Das Reichel-Dilemma

Der LASK hat ein Problem. Dieses Problem ist weniger die Entlassung von Trainer Hamann, sondern viel mehr die Art und Weise, wie Präsident Reichel den Verein führt. Vor allem, wenn man eine mittel- und langfristige Prognose wagt.

Hamann war schon bei seiner Bestellung im vergangenen Sommer mehr eine Notlösung gewesen, die erst wenige Tage vor Trainingsstart präsentiert wurde – kein Wunder, schließlich ist der eigenwillige Führungsstil von Präsident Peter-Michael Reichel weithin bekannt. Aber der Deutsche ließ sich nicht beirren, legte einen wunderbaren Saisonstart hin, weil die Offensive plötzlich funktionierte. Doch wegen der löchrigen Hintermannschaft stand zur Winterpause nicht mehr als ein achter Platz zu Buche, aber wenigstens nicht mit der akuten Aussicht auf Abstiegskampf.

Der Trainer wollte sich nun also im Winter um die Problemzonen kümmern. Reichel ließ ihn aber nicht, wollte lieber selbst in der Mannschaft herumpfuschen – auf Hinweise von ominösen „österreichischen Experten“. Das Ende vom Lied: Keiner von Hamanns Wunschspielern kam zum LASK, dafür wurde kein zweiter Stürmer und Reichel drückte Hamann einige Spieler aufs Auge, die dieser ausdrücklich nicht brauchen kann. Es steht zu vermuten, dass es Hamann dann schlicht zu blöd wurde, mit einem dermaßen unkooperativen Präsidenten zusammen zu arbeiten, weswegen er seinen Rauswurf provozierte – und ihn auch bekam.

Kaum mehr als eine Woche vor Rückrundenstart, nach einem Trainingslager. Der Nachfolger, wer immer es auch sein wird, kann nur noch reagieren. Muss eine Mannschaft verwalten, die er nicht zusammen gestellt hat, nach einer Vorbereitung, die er nicht durchgeführt hat, unter einem Präsidenten, der sich trotz weithin anerkannter Inkompetenz in sportlichen Fragen das Recht herausnimmt, permanent in selbige Hineinzupfuschen. Weshalb der LASK auch weiterhin zwar einen wirtschaftlich guten Kurs färht (zum Wallner-Verkauf gab es angesichts der Gewinnspanne keine Alternative), aber der oft wie ein Elefant durch den Porzellanladen irrlichtert (mehr als einen bundesligaerprobten Stürmer? Brauchen wir nicht…) und so dem LASK jede Möglichkeit nimmt, sich auch sportlich so zu etablieren, wie es dem Potential des Vereins entsprechen würde.

Dabei müsste Reichel gar nicht allzu weit schauen, wenn es darum geht, Profivereine seriös zu führen. Schließlich ist der vermeintlich kleine Nachbar aus Ried das Synonym für vernünftige Vereinleitung. Ein Präsident, der sich um das Wirtschaftliche kümmert und sich aus dem sportlichen Umfeld heraushält (Willminger); ein Manager, der seit Jahren in aller Ruhe seine Arbeit verrichten kann, ohne auf fünf anderen Baustellen tätig werden zu müssen (Reiter), eine Mannschaft, die seit Jahren nur punktuell und nur dort, wo es notwenig ist, verändert wird. Und eine enge Zusammenarbeit mit dem eigenen Reserveteam und der Jugend-Akademie. All das gibt es beim LASK nicht – und darum sind die Linzer seit mittlerweile einem Jahrzehnt eben nur noch die Nummer zwei in Oberösterreich.

Und das wird sich auch nicht ändern, so lange Reichel glaubt, den Alleinherrscher geben zu müssen, der nach eigenem Gutdünken über Personalien im Verein entscheidet wie ein Monarch (nichts anderes war die eigenmächtige Intallierung seiner Tochter als Vize-Präsidentin), jedoch niemand anderen innerhalb des Vereins in eine Position lässt, sich wirklich einzubringen. Ähnlich wie etwa Christian Constantin beim schweizer Chaos-Club Sion; anders als etwa Silvio Berlusconi bei Milan. Reichel mischt sich in Sachen ein, von denen er nachweislich keine Ahnung hat.

Das Problem dabei: So lange Reichel den LASK so führt, wie er das seit vielen Jahren tut, kann aus ihm kein Spitzenklub werden, sondern verlangt von seinen Fans eher die Hoffnung ab, dass es auch in den kommenden Jahren Kanonenfutter der Marke Kärnten gibt. Andererseits entsteht aber in dem Moment, in dem sich Reichel doch entschließen sollte, sein Amt beim LASK zurückzulegen, ein komplettes Machtvakuum. Eben weil er nie zugelassen hat, dass es im Verein jemanden gibt, der diese Aufgabe ohne eine allzu lange Einarbeitungszeit machen könnte. Ähnlich wie bei der oberösterreichischen SPÖ, etwa.

Weswegen der LASK im Reichel-Dilemma steckt: Mit ihm wird es nie möglich sein, das durchaus vorhandene Potential auszuschöpfen. Ohne ihn gibt es, so lange es Reichel gibt, niemanden, der ihn auf die Schnelle ersetzen könnte.

Die Geister, die man rief…

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.