Mit zwei Abstaubern das 2:0 gegen Schweden erzwungen

Solange Österreich gegen Schweden im Angriffsdrittel war und sich dort halten konnte, war man gefährlich, zwang Goalie Robin Olsen zu zahllosen Glanztaten. Sobald man aber aufbauen musste, regierte eher die Ratlosigkeit und es gab viele ungenaue Pässe. Zwei Abstauber-Tore von Christoph Baumgartner erzwangen den wichtigen und letztlich verdienten 2:0-Sieg.

Österreich – Schweden 2:0 (0:0)

Große Probleme im Aufbau

Gegen das schwedische 4-4-2 hatte Österreich massive Probleme, aus der eigenen Abwehr nach vorne zu kommen. Das gewohnt gut abgestimmte und effektive Spiel gegen den Ball verhinderte einen planvollen Aufbau ebenso wie zahlreiche Fehlpässe.

Die Schweden ihrerseits nützten ihre Ballgewinne, um die Kugel schnell auf die Außenbahn zu bringen – vor allem auf die linke von Emil Forsberg – oder direkt in die Spitze zu kommen. Forsberg und vor allem Kulusevski brachten die österreichische Defensive immer wieder ins Schwitzen. Posch wandelte schon nach zehn Minuten am Rande des Ausschlusses.

Vor allem Dejan Kulusevski war kaum zu halten. Der Tottenham-Legionär, nominell als hängende Spitze aufgestellt, hatte so gut wie immer, wenn es für die Schweden gefährlich wurde, seine Beine im Spiel. In der Anfangsphase hatten die Gäste die klar gefährlicheren Tormöglichkeiten.

Das disziplinierte schwedische 4-4-2 sorgte für Kopfzerbrechen bei Österreich

Im Angriffsdrittel bleiben

Österreich wurde ausschließlich dann gefährlich, wenn es gelang, den Ball im Angriffsdrittel zu gewinnen. Das war in den ersten 20 Minuten sehr selten der Fall, gegen Ende der ersten Hälfte dafür immer mehr. Es war wie im Eishockey: Es ging darum, das Spielgerät irgendwie im Angriffsdrittel zu halten.

Das Gegenpressing griff nach der Trinkpause in der 25. Minute besser, Mwene hielt zwei-, dreimal den Ball artistisch vorne, auch Posch war diesbezüglich stark. Solange man nicht gezwungen war, neu aufzubauen, verbreitete Österreich große Torgefahr und Robin Olsen im schwedischen Tor war einige Male bei artistischen Rettungstaten gefordert.

Wimmer über links

Nach besagter Trinkpause wechselten auch Christoph Baumgartner und Patrick Wimmer die Seiten. Wimmer, der rechts begonnen hatte und wenig Wirkung entfalten konnte, war auf dem linken Flügel wesentlich mehr ins Spiel eingebunden. Immer wieder gelang es, aus dem Mittelfeldzentrum heraus Wimmer im erstaunlich freien Raum zu finden.

Nachdem dies ebenso zu einer Belebung in der Performance des ÖFB-Teams geführt hatte, schlief die Intensität nach dem Seitenwechsel zusehends ein. Eine besonders skurrile Szene gab es in der 53. Minute, als Österreich weit aufgerückt war, die Schweden den Ball gewannen, aber überhaupt keine Anstalten zum schnellen Gegenstoß machten – die Österreicher aber auch eine halbe Minute später nur mit drei Mann hinten standen.

Die Kräfte, am Ende einer langen Saison und bei knapp 30 Grad im Stadion?

Die Linie fehlte, bis Grillitsch kam

Die Schweden konnten Österreich nun wieder mehr aus der gefährlichen Zone fernhalten und erarbeiteten sich ihrerseits einige Standards. Bei Österreich ging die spielerische Linie immer mehr ab – das änderten auch die Hereinnahmen von Arnautovic (für Adamu) und Sabitzer (für den starken Wimmer) nicht. Schlager und Seiwald im Mittelfeldzentrum arbeiteten unermüdlich gegen den Ball, Spielgestalter sind sie aber nicht.

Darum kam nach 70 Minuten auch Florian Grillitsch, einem Jahr fehlender Spielpraxis zum Trotz, für Xaver Schlager. Sofort änderte sich die Statik bei Österreich, mit einem Spieler im zentralen Mittelfeld, der das Feld vor sich nach Räumen röntgte. Das ÖFB-Team wirkte nun weniger hektisch, Schweden fand weniger Zugriff.

Die Frage danach, wie groß der Anteil der vorangegangenen zehn Minuten an den beiden Toren in der Schlussphase war, ist wohl eher eine philosophische. Letztlich erzwang Österreich eben doch noch erst das Führungstor und dann die Entscheidung, jeweils aus Abstauber-Toren von Christoph Baumgartner, nachdem Robin Olsen zwar unglaublich viel, aber eben doch nicht ganz alles gesaugt hatte.

Schweden hatte schon nach dem 0:1 nicht mehr viel als Antwort anzubieten, nach dem 0:2 war der in seinen Sesseln versunkene Förbundskapten Janne Andersson ein Sinnbild für sein Team.

Fazit: Stärken und Schwächen bestätigt

Angesichts der vielen, vielen Glanzparaden, die das ÖFB-Team dem schwedischen Torhüter abverlangten, war es natürlich ein hochverdienter Sieg. Österreich hatte die Gelegenheiten für vier, fünf Tore, schon bevor das 2:0 gelang; die Schweden wirkten zwar lange stets in der Lage, Österreich zu schocken, die ganz große Chancenqualität war aber nicht da.

Deutlich wurde, zumindest bis zur Einwechslung von Grillitsch, dass es dem ÖFB-Team an den Mitteln fehlt, ein gutklassiges Team mit einer disziplinierten Defensive auszumanövrieren, wenn man nicht die Gelegenheit bekommt, für Ballgewinne im Angriffsdrittel zu sorgen. Daher fühlten sich die Spiele gegen Schweden schon im Vorfeld wie jene an, die nicht nur über das Ticket zur EM entscheiden – eh klar – sondern auch wie jene, die mit dem meisten Bauchweh verbunden sind.

Das Spiel bestätigte die Vorbehalte gegen das ÖFB-Team unter Rangnick – die fehlende spielerische Lösung mit Ballbesitz – ebenso wie die positiven Aspekte – das Gegenpressing, die Torchancen nach hohen Ballgewinnen. Hinzu kommt, dass Rangnick durch die höhere Qualität von der Bank dafür sorgen konnte, dass die Intensität hoch blieb, während von Schweden diesbezüglich nicht mehr viel kam. Und die Option Grillitsch machte deutlich, dass Österreich einen solchen Spieler – umso mehr, wenn er im Verein regelmäßig zum Einsatz kommt – sehr gut brauchen kann.

Mit diesem Heimsieg gegen Schweden sowie dem Punktegewinn in Brüssel ist Österreich auf dem besten Weg zur EM in Deutschland. In der ersten Hälfte der Qualifikation hat man eingefahren, was realistisch zu erhoffen war. Man hat sich für den Herbst eine hervorragende Ausgangsposition geschaffen.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.