Österreichs Frauen vor der EM: Auf Kante genäht

Zum zweiten Mal sind die ÖFB-Frauen bei einer Europameisterschaft dabei. Wie steht der heimische Frauen-Kick vor dem Turnier da, was ist vom Erfolg des Halbfinal-Einzuges 2017 geblieben? Wo reiht sich Österreich im internationalen Vergleich ein – auch, was Struktur in Verband und Vereinen sowie den Zuspruch der Öffentlichkeit angeht? Und was ist heute anders als vor fünf Jahren?

Ein Triumph des Teams

Nina Burgers Fingerzeig an die verstorbene Mama nach dem Siegtor gegen die Schweiz, das die EM für Österreich mit einem Knall eröffnet hatte. Lisa Makas‘ Urschrei nach ihrem Tor beim Remis gegen Frankreich, als der Frust von zwei Kreuzbandrissen rausgebrüllt wurde – wenige Tage vor ihrem dritten. Manuela Zinsbergers imaginäre Bowlingkugel in Richtung der am Mittelkreis aufgefädelten Kolleginnen nach dem 3:0 gegen Island, dem souveränsten und wohl besten Spiel dieser Truppe. Sarah Puntigams entspannt lächelndes Gesicht, bevor sie den entscheidenden Elfmeter im Viertelfinale gegen Spanien in die Maschen drosch.

Die Boombox von Jasmin Eder, von Marina Georgieva an der Spitze der Feier-Polonaise durch die Mixed-Zones getragen. Sarah Zadrazil, die ein lädiertes Syndesmoseband durch die Matches trug. Viktoria Schnaderbeck, die gerade von einer Knieverletzung genesen prompt beinahe aus dem Turnier getreten wurde. Verena Aschauer, die mittlerweile Hanshaw heißt und damals ins All-Star-Team gewählt wurde. Dominik Thalhammer, der als Teamchef die ÖFB-Frauen praktisch von Null weg aufgebaut hat.

Die EM-Premiere der ÖFB-Frauen 2017 hatte viele Gesichter. Die Rasselbande mit dem Adler am Trikot, das nach Einsatzzeit jüngste Team des ganzen Turniers, wurde innerhalb von zwei Wochen von einem unbeachteten Nobody zu Everybody’s Darling: Die Mannschaft wurde zum Star. Eine Handvoll Spielerinnen, die zusammen Europas Spitze ärgern konnten, ohne selbst zu Europas Spitze zu gehören. Österreich spielte die EM de facto mit 14 Leuten durch, es war alles auf Kante genäht.

International anerkannt

Fast forward, fünf Jahre später. Österreich ist wieder bei der EM dabei und das fühlt sich schon fast wie ein Stück Normalität an. Nicht so sehr in Österreich selbst, wo jede Endrunden-Teilnahme andächtig registriert und als kleines Wunder gefeiert wird, das ist schön und kann ruhig so bleiben. Aber im europäischen Kontext ist Österreich längst wie selbstverständlich in den fixen Kreis der zweiten Reihe aufgenommen worden. Die Schweiz, Belgien, Island, bis vor ein paar Monaten Russland: Keine Spitzenteams, aber na eh klar sind die bei einer EM dabei. Was auch sonst.

Die ÖFB-Frauen sind international keine Unbekannten mehr, auch ihre Spielerinnen nicht. Sarah Zadrazil fungiert in vielen internationalen Vorschauen als das Gesicht des Teams. Dazu Manuela Zinsberger, in der abgelaufenen Saison mit dem „Goldenen Handschuh“ der englischen WSL als Torhüterin ausgezeichnet, die am öftesten ohne Gegentor geblieben war. Und Nici Billa, Torschützenkönigin in Deutschland 2021, mit 14 Toren in den letzten 15 Länderspielen.

„Wir sind breiter aufgestellt als vor fünf Jahren“, sagt Teamchefin Irene Fuhrmann. Sie war damals als Co von Dominik Thalhammer dabei, nach seinem Wechsel zum LASK vor zwei Jahren war die damals 39-Jährige die logische Nachfolgerin. Eine Achse von Unverzichtbaren gibt es aber weiterhin – Zinsberger im Tor, Wenninger davor, Rekord-Teamspielerin Puntigam auf der Sechs, Zadrazil auf der Acht und Billa ganz vorne. Aber rundherum gibt es tatsächlich einige Optionen mehr als 2017.

