden, steigert das deren Verkaufswert. Das wäre für den LASK nachhaltig und finanziell reizvoll – und ein Argument gegen die seit Jahren chaotischen Verhältnisse in Hütteldorf, am Verteilerkreis und in Graz.

Profil schärfen

Beim LASK kann Thalhammer nicht nur das Profil der Spieler schärfen, sondern auch sein eigenes. Seine Arbeit hat internationales Aufsehen erregt, allerdings fast nur in der Nische Frauenfußball. Ein Aufstieg innerhalb des ÖFB schien für den obersten Trainer-Ausbildner und Frauen-Teamchef wohl nicht mehr möglich. Schafft er es, den LASK an der Spitze der Liga zu etablieren und in der Europa League in den kommenden Jahren mit seinen Ideen Aufsehen zu erregen, würde es seine Stellung im österreichischen Fußball noch erheblich steigern.

Und die ÖFB-Frauen?

Der ÖFB wurde von diesem Wechsel offenbar ebenso auf dem falschen Fuß erwischt wie die gesamte österreichische Fußball-Öffentlichkeit. Sollte das nicht auf ÖFB-interne Kommunikationsschwächen zurückzuführen sein, hätte man das etwas eleganter machen können.

Im September geht es für die Frauen in der EM-Qualifikation mit dem Auswärtsspiel in Kasachstan weiter, danach folgen die beiden Matches gegen Frankreich. Alles schon ohne Dominik Thalhammer. Er hinterlässt seiner Nachfolgerin – mutmaßlich seine langjährige Co-Trainerin Irene Fuhrmann, die erste österreichische Trainerin mit UEFA-Pro-Lizenz – eine funktionierende Truppe mit einem breiten Repertoire an Möglichkeiten.

Mit Marie Höbinger und Julia Hickelsberger schicken sich zwei junge Spielerinnen an, die nächste Generation zu prägen; Nicole Billa ist die legitime Nachfolgerin von Rekord-Stürmerin Nina Burger, die Juniorinnen qualifizieren sich vermehrt für EM-Endrunden und die von Thalhammer maßgeblich gestaltete ÖFB-Frauen-Akademie sorgt dafür, dass der Strom an Talenten nicht abreißt.

Hier ist das Fundament so gut gelegt, wie es auch beim LASK mittelfristig der Fall sein soll.

Beitragsbild: CC BY-SA 3.0 AT/Aliura

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.