Im Grunde isses wurscht.

Wir hatten einst eine 10er-Bundesliga mit einem 14- bzw. 16-Team-Unterbau. Das war in den Siebzigern. Dann hatten wir kurz einmal zwei 16er-Ligen, Anfang bis Mitte der Achtziger. Dann kam die doppelte 12er-Liga mit Meister-, Mittlerer und Abstiegs-Runde. Die hielt sich acht Jahre. Dann kam wieder die 10er-Bundesliga mit einer 16er-Zweiten. Fünf Jahre später wurde daraus einer 10er-Zweite, aktuell gibt es im dritten Jahr eine 12er-Liga als zweithöchste Spielklasse, die in anderthalb Jahren wieder auf zehn Teams zusammenschrumpfen soll – so zumindest der Plan. Aber eigentlich ist das alles komplett wurscht.

In den letzten 34 Jahren wurde also sehr viel herumgebastelt an der österreichischen Ligenstruktur. Gleich geblieben, seit den 70er-Jahren praktisch unverändert, ist die Art und Weise, wie die Vereine geführt werden. Ohne klare Strukturen und ohne klaren Finanzplan – wenn Geld fehlt, schießt der Präsident persönlich nach (wie Salzburgs Quehenberger), sucht sich mit anderthalb Beinen im Abgrund einen Retter (wie Rapid mit der BankAustria), oder geht eben krachen (wie Wels, Steyr oder Bregenz). Ohne langfristige Strategie – wie auch, wenn man nie weiß, wie in zwei Jahren die Ligenstruktur aussieht, bzw. ob man überhaupt aufsteigen darf, ohne vorher ins Play-Off zu müssen. Ohne fähige Trainer – entweder es sind selbstdarstellerische Nichtskönner wie Pacult oder Krankl, oder inhaltsleere Motivations-Schaumschläger wie Baric oder Gregoritsch. Die wirklich guten Trainer, die in Österreich arbeiteten, kann man bequem an einer Hand abzählen.

Und vor allem lernunfähig – immer wieder glauben Teams aus Österreich, international mithalten zu müssen, obwohl die Geschichte schon bemerkenswert oft vorexerziert hat, dass es eben nicht geht. Frag nach bei Sturm, bei Salzburg, auch bei Rapid. In ihrer Großmannssucht hat es die überwiegende Mehrheit der heimischen Teams verabsäumt, sich die richtigen Vorbilder zu suchen. Die sind für Österreich eben nicht Länder wie Deutschland, sondern Länder wie die Schweiz. Auf Klubebene ähnlich irrelevant wie Österreich (CL-Auftritte sind ähnlich selten). Aber die Nationalmannschaft war bei drei Großturnieren hintereinander dabei und hat beste Chancen, 2010 das Vierte anzuhängen.

Die Schweizer schaffen das mit einem ausgeklügelten Jugendkonzept – ein solches haben wir auch. Mit ordentlichen Trainern in diesen Bereichen – hier wird’s bei uns schon eng. Und vor allem: Nicht einmal Spitzenklubs wie Basel und der FC Zürich versuchen so krampfhaft wie zum Beispiel Rapid, ihre Talente zu halten. Basel veräußerte in den letzen Jahren Kapazunder wie Petric, Rakitic, Kuzmanovic, Gimenez, Rossi und Atouba, und hat dabei über 40 Millionen Euro (!) eingenommen. Die Folge ist nicht nur, dass der Verein finanziell gut situiert ist. Nein, so entsteht Platz in der Mannschaft. Abwehr-Megatalent Valentin Stocker und Stürmer-Jungstar Eren Derdiyok halten Basel auch heuer wieder im Titelrennen und spülen im Sommer die nächsten Millionen auf das Konto der „Bebbi“. Wenn nun aber Ernst Dokupil in „Talk und Tore“ wortwörtlich sagt, „ein Ausbildungsverein für junge Spieler ist nicht Rapid und ist nicht Austria“, so weiß ich nicht, was Dokupil will. Ein starkes Nationalteam kann es jedenfalls nicht sein.

Der Punkt ist: Die überwiegende Mehrheit der österreichischen Vereine in den ersten zwei bis drei Ligen wird geführt wie Wirtshaustruppen (darunter ist das ja noch nicht ganz so schlimm). Von ahnungslosen, profilierungssüchtigen, selbstverliebten Adabeis. Österreich braucht keine Funktionäre, die sich über den Fußball einen Namen machen wollen. Sondern Leute, die eine Firma wirtschaftlich führen können (und nichts anderes hat ein Profiverein zu sein). Das heißt in einem kleinen Land wie Österreich natürlich: Billige Spieler holen, die Potential haben, bzw. junge Spieler aus der Umgebung (zwecks Zuschauer- und Sponsoren-Attraktivität erstrebenswert), an höheren Niveau heranführen, und möglichst teuer weiter verkaufen. Ob das an nationale Spitzenteams ist, von wo aus dann der Sprung ins Ausland gelingen kann, oder anderswohin, bleibt letztlich den Zielen und dem Talent der Spieler überlassen.

Damit muss aber auch der Gagenwahnsinn aufhören. Keine Mannschaft in dieser Liga ist gut genug, um einen Etat von mehr als sieben, acht Millionen Euro pro Jahr zu rechtfertigen. Bei solchen Summen ist es zwangsläufig so, dass sich die Vereine (wie gesagt, noch dazu geführt von Leuten, die das nicht können) finanzell übernehmen.

Mit anderen Worten: Ob 10er-Liga oder 16er-Liga, ob Direktaufstieg der Regionalligisten oder nicht – alles im Grunde komplett wurscht, solange Österreich die Funktionärskrise nicht überwindet und die Vereine in ihrer aktuellen Form weiterwurschteln lässt. Wenn die Professionalität irgendwann doch einmal einkehren sollte, wird die Vernunft in Fragen der Ligenstruktur ohnehin von alleine kommen.

Es gibt nur leider eine Sache, die der Vorstellung eines solchen Fußball-Österreich im Weg steht.

Der Realismus. Österreich, Land der Fußball-Vollidioten.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.