Der erste EM-Test gegen Dänemark kam für beide im Aufbautraining und beiden Teams fehlten einige Stammkräfte. In Belgien beim letzten Test zeigte Österreich eine gute, konzentrierte Leistung.

Erwachsen geworden

Und auch von der Gefühligkeit im Team gibt es Unterschiede. Damals war man der freche Halbwüchsige, ohne Genierer und ohne Respekt, der sich an die Älteren heranschleicht, ihnen aus dem Hinterhalt eine überwimmst und sich feixend aus dem Staub macht, bevor die anderen realisiert haben, was los ist.

Heute ist man der gesettelte Mittzwanziger, im echten Leben angekommen; bestärkt von der allgemeinen Aufbruchstimmung im Frauenfußball. Man weiß, wer man ist und steht dazu, selbstbewusst weiblich und stolz darauf, gleichzeitig mit beiden Beinen im echten Leben, ambitioniert aber nicht übermütig. Man will als Truppe ambitionierter Leistungssportler wahrgenommen werden, nicht als Kuriosität.

Neue Generation, neue Weltsicht

Dabei sind gerade die Älteren – Carina Wenninger, Sarah Puntigam, Viktoria Schnaderbeck, auch Sarah Zadrazil – in einer Doppelfunktion tätig: Als Routiniers auf dem Platz und als Brückenschlag zur jungen Generation. „Sie waren schon dabei, als es die Annehmlichkeiten, die heute selbstverständlich sind, noch nicht gab“, sagt Irene Fuhrmann, selbst bis 2008 sieben Jahre lang aktive Teamspielerin. Als man noch mit einem Mini-Stab unterwegs war, die Betreuung minimal, der Wertigkeit bei Null, ein paar Hobby-Kickerinnen auf Tour. Ernst Weber machte den Frauen-Teamchef quasi nebenbei. Wenn seine U-17-Burschen gleichzeitig gespielt haben, mussten Olga Hutter, Paul Gludovatz oder Johannes Uhlig bei den Frauen einspringen.

„Die Mädchen, die heute in der ÖFB-Akademie in St. Pölten ausgebildet werden und auf den Erwachsenenfußball losgelassen werden, kennen das alles nicht“, erklärt Fuhrmann. „Sie sind damit aufgewachsen, dass es die volle Betreuung gibt, sie überspitzt formuliert nur noch das bereitgelegte Trikot und die geputzten Schuhe anziehen müssen und los geht’s. Das ist einerseits gut, weil sie sich auf das Spiel konzentrieren können und es ein Zeichen dafür ist, wie weit der Frauenfußball in Österreich schon gekommen ist“, sinniert Fuhrmann, „aber die Demut vor und die Dankbarkeit für den jetzigen Gegebenheiten ist schwerer zu vermitteln geworden.“

Bringschuld und Holschuld

Der Kader ist ein Mix aus jenen Spielerinnen, die 2017 dabei waren und nun das routinierte Rückgrat bilden und jenen neuen Kräften, die in den letzten zwei, drei Jahren dazugestoßen sind. „Talente haben wir genug, fußballerisch ist es kein Problem“, sagt Carina Wenninger: „Ich sehe es dabei auch als unsere Aufgabe als Routiniers, die jungen Spielerinnen heranzuführen. Es ist eine Entwicklungsphase, was die menschliche Reife angeht. Da müssen sie jetzt von uns was mitnehmen, um dann selbst vorangehen zu können.“

Eine Bringschuld der Älteren, aber auch eine Holschuld der Jüngeren. „Die Kunst ist“, so Fuhrmann, „wenn du eine Truppe von 23 Spielerinnen hast, sind einige zehn, zwölf Jahre dabei. Andere sind in ihrem zweiten Lehrgang. Da geht es bei denen auch um die Eigenverantwortung, zu kommen – zu mir, zu den Analysten, wem auch immer – und sich die Infos zu holen. Am Platz ist keine Zeit zum Nachdenken, da geht es darum, alles intuitiv parat zu haben.“

Zehn Spielerinnen haben in den zwei Jahren unter Fuhrmann schon debütiert. Maria Plattner, Lisa Kolb und Celina Degen gehören zum erweiterten Stamm und sind auch in England nicht nur dabei, weil man halt 23 Namen nennen muss. Vor der EM 2017 ging es zwischen Jennifer Klein und Laura Wienroither, beide damals bei null Länderspielen, wer den letzten Kaderplatz auffüllen darf (der Zuschlag ging damals an Klein). Diesmal konnten sich Katja Wienerroither, Annabel Schasching und Julia Magerl, teilweise mit mehr als einer Handvoll Einsätzen, ernsthaft Chancen auf einen EM-Platz ausrechnen, sie blieben aber übrig.

