In memoriam Diego Maradona: Die Karriere des Goldjungen

Er wurde nur 60 Jahre alt, aber er hat gelebt für 100 Jahre – mindestens. Diego Maradona prägte den Weltfußball in den 1980ern wie kein anderer, sein technisches und spielerisches Genie sind ebenso unvergessen wie seine Allüren, seine Exzesse und seine Skandale. Der kaum mehr als 1,60m kleine Linksfuß verzauberte die Welt und vor allem in seiner Heimat Argentinien und in Neapel, wo er die beste Zeit seiner Karriere verbrachte, wird er wie ein Gott verehrt.

In memoriam: Dies war die Karriere des Pibe del Oro, des Goldjungen.

Die frühen Jahre

Diego Armando Maradona Franco wurde am 30. Oktober 1960 in Lanús, einem Stadtteil von Buenos Aires, geboren. Argentinien war nach dem Militärputsch gegen Juan Peron fünf Jahre zuvor und dem fragilen Ende der Junta 1958 ein Land auf der politischen und sozialen Suche nach sich selbst, der Versuch einer Demokratie unter dem linksgerichteten Artur Frondizi mündete in eine Militärdiktatur, ehe Peron zurückkam und Argentinien in eine Art Erbmonarchie umwandelte – die wiederum von General Videla weggeputscht wurde.

Die Begeisterung für den Fußball aber war eine Konstante im zweitgrößten Land Südamerikas – ähnlich wie in der Politik wechselten sich die Philosophien permanent ab. In den 1960er-Jahren war als Reaktion auf die Blamage mit der Schönspielerei bei der WM 1958 die Härte Trumpf, in den 1970ern löste César Luis Menottis technisches Tempo-Spiel („linker Fußball“, wie es genannt wurde) den Schlägertruppen-Kick á la Osvaldo Zubeldía ab.

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In dieser Zeit wurde Diego, ältestes von acht Kindern von Eltern, die aus der Provinz in die Hauptstadt gezogen waren, als Achtjähriger von Argentinos Juniors entdeckt. Er durchlief die Junioren-Teams des Klubs, dessen Stadion seit 16 Jahren Maradonas Namen trägt, und debütierte im Herbst 1976 in der Kampfmannschaft. Das Team stieg in den kommenden vier Jahren von einer der schwächsten Mannschaften der Liga zu einem Klub aus der erweiterten Spitze auf. Im Februar 1981 kam der Wechsel zu Maradonas Herzensklub, den Boca Juniors, zu Stande.

Maradonas erster Superclásico – 3:0 gegen River Plate

Sechs Wochen nach seinem ersten Einsatz für Boca kam es zu Maradonas erstem Superclásico – mit fünf amtierenden Weltmeistern auf dem Platz. Schon nach zwei Minuten bugsierte Maradona eine Flanke mit der Hand ins Tor, genauso wie er es fünf Jahre Später gegen England machen sollte, und kassierte dafür Gelb. Maradona, gerade 20 Jahre alt, zeigte sich trickreich und mit Tatendrang: Nach dem 1:0 durch Brindisi ließ er sich auch davon nicht stoppen, dass er von hinten niedergegrätscht wurde, stand auf, lief weiter, wurde geblockt, und Brindisi staubte zum 2:0 ab. Wenig später vollendete er einen Konter über Carlos Cordoba, in dem er noch im Fünferraum Tarantini und Fillol aussteigen ließ.

Boca gewann den Grunddurchgang der Saison 1981, schied im Playoff aber schon im Viertelfinale gegen Veléz Sarsfield aus. River wurde Meister.

Die erste WM: Der Druck ist zu hoch

Nur drei Monate nach seinem Liga-Debüt trug Maradona im Frühjahr 1977 erstmals das Trikot der argentinischen Nationalmannschaft. Teamchef Menotti traute dem jungen Burschen die mentale Belastung einer WM im eigenen Land aber noch nicht zu und berief Maradona nicht für die Heim-WM 1978 – die Argentinien gewann. Ein schwerer Schlag für das junge Jahrhundert-Talent, das Argentinien ein Jahr später in Japan zum U-20-Weltmeister-Titel führte.

Bei der WM 1982 stand Maradona, 22 Jahre alt, längst im Zentrum des argentinischen Teams, das in ansonsten annähernd unverändertem Personal die Titelverteidigung anging. Das Turnier in Spanien begann für Argentinien allerdings mit einem 0:1 gegen Vize-Europameister Belgien.

WM 1982: Auftakt-Niederlage gegen Belgien

„Da die argentinische Mannschaft sehr stark auf Maradona zugeschnitten ist, ist Menottis Truppe urplötzlich eine unberechenbare, wankelmütige Diva geworden“, konstatierte der Kicker nach dem Spiel. Star-Allüren waren ihm damals schon nicht fremd: Zu Maradonas Entourage gehörten neben seinem Manager noch zehn Familienangehörige, vier persönliche Freunde sowie sein persönlicher Pressesprecher.

