Marco, 你好!Abgehalfterter Altstar? Arnautovic kann es in China seinen Kritikern zeigen

Marco Arnautovic zum chinesischen Meister Shanghai SIPG? Bei Fans in Sportforen, Kolumnisten und TV-Experten ruft der bevorstehende Wechsel überwältigend negative Kommentare hervor. Viele davon basieren auf veralteten Klischees. Ein Leserkommentar von Bernhard Hagen aus Shanghai.

Ja, die chinesische Super League ist für Arnautovic ein sportlicher Rückschritt. Qualitativ können die Klubs in China noch lange nicht mit den großen europäischen Ligen mithalten, zu groß ist das Gefälle innerhalb ihrer Kader. Ja, es geht in erster Linie um den schnöden Mammon.

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Bei all der berechtigten Kritik scheint aber kaum jemand zu sehen, was sich in der Super League in den vergangenen zehn Jahren getan hat. Für die Experten in Österreich (Prohaska: Arnautovic ist „zu jung für China“) gehen nur abgehalfterte 35-jährige Altstars nach Fernost, um noch ein paar Monate als Stehgeiger abzukassieren.

Faktencheck: Oscar, Star von Shanghai SIPG, wechselte mit 25 in die ostchinesische Metropole. Der belgische Nationalspieler Yannick Carrasco war erst 24, als er in Dalian anheuerte. Paulinho, brasilianischer Nationalspieler, kam mit 27 nach Guangzhou. Zwei Jahre später schaffte er den Sprung nach Barcelona. Renato Augusto wechselte als 28-Jähriger nach Beijing, Arnautovics‘ künftiger Sturmpartner Hulk als 30-Jähriger nach Shanghai. Der Transfer des 26-jährigen italienischen Nationalspielers Stephan El Shaarawy zu Shanghai Shenhua wurde erst kürzlich vermeldet.

Wäre Foda ein Chinese

Wie wenig die Liga im Fokus steht, hat sich auch vor dem desaströsen EM-Quali-Spiel gegen Israel gezeigt. Wäre Franco Foda ein Chinese, hätte er in den Interviews vor dem Spiel wohl weniger vor dem allseits bekannten Dabbur und mehr vor Erhan Zahavi gewarnt. Der 31-Jährige hat in den vergangenen vier Jahren in 86 Ligaspielen für Guangzhou R&F beeindruckende 76-mal getroffen und war 2017 MVP der mit Starspielern gespickten Super League. Nach dem Triplepack gegen das ÖFB- Team ist Zahavi auch in Österreich ein Begriff.

Fakt ist, dass die chinesische Liga in den vergangenen Jahren stärker geworden ist – und auch einige Herren mit Österreich- bzw. Salzburg-Bezug haben ihren Anteil daran. Allen voran der ehemalige Salzburg-Coach Roger Schmidt, der in Beijing hervorragende Arbeit leistet. Auch Jonathan Soriano, der die Liga nach 31 Spielen und 25 Toren leider wieder verlassen hat. Oder Alan, der sich nach einem Kreuzbandriss zurückkämpfte und in den vergangenen Jahren ein verlässlicher Torjäger war.

Für Marko Arnautovic bleibt zu hoffen, dass er die neue Herausforderung mit dem nötigen Ernst und der nötigen Leidenschaft angeht. Falls er das nicht tut, könnte er in Shanghai ein kurzes, unrühmliches Kapitel schreiben – ganz wie Carlos Tevez, in den die Shenhua-Fans so viele Hoffnungen gesetzt hatten. Arnautovic sollte sich besser drei Fußballer zum Vorbild nehmen, die momentan ihre Spuren in Shanghai hinterlassen: Giovanni Moreno vom Stadtrivalen Shenhua, der seit mittlerweile sieben Jahren nicht aus der ersten Elf wegzudenken ist. Und natürlich seine SIPG- Teamkollegen Oscar und Hulk, mit denen Arnautovic schon bald als magisches Dreieck die Titelverteidigung in der Meisterschaft und die asiatische Champions League in Angriff nehmen
könnte.

Bernhard Hagen lebt seit 2008 in Shanghai. Dort jagt der Vorarlberger in einer Hobbymannschaft als einziger Legionär dem runden Leder hinterher und genießt Fußball auch passiv. Beruflich unterstützt der Firmengründer europäische Unternehmen in der Asien-Kommunikation.

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