Was lange siecht, geht langsam ein

Was lange währt, wird endlich gut, heißt es. Im Falle von Austria Kärnten muss das Sprichwort lauten: „Was lange siecht, geht langsam ein“. Es verdichten sich die Anzeichen, dass es nach der laufenden Saison ein Ende hat mit dem Spuk am Wörthersee. Der Zeit seiner Existenz von orange verteiltem Steuergeld finanzierte Retortenklub ist, das wissen alle, ohne die Zuwendungen vom Land Kärnten nicht überlebensfähig. Und genau mit diesen dürfte jetzt Schluss sein.

Denn dass das Land Kärnten nach Jahren der großzügigen BZÖ-Verteilungspolitik finanziell aus dem letzten Loch pfeift, ist ein offenes Geheimnis. Also ist Sparen angesagt – und das Haider-Presitgeobjekt ist auf der Liste der potentiellen Einsparungsposten ganz obem, wie BZÖ-Obmann Uwe Scheuch nun bekanntgab. Für das Land Kärnten ist die Million, die es sich dadurch spart, zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber da der Verein jeden Euro dringend braucht, um den schwer defizitären Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, gleicht die Streichung dieser Summe für den SKAK einem Todesurteil. Vor allem, wenn – was angesichts des bisherigen Saisonverlaufs ja nicht völlig unwahrscheinlich ist – der sportliche Klassenerhalt nicht gelingen sollte.

Und das Kunstprodukt Austria Kärnten in der ADEG-Liga? Kaum vorstellbar. Zum einen, weil die laufenden Kosten für das überdimensionierte Stadion (in die 30k-Arena kommen diese Saison im Schnitt 7.000 Leute) nicht weniger würden, die Einnahmen aber unters Fallbeil kämen. Zum anderen, weil sich das BZÖ rechtzeitig vom Verein distanzieren muss, ehe der endgültig den Bach hinuntergeht. Also jetzt. Bislang sprangen in Notsituationen immer staatsnahe Betriebe ein (wie zuletzt die Stadtwerke Klagenfurt). Doch das Fass ohne Boden, das auch keine realistische Aussicht hat, sich einerseits vom Landesgeld abzunabeln und zweitens schon gleich überhaupt keine Chance besitzt, sich mittelfristig in den Kampf um die europäischen Startplätze einzuschalten (was ja die ursprüngliche Zielsetzung war), schreckt naturgemäß immer mehr potentielle Geldgeber ab.

Ohne Landesgeld keine Konsolidierung, ohne Konsolidierung keine anderen Sponsoren, ohne andere Sponsoren kein Erfolg – die Katze beißt sich da selbst in den Schwanz. Und weil Präsident Mario Canori das weiß, sucht er nun selbst eilig nach einer Exit-Strategie. Die in seinem Fall aussieht: Entweder, ein anderer nimmt sich des Trümmerhaufens an – oder er verzichtet auf einen Lizenzantrag, sperrt den Verein also de facto zu. Es ist nicht das erste Mal, dass Canori den Aufruf startet, ihm seine Arbeit abzunehmen, aber so düster wie jetzt waren die Erfolgsaussichten im Verein noch nie, und ebenso düster ist somit auch die Aussicht, jemanden für dieses Himmelfahrtskommando zu finden.

Was sich also schon letztes Jahr angedeutet hat, dürfte in der laufenden Saison eintreten: Das Land Kärnten dreht dem Verein Austria Kärnten den Geldhahn zu, dieser erstickt und ein millionenschweres Problem für das Land löst sich praktisch in Luft auf. Die Kapfenberger wird’s freuen, die blieben dann nämlich unabhängig davon, wie die laufende Saison endet, sicher in der Bundesliga. Gleiches gilt für die Vienna oder Hartberg eine Liga darunter, Dornbirn könnte sich über die Relegation noch retten, anstatt mit Pauken und Trompeten direkt aus der ADEG-Liga abzusteigen.

Nur eine Frage ist noch nicht beantwortet: Wenn es den Verein nicht mehr gibt, was macht man dann mit dem riesigen EM-Stadion? Das Land will die Kosten nicht übernehmen, einen Verein der das machen könnte, gäbe es nicht mehr. Es bestünde kein vernünftiger Grund, das Stadion auf der derzeitigen Größe zu belassen. Ein Rückbau auf die geplanten 13.000 wäre dann zwar wesentlich vernünftiger, ist aber erstens nicht billig und zweitens würde das Stadion danach genauso leer stehen. Eine millionenschwere Investitionsruine, das Zwentendorf Kärntens. Die HypoGroup Alpe-Adria, Namenssponsor der Arena, würde sich ganz sicher freuen, wenn ihr (ohnehin nicht astreiner) Name noch dazu mit einem leerstehenden Stadion in Verbindung gebracht würde.

Ach ja, die HypoGroup ist als eine äußerst landesnahe Bank auch einer dieser wohl nicht zu hundert Prozent unabhängigen Sponsoren.

Na, gratuliere.

(phe)

Lokalaugenschein

Ein regnerischer Sonntag Nachmittag im Oktober, im Süden von Linz: Hier steigt das Spitzenspiel der OÖ-Liga, der vierten Spielklasse. Völlig uninterresant? Nein, mitnichten. Es spielen die LASK Amateure gegen die Zweitverwertung der SV Ried – also im Grunde genommen die Kampfmannschaften von zwei der besten Kaderschmieden Österreichs: Der Fußballakademie Linz und der Akademie OÖ-West in Ried. Dass sich zu diesem viel versprechenden Spiel auf der schmucken Linzer Verbandsanlage kaum mehr 100 Leute einfinden, darunter viel Fachpublikum (Ried-Manager Stefan Reiter ist da, der Coach eines benachbarten Regionalligisten, dazu die üblichen Eltern, usw.), ist zwar schade, war aber kaum anders zu erwarten.