„Nach der Niederlage kullerten Tränen über das braungebrannte Gesicht des Superstars, der völlig demoralisiert in einer Ecke saß und mit niemandem sprechen wollte“, so der Kicker nach dem Spiel gegen Belgien: „Der Stern am argentinischen Fußball-Himmel funkte bisher nur wenig Licht. Wieder einmal zeigte sich, dass er der großen Nervenbelastung nicht standhalten kann.“

Und weiter: „Torwart Fillol, ein ausgekochter und besonnener Profi, glaubt, dass Diego Maradona sich nur dann als Weltstar etablieren kann, wenn er auch Niederlagen und psychische Tiefschläge wegstecken kann.“ Worte mit Weitsicht. Bei der WM in Spanien konnte er das nicht: Argentinien rettete sich in die Zwischenrunde, verlor dort die erste Partie gegen Italien und war in der zweiten gegen Brasilien – die gewonnen werden musste – nach 85 Minuten mit 0:3 im Rückstand.

Maradona verlor die Nerven, trat Batista voll gegen das Knie und wurde ausgeschlossen.

Licht und Schatten beim FC Barcelona

Nach der WM 1982 blieb Maradona quasi gleich in Spanien, er wechselte von Boca zum FC Barcelona. In seiner ersten Saison beim Klub wurde Barcelona mit einem Final-Erfolg über Real Madrid Cupsieger, zudem wurde er nach einem seiner klassischen Tore zwischen Genie und Chuzpe im Liga-Match im Bernabeu von den Real-Fans mit Applaus bedacht. Sein Clash of Characters mit dem (allerdings recht schnell gefeuerten) Trainer Udo Lattek gehört koch heute zur Vereinsfolkore.

Dennoch: So richtig glücklich wurde Maradona in Barcelona nicht, auch nicht, nachdem 1983 Menotti dort sein Trainer wurde. In der Saison 1982/83 musste Maradona drei Monate wegen einer Hepatitis-Erkrankung aussetzen und als er sieben Spiele vor Saisonschluss zurückkehrte, war der Titelzug abgefahren. Am Beginn der neuen Saison wurde er im Spitzenspiel gegen den Meister aus Bilbao von Athletic-Verteidiger Goikoetxea brutal niedergestreckt, wieder musste Maradona monatelang zuschauen – sogar ein verletzungsbedingtes Karriereende stand im Raum.

Die Meisterschaft konnte man schon im Frühjahr mehr oder weniger abhaken, ehe man mit einer Siegesserie am Saisonende immerhin noch auf einen Punkt an Meister Athletic Bilbao herankam. Im Cupfinale kam es zum erneuten Aufeinandertreffen mit der robusten Kämpfer-Truppe von Trainer Javier Clemente – jener Mann, der später als spanischer Teamchef nichts mit Guiardiola anfangen konnte, weil der Pässe spielt und keine Zweikämpfe führt.

Cup-Finale 1984: Massenschlägerei gegen Athletic

Es war ein giftiges Spiel voller Feindseligkeiten, die Basken provizierten Maradona, wo sie nur konnten, vor allem nach der frühen Führung. Er wurde beinahe im Minutentakt umgetreten, oft durch fiese Fouls von hinten, mit gestrecktem Fuß – alles, um seinen Rhythmus zu brechen und sein Gemüt zu erhitzen. Athletic brachte die knappe Führung über die Zeit und holte das Double, aber nach dem Schlusspfiff des extra theatralischen Referees Ángel Franco brach der aufgestaute Frust heraus.

Die Massenschlägerei unter den Augen von König Juan Carlos, der die Siegerehrung vornehmen sollte, war der unrühmliche Höhepunkt von Maradonas letztem Spiel für den FC Barcelona werden. Dem Klub war sein exaltiertes Verhalten auf und neben dem Platz schon länger ein Dorn im Auge, Maradona vermisste die Rückendeckung von Seiten des Vereins. Letztlich waren beide Seiten froh, dass Napoli den immer noch erst 23-Jährigen in die Serie A holte.

Der Durchbruch: Die WM 1986

Etwa zeitgleich zu Maradonas Wechsel an den Vesuv entschied sich Argentiniens neuer Teamchef Carlos Bilardo zu einer extremen Maßnahme: Nach einer besonders ernüchternden Tour durch Europa opferte Bilardo einen Stürmer zugunsten eines dritten Innenverteidigers und zog die Flügelspieler weit zurück. Dieser ultra-defensive Zugang mit fünf Verteidigern hinter drei zentralen Mittelfeldspielern lockte die Gegner heraus und so bekam der Zehner – nominell als zweite Spitze aufgestellt, aber tatsächlich mit vielen Freiheiten ausgestattet – Räume.

Ein Fest für Maradona.

Bis zur WM-Endrunde in Mexiko 1986 hatte Maradona das Image als unglaublich talentierter, aber nervenschwacher Heißsporn, den seine Nerven im entscheidenden Moment im Stich lassen. Ein guter Spieler, zweifellos, aber nicht in der Lage, ein Team zu schultern, wenn es sich auf ihn verlässt. In Mexiko aber widerlegte Maradona alle Kritiker.

