Österreicher im Frühjahr: Die Europacup-Zeitreise

Mit Salzburgs 3:1-Sieg gegen Napoli endete die Europacup-Saison 2018/19 für Österreichs Verteter. Es war eine erfolgreiche Spielzeit, womöglich reicht es sogar, um den Champions-League-Fixplatz zu halten – das hängt davon ab, wie sich Ajax im CL-Viertelfinale schlägt.

Zum zehnten bzw. elften Mal haben heimische Teams eine internationale Gruppenphase überstanden. Erst zum zweiten Mal waren sogar ein rot-weiß-rotes Duo erfolgreich. Darum blicken wir kurz zurück: Das waren die elf Teams, die eine Gruppenphase in der Champions League (seit 1992/93) und UEFA-Cup bzw. Europa League (seit 2004/05) überstanden haben.

2000: Sturm Graz (CL-Zwischenrunde)

Sturm Graz – Panathinaikos 2:0

In den späten 90ern war Sturm die klar beste Mannschaft des Landes. 1998 bezahlte man beim Erstauftritt in der Champion League noch Lehrgeld, 1999 wurde man schon Gruppendritter und blieb dann im UEFA-Cupgegen Parma hängen, weil Pepi Schicklgruber mit dem Ball in der Hand ins Tor gesprungen war.

2000 aber passte es. Feyenoord besiegte man in der Qualifikation und in der Gruppenphase steckte man 0:5-Auswärts-Klatschen bei den Glasgow Rangers und beim AS Monaco wegen der Heimstärke weg: 3:0 gegen Galatasaray, 2:0 gegen Monaco, 2:0 gegen die Rangers – und mit dem 2:2 in Istanbul war Sturm sogar Gruppensieger.

Der Modus sah damals eine zweite Gruppenphase mit vier Vierergruppen vor. Zwei der drei Kontrahenten hier waren aber übermächtig: Der Champions-League-Sieger von 1999, Manchester United (0:2 und 0:3) und der Finalist von 2000, Valencia (0:2 und 0:5) waren eine Nummer zu groß. Gegen Panathinaikos Athen aber fuhr man zum Start ins Frühjahr zwei Siege ein. Beim Comeback von Mario Haas nach eineinhalb Jahren in Frankreich gab es ein 2:0 daheim und ein 2:1 auswärts, jeweils mit einem Haas-Tor.

Die vielen Spiele – vier in der Qualifikation, acht im Herbst, vier im Frühjahr – kosteten aber körperlich und mental viele Körner. Im Herbst dümpelte Sturm in der Bundesliga zwischen Platz sechs und sieben, am Saisonende rettete man den vierten Platz und schied im UI-Cup schnell aus. Gegen Lausanne.

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2005: Austria (Viertelfinale) und GAK (R16)

GAK – Middlesbrough 2:2

Für den GAK waren die Jahre 2004 und 2005 die besten der Klub-Geschichte. Erst wurde man erstmals Meister, dann gewann man in der Champions-League-Quali an der Anfield Road (nachdem man Liverpool zuvor daheim 0:2 unterlegen war).

Nach einem relativ problemlosen Duell gegen das bulgarische Team von Litex Lovetsch (5:0 und 1:0) war man in der Gruppenphase des UEFA-Cups. Mit deren Einführung in dieser Saison 2004/05 war auch der letzte Europacup-Bewerb, der ausschließlich aus K.o.-Runden bestand, Geschichte.

In den Fünfergruppen spielte man jeweils einmal gegen die anderen Teams, man hatte also je zwei Heim- und zwei Auswärtspartien, die Top-3 jeder Gruppe kamen weiter. Die Grazer rangen Auxerre auswärts ein 0:0 ab und holten gegen die Polen von Amica Wronki einen 3:1-Arbeitssieg. Trotz des deutlichen 0:3 gegen die Glasgow Rangers hatte man am letzten Spieltag noch die Möglichkeit auf die nächste Runde. Mit einem starken 2:0-Heimsieg gegen das bereits qualifizierte Team aus Alkmaar gelang dies tatsächlich.

In der ersten K.o.-Runde bekam man es mit Middlesbrough zu tun, damals ein guter Mittelständler aus der Premier League. Im Heimspiel spielte der GAK richtig stark, nützte aber viele Chancen nicht. Das 2:2 war an sich ein gutes Resultat, aber die Engländer hatten zwei Auswärtstore und Roland Kollmann war für das Rückspiel gesperrt. Im Riverside ging der GAK dennoch durch Bazina früh in Führung, hatte der individuellen Überlegenheit von Middlesbrough danach aber nichts mehr entgegen zu setzen und verlor 1:2.

