Von der Klasse erdrückt

Start der Europa League-Gruppenphase in der Saison 2010/11 für Rapid! Und auswärts beim FC Porto gab es zum Auftakt eine harte Nuss, die sich in der Folge auch nicht knacken ließ. Die Portugiesen siegten mit 3:0.

Rapid-Trainer Peter Pacult nominierte ein 4-2-3-1 mit zwei konservativen Sechsern. Porto stellte dem ein offensives 4-1-2-3 gegenüber. Die Hütteldorfer gingen vom Anstoß weg gleich mal nach vorne und kamen schon nach wenigen Sekunden zum ersten Torschuss – es sollte leider der letzte für eine längere Zeit bleiben. Die Priorität von Pacults Elf lag eindeutig im Erschweren des Porto’schen Angriffslebens. Tief in der Abwehr stehend erwies sich Rapid als kompaktes Team.

Porto hingegen erdrückte die Wiener mit sehr genauer Deckung und enormen Pressing. Die Rapidler hatten bei der Ballannahme kaum Zeit Luft zu holen. Vielleicht spielt Porto immer so, jedenfalls hat Coach André Villas Boas damit die große Schwäche des österreichischen Klubfußballs ans Licht gebracht: Die hiesigen Spieler sind es gewohnt, enorm viel Zeit im Mittelfeld zu haben. Direktes, schnelles, vertikales Spiel ist hierzulande selten nötig und folgerichtig auch nicht weit verbreitet.

Traugier- aber auch verständlicherweise hatte Rapid Probleme damit, dass Porto ein solches Spiel aber verlangt hätte. Pacults Mannschaft versuchte es fortan mit weiten Bällen auf den großen Atdhe Nuhiu, der im Sturm aber keine Unterstützung für Weiterleitungen oder Abpraller fand, obwohl er sich recht weit zurückfallen ließ und teilweise auch bei Tacklings im defensiven Mittelfeld zu beobachten war.

Für den Führungstreffer von Porto war gar keine spezielle Schwäche verantwortlich. Zwar hatten die Gastgeber viel variiert, Rapid mit einem enorm kreativen und vielseitigen Spiel unter Druck gesetzt, systematisch abgeklopft und etwa nach 20 Minuten den kurzfristig eingesetzten Andreas Dober (Katzer fiel vor dem Spiel auf, was Kayhan auf die linke Seite zwang und Dober den Startplatz rechts bescherte) neben dem in einigen Situationen etwas nervösen Mario Sonnleitner als Problemzone ausgemacht (Dober sah nach Überforderung auch gleich die Gelbe Karte). Das Tor von Innenverteidiger Rolando in der 26. Minute war allerdings keine geplanter Angriff, sondern Folge des Drucks und entstand aus einem Gestocher im Strafraum. Glücklich, aber verdient.

Das war bitter, da Rapid defensiv eine gute Leistung zeigte. Für die Offensive hatte man allerdings keinen Plan parat. Porto schien einfach eine Klasse besser. Ob es funktioniert hätte, wage ich nicht zu behaupten, aber wäre ich Rapid-Trainer gewesen, hätte ich die Mannschaft 20 Meter nach vorne beordert. Die beiden einzigen guten Aktion der ersten 45 Minuten gab es nach Situationen, in denen Rapid Leute vorne brachte. Ein Querpass von links wurde vom viel laufende Nuhiu verpasst – dies entstand nach einem Ballverlust Portos in der Vorwärtsbewegung und einem zügig folgenden Vorstoß von Rapid. Die zweite Möglichkeit gab es in der 45. Minute, nachdem Hinum und Kulovits mit nach vorne gingen und so mehr Optionen für eine schöne Kombination ermöglichten. Der resuliterende Schuss von Kulovits landete Zentimeter neben dem Tor.

In der zweiten Spielhäfte änderte sich das Spiel nicht wesentlich. Porto drückte, Rapid reagierte und verteidigte gut. Bei einem Foul im Strafraum des sonst hervorragenden Kayhan an Hulk hatte der österreichische Verein noch Glück, dass der schottische Schiedsrichter nichts sah. Obwohl die Gastgeber klar überlegen waren, konnte der Rapid-Abwehrriegel aus dem Spiel heraus standhalten. Nach einem (fragwürdigen) Eckball war dann allerdings das hochverdiente zweite Tor doch fällig: Hulk flankte, ein Spieler köpfte, Hedl reagierte, Falcao schoss ein. Rapid wurde über die Eckbälle geknackt.

Pacult wechselte kurz vor dem Tor Drazan für Saurer und in der 73. Trimmel für Hofmann (Trimmel ging an den rechten Flügel, Kavlak ins Zentrum hinter Nuhiu) ein. Er ließ seine Mannschaft auch etwas mehr riskieren, ohne dieser mehr Durchschlagskraft zu verleihen. Kaum war Rapid etwas mutiger, fand Ruben Micael aus 20 Metern den nötigen Platz zum Schießen und ließ Raimund Hedl mit einem traumhaften Außenrist-Schuss nicht den Funken einer Chance. Dieses 3:0 eine knappe Viertelstunde vor Schluss entschied das Spiel endgültig. Obwohl Porto in der Folge etwas zurücksteckte, war für Rapid nichts mehr zu holen. Die Mannschaft konnte in der zweiten Hälfte keine echte Torchance herausspielen.

Man kann der Mannschaft dafür wenig Vorwürfe machen. Vielleicht hätte Pacult sie etwas mutiger agieren lassen können, doch der Klasseunterschied schien an diesem Abend schlichtweg zu groß.

(tsc)

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