2:1 in Norwegen: ÖFB-Team lange mit guter Struktur

Zum Auftakt in die Nations League gewann Österreich das erste Länderspiel nach der Corona-Pause in Norwegen mit 2:1. Anders als beim letzten Match vor zehn Monaten zeigte das ÖFB-Team eine klare Spielidee, die zwar nicht besonders viel Esprit versprühte, einen lange Zeit sehr biederen Gegner aber klar dominierte. Erst in der Schlussphase traute sich Norwegen in die Offensive.

Marko Arnautovic (der nach einer Rückkehr nach China 14 Tage in Quarantäne gemusst hätte), David Alaba (der noch die Nachwirkungen des CL-Finalturniers spürt), Valentino Lazaro (Muskelbündelriss in der Wade) und Konrad Laimer (Knieprellung) standen nicht zur Verfügung. So stellte Franco Foda ein nominelles 4-4-2 auf das Feld mit Debütant Christoph Baumgartner rechts im Mittelfeld, das aber sehr variabel interpretiert wurde.

Keine Überraschung gab es bei Lars Lagerbäck: Sein norwegisches Team kam im gewohnten, defensiven 4-4-2 daher, mit Håland neben King ganz vorne, zwei ganz jungen im Mittelfeld (Thorsby rechts, Normann zentral), dafür ohne den verletzten Martin Ødegård. Ansonsten war es das Team, welches in der EM-Quali Gruppendritter hinter Spanien und Schweden wurde.

Dreierketten-Aufbau und Überladungen im Zentrum

Weil sich Norwegen erwartungsgemäß sehr passiv zeigte, blieb der Aufbau dem ÖFB-Team. In diesen Situationen ließ sich zumeist Ilsanker zentral zwischen die Innenverteidiger fallen (manchmal auch Schlager links von Hinteregger, der dann vor dem Strafraum eröffnete), wodurch sich eine variabel besetzte Dreierkette ergab. Sabitzer – der sehr mobil war, sehr aktiv – rückte in diesen Situationen von der Spitze ins Mittelfeld zurück.

Diese Positionierungen erlaubten den Außenverteidigern Ulmer und Lainer, sich sehr hoch zu stellen. Diese beiden hielten die Außenbahnen, während die Mittelfeld-Außen Baumgartner und Onisiwo einrückten. Damit schuf Österreich eine Überzahl im Zentrum. Diese Überladungen im norwegischen Sechserraum waren das bestimmende Element, um diese zu erreichen, darauf wurde vom System bis zu den Passwegen alles ausgerichtet.

Ulmer und Lainer gingen auch nie zur Grundlinie durch, um zu flanken – wozu auch, Norwegens Zentralverteidigung hätte da klare Vorteile gehabt. Dafür gingen ihre Horizontalpässe eher in den Raum zwischen den norwegischen Linien, wo Österreich eine Überzahl hatte. So gut wie immer rannte sich Österreich zwar im bevölkerten Raum vor der norwegischen Box fest, aber einmal konnte auch der freigespielte Platz seitlich davon genützt werden – eine Hereingabe von dort verwertete Gregoritsch zum 1:0.

Pressing-Trigger funktionieren

Nicht nur die Aufbauwege waren bei Österreich klar definiert, sondern auch die Pressing-Trigger. Norwegen agierte zumeist sehr passiv und überließ dem ÖFB-Team den Ball, aber wenn doch einmal von hinten aufgebaut wurde, kam der Gastgeber oft nicht weit.

Sobald die Außenverteidiger angespielt wurden – zumeist eher Elabdellaoui rechts – wurde er von einem Österreicher angelaufen. Wenn der Ball kurz oder ins Zentrum zurück gespielt wurde, war sofort der nächste Österreicher zur Stelle; oft blieb auch nur der blinde lange Ball nach vorne. Erling Håland war bis zu seinem eleganten 1:2-Anschlusstreffer (klassischer Håland, explosiv vor dem Tor dem Ball entgegen gegangen) nach einer Stunde kein Faktor, Norwegen strahlte so gut wie keine Gefahr aus.

Das Anlaufen der österreichischen Spieleröffnung eine vereinzelte Option und das ÖFB-Team davon auch relativ unbeeindruckt.

Norwegen macht auf

Nachdem Österreich zu Beginn der zweiten Hälfte durch einen von Sabitzer verwerteten Hand-Elfmeter 2:0 in Führung gegangen war, nahm Lagerbäck einen Wechsel vor, der das Bild des Spiels verändern sollte. Statt King kam nun Sørloth als zweite Spitze neben Håland in die Partie. Sørloth brachte deutlich mehr Bewegung und Tempo in das bis dahin eher behäbige Angriffsspiel Norwegens.

Zusätzlich rückte das Mittelfeld auf und nach Hålands Tor ging Norwegen auf die Jagd nach dem Ausgleich. Die Gastgeber nahmen nun den Ballbesitz an und machten das Spielfeld dabei groß – die weiten Abstände machte es Österreich schwer, Zugriff im Pressing zu bekommen. Statt geordnetem, geduldigem Aufbau waren nun andere Schwerpunkte gefragt: Stören des norwegischen Rhythmus (Verzögern, kleine Fouls) und Chancen aus Kontersituationen suchen (war zweimal fast zum Torerfolg geführt hätte).

Ab der 80. Minute aber zeigten die norwegischen Bemühungen zunehmend Wirkung. Das Verdichten um den österreichischen Ballführenden sorgte nun für schnellere Ballgewinne und das ÖFB-Team wirkte auch müde, nach einem Fteistoß bot sich die große Ausgleichschance. Foda reagierte, indem er nun doch Baumgartlinger einwechselte (für Onisiwo, Sabitzer ging dafür auf die rechte Seite). Er hetzte als frische Kraft im Zentrum die norwegischen Ballführenden, sodass nichts Zielgerichtetes mehr vor das Tor kam und die Gefahr für Österreich gebannt war.

Fazit: Verdienter Erfolg

Was Österreich in diesem Spiel zeigte, war nicht besonders inspirierend, aber es war ein klarer Plan erkennbar, der auch spürbar auf die Spielweise des Gegners angepasst war. Bis auf die Sturmspitze ist Österreich personell auf keiner Position schlechter besetzt als Norwegen, das sah man auch. Obwohl Arnautovic, Alaba, Lazaro und Laimer gar nicht dabei waren, Hinteregger eine halbe Stunde und Baumgartlinger nur ein paar Minuten.

Angesichts der Umstände und des hölzernen Gegners war es eine geduldige und lange auch recht konzentrierte Vorstellung. Man bearbeitete die norwegische Defensive, hielt Håland so gut es ging aus der Gleichung heraus. Österreich erarbeitete sich nicht wirklich viele echte Torgelegenheiten – im Grunde waren es nur drei – aber eine davon wurde genutzt, dazu gab es den Hand-Elfmeter.

Es war für sich gesehen kein Match, an das man sich in ein paar Jahren noch erinnern wird. Aber wenn man die gesamte Situation berücksichtigt – und sich etwa vor Augen führt, mit welchem teils offenen Unwillen und deutlich fehlender Abstimmung tags zuvor Deutschland und Spanien agiert – war das für eine österreichische Mannschaft ohne diverse Stammkräfte absolut in Ordnung.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.