WM-Viertelfinale 1986: Solo-Tor und Hand Gottes

Ohne größere Probleme kam Argentinien durch die Vorrunde, mit Siegen gegen Südkorea und Bulgarien sowie einem 1:1 gegen Italien, wobei Maradona den Ausgleich erzielte. Nachdem man das Achtelfinale gegen die Brutalo-Fraktion aus Uruguay heil überstanden hatte, ging es ins Viertelfinale gegen England. Und ab da drehte Maradona erst so richtig auf.

Seine beiden Tore in dem nach dem Falklandkrieg auch emotional aufgeheizten Spiel in der Mittagshitze des Azteken-Stadions gehören zu den berühmtesten der Fußball-Geschichte. Nach torloser erster Halbzeit wollte Maradona in der 51. Minute, in den Strafraum ziehend, zum Doppelpass mit Valdano ansetzen. Hodge funkte dazwischen, hob den Ball aber genau in Maradonas Laufweg zurück vor das Tor. Dieser ging ebenso wie Englands Torhüter Peter Shilton hoch zum Ball, dieser wurde leicht abgelenkt und landete schließlich zum 1:0 im Tor. Kopfball, dachte Referee Bennasser aus Tunesien. Den Protesten der Engländer zum Trotz hatte auch Linienrichter Bogdan Dotshev aus Bulgarien nichts gegen den Treffer einzuwenden.

Dabei war es die Hand. Nach dem Spiel sagte Maradona augenzwinkernd, es war wohl eine Mischung aus dem Kopf Maradonas und der Hand Gottes gewesen. Die Phrase, die Diego immer begleiten würde, war geboren. Vier Minuten später setzte er im Mittelfeld zu einem Solo an, nahm es mit jedem auf, der sich ihm in den Weg stellte und schloss auch noch selbst zum 2:0 ab. Das „Tor des Jahrhunderts“ – the most famous and the most infamous goal, innerhalb weniger Augenblicke.

Auch im Halbfinale gegen Belgien erzielte Maradona beide Tore, eine späte Revanche für die Niederlage im Auftaktspiel von 1982. Im Endspiel gegen die Bundesrepublik Deutschland führte Argentinien schon 2:0, ehe die Deutschen aus zwei Eckbällen zum 2:2 ausglichen. Maradona aber, der von Matthäus gekonnt bewacht worden war, packte kurz vor Schluss einen weiteren Geniestreich aus. Seine Vorlage verwertete Burruchaga zum 3:2-Siegtreffer.

Argentinien war Weltmeister, und sie hatten es – überspitzt formuliert – nur einem Mann zu verdanken. El Pibe de Oro, der Goldjunge, war mit 25 Jahren am Gipfel angekommen.

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Lebende Legende in Neapel

Als er 1984 von Barcelona zu Napoli ging, war der Klub zweimal nur knapp dem Abstieg entgangen. Die Verpflichtung Maradonas war ein Risiko für den Verein, aber es zahlte sich aus. In seiner ersten Saison am Vesuv erzielte Maradona in der berüchtigt defensivstarken Serie A 14 Tore an den 30 Spieltagen und Napoli landete im sicheren Mittelfeld, 1986 schaute bereits der dritte Platz heraus. Wie einst bei Argentinos Juniors.

Die Fans aus Neapel lagen Maradona von der ersten Sekunde an zu Füßen. Über 70.000 Menschen kamen zu seiner Vorstellung im San Paolo, und der in Barcelona Verstoßene fühlte sich von Beginn an wohl. Hier, im heißblütigen und gleichzeitig dankbaren Neapel, war er der Liebling der Massen, er genoss die Freiheiten auf dem Platz und die Mentalität der Menschen.

Von der WM als Weltstar nach Neapel zurück gekehrt, war alles so wie es sein musste. Das Team war von Trainer Ottavio Bianchi in seiner zweiten Saison perfekt eingestellt, und gegen den Trickser in der Form seines Lebens waren selbst die hartgesottenen Verteidiger der Serie A machtlos. Von den ersten 22 Spielen der 30 Matches umfassenden Saison verlor Napoli nur ein einziges.

Der Heimsieg über Juventus – de facto das Meisterstück

Nach dem 2:1-Sieg über Juventus (trainiert von Ex-Napoli-Coach Rino Marchesi) am 24. Spieltag führte man die Tabelle mit fünf Punkten, also mit der Zwei-Punkte-Regel mit zwei Siegen und einem Remis Vorsprung, an. Der Erfolg über die Alte Dame war gefühlt die Meisterschafts-Entscheidung. Es war der erste Titel überhaupt für einen Klub südlich von Rom – für den Mezzogiorno, immer schon eine vernachlässigte und arme Gegend, bedeutete der erste Scudetto für Napoli alles. Eine Woche lang wurde Titel-Karneval gefeiert. Und danach wurde dank des Finalsieges über Atalanta im Cup sogar das Double fixiert.