Personelle Alternativen: Bei Testspiel gegen Montenegro wurden erstmals überhaupt alle elf Spielerinnen im Laufe des Matches getauscht.

Verpasste Chance 2017

Die Spitze ist in Ordnung und mittelfristig muss man sich wohl keine Sorgen um ein Absacken machen. The Kids Are Alright, die Jahrgänge 2001 (Degen, Plattner, Kolb, Wienerroither) und 2002 (Schasching, Kröll) sind schon da, die 2003er (Magerl, Brunmair) und 2004er (El Sherif, Mädl, Wirnsberger) sehen gut besetzt aus. Aber: Die Zahl der angemeldeten Fußballerinnen stagniert, hier hat 2017 nicht für einen nachhaltigen Boost gesorgt. Dass man mit dem damaligen Erfolg und der plötzlichen Aufmerksamkeit überfordert war, räumten jüngst auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel und ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold ein. Schöttel war damals noch gar nicht im Amt; Neuhold schon.

Dominik Thalhammer hat damals lange gezögert, sich nach der EM weiter für den ÖFB zu committen und hat das auch damit begründet, dass der ÖFB mit zu wenig Nachdruck auf dem Erfolg aufzubauen schien und es auch ihm selbst gegenüber die Wertschätzung fehlte. Der ehemalige Teamchef äußerte sich auch im persönlichen Gespräch nie über sein Verhältnis mit Willi Ruttensteiner, der ihn 2011 in den Frauenfußball geholt hatte. Hinter vorgehaltener Hand hieß es aus dem Umfeld des Teams aber, dass es zumindest schwierig war. Im Oktober 2017 war Ruttensteiner beim ÖFB Geschichte, im Dezember 2017 band man Thalhammer per unbefristetem Vertrag an den Verband, dazu übernahm er die Leitung der Trainerausbildung.

Tönerne Füße

Man beteuert beim ÖFB, dass „uns kein Talent in Österreich entgeht“, aber wie viele mögliche Talente gehen verloren, weil sie mangels Unterstützung im Verein mit dem Kicken aufhören, bevor es wirklich losgegangen ist? Nicht jedes Mädchen hat eine Familie wie Sarah Puntigam, die es einst gegen den ausdrücklichen Willen des Vereins durchgesetzt hat, dass die siebenjährige Sarah überhaupt spielen darf. Nicht jedes Mädchen hat einen Verein mit Frauen-Team in der Nähe, wenn sie ab dem 15. Lebensjahr nicht mehr mit den Burschen spielen darf.

Dänemark hat um ein Drittel weniger Einwohner als Österreich, aber doppelt so viele registrierte Fußballerinnen in den Vereinen. Die Dänen können mit einem viel größeren Pool an nachdrückenden Talenten arbeiten als Peter Grechtshammer, Leiter der ÖFB-Frauen-Akademie in St. Pölten (und natürlich auch die regionalen Akademien und Leistungszentren etwa in Graz oder Linz). Wenn es in einem Jahrgang keine zehn Mädchen gibt, die das Potenzial für die Nationale Akademie haben, wird es mit der breiteren Spitze schwierig.

ORF geht in Vorleistung

Die Hoffnung nach dem Hype durch die EM 2017 war, dass die Zahlen steigen, diese Hoffnung wurde enttäuscht. Der ÖFB wirft auch nicht gerade alles ins Zeug, um die Zuschauerzahlen beim Team in die Höhe zu treiben, die 3.600 vom Playoff-Hinspiel gegen Russland vor zehn Jahren (!) bleiben bis heute Rekord, in Wr. Neustadt (2.700 Sitzplätze) ist dieser selbst theoretisch nicht zu knacken. Immerhin werden Spiele nicht unter dem Deckmantel der „Familienfreundlichkeit“ an Wochentagen um 14.00 Uhr versteckt, um sie irgendwie ins TV zu bringen. Der ORF ist diesbezüglich deutlich progressiver als ARD und ZDF.