Austria – Saragossa 1:1

Noch weiter brachte es die Austria, obwohl man in der Liga wieder einmal den hohen Ansprüchen der Stronach-Zeit hinterher hinkte und sich fleißig intern zerfleischte. International lief es aber prächtig. Ein Playoff-Erfolg über Legia Warschau (1:0 und 3:1) brachte das Ticket für die Gruppenphase, in die man mit einem 1:0-Heimsieg gegen Real Saragossa und den jungen David Villa startete. Es folgte ein 0:1 in der Ukraine bei Dnipropetrovsk und ein 1:1 daheim gegen Brügge, ehe ein 2:1-Auswärtssieg in Utrecht den Sprung in die nächste Runde bedeutete.

Im Sechzehntelfinale musste das Hinspiel gegen Bilbao erstmal um eine Woche verschoben werden – das vereiste Spielfeld im noch nicht mit einer Rasenheizung ausgestatteten Happel-Stadion ließ noch kein Spiel zu. Eine Woche spielte die Austria gegen die Basken 0:0, auch das Rückspiel legte man eher defensiv an. Damit – und mit gnadenloser Effizienz vor dem Tor – besiegte man Bilbao mit 2:1.

Im Achtelfinale gab es ein Wiedersehen mit Saragossa. Am seifigen Rasen im Happel-Stadion gab es ein 1:1 im Hinspiel, eine Woche später legte man den Spaniern zwei Standards ins Netz und führte nach zwölf Minuten 2:0, Kiesenebner traf noch die Latte. Nach einer halben Stunde räumte Didulica aber Savio ab und sah Rot: In Unterzahl mauerte sich die Austria hinten ein und rettete ein irgendwie ein 2:2 drüber.

Im Viertelfinale traf man auf den AC Parma, der in der Serie A gegen den Abstieg kämpfte und die UEFA-Cup-Spiele mit der Reserve bestritt. Diese holte in Wien ein 1:1 und überließ der Austria auch im Tardini die Initiative. Damit konnten die Violetten nicht viel anfangen, mit dem 0:0 war Reise zu Ende. Zweieinhalb Wochen später, als man die Titel-Chance in der Bundesliga eingebüßt hatte, war das Trainerduo mit Kronsteiner und Söndergaard den Job los.

2010: Salzburg (Sechzehntelfinale)

Salzburg – Standard Lüttich 0:0

Beinahe hätte die Europacup-Saison von Salzburg schon im Juli geendet, als ein ganz spätes Tor von Patrik Jezek das Aus gegen Bohemians Dublin verhindert hat. In der reformierten Gruppenphase des UEFA-Cups, die nun Europa League hieß, trumpfte die staubtrocken, unspektakulär und effektiv agierende Truppe von Huub Stevens aber mächtig auf.

Levski Sofia wurde zweimal besiegt (1:0 und 1:0). Villarreal wurde zweimal besiegt (2:0 und 1:0). Und sogar Lazio wurde zweimal besiegt (2:1 und 2:1). Gleich in der ersten Saison unter diesem Modus schaffte es Salzburg als erstes Team, das Punktemaximum abzuräumen und als erstes heimisches Team nach fünf Jahren wieder einmal international zu überwintern.

Standard Lüttich schien nicht außer Reichweite zu sein und tatsächlich führte Salzburg im Auswärts-Hinspiel durch zwei Tore von Marc Janko schon zur Halbzeit mit 2:0. Dann wurde der Faden aber völlig verloren. Ein Elfer von Axel Witsel brachte die Belgier heran, zwei späte Treffer (De Camargo und wieder Witsel) sorgten sogar für eine 2:3-Niederlage der Bullen. Die Basis war zwar gut, aber mit dem Gestalten des Spiels taten sich die Salzburger im Rückspiel extrem schwer. Lüttich spielte das 0:0 herunter und war weiter.

2012: Salzburg (Sechzehntelfinale)

Salzburg – Metalist Kharkiv 0:4

In der Saison 2011/12 wurde besonders deutlich, wie weit die heimische Liga im internationalen Vergleich hinterher hinkt. Nämlich vor allem dann, wenn der Gegner presste. Dieses Konzept war in Österreich noch völlig unbekannt. Auch in Salzburg.

Mit viel Zittern schaffte man gegen Omonia Nicosia (1:2 und 1:0) den Sprung in die Europa League, wo man vor allem dank der beiden Siege gegen Slovan Bratislava (3:0 und 3:2) die Chance auf den Aufstieg hatte. Dazu gab es noch einen Punkt gegen Marcelo Bielsas Athletic Bilbao (2:2 und 0:1) sowie einen 2:0-Erfolg gegen ein Team von Paris St. Germain, das die Europa League abschenkte (dazu ein 1:3 in Paris).