Das frühe Aus im Meistercup in der 1. Runde gegen Real Madrid in der Saison 1987/88 war zu verschmerzen, dass die Titelverteidigung nach sieben Monaten an der Tabellenspitze mit einer 2:3-Heimniederlage am drittletzten Spieltag gegen Milan verspielt wurde, tat aber doch weh. Ein Jahr nach dem umjubelten Titel trug sich Maradona sogar mit Abwanderungsgedanken, zumal das 2:3 gegen Sacchis Milan wegen einer Muskelzerrung im linken Bein sein letzter Saisoneinsatz war. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt.

UEFA-Cup-Sieg mit Klasse und Glück

Maradona blieb und Napoli wirbelte im Herbst 1988 durch die Serie A. Ein 8:2 gegen Pescara, ein 5:3-Sieg auswärts bei Juventus Turin, ein 4:1-Heimerfolg gegen Milan. Napoli spielte wieder eine starke Saison, holte wie im Vorjahr 1,4 Punkte pro Spiel, aber gegen die Siegmaschine von Inter (26 Siege in den 34 Spielen) war man machtlos – es wurde wieder Platz zwei.

Dafür klappte es 1988/89 im UEFA-Cup nach Wunsch. Aus dem Training heraus mühte man sich vor dem späten Ligastart im Oktober über PAOK Thessaloniki drüber, es folgten Siege gegen Lok Leipzig und Girondins Bordeaux. Nach dem Winter verlor Napoli das Viertelfinal-Hinspiel bei Juventus jedoch mit 0:2, das 3:0 nach Verlängerung im undurchsichtigen Nebelsud des Rückspiels war dann aber die Initialzündung. Im Halbfinale war Bayern München kein Gegner – die Leichtigkeit wurde perfekt symbolisiert von Maradonas Aufwärm-Übungen zu Opus‘ „Live is Life“ im Münchner Olympiastadion.

Im Finale wartete der VfB Stuttgart, bei dem Stürmerstar Jürgen Klinsmann vor dessen Wechsel zu Meister Inter im Hinspiel gelbgesperrt. Dennoch waren die Schwaben im San Paolo keineswegs eingeschüchtert. Nach einer Viertelstunde griff Napoli-Goalie Giuliani bei einem Weitschuss von Gaudino noch dazu daneben, Stuttgart führte 1:0 und hatte das so wichtige Auswärtstor.

Napoli drehte das UEFA-Cup-Finalhinspiel gegen Stuttgart

Maradona hatte einen schweren Stand gegen Jürgen Hartmann, mit der Führung im Rücken verlegte sich Stuttgart zudem darauf, Napoli nicht in den Strafraum kommen zu lassen. Nach einer Stunde wirkten die Italiener schon recht ratlos, ehe sie von einer wilden Fehlentscheidung des griechischen Referees Gerassimos Germanakos profitierten. De Napoli hob einen Ball in den Strafraum in eine Spielertraube, Stürmer Carnevale kam mit der Hand an die Kugel, die zu Maradona weitersprang. Der Argentinier stoppte sich den Ball ebenfalls mit der Hand, zog ab, und aus kaum einem Meter Entfernung bekam Günther Schäfer den Schuss an den angelegten Arm – und da zeigte Germanakos auf den Elfmeter-Punkt.

Maradona verwandelte zum 1:1 und die Stuttgarter waren so aufgebracht, dass sie ihre Linie ein wenig verloren, Napoli bekam die zweite Luft und kurz vor Schluss gelangte ein langer Ball von der Mittellinie zu Maradona, der legte zu Careca quer. Das 2:1, der Siegtreffer.

Zwei Wochen später beim Rückspiel in Stuttgart besorgte Alemão nach 20 Minuten die Führung für Napoli. Klinsmann glich zwar postwendend aus, aber den Deutschen fehlte nach vorne der klare Plan und hinten der gelbgesperrte Buchwald. So kamen die Italiener durch einen Energieanfall von Ciro Ferrara, Doppelpass mit Careca inklusive, noch vor der Pause zum 2:1 und Careca besorgte nach einer Stunde das 3:1. Damit war Napoli 5:2 im Gesamtscore voran – Stuttgart drückte nach dem Anschlusstreffer zwar noch nach Kräften, aber mehr als das 3:3 von Olaf Schmäler in der Nachspielzeit schaute nicht mehr heraus.

Ein halbes Jahr später wurde Napoli im Achtelfinale des UEFA-Cups daheim von Werder Bremen zum 1:3 ausgekontert, einmal griff Giuliani daneben, zweimal waren die Bremer Angreifer um Wynton Rufer zu flink. Zwei Wochen später wurde man in Bremen sogar mit 1:5 abmontiert. Maradona war mittlerweile fast zu sehr der Alleinunterhalter in der Offensive geworden: Hatten 1987/88 Carnevale und Careca noch 32 Tore beigesteuert, waren es in der folgenden Saison nur noch 21 und Maradona, schon zwei Jahre zuvor Torschützenkönig, riss Napoli heraus.

