Archiv der Kategorie: Österreich

Die U-17 und das WM-Finale – Signalwirkung, Freude, aber auch Vorsicht

Sie haben Spanien eliminiert, England verräumt, Japan niedergerungen und Italien ausgeschaltet. Der letzte Schritt, jener gegen Europameister Portugal im WM-Finale, war für die österreichischen U-17-Burschen, der eine, der ein wenig zu groß war. Dennoch: Mit dem erstmaligen Einzug einer rot-weiß-roten Fußball-Mannschaft ins Finale einer Weltmeisterschaft in irgendeinem Format auf irgendeinem Level hat der Jahrgang 2008 Geschichte geschrieben – und gleichzeitig nach einigen dünnen Jahren im Nachwuchs ein Signal ausgesendet.

Bis vor ein paar Wochen hatte praktisch noch niemand mitbekommen, dass die Truppe überhaupt bei der WM dabei ist, spätestens mit dem 4:0-Sieg im Achtelfinale über England waren die Augen aber auf sie gerichtet – vor allem im Lichte des katastrophalen Europacup-Herbstes und der generellen Schwäche der heimischen Liga. Nicht nur, aber vor allem WM-Torschützenkönig Johannes Moser aus dem Red-Bull-Nachwuchs ist nun in Österreich ein bekannter Name und die Hoffnungen, welche die Truppe für die Zukunft geweckt hat, wachsen – typisch Österreich – schon wieder in lichte Höhen.

Aber mal langsam.

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Die Geister von Leipzig vertrieben: Österreich nach Nervenspiel bei der WM

Wohin mit der ganzen Freude? Marcel Sabitzer saß eingesunken auf dem Rasen, der aufgezuckerte Siegtorschütze Michael Gregoritsch umarmte jeden, der ihm in den Weg kam. David Alaba, 94 Minuten lang ein nervöses Wrack in der Coaching-Zone, und ein gelöst lächelnder Ralf Rangnick lagen sich in den Armen. Das vorbereitete Transparent, auf dem „Das Crazy Oida“ stand, wurde im ersten Versuch nur so halb ausgerollt, ehe das halbe Team wieder ganz woanders hin abbog. Marko Arnautovic verhedderte sich feixend im TV-Interview zwischen der Ansage, dass man auch ohne Alkohol feiern können sollte, und dem Nachsatz, dass er ja selbst Hochprozentiges verkauft.

Die Österreicher feierten gemeinsam das gerettete WM-Ticket, und doch war irgendwie jeder damit beschäftigt, das gerade Geschehene für sich selbst zu begreifen, zu verarbeiten, einzuordnen. Und die Zuschauer? Der Roar beim so heiß ersehnten Ausgleich in der 77. Minute dürfte noch bis Bratislava zu hören gewesen sein, jener beim erlösenden Schlusspfiff ebenso.

Was sie erlebt haben, war eines der ganz großen Spiele in dieser alten Schüssel. Eines, das in die Geschichte eingehen wird. Wie jener Abend im September 1997, als Andi Herzogs Weitschuss-Tor – in der 76. Minute damals, diesmal war es die 77. Minute, welch eine Parallele – den harten Brocken Schweden besiegte. Wie im Oktober 1989, als Toni Triplepack beim 3:0 gegen die DDR doch noch die WM-Teilnahme sicherte. Wie damals im Herbst 1958, als dem Sportclub im Europacup das legendäre 7:0 gegen Juventus Turin gelang.

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Rumänien 1, Österreich 0: Die Lust am Motzen ist zurück

So ganz unverdient war sie ja nicht, die 0:1-Niederlage von Österreich in Rumänien. Und sie legte auch (altbekannte) Schwächen offen – dabei haben die Rumänen nichts gemacht, was man nicht seit dem relativ souveränen österreichischen Sieg in Wien im Juni nicht gewusst hätte. Es war sehr wenig Schönes dabei, an diesem Abend in Bukarest, auch sehr wenig Überraschendes.

In der WM-Qualifikation zwingt man sich nun in einen Druck-November, in dem in den beiden Spielen in Limassol gegen Zypern und im Happel-Stadion gegen Bosnien noch vier Punkte her müssen, um das direkte WM-Ticket einzukassiern. Die Ausgangslage ist immer noch sehr gut, und doch war schon während, aber umso mehr nach dem Spiel eines zu erkennen: Die Lust des Österreichers am Motzen.

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Toni, müssen wir reden: Nach Arnautovic‘ Tor-Rekord bei 10:0-Sieg

42, 43, 44, 45 – und Marko Arnautovic, der mit 128 Einsätzen längst Rekord-Teamspieler ist, ist nun auch alleiniger Rekord-Torschütze für Österreich. Er hat beim 10:0-Rekordsieg gegen eine überforderte Mannschaft aus San Marino Geschichte geschrieben, wie auch das ganze Team einfach vor Bock aufs Kicken sprühte, auch nach der eh schon in den ersten zehn Minuten gefallenen Entscheidung nie dauerhaft nachließ.