Dieses Spiel ist deshalb interessant, weil dies die derzeit gut funktionierenden Mannschaften sind, die das Bindeglied zwischen Akademien und Bundesliga-Mannschaften darstellen sollen. Dank eines Trainers, der bewusst auf dieses Reservoir zurückgreift, funktionierte das zuletzt in Ried etwas besser. Die Innviertlert gehen jedenfalls als klarer Tabellenführer in dieses Spiel – und mit einer Mittelfeldraute, in der U19-Teamspieler Philipp Huspek der offensive Freigeist ist. Links von ihm steht mit Florian Sturm der Einzige bei den Riedern, der über größere Erfahrung verfügt. Besonderheit: Das Rieder Team besteht durch die Bank aus recht kleinen, aber wendigen Spielern. Bei Standardsituation bedeutet das vorne wie hinten sichtlich keine Vorteile – wohlwollend formuliert.

Bei den Linzern steht hinter den zwei Spitzen (Kragl und Skuletic) eine offensive Dreierkette, die an den Außenpositionen mit zwei gelernten Stürmern (Pichler rechts und Varga links) besetzt ist, zentral der von den Profis abkommandierte Klaus Salmutter. Dahinter steht mit Kreshnik Kelmendi eines der größeren Talente auf der Sechser-Position, mit seinen aber doch schon 21 Jahren muss er den Sprung bald mal schaffen. Hinten rechts ist Florian Hart ob seiner schon absolvierten Bundesliga-Spiele (und wegen der provokanten Lustlosigkeit von Pichler vor ihm) der Chef, im Tor steht mit Lorenz Höbarth ein guter Bursch aus dem U19-Teamkader.

Die Innviertler haben den besseren Start und gehen durch Linksverteidiger Pllana auch schnell mit 1:0 in Führung. Die Außenverteidiger (eben Pllana und auch Grasegger auf der anderen Seite) gehen viel nach vorne, stehen bei Abstößen schon ein schönes Stück in der gegnerischen Hälfte. Der junge Schildberger spielt einen reinen Sechser, der für Huspek die Drecksarbeit erledigt; Holzinger rechts und Sturm links sind die klassischen Adjutanten. Die beiden schnellen Spitzen (Wührer und Hammerer) werden in letzter Konsequenz zwar nur von Huspek (und nicht selten auch von den mitgehenden Außenverteidigern) eingesetzt, obwohl es diesem zuweilen noch an der Spielübersicht fehlt – als er in der Mittelfeldzentrale dem eingerückten Linzer LV den Ball abnimmt, spielt er auf die vollbesetzte rechte Seite, anstatt das Loch links auszunützen). Dennoch haben die Rieder nach der frühen Führung das Spielgeschehen zumeist im Griff. So haben die Linzer zwar recht viel Ballbesitz, zu echten Chancen kommt es aber kaum.

Und wenn doch, ist Torwart Pointner zur Stelle. So wie etwa zehn Minuten vor der Pause, als LASK-Stürmer Skuletic mit Anlauf und Ansage völlig frei einen Eckball Richtung Tor wuchten kann (Stichwort „mangelnde Körpergröße“ und Standardsituationen, wie erwähnt). Das Spiel der Linzer krankt aber vor der Pause nicht nur am guten Defensivverhalten des Rieder Mittelfelds, sondern auch an der wie erwöhnt schon fast beleidigenden Lethargie eines Sascha Pichler (der sich zwischendurch Gelb abholte, weil er lautstark einen (berechtigten) Foulpfiff gegen einen Mitspieler monierte) und der sich auf physische Anwesenheit beschränkende Leistung von Klaus Salmutter. Die Spitzen hängen somit in der Luft, zumal sich Innenverteidiger Höltschl für den Spielaufbau wenig beiträgt und sein Partner Gabriel Schneider zuweilen etwas überfordert wirkt. So ist es vor der Pause nur Florian Hart, der echten Willen zu konstruktivem Spiel zeigt. Sein Pendant auf der rechten Abwehrseite, der schmale Hintringer, traut sich vor der Pause leider kaum etwas zu.

Zur zweiten Halbzeit nimmt LASK-Amateure-Coach Günter Zeller Salmutter vom Platz und bring mit Prandstötter einen etwas defensiveren Spieler, um des zuvor ungestört wirkenden Huspek Herr zu werden. Das gelingt mit dieser Maßnahme hervorragend; auch, weil Huspek selbst nun überhaupt keine Anstalten macht, das Spiel seiner Mannschaft zu lenken – ein Umstand, der Trainer Michael Angerschmid auch nach dem Spiel noch die Zornesröte ins Gesicht trieb. Zwar traf Hammerer für die Rieder kurz nach Wiederanpfiff den Pfosten, aber damit war es um die Innviertler Herrlichkeit geschehen.

Vor allem, als nach einer Stunde den Linzern durch Kragl das 1:1 gelang (Vorarbeit vom in diesem Spiel aber nicht in Bestform agierenden Kelmendi) und kurz darauf auch Pichler zu seiner Auswechslung schlurfen durfte. Von da an spielten nur noch die Linzer Jung-Athletiker, die aber ein ums andere mal am viel zu umständlichen und vor allem viel zu unkosequenten Auftreten im gegnerischen Strafraum scheiterten. So blieb es letztlich beim 1:1, um das die Rieder nach einer wirklich schlechten letzten halben Stunde zwar zittern mussten, sie dank einer äußerst souveränen ersten Hälfte aber nicht unverdient einen Punkt näher an den Regionalliga-Aufstieg bringt.

Aufstellungen:
LASK Amateure: Lorenz Höbarth (18 Jahre) – Florian Hart (19), Gabriel Schneider (19), Thomas Höltschl (19), Gerald Hintringer (18) – Kreshnik Kelmendi (21) – Sascha Pichler (23), Klaus Salmutter (25), Attila Varga (17) – Petar Skuletic (19), Lukas Kragl (19). Wechsel: Christoph Prandstötter (19) für Salmutter in HZ, Florian Gahleitner (20) für Pichler in 61., Stipo Grgic (17) für Skuletic in 74.

SPG Neuhofen-Ried/A.: Stefan Pointner (19) – Martin Grasegger (20), Thomas Reifeltshammer (21), Gabriel Kreuzwirth (20), Jasmin Pllana (20) – Jakob Holzinger (19), Michael Schildberger (18), Philipp Huspek (18), Florian Sturm (27) – Markus Hammerer (20), Lukas Wührer (19). Wechsel: Thomas Stadler (18) für Holzinger in 63., Alexander Iosim (19) für Sturm in 80.