In den ersten 16 Liga-Spielen der Saison 1989/90 blieb Napoli ungeschlagen und im Dezember betrug der Vorsprung auf den Zweiten Sampdoria schon vier Punkte, wirklich überzeugen konnte man aber nur in den Top-Spielen (3:0 gegen Milan, 2:0 gegen Inter) – die Regel waren mühsame 1:0-Siege sowie diverse Unentschieden gegen Nachzügler wie Cesena oder Cremonese. Im Nachhinein betrachtet zeigte sich im Herbst 1989 erstmals, dass das Team als Ganzes seinen Zenit wohl schon überschritten hatte. Erfolgstrainer Ottavio Bianchi war nach dem UEFA-Cup-Sieg zur Roma weitergezogen, Alberto Bigon war von Cesena als Nachfolger verpflichtet worden.

Mit Fortdauer der Saison wurden zwar die Pflichtsiege eingefahren, dafür letzte es deutliche Niederlagen gegen Lazio (0:3), Milan (0:3) und Inter (1:3), womit man die Tabellenführung gegen Arrigo Sacchis großes Milan verspielte. Nach einem 1:2 gegen Sampdoria schien fünf Spiele vor Schluss alles vorbei und der dritte Vizemeister-Titel in Folge bahnte sich an. Doch im Endspurt patzte auch Milan, ließ einen Punkt in Bologna liegen und verlor in Verona – Napoli gewann die letzten fünf Partien allesamt und war Meister.

1987 Meister, 1988 Zweiter, 1989 Zweiter, 1990 Meister – dazu Cupsieger 1987, UEFA-Cup-Sieger 1989, Torschützenkönig 1988 – in seinen vier Jahren als Weltmeister war Maradona zweifellos der König der Fußballwelt.

Diego allein gegen Italien

Das argentinische Nationalteam hingegen lieferte nach dem Titelgewinn vier eher peinliche Jahre ab. Bei der Copa América 1987, im eigenen Land ausgetragen, hievte Maradona seine Mannschaft noch ins Halbfinale. Zwei Jahre später, bei der Copa América 1989, erzielte Argentinien nur zwei Tore in sieben Spielen.

Die WM in Italien begann, wie man es nach dem Verlauf der vorangegangenen Jahr fast befürchten musste: Mit einer 0:1-Blamage gegen Kamerun. Nach dem 2:0 über die Sowjetunion und einem müden 1:1 gegen Rumänien humpelte Argentinien als Gruppendritter ins Achtelfinale. In der Heimat bot sich Carlos Bilardos Intimfeind Menotti bereits als dessen Nachfolger an, Maradona wirkte nach der anstrengenden Saison, auf der so viel Verantwortung auf seinen Schultern gelastet hatte, ausgelaugt.

Und dann wartete im Achtelfinale auch noch Brasilien. Der große Gegner aus Südamerika dominierte das Match, lief sich aber in der argentinischen Abwehr fest – bis zehn Minuten vor Schluss Maradona zu einem Solo ansetzte, vier brasilianische Abwehrspieler auf sich zog und den Ball zum völlig freistehenden Claudio Caniggia durchstecken konnte. Das 1:0, das goldene Tor, der Sieg.

Wie schon 1986 stellte Bilardo sein Team vornehmlich auf das Zerstören ein, während Maradona für die Glanzpunkte sorgen sollte. Der Unterschied zu 1986: Der zynische Anti-Fußball wurde auf seine nervtötende Spitze getrieben – Treten und Meckern, Theatralik und Schauspielkunst, sogar vor gesundheitsgefährdendem Schummeln schreckte man nicht zurück. Das ging so weit, dass man dem Brasilianer Branco eine Wasserflasche reichte, die mit Tranquilizern versetzt war. „Da war ein bisschen gesegnetes Wasser drin“, grinste Maradona schon während des Turniers. Jahre später räumte sogar Bilardo ein, dass die Geschichte mit dem gepanschten Drink nicht erfunden war.

Im Viertelfinale hielt man Ivica Osims Jugoslawen über 120 Minuten bei einem 0:0 und gewann danach im Elfmeterschießen, Maradona selbst vergab zwar, aber Jugoslawien brachte nur zwei der fünf Versuche im Tor unter. Im Halbfinale ging es gegen Italien. Den Gastgeber, der bis dahin ein starkes Turnier gespielt hatte. Das Spiel fand in Neapel statt. Ausgerechnet.

