Es ist Jänner, es ist ein ungerades Jahr. Das bedeutet für Fußball-Fans immer: Es ist Africa Cup of Nations-Zeit. Von Klub-Fans wird er gefürchtet, weil ihre afrikanischen Top-Spieler abgestellt werden müssen. Von afrikanischen Fans wird er geliebt. Tom und Philipp sind schon seit langem angetan davon. Und sie lieben das Turnier schon allein für seinen schlanken, geradlinigen Modus. Aber die Qualität der letzten Jahre? Naja. Nun steht der Africa Cup 2017 in Gabun bevor. Die Ballverliebt-Crew nimmt sich im neuesten Podcast aller Teams und Gruppen an. Nicht verpassen. Okay! Verstanden!
„Eine Parodie von einem Land!“ so beschreibt Kurt Wachter, früher Koordinaten von FARE (Football against Racism in Europe), Äquatorialguinea. Jenes Land also, in dem nach dem panikhaften Rückzug des eigentlich vorgesehenen Veranstalters Marokko der Afrikacup stattfindet. „Die weißen Besucher aus Europa brauchen nicht mal einen Pass oder bei Flügen eine Boarding-Karte“, erzählt er, der vor drei Jahren beim Afrikacup schon im Land war, „die Einheimischen werden dafür drangsaliert.“ Es ist eine der unappetitlichsten Diktaturen der Welt, dessen Oberschicht dank Erdöl zu großem Reichtum kam, die als einziges Land bereit war, zwei Monate vor Turnierstart die Ausrichtung zu übernehmen.
Man würde es ja so gerne sagen. Dass das Klischee vom afrikanischen Fußball, der sich durch amateurhafte und/oder korrupte Funktionäre, vorsintflutliche Strukturen, haarsträubende Fehler und ungesunder Team-Hierarchien selbst aus dem Rennen nimmt, nicht mehr stimmen würde. Das Traurige ist nur: Bei dieser WM haben vier von fünf afrikanischen Teilnehmer wieder ein unerschütterliches Talent dafür gezeigt, sich selbst ins Bein zu schießen. Manche mehr als andere natürlich, und schließlich schafften ja auch erstmals zwei CAF-Teams den Sprung ins Achtelfinale.
Das war aber eher starken Trainern zu verdanken, die ein funktionierendes Team formten und das Chaos im Umfeld abzuschirmen versuchten. Aber keiner generellen Trendwende.
Zu sagen, es wäre nicht so besonders prickelnd gewesen, ist ein handfestes Understatement. Nein – was den Zuschauern beim Afrika-Cup 2013 in Südafrika geboten wurde, war zuweilen von einer erschreckenden Erbärmlichkeit. Das war nicht nur kein Fortschritt, das war ein ordentlicher Rückschritt. Zumindest, was die spielerische Note anging. Das Problem, dass dem zu Grunde liegt, ist ein typisch afrikanisches: Chaos im Umfeld. Letztlich warf mit Stephen Keshi selbst der Teamchef von Champion Nigeria entnervt von fehlender Rückendeckung vom Verband zunächst das Handtuch. Ballverliebt analysiert.
„Sie haben die Kraft gefunden, als ob es vorherbestimmt gewesen wäre. Ich habe ihnen gesagt, wenn wir ins Finale kommen, spielen wir in Libreville, wo es den Flugzeugabsturz gegeben hat. Das war vor unserem ersten Spiel gegen Senegal – jenes Land, wo die Mannschaft damals hingeflogen wäre. Das hatte eine ganz eigene Bedeutung.“ – Hervé Renard, Teamchef von Sambia.
Vor 19 Jahren stürzte vor Gabuns Hauptstadt Libreville das Flugzeug mit dem Nationalteam Sambias ab – keiner überlebte. Nun schließt sich der Kreis – denn just in Libreville vollendet Sambia ein Rendez-Vouz mit dem Schicksal. Indem die Mannschaft von Teamchef Hervé Renard die haushoch favorisierten Ivorer nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen bezwangen!
Ghana wäre der programmierte Finalist gewesen – aber nach Senegal in der Gruppenphase stolperte nun der nächste Favorit über die defensiv unglaublich gut organisierten Sambier. Die Chipolopolo zogen Ghana erst den Nerv und schlugen kurz vor Schluss entscheidend zu. Das 1:0 bedeutet den dritten Finaleinzug in der Geschichte Sambias.
Aufregend war es wirklich nicht – aber in der Verlängerung zumindest spannend: Ghana setzt sich im erwarteten Geduldsspiel gegen Tunesien durch und steht dank Mathouthis Fehler im Semifinale. Genau wie Mali: Zwar waren Seydou Keita und Co. auch gegen Gabun weit weg davon, die bessere Mannschaft zu sein. Aber man war die mit den besseren Nerven.
Guinea kam erst durch die gut stehende Defensive von Ghana nicht durch und streckte nach einem Ausschluss schon 20 Minuten vor Schluss die Waffen. Obwohl nur ein Tor gefehlt hätte! Do darf sich Mali nach einem überlegen geführten aber nur mühsame gewonnen Spiel gegen Botswana über einen Platz im Viertelfinale freuen.
Ja, es kann vorkommen, dass so ein Turnier echte Kräfteverhältnisse nicht widerspiegelt. Guinea war schon gegen Mali das bessere Team, verlor aber – und steht trotz dem 6:1 gegen Botswana vor dem Aus. Anders als Ghana: Die Black Stars lieferten gegen ein weiter eher harmloses Team aus Mali Dienst nach Vorschrift ab und holten einen 2:0-Sieg.