Fazit: Es sind auf beiden Seiten einige Spieler dabei, die absolut das Zeug für die Bundesliga haben, wenn man ihnen die Zeit dazu gibt. Namentlich Höbarth, Hart und mit Abstrichen Kragl beim LASK; Grasegger, Pllana, Huspek (wenn er an seiner Einstellung arbeitet) und der staubtrocken, aber für seine erst knapp 19 Jahre schon unglaublich abgebrüht spielenden Arbeitsbiene Michael Schildberger. Und es wächst die Erkenntnis: Ein, zwei erfahrene Spieler tun solchen Jungspunden schon ganz gut – aber nur, wenn sie auch mit vollem Ernst bei der Sache sind. Das waren mit den Linzern Salmutter und (in ganz besonderem Maße) Sascha Pichler nicht der Fall. Es war beinahe erschreckend wie befreit zum Beispiel in Hintringer agierte, als Salmutter vom Feld war; aber auch der Sechser Kelmendi und der für Salmutter eingewechselte Prandstötter und links im Mittelfeld Varga tauten sichtlich auf, als der Bremser in der Zentrale nicht mehr dabei war.

Den Namen Sascha Pichler, der einst zur damals viertklassigen Fiorentina auszog, um sich fortzubilden, kann man mittlerweile getrost auf den Stapel der hoffnugsvollen Gescheiterten geben, um das auch noch erwähnt zu haben. Leider.

(phe)

Beobachten, Analysieren, Lernen.

Die Qualifikation ist zu Ende. Lernen könnte man daraus viel – wenn man daraus lernen wollte.

Kleines Gedankenexperiment: Daniel Beichler als Solospitze, wie er das bei Sturm seit der Haas-Verletzung spielt. Im offensiven Mittelfeld Veli Kavlak, Jakob Jantscher und Christopher Drazan (wahlweise auch Marko Arnautovic und/oder David Alaba), dahiner als Absicherung Julian Baumgartlinger und Yasin Pehlivan. Was das ist? Das sind Mittelfeld und Angriff der aktuellen U21 des ÖFB, wenn sie in altersgemäßer Bestbesetzung spielen würde. Und ja: Das sieht eigentlich eher nach dem aktuellen Nationalteam aus.

Und das ist auch gut so.

Denn wenn man im vollen Fokus der Öffentlichkeit steht, lernt man mit dem Druck umzugehen. Und nur, wenn man dabei auch gegen einige der besten Teams antritt (Serbien, Frankreich, auch Kamerun, im November Spanien) lernt man dabei auch so richtig was. Diese Spieler in einer in Wahrheit schon am Ende des Jahres 2008 verlorenen WM-Qualifikation zu berufen und sie dort auch spielen zu lassen, ist Dietmar Constantini zu verdanken. Er hat diese Spieler gesehen, hat sie für gut genug befunden, und hat ihnen auch das Vertrauen gehalten.

Dafür ein Danke.

Es ist darüber hinaus gut und wichtig, das diese Spieler, die nun zudem über den sportlich mäßig wertvollen nationalen Tellerrand blicken können und sich im Europacup dem internationalen Vergleich auch auf Vereinsebene stellen. Auf diesem Wege spielen sie sich auch vermehrt in die Notizbücher von Vereinen aus größeren Ligen – es ist kaum anzunehmen, dass ein Pehlivan, ein Drazan, ein Jantscher oder Beichler, aber auch mit Aleks Dragovic das größte Talent im Defensiv-Verbund noch besonders lange in der österreichischen Bundesliga zu bewundern sein werden. Sie alle haben das Zeug, zumindest bei Mittelständlern der großen Ligen unterzukommen.

Aber genau das ist bei Constantini ein Risiko.

Gyuri Garics, Stammspieler bei Atalanta Bergamo? Ihm wurde ein umgelernter Innenverteidiger  vorgesetzt. Andi Ivanschitz? Topwerte in Mainz, aber im Nationalteam unerwünscht. Andi Ibertsberger? Unverzichtbar in Hoffenheim, außen vor bei Constantini. Ekrem Dag? Stütze beim türkischen Double-Gewinner Besiktas, kann zudem praktisch jede Position spielen, vom Teamchef geflissentlich übergangen. Ex-Teamchef Karel Brückner ließ sich kaum einmal in österreichischen Stadien blicken, weil er der (bis dahin eigentlich nicht ganz zu widerlegenden) Ansicht war, dass ohnehin unbrauchbar wäre, was nicht im Ausland spiele. Dank der Großmannssucht einiger Teams war das auch lange so.

Das änderte sich aber. Gott sei Dank.

Gerade in der vergangenen Saison spielte sich eine ganze Horde von jungen Spielern in den Vordergrund, die für die EURO noch zu jung waren, aber von der im Zuge der Europameisterschaft deutlich aufgewerteten Nachwuchsarbeit profitierten. Brückner, eher ein auf Erfahrung setzender Typ, hätte kaum einen von ihnen in sein Nationalteam berufen. An dieser (womöglich ob seines Alters und dem somit an ihm nagenden Zahn der Zeit bedingten) Betriebsblindheit sein Scheitern festzumachen, wäre aber nicht fair. Vielmehr wäre das Berufen der ganz jungen für den Tschechen ein unkalkulierbares Risiko gewesen. Ohne Ivanschitz und Stranzl, aber mit Pehlivan und Beichler zu riskieren, im extrem wichtigen Spiel gegen Rumänien in eine Niederlage zu laufen, wäre ihm – verständlicherweise – zu viel gewesen.

Quasi nach dem Motto: „Der soll uns weiterbringen, keinen Kindergarten aufziehen!“

Constantini konnte sich das leisten, weil er erstens Österreicher ist, und zweitens beim Scheitern in der WM-Qualifikation, bzw. nach einem endgültigen Todesstoß von den Rumänen im März sagen hätte können, „die Chance hat eh der Brückner schon im Herbst vertan“. Constantini hatte nichts zu verlieren, und konnte sich auf die schon vorhandene Qualität und die jugendliche Unbekümmertheit seiner neuen Mannschaft verlassen. Ihr wurde mit Blick aufs Alter auch verziehen, dass das einzige wirklich gute Match (das in Belgrad) verloren ging und die Erfolge (die vier Punkte gegen Rumänien vor allem, aber auch das glückliche 2:1 gegen Litauen) trotz spielerisch kaum vorhandener Weiterentwicklung für den dritten Platz reichten.