In Österreich sind (mit der logischen Ausnahme der Parallelspiele am letzten Gruppenspieltag) sämtliche Spiele der EM auf dem Einser zu sehen, obwohl in Wahrheit schon die Coverage auf ORF Sport plus bei EM 2017 und WM 2019 vorbildlich gewesen ist und niemand ernsthaft 2022 etwas anderes erwartet hätte – die Österreich-Spiele auf ORF1, ja, aber die anderen? Der oft geschmähte Küniglberg zeigt damit großen Mut und wird angesichts der zu erwartenden derben Seher-Rückmeldungen dazu eine dicke Haut brauchen. Der Frauenfußball ist ein besonders beliebtes Ventil für Unmutsäußerungen.

Nobody cares?

Die Quizshow von Oliver Polzer wochentags um 18.00 Uhr wabert in der Regel zwischen 60.000 und 80.000 Zusehern und einem Marktanteil zwischen vier und sieben Prozent. Das ist für das öffentlich-rechtliche Flaggschiff eigentlich eine Blamage, aber immer noch erheblich besser als die zwei Prozent bei den x-ten Wiederholungen von Malcolm In The Middle oder den Simpsons zuvor. Weniger werden die kommentierenden Kollegen bei Schweden-Schweiz auch nicht haben. Die Übertragungen zum Hauptabend werden ein Zuschauerminus gegenüber Hanno Setteles „DOK1“ und dem Comedy-Freitag bringen, da muss man kein Prophet sein, aber Zahlen von „Thor 3“ am letzten fußballfreien Donnerstag (9 Prozent MA) sollten nicht außer Reichweite sein.

Der Ticketverkauf läuft gut, die abgesetzten Karten lassen einen Zuschauerschnitt von mindestens 16.000 vermuten – das wird mehr als das Doppelte der EM-Turniere von 2013 und 2017 und die Marke der WM 2019 (rund 21.000) scheint nicht völlig außer Reichweite zu sein. Das theoretische Maximum aufgrund der Stadionkapazitäten liegt bei 25.500 Zusehern pro Spiel.

Sichtbarkeit schaffen

Nirgendwo ist die Sichtbarkeit größer als bei EM und WM und auf Vereinsebene ist die alltägliche Wahrheit natürlich eine andere. Die US-Liga ist mit rund 6.500 Zusehern pro Spiel das weltweite Aushängeschild, dort ist der Frauenfußball aber traditionell populär. In der neuen mexikanischen Liga waren es in der Premierensaison 2.700 Zuseher; in Europa sind die Zahlen der Saison 2021/22 aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht alle aussagekräftig; auf nordamerikanische Verhältnisse fehlt aber viel, auch in den Top-Ligen in England, Frankreich und Deutschland.

One-Offs wie in der Women’s Champions League, als der FC Barcelona die beiden K.o.-Runden-Heimspiele gegen Real Madrid und VfL Wolfsburg vor jeweils über 90.000 Leute im Camp Nou absolvierten, waren natürlich auch das Resultat von massenhaft billigen Karten, die auf den Markt geworfen wurden. Gerade das Viertelfinale war aber ein Zeichen dafür, dass es ein Spiel eines Teams des FC Barcelona gegen eines von Real Madrid war und es den Leuten nicht egal war, nur weil das auf dem Feld Frauen waren.

In Österreich teilten sich ORF und ÖFB-TV letzte Saison 20 Spiele auf, davon konnte man vor einigen Jahren nur träumen und beim meisterschaftsentscheidenden Spiel zwischen SKN St. Pölten und Sturm Graz waren erstmals bei einem heimischen Liga-Match mehr als 1.000 Zuschauer vor Ort. Im Normalfall kommen kaum 200 bis 300 Menschen zu den Spielen, aber das Bewusstsein für die Frauen ist auch bei Österreichs Klubs angenommen.

Immer mehr bekannte Namen

Selbst Rapid konnte sich eben nun auch nicht mehr gegen die Etablierung eines Frauen-Teams wehren; die Fans von Blau-Weiß Linz haben Kleinmünchen schnell adoptiert und brachten an die 300 Leute zum letzten Saisonspiel auf den Wiener Sportclub-Platz, um ihre Mädchen zum Aufstieg anzufeuern; der LASK ist ambitioniert, wenn auch im Playoff am Aufstieg in die 2. Liga gescheitert, Vorderland spielt seit Bestehen der Kooperation mit Altach nur noch im Schnabelholz. Andererseits ist die Austria seit einem Jahr alleine unterwegs, das Engagement wirkt aber kaum weniger halbherzig als zu Zeiten der Zusammenarbeit mit dem USC Landhaus. Vielleicht ist der Rapid-Einstieg der Tritt in den Hintern, der hier notwendig wäre.