Heimspiel in Neapel: WM-Halbfinale 1990 gegen Italien

„Der Rest Italiens schaut auf euch herunter“, ließ Maradona im Vorfeld in einem Appell an die Neapolitaner verlauten. Er jedoch, Maradona, ist derjenige, der ihnen mit den sportlichen Erfolgen Selbstvertrauen gegeben hat, eine Form von Stolz, die man südlich von Rom gegenüber dem reichen Norden nie mit so viel Recht vertreten konnte. Er, Madarona, ist das eigentliche Kinder der Stadt, er repräsentiert die napolitanische Art und Weise zu Leben. Also sollten die Fans ihre nationalen Gefühle hinanstellen und im Halbfinale stattdessen für Argentinien singen. „Es ärgert mich, dass die Neapolitaner 364 im Jahr nicht als Italiener gelten“, sagte Diego, und wenn, dann als Abschaum des ganzen Landes, „und jetzt sollen sie Italien unterstützen?“

„Diego nei cuori – Italia nei cori“, verlautete ein gut sichtbares Spruchband im San Paolo („Diego in den Herzen, Italien in den Gesängen“), aber Maradonas Worte waren nicht wirkungslos geblieben. Die Italiener waren ernsthaft besorgt, dass sich das WM-Halbfinale auf eigenem Boden wie eines der gefürchteten Auswärtsspiele in der Serie in Neapel anfühlen wurde. Das tat es zwar nicht, aber ganz so feurig wie in den vergangenen Spielen in Rom war der Support für die Squadra Azzurra auch nicht. Die argentinische Hymne wurde nicht mit Pfiffen, sondern mit Applaus begleitet.

Toto Schillaci brachte Italien in einem intensiven Spiel nach einer Viertelstunde in Führung und Italien, auch nach fünfeinhalb Spielen ohne Gegentor im Turnier, schien auf dem Weg ins Finale – ehe Keeper Walter Zenga nach einer Stunde zu ungestüm aus dem Tor heraus kam und Caniggia zum 1:1 traf. Dabei blieb es nach 90 und 120 Minuten, wobei Ricardo Giunti in der Verlängerung die rote Karte sah. Wieder ging es ins Elfmeterschießen. Als Maradona antrat und auch traf, wurde er von den Fans bejubelt. Eine Minute später scheiterte Aldo Serena. Argentinien war im Finale.

Ohne Giusti sowie die gelbgesperrten Caniggia, Batista und Olarticoechea, ohne große Kraftreserven nach zweimal 120 Minuten und zunehmend auch ohne Nerven verlor man das Finale gegen Deutschland. Die Zuseher in Rom hatten Maradonas Aussagen vor dem Halbfinale nicht vergessen, standen wie ein Mann hinter dem DFB-Team, Maradona wurde bei jedem Ballkontakt gnadenlos niedergepfiffen und von Buchwald konsequent aus dem Spiel genommen. Argentinien beendet das Match nach zwei Ausschlüssen mit acht Feldspielern – und als Paria in den Augen vor allem der italienischen Medien und Tifosi.

Aus dem Paradies vertrieben

Das WM-Halbfinale gegen Italien, obwohl siegreich bestritten, wurde zum Wendepunkt in Maradonas Karriere. Die Medien hielten Maradonas Drogen-Exzesse nun nicht mehr unter Verschluss – Diego war zwar schon im Grunde seit Beginn seiner Zeit in Neapel drogenabhängig und unterhielt auch freundschaftliche Bande zur allgegenwärtigen neapolitanischen Unterwelt, in Zeiten des Erfolges wurde dies aber für die Öffentlichkeit unter den Teppich gekehrt. Das war vorbei.

Hinzu kam, dass sein Körper – Maradona wurde im folgenden Herbst 30 Jahre alt – immer öfter zu Zwicken begann. Sein Rücken verhinderte ein Mitwirken gegen Cagliari (1:2), sein Knöchel einen Einsatz gegen Genoa (1:1). Vor dem Match gegen Bari (0:0) nahm sich ein matter Maradona selbst aus dem Kader, um zwei Tage nach dem Spiel unangemeldet und völlig aufgedreht zum Training zurückzukommen. Napoli gewann ohne Maradona kein einziges Spiel, aber mit ihm sah es auch nur durchschnittlich aus – vier Siege, drei Niederlagen. Im Meistercup schied man im Achtelfinale im Elfmeterschießen gegen Spartak Moskau aus. Ohne Maradona, der geschwänzt hat. Napoli stellte ob dieser Arbeitsverweigerung die Gehaltszahlungen ein.

Gerüchte über finanzielle Troubles machten in Folge der Trennung von seinem Manager Guillermo Coppola die Runde. Im Dezember klagte Napoli bei Maradona auf Rückzahlung von Gehaltsvorschüssen und die Kündigung von Werbeverträgen über eine in Liechtenstein ansässige Briefkastenfirma. Zeitgleich bestätigte ein Vaterschaftstest, dass er vier Jahre zuvor ein Dienstmädchen geschwängert hatte. Es wurde spekuliert, dass er nach dem Weihnachtsurlaub gar nicht nach Neapel zurückkehren würde, letztlich blieb Maradona über die Feiertage aber sogar in Italien. Im Laufe des Winters kam ein Prozess um Drogenhandel dazu.

Sein Tor bei der 1:4-Niederlage gegen Meister Sampdoria am 24. März – sein erst sechstes in der laufenden Saison – war das letzte im Trikot von Napoli. Wenige Tage später lieferte ein Doping-Test einen positiven Befund auf Kokain. Frau Claudia und die Kinder Dalma (3) und Giannina (zehn Monate, die spätere Ehefrau von Sergio Agüero) verließen Italien sofort, 24 Stunden später füchtete auch Diego in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Argentinien.