Das ist schön und gut. Aber es soll nur die Basis sein, nicht der Zenit.

Um aber aus dieser fraglos guten Basis auch etwas mehr zu machen, bräuchte es einige Dinge, die Constantini nicht vermitteln kann oder nicht vermitteln will. Natürlich darf man einen Gegner wie Litauen nicht unterschätzen, aber der Anspruch eines österreichischen Nationalteams muss in einem Heimspiel gegen Litauen nun mal sein, dieses zu gewinnen. So war es schon etwas befremdlich, als dem Teamchef das Wort „Favorit“ nicht über die Lippen kommen wollte. Quasi nach dem Motto, „wer nichts erwartet, kann nicht enttäuscht werden“ baute er so schon mal fleißig vor dem Spiel am Alibi, falls es nicht geworden wäre mit dem Sieg. Gleiches gilt natürlich auch für seine Ankündigung, eine Qualifikation für die Euro2012 wäre wohl eine Utopie, bevor er überhaupt die Gegner kennt.

Wer sich nichts zutraut, kann aber auch nichts gewinnen.

Das wurde beim mühsamen und am Ende glücklichen 2:1-Sieg gegen Litauen auch überdeutlich: Ähnlich unambitioniert wie Constantini vor dem Spiel ging dann auch das Team im Spiel zu Werke, und hatte keine adäquate Antwort auf die sich nach der Pause verändernde Spielanlage der Litauer. Wer seine junge Mannschaft dermaßen vernachlässigt in ein Spiel schickt, hätte es eigentlich nicht verdient, dieses dann auch zu gewinnen. Dass es doch noch geklappt hat, ist zwar schön, überdeckte in der breiten Öffentlichkeit aber einmal mehr die eklatanten strategischen Schwächen.

Wobei, eigentlich wäre es ja wurscht gewesen.

Denn diejenigen, die sich mit den Spielen auch tatsächlich beschäftigen, sehen schon seit längerer Zeit, dass da von Seiten des Trainergespanns einiges im Argen liegt. Und diejenigen, die das nicht tun oder nicht zu tun im Stande sind (was leider Gottes die überwiegende Mehrheit ist), hätten schon irgendeine Ausrede gefunden, so wie das mit dem bösen bösen Schiri vier Tage später in Frankreich wunderbar funktionieren sollte. So wie es Oliver Kahn einst nach einem etwas dämlichen Gegentor formulierte: „Ball war nass, Boden war nass, Aufsetzer, Pech!“ Das ist an profunder Analyse natürlich etwas wenig, würde dem durchschnittlichen Österreicher aber allemal genügen.

Darum ist es an der Zeit, Missstände auch klar aufzuzeigen.

Das heißt auch, eklatante Fehler des Trainergespanns im Allgemeinen oder des Teamchefs im Speziellen auch einmal in Massenmedien anzusprechen, anstatt sich ich Schneckerl’schem Worthülsen-Gebrabbel zu verlieren oder lieber den Konsumenten mitteilen, dass der Stadionsprecher in Innsbruck eine Swarowski-Haube aufgehabt hat. Ja, viele Fußball-Fans in Österreich haben nun mal nicht den Blick für die wesentlichen Aspekte des Spiels, weil dieser Blick auch von niemandem wirklich geschärft hätte werden können. Doch durch die immer weitere Verbreitung von Spielen aus den europäischen Topligen von England bis Deutschland, in Zeiten von Pay-TV, in dem jedes einzelne Champions-League-Spiel live zu sehen ist, ist es auch dem Endkonsumenten immer besser möglich zu sehen, wie exakt und wie genau diese echten Topmannschaften auf jede Einzelheit eingestellt und vorbereitet sind.

Natürlich wird das österreichische Nationalteam nie dauerhaft auf allerhöchstem Niveau mithalten können.

Aber es lohnt, sich gute Vorbilder genauer anzusehen und zu schauen, was man von denen lernen kann. So wie bei den Schweizern zum Beispiel: Für die Eidgenossen ist die WM in Südafrika das vierte Turnier hintereinander, und bei der Auslosung für die nächste Qualifikations-Kampagne (für die Euro2012) sind die Schweizer im ersten Topf, mitten unter den Topnationen von Spanien über Deutschland bis Italien. Die Schweizer haben auch nicht mehr Geld zur Verfügung wie wir, die Schweizer haben um ein Hauseck weniger Einwohner – aber sie haben nun mal gegenüber Österreich Vorsprung durch Hirnschmalz. Bei unserem westlichen Nachbarn gibt es seit vielen, vielen Jahren eine klare Strategie, ein klares Bekenntnis zur Ausbildungsliga und einen Toptrainer bei der Nationalmannschaft mit einem Stamm von neun bis zehn Legionären.

Und zwar nicht irgendwelchen.

Benaglio, Magnin, Barnetta und Derdiyok spielen in Deutschland; Inler, Padalino und Lichtsteiner in Italien; Senderos und Behrami in England; N’Kufo und Grichting in Holland bzw. Frankreich. Und auch sie spielen, wie unsere Legionäre, nicht alle die erste Geige bei ihren Vereinen – aber sie sind dennoch nicht wegzudenkende Stützen im Nationalteam. Garniert mit einigen jungen Talenten (derzeit eher weniger) oder erfahrenen Haudegen (derzeit mit Frei und Yakin eher mehr) aus der eigenen Liga bilden die Fremdarbeiter das Grundgerüst der Nationalmannschaft.

Und das wird auch bei uns die entscheidende Frage Richtung 2012 werden.

Inwieweit wird ein Teamchef Constantini auch auf die junge Generation setzen, wenn diese Spieler in absehbarer Zeit nicht mehr große Fische im österreichischen Teich sind, sondern kleinere in deutlich stärkeren Ligen? Spieler wie Fuchs und Scharner, aber auch die rekonvaleszenten Pogatetz und womöglich Prödl haben derzeit bessere Karten; Stammspieler und Leistungsträger wie Ivanschitz, Ibertsberger und Garics eher schlechtere. Die Einberufungspolitik von Constantini orientiert sich derzeit offensichtlich eher am Geburtsdatum als an den erbrachten Leistungen in nachweislich über die österreichische Liga zu stellenden Meisterschaften. Das ging bislang gut, weil zumeist das Spielglück und die Effizienz der Burschen die maßgeblichen Resultate im eigenen Sinne beeinflusst haben.