Über das Spiel selbst groß zu reden, lohnt nicht. Österreich war gedankenschneller, technisch viel besser, hatte eine sehr gute Raumaufteilung, schob die Außenverteidiger nach vorne und hatte so praktisch sieben Leute permanent im Angriffsdrittel, dauernd Überzahl in Ballnähe. Ja, es gab ein paar Gegenstöße der Gäste in eine weitgehend verwaiste österreichische Hälfte, zwei mittelgute Torchancen, aber das war alles nicht der Rede wert.

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Sturm in der Europa League: Wiedersehen macht Freude

Wer sagt, dass die Europa League weniger Freude machen muss als die Champions League? Nicht nur, dass Sturm nun die Heimspiele auch wirklich daheim austragen darf und nicht nach Klagenfurt muss – nein, es gibt auch viele attraktive Gegner. Und auch erstaunlich viele Wiedersehen mit Vereinen, die man schon in der Vergangenheit zu großen Spielen getroffen hat.

Oder, anders gesagt: Sturm trifft in den kommenden Monaten viele alte Bekannte.

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Rapid bricht den Bann gegen Győr – aller guten Dinge sind sieben

Sechs Mal haben sie’s probiert, sechs Mal sind sie gescheitert. Aber nun, im siebenten Versuch, ist es Rapid gelungen. Nach einer souveränen Quali-Runde und zwei, in denen man sich das Leben deutlich schwerer gemacht hat als notwendig, steht Grün-Weiß wieder in der Liga-Phase der Conference League. Der Viertelfinalist der vergangenen Saison ist damit das erste österreichische Team, das es aus dem liga-internen Europacup-Playoff kommend in den internationalen Herbst schafft.

Und nicht selten haben sich die österreichischen Vertreter dabei richtig angeschüttet. Klingelt etwa beim Namen FC Vaduz etwas? Oder bei Breiðablik? Oder bei Ilves Tampere? Oder… beim FK Haugesund?

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Zum Tod von Leo Windtner

Von 2009 bis 2021 war Leo Windtner Präsident des ÖFB. Der Oberösterreicher hatte viele Funktionen und Ämter, in der Wirtschaft (Generaldirektor der Energie AG) und der Politik (Bürgermeister seiner Heimatgemeinde St. Florian) und in der Kultur (als Obmann der Florianer Sängerknaben). Fraglos am Meisten zu seinem öffentlichen Profil beigetragen haben aber seine zwölf Jahre als ÖFB-Präsident.

Am Vormittag des 8. August 2025 ist Leo Windtner verstorben, drei Wochen vor seinem 75. Geburtstag.

Leo Windtner war 12 Jahre lang ÖFB-Präsident (Foto: Steindy)
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Bundesliga-Bilanz 2024/25, Teil 2: Die Teams aus der Qualirunde

Und am Ende ist es Klagenfurt: Die Kärntner zogen in einem Abstiegskampf mit drei ziemlich ähnlich schlechten Teams den Kürzeren. Und es bleibt dabei: Wer in der Qualirunde nicht mindestens acht Punkte macht, steigt ab – das war seit Einführung des aktuellen Bundesliga-Modus immer der Fall. Klagenfurt holte sechs, gewann keines der letzten neun Saison-Spiele.

Was aber nicht heißt, dass die Konkurrenz in der Qualirunde wesentlich erquicklicher unterwegs gewesen wäre. Altach hat einmal mehr heftig um den Abstieg gebettelt, der GAK quälte sich und die Zuseher mit drei Trainerwechseln und einem haarsträubend schlechten Offensivspiel. Wattens wurde von drei Leuten getragen, behielt aber immerhin die Ruhe. Hartberg, durchaus interessant under Markus Schopp, wurde zum biederen Mitläufer und der LASK, naja, der LASK.

Individual-qualitiativ deutlich zu gut für die Bottom-6, cruisten die Linzer mit Halbgas zu sieben Siegen in den ersten sieben Spielen und lieferten dennoch zweischendurch den zweiten Trainer der Saison ans Messer und man zelebrierte den Konflikt zwischen organisierter Fan-Szene und dem Klub-Boss.

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Bundesliga-Bilanz 2024/25, Teil 1: Die Teams aus der Meisterrunde

Von Salzburg abgesehen: Wer war der letzte Verein, der in Österreich seinen Bundesliga-Titel verteidgen konnte? Ja, ist schon ein bisserl her. Das war der FC Tirol vor mehr als zwei Jahrzehnten. Bis nun Sturm Graz nach 2024 auch 2025 den Meisterteller in Empfang nehmen konnte.

Nun gibt es zwei Lesarten für diese Saison und diesen Titel. Die eine ist, dass das Niveau an der Spitze spürbar gegenüber dem letzten Jahr abgefallen ist. Salzburg war noch verlorener als noch 2024, Rapid klappte nach einem starken Herbst komplett zusammen, die Austria war letztes Jahr noch Achter und wäre fast Meister geworden, und wenn der WAC nur ein einziges Tor vom DOUBLE entfernt ist, kann ja mit der Liga was nicht stimmen.

Einerseits: Ja, stimmt. Andererseits: Naja, Einspruch.

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