Das wird die Zuschauerzahlen im Alltag nicht dramatisch nach oben reißen, aber im Idealfall die Bedingungen professionalisieren – das Thema „Equal Pay“ ist im heimischen Frauenfußball keines, die EM ist mit Reise, Unterkunft und Staff ein Minusgeschäft für den ÖFB, dennoch zahlt man den Frauen Prämien. Die sind nicht üppig, aber mehr als in der Vergangenheit.

Ein viel bedeutenderes Schlagwort ist „Equal Opportunities“, gleiche Möglichkeiten. Sturm Graz betreibt eine eigene Akademie, bringt jedes Jahr eine neue Spielerin heraus: Katharina Naschenweng, Celina Degen, Lisa Kolb, Katja Wienerroither, Maria Plattner und Annabel Schasching; Hillebrand, Magerl und Kröll werden die nächsten sein, es folgen El Sherif und Wirnsberger. Der SKN ist der unumstrittene Primus in Österreich, aber der Appeal liegt nicht an der Stadt St. Pölten oder dem tollen Namen des SKN.

Professionelle Möglichkeiten

SKN-Macher Willi Schmaus ist, was Gerhard Traxler (letztes Jahr 81-jährig verstorben) bei Landhaus und Bruno Mangl (vor fünf Jahren einem Krebsleiden erlegen) bei Neulengbach vor ihm waren: Der eine, der in seiner Zeit die beste, professionellste Infrastruktur auf die Beine gestellt hat. Bestmögliche Opportunities eben. Während der SKN auf die Spitze geht und auch in Deutschland problemlos im Mittelfeld mithalten könnte, hat Sturm seine Nische als Ausbildungsklub gefunden, die Vienna hat sich – der Geschichte um die Missbrauchsvorwürfe am im Mai entlassenen Trainer zum Trotz – mit Nina Burger an der Spitze zum zielstrebigsten Wiener Klub gemausert, der Austria den Rang ablaufend.

Rund 1.100 Zuseher waren beim Match, das die Meisterschaft für den SKN St. Pölten entschied.

Sie alle aber können nur mit den Spielerinnen arbeiten, die es gibt und hier kommt wieder die fehlende Breite im heimischen Frauenfußball ins Spiel. Es gibt mit Mühe und Not genug Spielerinnen, um die halbe Liga einigermaßen konkurrenzfähig zu halten. Altenmarkt dafür war in der abgelaufenen Saison nie in Abstiegsgefahr – obwohl man in den 18 Matches nur 12 Punkte geholt hat. Meister St. Pölten hat ein einziges Gegentor kassiert. Bei Absteiger FC Südburgenland waren es 95 Stück.

Signale an die Basis

Natürlich ist der FC Südburgenland ein Familienbetrieb ohne fixe Heimstätte, daheim im letzten Winkel Österreichs, die Spielerinnen treten um ein Taschengeld an und mit den vorletzten Plätzen von 2017, 2018, 2019 und 2021 hat Süd schon lange angeklopft, bis es heuer knapp nicht mehr gereicht hat. Aber Aufsteiger Kleinmünchen/Blau-Weiß Linz wird ein hartes Jahr vor sich haben, der einen oder anderen Tracht sportlicher Prügel inklusive – weil es die personellen Möglichkeiten einfach nicht gibt.

Und darum ist die Sichtbarkeit des Frauenfußballs in Österreich bei der EM so wichtig, vermutlich noch wichtiger als ein gutes Abschneiden der ÖFB-Frauen. Nicht nur für fußballbegeisterte Mädchen, die den Traum haben, ganz offiziell beispielsweise das Rapid-Trikot zu tragen, jenes von Bayern München oder Real Madrid oder auch den ÖFB-Dress, oder sich – wie so viele junge Männer bis runter in Regional- und Landesligen – mit dem Kicken zumindest das Studium zu finanzieren. Sondern auch für der Basis, bei den Klubs, damit hier auch Mädchen aufgenommen und in ihren Ambitionen respektiert und gefördert werden.

Sonst wird an der Spitze des heimischen Frauenfußballs auch weiterhin alles auf Kante genäht bleiben.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.