Auf Dauer wird das aber nicht genug sein.

Da ist es die Aufgabe eines Teamchefs und auch seines Umfelds, das Unternehmen Nationalmannschaft auf etwas breitere Füße zu stellen als Spielglück und jugendlichem Elan. Und Constantini hat in den sieben Spielen seiner ersten echten Amtszeit hinlänglich gezeigt, dass er für das strategische und individuelle Ein- und Aufstellen einer Mannschaft im 21. Jahrhundert nicht das nötige Rüstzeug hat. Hier müsste man Constantini, wenn er schon Teamchef bleibt, einen echten Strategen zur Seite stellen, wie es Jürgen Klinsmann mit Joachim Löw hatte. Der eine war für die Außenwirkung zuständig, für das Motivieren der Mannschaft, für die grobe Marschrichtung. Der andere hatte die Aufgabe, jeden Spieler ganz genau auf Spiel und Gegner, auf Strategie und Taktik vorzubereiten.

Wenn man zwei in einem nicht bekommt, muss man eben zwei Leute nehmen.

Am Geld sollte es im ÖFB nicht scheitern, eher schon am Willen – Manfred Zsak und Heinz Peischl sind nun mal gute Spezln aus gemeinsamen Spielertagen, gute Trainer sind sie aber nicht. Aber ein Coach, der während des Spiels „Kämpf, Lauf, Zuawe!“ als Korrektiv hineinruft, aber keine echten Anweisungen, hat im heutigen Fußball einfach nichts mehr verloren. So einer fehlt im ÖFB derzeit völlig – der einzige (neben Bundesliga-Trainern, die für diese Rolle kaum zur Verfügung stünden) der das könnte, sitzt in Lindabrunn als Trainerausbilder und hat keinerlei Lobby, trotz seiner unbestritten großartigen Fähigkeiten da in irgendeiner Weise eingebunden zu werden.

Die Rede ist natürlich von Thomas Janeschitz.

Er hatte schon als Spieler einen weiten Horizont, studierte schon während seiner aktiven Laufbahn, und brachte in seiner Zeit als Trainer beim Austria-Nachwuchs Spieler wie Okotie, Ulmer, Dragovic und auch Suttner hervor, dazu mit Ramsebner und Bichelhuber einige weitere aussichtsreiche Talente, die anderswo untergekommen sind. Er wäre einer, der wie Jogi Löw bei den Deutschen das Team strategisch einstellen könnte, während Constantini weiterhin den populären Skilehrer in der Öffentlichkeit gibt.

Es gibt also viel aus der abgelaufenen Qualifikation zu lernen.

Man müsste nur die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

(phe)

Ein Rückblick: Das war die WM-Quali

Zehn Spiele, 4 Siege, 2 Unentschieden, 4 Niederlagen – das ist die nackte sportliche Bilanz in der Qualifikationsgruppe 7 für die WM-Endrunde 2010 in Südafrika. Damit belegt Österreich weit hinter Serbien und Frankreich den dritten Platz, schloss aber immerhin vor Litauen und Rumänien ab. Lassen wir die zehn Spiele doch noch einmal kurz Revue passieren…

Da war das Auftaktspiel gegen Frankreich – ein schöner, weil so nicht zu erwartender 3:1-Sieg. Basis zum Erfolg: Klare Linie, eine gute Strategie, und das eiskalte Ausnützen der Torchancen. Und, ach ja: Neun Legionäre in der Startformation. [Manninger – Garics, Stranzl, Prödl, Pogatetz – Harnik (90. Standfest), Aufhauser, Ivanschitz (82. Leitgeb), Scharner, Fuchs – Janko (89. Maierhofer)].

Dann ging’s nach Litauen. Ein ÖFB-Team, das mit dem Spiel-Machen-Müssen nicht klarkam, seltsam lethargisch wirkte und die klassische 0:0-Partie dank eines abgefälschten 30m-Freistoßes und eines Fersentores dann doch mit 0:2 verlor. Und, ach ja: Stefan Maierhofer durfte statt des grippekranken Janko zeigen, warum der Salzburger Torschützenkönig werden sollte und nicht er selbst. [Manninger – Garics, Stranzl, Prödl, Pogatetz – Harnik, Aufhauser (55. Säumel), Ivanschitz, Scharner (66. Hoffer), Fuchs – Maierhofer]

War die Stimmung nach dem Unkick in Marijampole gedämpft, wurde sie auf den Färöern endgültig vom Winde davongetragen und im Nordatlantik versenkt. Dass es genug Chancen gab, das Spiel locker zu gewinnen, ging ob des 1:1 unter – das einzige Spiel, in dem das ÖFB-Team tatsächlich nur am Verwerten der Möglichkeiten scheiterte. Und, ach ja: Thomas König ist kein Radioreporter. Dass er auch im TV diskutabel ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. [Manninger – Garics (67. Kienast), Stranzl, Prödl, Pogatetz – Harnik (25. Hölzl), Ivanschitz, Scharner, Fuchs – Janko (81. Arnautovic), Hoffer]

Die leidige Diskussion, wer wie wichtig ist und ob es daher legitim wäre, dass die Funktionäre unbedingt heim dürfen, während sich die Spieler am Flughafen die Nacht um die Ohren schlagen, hat vor dem Serbien-Spiel sicher nicht geholfen. Diese nützten beim 1:3 die Schlafmützigkeit des ÖFB-Teams und entschieden das Spiel schon früh – das letzte Quali-Spiel in Wien war auch das letzte Quali-Spiel von Brückner. Und, ach ja: Hoffer im rechten Mittelfeld aufzubieten, war wohl doch keine so gute Idee. [Manninger – Garics, Stranzl (17. Gercaliu), Prödl, Pogatetz – Hoffer (46. Arnautovic), Scharner, Ivanschitz, Aufhauser (60. Säumel), Fuchs – Janko]

