Sturm 2000 vs. Salzburg 2021: Einendes und Trennendes

Nach 21 Jahren hat es wieder eine österreichische Mannschaft geschafft, die Letzten 16 der Champions League zu überstehen. Auch wenn Sturm damals in eine zweite Gruppenphase kam und Salzburg nun direkt ins Achtelfinale, ist es doch die gleiche Leistung – sogar erstaunlich gleich, was einige Aspekte betrifft. Wo sind nun die Ähnlichkeiten zwischen Sturm 2000 und Salzburg 2021, wo die Unterschiede? Hier ein kleiner Überblick.

Sturm Graz in der Champions League 2000/01 und Salzburg im Herbst 2021

Die Bilanz gegen die Gruppengegner

Die frappanteste Ähnlichkeit ist die genaue Bilanz. Nicht nur, dass sowohl Sturm 2000 als auch Salzburg 2021 mit zehn Punkten weitergekommen sind, es ist auch die Verteilung der Punkte exakt gleich.

Beide haben alle drei Heimspiele gewonnen (Sturm 3:0 gegen Galatasaray, 2:0 gegen Monaco und 2:0 gegen die Rangers – Salzburg 1:0 gegen Lille, 3:1 gegen Wolfsburg und 1:0 gegen Sevilla). Und beide haben einen Punkt aus den drei Auswärtspartien geholt (Sturm 0:5 in Glasgow und Monaco sowie 2:2 in Istanbul – Salzburg 1:1 in Sevilla sowie 1:2 in Wolfsburg und 0:1 in Lille).

Bei Sturm reichte das für den Gruppensieg, bei Salzburg für Rang zwei.

Anzahl der Teilnahmen

Ebenfalls gleich: Sowohl Sturm 2000 als auch Salzburg 2021 schafften den Aufstieg in ihrer dritten Teilnahme hintereinander. Sturm hatte zuvor zunächst Lehrgeld bezahlt (ein Punkt gegen Real Madrid, Inter Mailand und Spartak Moskau) und im zweiten Versuch Platz drei geholt (gegen Manchester United, Olympique Marseille und Croatia Zagreb, wie Dinamo damals hieß).

Salzburg kam gleich mit einem Paukenschlag 2019 hinein – 6:2 gegen Genk, 3:4 in Liverpool – und wurde vor den Belgiern, aber hinter Napoli Dritter. Der zweite Versuch war weniger überzeugend, aber man rettete im Herbst letzten Jahres zumindest wieder Platz drei vor Lok Moskau und hinter Bayern München und Atético Madrid.

Das Alter der Mannschaft

Hier ist der größte Unterschied zu bemerken. Sturm war damals als Ganzes schon über dem Zenit und Hannes Kartnig hatte auch schon den einen oder anderen wunderlichen Transfer getätigt. Fünf Stammkräfte waren über 30 Jahre alt und so wichtig die Leistungen von Sergej Juran und dem im Winter aus Straßburg zurückgekehrten Mario Haas waren: Auch sie waren letztlich Spieler, die in größeren Ligen keine Möglichkeiten mehr hatten. Eine signifikante Verstärkung war letztlich nur Andrés Fleurquín; György Korsós blieb immerhin noch lange in der Liga und spielte 2005 auch mit Rapid wieder in der Champions League.

Kartnig holte sich Spieler, die ihm und dem eigentlichen Manager Schilcher irgendwo untergekommen sind (wie Masudi im UI-Cup bei Lausanne oder zuvor schon Angibeaud bei der WM 1998) und verlangte von Osim, diese einzubauen. Im September 2002 hatte Osim genug. Man zog schnell Amateure-Trainer Foda nach oben, holte sich dann das Missverständnis Gress für zwei Monate auf die Bank, ehe man eher zufällig über Mischa Petrovic stolperte, der den Neuaufbau um Säumel und Salmutter moderierte.

Salzburg zieht das Pferd von der anderen Seite auf: Nur Urgestein Andi Ulmer ist älter als 24 Jahre, im Grunde spielte Salzburg mit einer frisierten U-21. Bei Salzburg gehört es praktsich zum Business Plan, dass auch die Trainer nach längstens zwei Jahren abwandern. Dann steht aber schon längst der Nachfolger bereit. Rose folgte auf Garcia, Marsch folgte auf Rose, Jaissle folgte auf Marsch und es wird wohl Aufhauser auf Jaissle folgen.