In der ersten K.o.-Runde aber wurden alle Schwächen gnadenlos aufgedeckt. Das aus Argentiniern und Brasilianern zusammen gestellte Team von Metalist Kharkiv presste die Salzburg mit viel Power an und die Bullen waren völlig überfordert. Schon im Hinspiel gab es daheim ein krachendes 0:4, auswärts in der Ukraine legte man eine 1:4-Ohrfeige nach.

2014: Salzburg (Achtelfinale)

Salzburg – Ajax Amsterdam 3:1

Während sich die Austria in der Champions League vergnügte, hatten Trainer Roger Schmidt und Sportchef Ralf Rangnick in Salzburg die Saat für künftige Erfolge gelegt.

In der Europa League cruiste man mit fast aufreizender Lässigkeit und völlig ungefährdet wieder zu sechs Siegen. Neben der Revanche gegen Standard Lüttich (2:1 und 3:1) waren auch die Dänen aus Esbjerg (2:1 un 3:0) und die Schweden von Elfsborg (4:0 und 1:0) dem Angriffs-Quartett mit Soriano, Alan, Mané und Kampl nicht gewachsen.

Wie überragend dieses Team sein kann, zeigte sich dann aber erst nach dem Winter, als Ajax Amsterdam geradezu vernichtet wurde. Schon beim 3:0 in Holland überrannte das Salzburger Pressing die hilflose Truppe von Ajax, beim Rückspiel (3:1) sah es ganz ähnlich aus. Dann aber zerschellte man im Achtelfinale an der humorlosen Truppe aus Basel, welche die Stärken der Bullen geschickt neutralisierte (0:0, 1:2).

2015: Salzburg (Sechzehntelfinale)

Salzburg-Villarreal 1:3

Roger Schmidt ging im Sommer zu Leverkusen, Adi Hütter kam aus der Vorstadt von Grödig, und wieder endete die Champions-League-Hoffnung gegen Malmö.

In der Europa League zog man nach einem mittelguten Start beim 2:2 daheim gegen Celtic Glasgow aber wieder ordentlich durch. Dinamo Zagreb wurde zweimal lächerlich gemacht (4:2 und 5:1), auch gegen Astra Giurgiu gab es zwei Erfolge (2:1 und 5:1), das Rückspiel in Glasgow wurde mit einem 3:1 erfolgreich gestaltet.

Im Winter aber verließen mit Kevin Kampl (zu Dortmund) und Alan (nach China) zwei weitere Stützen das Team, nachdem sich rund um die Malmö-Spiele schon Sadio Mané auf eher unfeine Art nach Southampton verabschiedet hatte. So konnte man gegen Villarreal zwar gut mithalten, aber schon im Hinspiel gab es auswärts ein 1:2 und auch daheim zog man trotz engagierter Leistung mit 1:3 den Kürzeren.

2016: Rapid (Sechzehntelfinale)

Rapid – Valencia 0:4

Im Sommer 2015 eliminierte Rapid in der Champions-Leauge-Quali Ajax (2:2 und 3:2) und hatte Donetsk am Rande der Niederlage (0:1 und 2:2), ehe es in die EL-Gruppenphase ging. Dort zeigte man einige tolle Spiele und hatte auch einige Male das nötige Glück – wie bei Schobesbergers Stolper-Tor in Pilsen.

Jedenfalls gab es fünf Siegen und nur eine Niederlage gegen Villarreal (2:1 und 0:1), Viktoria Pilsen (3:2 und 2:1) sowie jenes Team von Dinamo Minsk (1:0 und 2:1), das zuvor in der Qualifikation Salzburg im Elfmeterschießen eliminiert hatte.

Nach der Winterpause rechnete man sich gegen Valencia durchaus Chancen auf eine Überraschung aus. Die Spanier erlebten eine katastrophale Chaos-Saison, in der sie erst in der Schlussphase der Saison den Abstiegskampf verlassen konnten. Der insgesamt als Trainer latent überforderte Gary Neville erlebte gegen Rapid aber die größte Siege seiner Coaching-Karriere: Schon im Hinspiel wurden bei Rapids 0:6 Erinnerungen an das Spiel des Nationalteams 1999 wach, viel besser wurde es beim 0:4 in Wien auch nicht mehr.

2018: Salzburg (Halbfinale)

Salzburg – Marseille 2:1 n.V. (2:0, 0:0)

Keine Niederlage, trotzdem keine Königsklasse: Der neue Trainer Marco Rose fügte sich mit einem 0:0 und 1:1 gegen Rijeka in die ewige Serie ein.