Zur Urteilsverkündung am 6. April 1991 war er also gar nicht mehr in Italien. Er fasste eine 15-monatige Sperre für jegliche bewerbsmäßige fußballerische Tätigkeit aus – bis zum Ende der Saison 1991/92. Der Kicker fasste zusammen: „Was haben sie ihm nicht schon alles vergeben, diesem immer etwas zu dicken und immer etwas zu faulen sportlichen Genie, das nur in Neapel denkbar war. Nirgendwo auf der Welt ist ein Sportler leidenschaftlicher geliebt worden als dieser Mann in dieser Stadt. Nirgendwo sonst wurden die Launen eines Spielers so geduldig toleriert. Und nirgendwo sonst konnte einer so tief fallen wie Maradona in Neapel. Er wurde langsam aber zielsicher zur Parodie eines Profis.“

Die Transfer-Posse des Jahres

Als im Sommer 1992 die Sperre ablief, hatte Maradona immer noch einen gültigen Napoli-Vertrag für ein weiteres Jahr. Klub-Präsident Ferlaino pochte auf Einhaltung und konnte sich die Boshaftigkeit nicht verkneifen, Maradona nochmal eine 200.000-Dollar-Strafe aufzubrummen, weil er ja nicht zum Trainingsauftakt in Neapel erschienen ist. Maradona betrachtete das Gezerre um ihn daheim in Buenos Aires – auf polizeilich überwachtem Entzug und vorläufig ohne Ausreiseerlaubnis.

Ferlaino wusste, dass Maradona schon alleine wegen der Prozesse nicht nach Italien zurückkehren wollte, er wollte aber auch nicht vor den Fans als derjenige dastehen, der Maradona gehen ließ. Ferlaino pokerte, dass er nur mit südamerikanischen Klubs verhandeln wolle, die sich Maradona aber nicht leisten konnten. Er verlangte Maradonas Rückkehr, im Gegenzug forderte Maradona ein Jahressalär von fünf Millionen Dollar – damals eine unerhörte Summe.

Nach viel hin und her – die Posse dominierte die Schlagzeilen im Sommer 1992 – stellte Maradona Mitte August klar: Entweder, Ferlaino lässt mich zu Sevilla und Trainer Carlos Bilardo gehen, oder ich höre auf.

Bilardo schlug in Andalusen derweil in die selbe Kerbe („Entweder Maradona kommt, oder ich trete zurück!“), auch Boca Juniors und Palmeiras aus São Paulo gaben Bewerbungen um Maradona ab. Nach zwei Monaten Zank stellte sich die FIFA zwischen die Fronten und stellte ein Ultimatum, Napoli erlaubte nun zumindest Verhandlungen. Am 13. September landete Maradona in Erwartung einer baldingen Einigung in Sevilla, am 22. September war alles in trockenen Tüchern.

Pointe bei Maradonas Transfer zu Sevilla: Der Großteil der 3,5 Millionen Dollar Ablöse bezahlte Milan-Präsident Silvio Berlusconi – unter der Bedingung, dass seine TV-Kanäle die vielen geplanten Show-Spiele übertragen darf.

Das andalusische Missverständnis

Manolo Jimenez lieferte pflichtschuldig die Kapitänsbinde bei Maradona ab und Bilardo stellte das Team schon darauf ein: Ab sofort werden ihr in der Öffentlichkeit Statisten neben Diego sein. Aber verlasst euch auf sein Können, dann wird sich das auszahlen. Und in den ersten Monaten tat es das tatsächlich: Maradona war zwar nicht gerade top-fit und nach eineinhalb Jahren Sperre sichtlich ohne Matchpraxis, aber seine brillianten Momente sorgten für einen guten Herbst.

Sein erstes Spiel war am 4. Oktober in Bilbao, gegen jenen Klub, gegen den acht Jahre zuvor seine erste spanische Karriere in einer Massenschlägerei endete. Sevilla etablierte sich zwischen den Plätzen fünf und sieben, was angesichts des Kaders und der schwachen Vorsaison recht gut war. Der Höhepunkt von Maradonas Herbst in Sevilla sollte das Match gegen Real Madrid kurz vor Weihnachten werden. Er trickste wie zu Glanzzeiten und führte Sevilla zu einem hochverdienten 2:0-Erfolg.

Glanzleistung beim 2:0-Erfolg über Real Madrid

Die Flitterwochen-Phase dauerte aber nur ein paar Monate. Der Klub behandelte Maradona nicht wie einen Gott, sondern wie einen 32-Jährigen nach einer Drogensperre. Diego sah das nicht ein, sein Privatleben war von Professionalität weit entfernt, er hielt sich nicht an Absprachen mit dem Klub was außertourliche Aktivitäten wie eine Reihe von Exhibition-Länderspielen anging. Als er auch noch Trainer Bilardo gegen sich aufbrachte, war klar, dass es keine zweite Saison mit Maradona in Sevilla geben würde.