Die finanzielle Umsetzung

Sturm verlieh Fleurquín für ein Jahr nach Galatasaray und 2002 kassierte man immerhin noch zwei Millionen Euro Ablöse aus Rennes für den Uru, ein lukrativer Italien-Transfer von Schopp zog sich wegen der Preisvorstellungen Kartnigs, am Ende bekam er von Brescia noch acht Millionen Schilling – kaum 600.000 Euro – und als Bonus 27 Klos fürs Trainingszentrum. Ansonsten hatte niemand aus dem relativ alten Kader Wiederverkaufswert, alle anderen verließen den Klub ablösefrei und schon anderthalb Jahre später waren nur noch zwei Stammkräfte und zwei Ergänzungsspieler übrig. Der Aufbau einer neuen Mannschaft war teuer und verlief planlos, es gab den Österreich-Rekord-Transfer von Stürmer-Flop Charles Amoah (54 Millionen Schilling, als knapp vier Millionen Euro) und alleine 2002 warf Kartnig fünf Millionen für Rojas, Mujiri, Masudi, Bosnar, Panadić und Pregelj auf den Markt. Der sportliche Erfolg blieb aus, die Einnahmen waren gering, 2007 war Sturm in Konkurs.

Bei Salzburg ist so gut wie jeder Spieler ein potenzieller Millionen-Transfer. In den letzten acht Jahren hat Salzburg 430 Millionen Euro an Transfererlösen kassiert (denen 130 Millionen gegenüberstehen, die man für Neuzugänge ausgegeben hat). Dass Adeyemi, Aaronson, Camara, Okafor, Sučić und Seiwald viel Geld bringen und das Potenzial für große Karrieren haben, steht außer Frage. Und wenn sie weg sind, stehen die nächsten Talente schon bereit: Šeško, Šimić, Kjærgaard und Amankwah zeigen bei Liefering schon auf, es gibt auch wieder drei neue Spieler aus Mali (Dorgeles, Guindo, Diambou) und die Youth-League-Mannschaft steht als Gruppensieger ebenso im Achtelfinale.

Die Lage in der Liga

Das Eine hängt mit dem Anderen zusammen: Bei Sturm konzentrierte sich die routinierte Truppe auf die glanzvollen Spiele in der Champions League, die Bundesliga ließ man ziemlich schleifen. Man hatte die Saison schon mit einem 1:4 bei Rapid begonnen, man verlor in der Folge auch das Grazer Derby (0:2), zweimal gegen Salzburg (0:1 und 1:2), in Bregenz und beim LASK sowie in Ried (jeweils 1:2) und nach dem Erfolg von Istanbul auch bei der Wiener Austria.

Eine Rückkehr in die Champions League war in der laufenden Saison so gut wie ausgeschlossen, ehe man überhaupt die Gegner für die Zwischenrunde kannte (es wurden Manchester United, Valencia und Panathinaikos Athen). Sturm rettete mit Mühe und Not den vierten Platz und verlor im UI-Cup, über den man noch den UEFA-Cup erreichen hätte können, gegen Lausanne.

Das Salzburg des Herbstes 2021 strauchelte in der Liga parallel zu den Niederlagen in Wolfsburg und Lille auch ein wenig, aber hier reden wir von einem 2:2 in Ried, einem 0:0 gegen die Admira und einer unglücklichen 1:2-Niederlage in Klagenfurt, ehe man vor dem entscheidenden Match gegen Sevilla das Bundesliga-Spiel gegen Hartberg in den Schlussminuten noch zu einem knappen Sieg drehen konnte. In der Tabelle hat Salzburg 12 Punkte Vorsprung und selbst die Punkteteilung und der eine oder andere Winter-Abgang wird den neunten Titel in Folge kaum verhindern können.

Das heißt: Man kann davon ausgehen, dass Salzburg auch im Herbst 2022 wieder Champions League spielen wird und sich dort die nächste junge Truppe in internationale Notizblöcke spielen wird können.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.