Der Trainer, mit dem Salzburg den Junioren-Europacup gewonnen hatte, lenkte die Geschicke gemeinsam mit Co-Trainer René Maric aber schnell in bärenstarke Bahnen. In der Europa League stand das Weiterkommen nie zur Diskussion, es gab jeweils vier Punkte gegen Marseille (1:0 und 0:0), gegen Vitoria Guimarães (1:1 und 3:0) sowie den türkischen Vertreter aus Konya (2:0 und 0:0).

In der ersten K.o.-Runde hatte man gegen Real Sociedad den etwas längeren Atem (2:2, 2:1), ehe es gegen Peter Stögers wackelige Dortmunder den ersten Auswärtssieg überhaupt einer österreichischen Mannschaft in Deutschland gab (2:1). Beim 0:0 im Rückspiel brannte nichts mehr an. Im Viertelfinal-Hinspiel war Lazio das klar reifere Team, die Bullen verloren in Rom 2:4. Im Rückspiel drehte man in der letzten halben Stunde aber auf und düpierte die Italiener 4:1.

Im Semifinale gab es ein Wiedersehen mit Olympique Marseille, in Frankreich blieb OM aber cool und gewann 2:0. Wiederum holte Salzburg im Rückspiel die Hypothek auf, in der Verlängerung erzielte Olympique kurz vor dem Elferschießen aus einer Ecke, die keine war, das entscheidende Tor.

2019: Salzburg (AF) und Rapid (R16)

Rapid – Inter 0:1 (0:1)

Rapid konnte in der EL-Quali erst Slovan Bratislava (1:2, 4:0) und dann Steaua-„Nachfolgeklub“ FSCB aus Bukarest (3:1, 1:2) niederringen. In der Gruppenphase gelang dank später Tore ein 2:0 über Spartak Moskau, ehe man beim Kühbauer-Debüt bei den Rangers in Glasgow spät 1:3 verlor, dann in Villarreal gar 0:5.

Mit einem 0:0 gegen die Spanier daheim und einem schmeichelhaften 2:1 im bitterkalten Moskau hielt man die Chance aufs Weiterkommen intakt, dank eines 1:0-Heimsieges über die Rangers gelang es sogar.

In der ersten K.o.-Runde ging es gegen Inter Mailand. Dort streikte sich zwar Kapitän Icardi aus dem Team, in Wien reichte eine italienisch-unterkühlte Darbietung dank eines patscherten Elfer-Fouls von Thurnwald zum 1:0-Sieg. Eine Woche später im San Siro entschied Inter durch zwei frühe Tore das Duell schnell, zwei späte Treffer sorgten für den etwas harschen 0:4-Endstand.

Salzburg – Brügge 4:0

Wieder hatte Salzburg die Champions League verpasst, wieder auf reichlich vermeidbare Art und Weise: Man hatte Roter Stern Belgrad völlig im Griff, ein Fünf-Minuten-Blackout im Rückspiel kostete aber die Teilnahme (0:0, 2:2). Die Gruppenphase machte man wieder zu einem Spielplatz, besonders süß schmeckten die beiden Siege gegen den Schwester-Klub aus Leipzig (3:2, 1:0). Weil man auch Celtic Glasgow zweimal besiegte (3:1, 2:1) und Rosenborg Trondheim kein Gegner war (3:0, 5:2) schloss man einmal mehr mit dem Punktemaximum ab.

In der ersten K.o.-Runde wartete der belgische Spitzenklub aus Brügge. Im Hinspiel auswärts zeigte Salzburg phasenweise etwas Winter-Rost und kassierte mit dem 1:2 die erste Saison-Pflichtspiel-Niederlage überhaupt. Im Rückspiel fegte man aber 4:0 über die Belgier drüber und bekam im Achtelfinale Napoli zugelost. Der italienische Vizemeister nahm das Duell nicht auf die leichter Schulte und gewann im San Paolo 3:0. Daheim kam Salzburg dank einer starken kämpferischen Leistung zwar zu einem 3:1, aber das reichte nicht mehr.

Im Frühjahr aus K.o.-Runden

In den 1990er-Jahren waren natürlich Rapid (1996) und Salzburg (1994) im Euroacup-Frühjahr noch dabei – jeweils in Bewerben ohne Gruppenphase. Rapid besiegte im Cupsieger-Bewerb im Herbst 1995 Petrolul Ploiesti und Sporting Lissabon. Salzburg war im UEFA-Cup-Herbst 1993 gegen Dunajska Streda, Antwerpen und ebenso Sporting Lissabon erfolgreich.

 

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.