Neues Jahr, neuer Teamchef, neue Mannschaft: Kurz, alles war neu gegen Rumänien. Auch das Resultat – nur das Spiel war genauso unterirdisch wie die davor. Die mit 2:1 siegreichen Österreicher schlecht, die Rumänen kaum besser. Jimmy Hoffer nützte die einzigen beiden Fehler zum entscheidenden Doppelpack. Und, ach ja: So gut waren Schiemer und Ortlechner als Außenverteidiger auch wieder nicht, dass man sklavisch am Innenverteidiger-Umschulen festhalten hätte müssen. [Gspurning – Schiemer, Prödl, Pogatetz, Ortlechner – Arnautovic (69. Korkmaz), Pehilvan, Scharner, Beichler (78. Hölzl) – Hoffer (54. Okotie), Maierhofer]

Mit dem guten Ergebnis im Rücken ging’s nach Belgrad, wo Constantini mit einer frisierten U21 daherkam. Genützt hat’s zwar nix und eine schreckliche Unpässlichkeit in der Abwehr führte zum frühen 0:1-Endstand, aber rein von der Leistung her wohl das zweitbeste Spiel der ganzen Qualifikation. Und, ach ja: Wenn man 39 Tore schießt und auf der Bank sitzt, regt man sich wohl zu Recht auf. [Gspurning – Schiemer, Dragovic, Stranzl, Ortlechner – Hölzl (65. Lexa), Pehlivan, Scharner, Jantscher – Maierhofer (57. Janko), Hoffer (57. Okotie)]

Die letzte Quali-Chance war damit beim Teufel, aber ein dritter Gruppenplatz wär schon was Schönes. Und Revanche gegen die Schafsinsel-Kicker! Maierhofers Blitz-Tor brachte das Spiel schnell in die richtige Richtung, der 3:1-Sieg stand nie zur Debatte. Und, ach ja: Der Färöer-Torschütze hatte den mit Abstand coolsten Bart der gesamten Quali-Gruppe. [Payer – Schiemer, Dragovic, Patocka (46. Ortlechner), Fuchs – Hölzl, Pehlivan, Beichler (79. Wallner), Jantscher – Maierhofer (61. Hoffer), Janko]

Die Vorentscheidung um den dritten Platz auf der Maulwurfshügelwiese von Bukarest war ein, man muss es so sagen, unfassbar schreckliches Fußballspiel, in dem die Österreicher zu spät merkten, dass man mit etwas weniger feig etwas mehr erreichen hätte können. Aber da zumindest die Chancenauswertung passte, gab’s ein schmeichelhaftes 1:1. Und, ach ja: Die fast leere Tribüne, die die TV-Kameras erfassten, war die einzige, auf der überhaupt jemand saß. [Payer – Schiemer, Dragovic, Scharner, Fuchs – Hölzl, Baumgartlinger, Beichler (73. Wallner), Pehlivan, Jantscher (62. Trimmel), Hoffer (46. Maierhofer)]

Um den dritten Platz abzusichern, bedurfte es eines Heimsieges gegen Litauen, Constantini konnte sich aber nicht dazu durchringen, sein Team auch als Favorit zu bezeichnen. Genauso ehrfürchtig vor dem biederen Gegner präsentierte sich dann auch die Mannschaft, die durch ein Elfergeschenk doch noch den 2:1-Sieg einfahren konnte. Und, ach ja: Roman Wallner kann Elfer schießen. Nein, er kann gut Elfmeter schießen. [Payer – Schiemer, Dragovic, Scharner, Ulmer – Kavlak, Pehlivan, Prager (57. Baumgartlinger), Beichler (57. Drazan) – Janko (73. Maierhofer), Wallner]

Womit das letzte Spiel in Paris zu einem besseren Freundschaftsspiel wurde, und in aller Freundschaft wurde auch das Elfergeschenk vom Litauen-Spiel zurückgegeben. So oder so: Eine abstrus auf- und nicht eingestellte Mannschaft machte gegen ein abgezocktes französischen B-Team keinen Stich und verlor mit 1:3 verdient. Und, ach ja: Mit dem Alaba werden wir noch Freude haben, da bin ich sicher. [Payer (46. Gratzei) – Scharner, Dragovic, Patocka, Fuchs (80. Alaba) – Kavlak, Pehlivan, Baumgartlinger, Jantscher – Maierhofer (46. Hoffer), Janko]

Das macht unterm Strich einen dritten Platz, der als Summe dann doch irgendwie besser aussieht, als die Einzelteile, aus denen er besteht. Die Litauer spielten an ihrem Plafond und die Rumänien wohl so unfassbar schlecht wie seit vielen, vielen Jahren nicht mehr, und überließen den Österreichern diesen dritten Platz somit, aber immerhin wurden so zwei im Auslungs-Ranking besser klassierte Mannschaften distanziert.

Immerhin etwas.

(phe)

PS: Das war die faktische Abhandlung. Die hintergründigere folgt.

Vorschau: Ein nettes Freundschaftsspiel

Das ÖFB-Team hat sich also zu einem 2:1-Sieg gegen Litauen gewürgt – dank der gütigen Mithilfe des belgischen Schiedsrichters, der Schiemers Schwächeanfall mit einem verfrühten Weihnachtsgeschenk in Form eines Elfmeters belohnte. Schön mitanzusehen war das gerade nach der Pause nicht, vor allem angesichts der Tatsache, dass man gegen die dann recht sortiert auftretenden, aber doch eher biederen Litauer kein echtes Mittel fand.

Was ich nicht nur, aber auch auf die zu defensiv ausgelegte Rolle von Thomas Prager zurückführe. Der so formstarke LASK-Spielmacher musste de facto einen defensiven Mittelfeldspieler geben. Doppelt falsch: Erstens wäre Prager offensiv zentral hinter den Spitzen besser aufgehoben gewesen, zweitens brauche ich, bei allem Respekt vor Litauen, keine Doppelsechs wenn ich dieses Spiel gewinnen will. Man muss sich auch ein bissi was trauen. Zudem ist und bleibt Schiemer eine Karikatur von einem Außenverteidiger – aber wenn Constantini sich den Luxus erlauben will, auf einen solchen im Kader überhaupt zu verzichten, darf man sich nicht wundern. Schiemer war über weite Strecken des Spiels nur physisch anwesend, wirklich teilgenommen daran hat er kaum.