Abschied mit einem Knall

Maradona ging heim nach Argentinien und schloss sich 1993 Newell’s Old Boys an, kam dort aber nur sporadisch zum Einsatz und überwarf sich innerhalb kurzer Zeit mit dem Trainer. Schon im Winter 1993/94 wurde der Vertrag wieder aufgelöst. „Diego ist nicht in der Lage, mit Anstand und Würde in einer ihm gemäßen Art zu spielen“, hieß es von Vereinsseite dazu. Reporter, die vor Maradonas Haus auf eine Stellungnahme des Stars wartete, wurden von diesem mit einem Luftgewehr beschossen.

Coco Basile, Argentiniens Teamchef zu dieser Zeit, berief Maradona wie den ebenfalls nach einjähriger Drogensperre wieder spielberechtigten Caniggia dennoch für die WM in den USA. Die Qualifikation war mit viel Mühe und diversen Peinlichkeiten überstanden worden und mit dem Duo hoffte Basile darauf, die Vergangenheit wieder aufwärmen zu können. Überall sonst wurde die Einberufung Maradonas eher mit Belustigung zu Kenntnis genommen. Madarona als spielendes Maskottchen, quasi: Es könne sein, dass Maradona tatsächlich seine einstige Klasse aufblitzen lässt, prophezeite der Kicker: „Es kann aber auch sein, dass er vorzeitig nach Hause fährt, weil ihm das Frühstücks-Ei zu hart ist.“

Maradonas letztes Länderspiel: Sieg gegen Nigeria

Letztlich wurde es irgendwie beides. Maradona tauchte mit einem ungewohnten Kurzhaarschnitt auf und wirkte tatsächlich relativ fit, es war auch großer Einsatzwille zu erkennen. Er spielte als Zehner hinter Batistuta, mit zwei offensiven Flügelstürmern – beim 4:0 zum Auftakt gegen Griechenland war sein Aktionsradius zwar gering, seine Aktionen selbst aber ließen erahnen, was er drauf haben könnte. Auch im zweiten Spiel gegen Nigeria kam eine sehenswerte Vorstellung heraus, bei der Maradona beide Tore zum 2:1-Sieg vorbereitete.

Die nach dem Spiel abgegebene Doping-Probe enthielt jedoch Spuren von Ephedrin. Maradona wurde sofort von der WM ausgeschlossen und blickte seiner nächsten 15-monatigen Sperre entgegen. Auch an seinen Teamkollegen ging das Geschehen nicht spurlos vorbei. Es folgten ein 0:2 gegen Bulgarien im dritten Gruppenspiel und das Aus durch ein 2:3 gegen Rumänien im Achtelfinale.

Fade-Out und Trainer-Maskottchen

Nach Ablauf der Sperre dockte Maradona im Herbst 1995, mittlerweile fast 35-jährig, bei Boca Juniors an. In der Frühjahrs-Meisterschaft 1996 spielte Boca unter Trainer Bilardo lange vorne mit, aber gegen Ende der Saison ging die Puste aus. Maradona, mit schon etwas mehr als einem deutlichen Bauchansatz, pausierte bis Sommer 1997, kam danach zurück, lieferte aber prompt den nächsten positiven Drogen-Test ab. Es winkte eine dritte Sperre, aber bevor das Urteil gefällt wurde, verkündete Maradona exakt an seinem 37. Geburtstag das Karriereende.

Sein letztes Match als Profifußballer war ein Superclásico. Boca gewann 2:1.

Madaronas letztes Spiel – ausgerechnet ein Superclásico

Noch bis 2001 gab es alle möglichen Abschiedsspiele und Maradona blieb als omnipräsente Stimme zu alles und jedem stets präsent. 2008 wurde er dann sogar höchst selbst Teamchef von Argentinien, die WM 2010 endete aber auch wegen seiner vorsintflutlichen Arbeit mit einem deftigen 0:4 gegen Deutschland im Viertelfinale. Vier Jahre später bei der WM in Brasilien sah die ganze Welt zu, wie er auf der Tribüne jubelte, litt und eben einfach er war.

In der Folge nahm Maradona alle möglichen Trainerjobs an, er wirkte aber oft eher als ein Marketing-Gag und ein Maskottchen, weniger wie ein ernsthafter Trainer. Dynamo Brest in Weißrussland ernannte ihn prompt zum Ehrenpräsidenten, beim mexikanischen Zweitligisten Dorado hielt es ihn sogar fast ein ganzes Jahr, zuletzt fungierte er als Trainer bei Gimnasia y Esgrima de la Plata in der argentinischen Primera Division – und hätte der Verband nicht entschieden, den Abstieg wegen der Pandemie auszusetzen, wäre er in die 2. Liga abgestiegen.

Am 30. Oktober 2020 wurde Maradona 60 Jahre alt, drei Tage später wurde er mit einem Blutgerinnsel im Gehirn ins Krankenhaus eingeliefert. Zehn Tage danach durfte er das Krankenhaus verlassen, zwei Wochen später erlitt Maradona eine Herzattacke.

Diese überlebte er nicht.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.