Viel Kampf, wenig Klasse

Ein volles Haus, viel Kampf, hohe Intensität – aber wenig fußballerische Klasse. Das war das Old Firm Derby von Glasgow im Achtelfinale des schottischen Cups. In dem mit Celtic das Auswärtsteam zwar auch in Unterzahl klar dominierte, die Rangers aber ein 2:2 erkämpften.

Glasgow Rangers - Celtic Glasgow 2:2

In dieser Saison sind die beiden schottischen Großklubs ziemlich gleich stark – an Verlustpunkten liegen die Rangers in der Liga-Tabelle ein Pünktchen voran. In diesem Old Firm Derby ging es aber nicht um Punkte, sondern um den Einzug ins Viertelfinale des schottischen Pokals, und damit schon mehr oder weniger um den Titel. Denn im Normalfall kann ja schon seit Jahrzenhten die schottische Konkurrenz diesen Teams nicht das Wasser reichen.

Das Spiel begann gut für die Gastgeber – von der frühen Rangers-Führung durch Ness (nach einer Ecke) ließ sich Celtic überhaupt nicht beeindrucken. Im Gegenteil, die Truppe von Neil Lennon legte nun erst recht los. Über die rechte Seite arbeiteten Wilson und Brown hervorragend zusammen, die Grenzen zwischen RV und RM verschwammen komplett. Auf der anderen Seite war es der Honduraner Izaguirre, der viel nach vorne ging. Und im Zentrum war Ki Sung-Yueng, Star des Asiencups, der Ballverteiler. So hatte Celtic – im gegnerischen Ibrox, wohlgemerkt – zwei Drittel Ballbesitz und der 1:1-Ausgleich durch die hängende Spitze Kris Commons (16.) war hochverdient.

Die Gäste drückten weiter und die Rangers versuchten, sich mit ihren zwei Viererketten und viel Kampfkraft Celtics zu erwehren. Hier spielte es ihnen auch in die Hände, dass es den Gästen trotz aller Spielkontrolle am Zug zum Tor fehlte. Grundsätzlich war die Spielanlage bei Walter Smith‘ Rangers ähnlich wie beim Gegner: Über die Seiten nach vorne kommen, mit dem giftigen Elhadji Diouf (der es vornehmlich mit Beram Kayal zu tun hatte) und dem schnellen Jelavic in vorderster Front, der auf Konter lauerte. Bis es in der 36. Minute zum vermeintlichen Knackpunkt kam: Celtic-Goalie Fraser Forster foulte Jelavic im Strafraum – Elfmeter und Rot! Whittaker drosch den Ball zum alles andere als verdienten 2:1 ins Netz.

Celtic-Coach Lennon nahm mit Commons seine hängende Spitze für Ersatztorhüter Zaluska vom Feld und spielte mit einem 4-4-1 weiter; die interessantere Umstellung nahm in der Halbzeit aber Walter Smith vor: Er zog Diouf zurück auf die (zumeist) linke Seite im Mittelfeld, Edu machte nun den Solo-Sechser und mit einem 4-1-4-1 sollte gegen den dezimierten Gegner das Ergebnis abgesichert werden. Lennon sah sich das eine Zeit lang an und ging nach einer Stunde mehr Risiko, weil er sah, dass die Rangers keine Intention hatten, auf ein drittes Tor zu gehen.

So kam mit Giorgios Samaras ein schneller Stürmer (wiederum als hängende Spitze) für den Zentral-Defensiven Kayal. Das verbleibende Dreiermittelfeld Brown-Ki-Ledley verschob sich immer wieder horziontal und der Außenverteidiger auf der freien Seite übernahm dann jeweils die Position im Mittelfeld. Zumeist war das eher Izaguirre, der vor der Pause schon sehr fleißig war. Und es war ob des Dauerdrucks des dezimierten Celtic-Teams wiederum verdient, als wenige Minuten danach Scott Brown zum 2:2 einnetzte.

Die Rangers reagierten in dem ohnehin schon sehr intensiven Spiel mit noch mehr Härte, durchdachter Spielaufbau war aber nicht zu sehen. Eher schon leichte Verzweiflung, um dem Wiederholungsspiel oder gar einer Niederlage zu entgehen – so flog Gary Naismith in der 75. Minute vom Platz, als er per Schwalbe einen Elfer für seine Rangers schinden wollte.

Aber Celtic musste dem hohen Aufwand in der Schlussphase dann doch Tribut zollen, sodass es ihnen nicht mehr gelang, die numerische Ausgeglichenheit auszunützen. So endete das Spiel 2:2 und es wird am 2. März ein Wiederholungsspiel geben…

Fazit: Es war mit acht Verwarnungen, zwei Ausschlüssen und einigen richtig derben Tackles (vor allem von Seiten der Rangers) ein hitziges und sehr intensives Spiel, dem es aber eklatant an echter fußballerischer Klasse fehlte. Die beiden Coaches wussten zwar gut sichtbar, was sie taten, aber vielen Spielern fehlt es schlicht an der Qualität – was sich ja im europäischen Vergleich recht drastisch zeigte (kein schottisches Team überstand eine Qualifikation, die in der CL gesetzten Rangers profitierten von den international überforderten Türken von Bursaspor).

In dieser speziellen Partie hätte Celtic den Sieg zweifellos verdient gehabt, weil die Gäste auch in Unterzahl zwei Drittel Ballbesitz hatten und deutlich mehr für das Spiel taten. Mangels Zug zum Tor und mangels der Fähigkeit, ein selbst gestaltetes Spiel auch vor das gegnerische Tor zu bringen, dürfen sich die Mannen von Neil Lennon aber nicht wundern, dass es nur zu einem 2:2 reichte.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.