Der dritte Gruppenplatz ist nun also fixiert, und das Aufrücken vom fünften in den dritten Lostopf für die nächste Auslosung ist so gut wie fix. Das ist erfreulich und somit ist das eigentliche, in Zahlen ausdrückbare Ziel dieser Qualifikation erfüllt worden – eine Abschlussbilanz wird es in ausführlicherer Form nach dem Frankreich-Spiel geben.

Und das ist genau das Stichwort: Frankreich. Auf das Team wartet jetzt noch ein nettes Spiel vor 80.000 Zuschauern im Stade de France. Ja, es zählt noch zur Qualifikationsgruppe – aber weder für die Franzosen noch für uns kann sich am Ausgang der Gruppe noch irgend etwas ändern. Damit erfüllt die Partie den Tatbestand eines im Grunde belanglosen Freundschaftsspiels. Dass man dieses Spiel aber nicht abschenken sollte und auch nicht wird, ist dem Ehrgeiz der jungen Generation zu verdanken. Hier gilt der Grundsatz von Sturm, Rapid und der Austria in der Europa League: Holt man was, isses schön; verliert man, isses auch nicht schlimm – Hauptsache, man hat was gelernt.

Damit zur voraussichtlichen Aufstellung. Im Tor wird wie gewohnt der in starker Form spielende Helge Payer stehen, davor ist wie (ohne die verletzten Prödl und Pogatetz) gewohnt mit Aleks Dragovic und Paul Scharner zu rechnen. Auf den Außenpositionen gibt es Änderungen zum Litauen-Spiel: Links wird der in Innsbruck gelbgesperrte Christian Fuchs auflaufen, der bei Bochum von der Verletzung seines LV-Konkurrenten Philipp Bönig profitierte und zuletzt wieder durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machte. Rechts ist geplant, dass statt dem diesmal gesperrten Schiemer Besiktas-Legionär Ekrem Dag zu seinem Teamdebüt kommt. Der ist zwar auch kein gelernter Außenverteidiger, schlechtes Gefühl habe ich beim ihm aber aufgrund seiner außerordentlichen taktischen Flexibilität da nicht.

Der gegen Litauen etwas fahrige Yasin Pehilvan ist im defensiven Mittelfeld natürlich gesetzt, ihm zur Seite wird als tatsächlicher Partner in der Doppelsechs (anders als dem alibimäßig als offensiver angekündigten Prager) Jules Baumgartlinger gestellt. Das ist auswärts gegen eine starke Mannschaft wie Frankreich nachzuvollziehen und auch nicht weiter zu kritisieren.

In der Defensive ist also nicht mehr mit großen Überraschungen zu rechnen, das steht alles ziemilch. Sehr viel wackeliger sind da schon Prognosen, wenn es um die Abteilung Attacke geht. Denn ob Constantini drei offensive Mittelfeldspieler plus Solospitze bringt, oder mit einem Sturmduo beginnt, ist so genau nicht vorherzusagen. Bei der eher defensiv zu erwartenden Grundausrichtung wäre es eigentlich logisch, das Mittelfeld mit einem fünften Mann zu stärken und vorne entweder einen Prellbock Marke Janko hinzustellen, oder aber (wie Sturm das vor allem international recht erfolgreich macht, seit Mario Haas verletzt ist), mit Daniel Beichler (wahlweise auch Roman Wallner) einen kleinen, spielstarken. Da das zu erwartende französische IV-Duo Gallas/Evra nicht zu den körperlich größten, aber technisch eher beschlageneren Gespannen zählt, würde sich ein Kopfball-Typ wie Janko in diesem Fall eher anbieten.

Die Offensivpositionen im Mittelfeld könnten dann der wieder genesene Jakob Jantscher (links) und Veli Kavlak (rechts) übernehmen, bzw. wiederum Prager oder Beichler in der Zentrale – als drei eher kleine, aber schnelle und wendige Spieler. Erfolg und Misserfolg einer solchen Variante könnte auch damit zusammenhängen, welche zwei Kandidaten bei den Franzosen die zentralen Defensivpositionen im Mittelfeld einnehmen – die kleinen, flinken Lass Diarra und Patrice Evra, oder der etwas robustere Jeremy Toulalan (je nachdem, ob Domenech etwas experimentiert oder die Einsergarnitur aufs Feld schickt). Zuletzt spielte Evra hinten zentral und Toulalan und Diarra im defensiven Mittelfeld. Sollte sich Contantini für ein 4-4-2 wie gegen Litauen entscheiden, wird er wirderum auf ein ungleiches Stürmer-Duo zurückgreifen, also am Ehesten wieder Janko und Wallner (eventuell auch Beichler). In diesem Fall würde Jakob Jantscher auf links im Mittelfeld und wahrscheinlich Veli Kavlak auf der rechten Seite spielen.

Es lohnt auch noch ein kleiner Blick auf die französische Mannschaft. Nimmt man als Referenz ihr Spiel in Serbien vor etwa einem Monat, liefen die Bleus mit einem 4-3-3 aufs Feld. Drei Stürmer (Torschützenkönig Gignac zentral, dazu Henry links und Anelka rechts als echte Flügelstürmer), im Mittelfeld ein Offensiver (Gourcuff) mit zwei Abfangjägern (Toulalan und Diarra), und hinten mit einer normalen Viererkette. Auch im Heimspiel gegen die Färöer am Samstag, das die Franzosen locker mit 5:0 gewannen, war dies die Ausrichtung. So ist die Prognose, dass es auch gegen Österreich so sein wird, keine gewagte. Darum wäre es sicherlich nicht von Nachteil, im Mittelfeld auf Überzahl zu gehen und das Spiel mit einem 4-2-3-1 anzugehen.

Sprich: Payer – Dag, Scharner, Dragovic, Fuchs – Kavlak, Baumgartlinger, Beichler, Pehlivan, Jantscher – Janko

Ein Wort noch zu David Alaba: Ich hatte ja schon länger im Gefühl, dass das letzte Spiel, in dem es vermutlich um nichts mehr gehen würde, ein guter Zeitpunkt wäre. Schließlich ist das nächste Pflichtspiel erst im kommenden September, nach der Weltmeisterschaft, und da ist es gut und richtig, wenn man eventuellen Begehrlichkeiten von seiten des nigerianischen Verbandes gleich einmal Vorschub leistet. In der 88. Minute einwechseln, und das Thema Alaba ist erst einmal erledigt. Richtig so, dann kann man seine (bislang recht erfreuliche Entwicklung) weiter abwarten.

(phe)

PS: Im Übrigen sei an dieser Stelle noch an diesen äußerst intelligenten Artikel im Standard erinnert, und das dazugehörige Buch kann ich auch nur empfehlen, ich habe es verschlungen.

Jetzt oder Nie

Seit etwas mehr als vier Jahren werkt Red Bull nun in Salzburg. Auf nationaler Ebene mit zwei Titeln und zwei Vizemeisterschaften durchaus erfolgreich – aber international doch weitgehend ohne die erhoffte Durchschlagskraft. Gegen Teams, die an guten Tagen in Reichweite sein müssten – Blackburn, AEK Athen, Donetsk -, gab es kein Vorbeikommen. Wie nachhaltig die jüngsten Erfolge (also der pure Glückssieg in Rom und das erfreuliche 2:0 gegen Villarreal) sind, wird sich schnell zeigen, denn in den beiden folgenden Spielen gegen Levski Sofia sind die Bullen nun erstmals in dieser Gruppenphase Favorit. Und wann immer sich die Bullen als Favorit sahen – also gegen die Bohemians vor allem, aber auch gegen Maccabi Haifa – schwankten die Leistungen zwischen Peinlichkeit und Desaster.

Wie auch die Führung der Salzburger in den letzten Jahren nicht gerade den Eindruck erweckte, schnell an die europäische Mittelklasse andocken zu können. Das war ein ständiges Vor und Zurück, ein ständiges Kommen und Gehen, ein ständiges Herumlavieren in Strategiefragen. Erst die Geschäftsführer Kurt Wiebach und Helmut Sandrock, dann die Sportdirektoren Oliver Kreuzer und Heinz Hochhauser; dazu die Trainerrochaden von Kurt Jara über Giovanni Trapattoni (mit und ohne Lothar Matthäus) und Co Adriaanse bis Huub Stevens; vom österreichischem Weg (im ersten Jahr standen im Schnitt sieben Einheimische auf dem Platz) zum ausländischen (später mitunter gar keiner mehr); von altfaderischem 4-4-2 mit Doppelsechs und ein feiges 4-3-2-1 ohne Offensivspiel über einen Turnaround zum 4-3-3 Marke „vorne treffen, hinten beten“ zurück zum 4-2-3-1 mit einem Spaßfaktor gleich Null.

Und all das in nur wenig mehr als vier Jahren. Gratulation, das schlägt an Tempo fast die Austria zu wilden Stronach-Zeiten.

Darum muss man kein Prophet sein um sehen zu können, dass die Verpflichtung von Dietmar Beiersdorfer als übergeordnetem Sportkoordinator für alle Red-Bull-Fußballprojekte (also die Teams in Salzburg, Leipzig, New York und Sao Paulo und die Akademien in Afrika und Südamerika) wohl die letzte Chance ist, doch noch so etwas wie eine sinnvolle, kontinuierliche Arbeit zu etablieren, die einen Zeithorizont von einem oder zwei Jahren überdauert. Und genau das wäre notwendig.

Beiersdorfer ist der erste Sportdirektor bei den Bullen, der über echte Erfahrung auf dem internationalen Parkett verfügt. Der erste, der weiß, wie es in den wirklich großen Ligen und bei den wirklich großen Vereinen Europas zugeht. Oliver Kreuzer hatte diese Funktion zuvor beim Schweizer Branchenführer FC Basel inne, Heinz Hochhauser war als bodenständiger Trainer ain Österreich bekannt gewesen – den großen Wurf auf dem Management-Posten stellten sie aber beide nicht dar.

Mit dem neuen Mann auf der operativen Kommandobrücke installiert Red Bull nun erstmals einen Mann, der nicht nur für eines der Projekte verantwortlich zeichnen soll, sondern die (dringend notwendigen) Synergien schaffen kann. Was auch nicht so blöd wäre: Denn die besseren aus der Erste-Liga-Mannschaft statt in der österreichischen Regionalliga in der deutschen spielen zu lassen, sofern das Team aus Leipzig aufsteigt, wäre da sicherlich eine Möglichkeit. Ja, es wäre „nur“ die vierte Spielklasse, deckt aber den kompletten Osten und den kompletten Norden Deutschlands ab, was bei der sportlichen Dichte bei unseren Nachbarn eine De-Facto-Profiliga notwendig macht. Somit ist die deutlich hochwertiger als unsere eher strukturschwache erweiterte Landesliga, die sich Regionalliga West nennt – und in die müssen die Jungbullen nach dieser Saison zurück.

Um sich mittel- bis langfristig in der europäischen (zumindest) Mittelklasse zu etablieren, bedarf es nun aber endlich einmal auch ein wenig Geduld. Beiersdorfer hat beim HSV gezeigt, dass er einen Verein deutlich nach vorne bringen kann (als er nach Hamburg kam, war der HSV gerade mal so dem Abstieg entronnen), aber auch, dass das nun mal eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Eine gewisse Zeit, in der man auch die Grundstrategie (und ein Beiersdorfer hat so etwas, im Gegensatz zu dem damit sichtlich überforderten Hochhauser) eisenhart festhalten muss, auch wenn der Erfolg einmal ausbleibt. Die eigentliche Herausforderung wird für die Bullen also darin bestehen, nicht wieder einmal alles umzudrehen, sollte es in der Endabrechnung einmal nur der dritte Platz sein. Misserfolge gehören dazu, wenn man sich oben etablieren will – denn nur so lernt man, dass Siege nicht selbstverständlich sind.

Auch auf nationaler Ebene. Die Verpflichtung von Dietmar Beiersdorfer ist eine überaus richtige Entscheidung. Aber sie wird auch zur Nagelprobe – denn wenn es ein renommierter Mann wie Beiersdorfer nicht schafft (oder man es ihn nicht schaffen lässt), das Optimum aus den Bullen herauszuholen, dann schafft es keiner.

Jetzt oder nie.

(phe)