Eine Halbzeit lang waren die ÖFB-Frauen sehr stabil, sehr reif und deutlich besser als Gegner Serbien. In der zweiten Hälfte wurde Österreich fahriger, konnte nicht mehr überzeugen und musste länger um den 1:0-Sieg kämpfen, als nötig gewesen wäre. Aber immerhin gab es diesen Erfolg im Auswärtsspiel beim Topf-3-Team der EM-Qualifikation.
Teamchef Dominik Thalhammer schickte ein 4-1-4-1 auf das Feld, allerdings ohne die nominelle Kapitänin Viktoria Schnaderbeck (angeschlagen) und Sarah Puntigam (taktische Überlegungen). Ohne Puntigam spielte Zadrazil den Solo-Sechser hinter Dunst und Feiersinger – wie schon gegen Nordmazedonien.
Konzentrierte erste Hälfte
Die ÖFB-Frauen begannen sehr aktiv. Sie achteten darauf, stets Überzahl in Ballnähe zu kreieren und den Serbinnen keine Zeit zu geben, Ballbesitzphasen zu etablieren. Besonders die Torfrau Kostic wurde konsequent angelaufen, was bei dieser jedes Mal zu dezenter Panik und zu unkontrollieren, oft kurzen Abschlägen führte
Auch im Mittelfeld wurde die ballführende Serbin schnell eingekesselt. Österreich erzwang dadurch viele Ballgewinne im Mittelfeld bzw. in der gegnerischen Hälfte und schaltete schnell um. Nach zehn Minuten verwertete Nici Billa per Fallrückzieher sehenswert zum da schon verdienten 1:0-Führungstor.
Gute Antizipation in der Defensive
Angeleitetet von der zumeist sehr umsichtigen Sarah Zadrazil gelang es der Defensive der ÖFB-Frauen, die recht simplen Aufbauwege der Serbinnen zu antizipieren. Durch geschicktes Aufrücken der Innenverteidigung bzw. durch situatives Einrücken der Außenverteidigerinnen in den Sechserraum wurden viele der serbischen Steilpässe abgefangen. Immer wieder führten auch technische Schwächen der Serbinnen dazu, dass Pässe in die Spitze nicht verarbeitet werden konnten.
Generell agierte die Abwehrkette aber wesentlich konventioneller als beispielsweise im EM-Quali-Auftaktspiel daheim gegen Nordmazedonien. Dort waren mit Schnaderbeck und Puntigam auch zwei gelernte Sechser nominell auf den Außenverteidiger-Positionen aufgeboten. Beim Spiel in Serbien waren es Kathi Schiechtl und Verena Aschauer, seit Jahren die Stamm-AV des Frauen-Nationalteams.
Passiver Beginn nach Wiederanpfiff
Die Vorstellung in der ersten Halbzeit war nicht spektakulär, aber recht erwachsen. Nicht unähnlich dem 2:0-Sieg in Finnland vor eineinhalb Jahren – auch das war das Auswärtsspiel beim Topf-3-Team. Die erste Viertelstunde nach dem Seitenwechsel aber war diesmal seltsam passiv, wodurch Serbien spürbar besser ins Spiel kam.
Die Pressingläufe wurden in dieser Phase bei Österreich bestenfalls halbherzig durchgeführt, das Umschalten war zu langsam, die Pässe ungenau, vor allem jene in Richtung Angriffsdrittel. Dass Julia Hickelsberger einmal mehr aus dem Spiel getreten wurde – wie schon gegen Nordmazedonien – mag dazu beigetragen haben. Die unerschrockene 20-Jährige war in viele Eins-gegen-Eins-Situationen gegangen, damit band sie die serbische LV Ilic hinten und sorgte auch oft für Unruhe.
Die Entwicklung gipfelte in einer Sequenz rund um die 60. Minute, als sich Österreich fast minutenlang in einem 4-4-2-Block tief formierte, die Serbinnen nicht anlief und diese zu zwei, drei ordentlichen Torabschlüssen gekommen waren. Dass dieser Rückzug Absicht war, um die Serbinnen herauszulocken, wäre zwar möglich – die Aussagen nach dem Spiel sprechen aber dagegen und es würde auch keinen Sinn machen. Schließlich hatte man Serbien mit hohem Anlaufen zuvor gut im Griff gehabt.
Kontrolle zurück erkämpft
Mit Prohaska, die die verletzte Hickelsberger ersetzte, änderte sich auch das Gefüge ein wenig. Prohaska nämlich agierte in der Mitte, dafür kam Barbara Dunst auf die Außenbahn – wo sie bei ihrem neuen Klub in Frankfurt auch spielt (wenn auch dort links, nicht wie in Serbien dann rechts). Die Spielanlage der ÖFB-Frauen stellte sich ab etwa der 65. Minute wieder spürbar aktiver dar.
Es gelang nun wieder besser, den Serbinnen die Zeit am Ball zu nehmen. Diese behalfen sich damit, schnelle Steilpässe zu versuchen. Hierbei hatten sie mehr Erfolg als vor der Pause, aber insgesamt hatte Österreich das Spiel zumindest wieder einigermaßen unter Kontrolle gebracht. Aus zwei Standards hätte auch das 2:0 fallen können, welches das Spiel schon vor dem Abpfiff nach 93 Minuten entschieden hätte.
Fazit: Mehr Bauchweh als nötig
Einer guten ersten Hälfte folgt eine schlampige, schwache zweite – das Muster des Auftakt-Spiels gegen Nordmazedonien war auch beim Match in Niš zu erkennen. Positiv ist, dass dieses Spiel in Serbien dennoch gewonnen wurde, denn um unter die drei besten Gruppenzweiten zu kommen und sich damit ohne Playoff für die EM 2021 in England zu qualifizieren, wird man gegen die „Kleinen“ nichts abgeben dürfen.
Dieser 1:0-Sieg in Serbien war also ein ganz großer Schritt in Richtung EM-Ticket.
Serbien ist eine halbwegs brauchbare Mittelklasse-Truppe, aber mehr auch nicht. In Relation sind die Serbinnen nicht mal in der Nähe dessen, was Österreich an Potenzial hat. Das wurde vor allem in der ersten Halbzeit deutlich, als Serbien vom konsequenten Überzahlschaffen und Anlaufen der ÖFB-Spielerinnen der Zahn eigentlich schon gezogen wurde.
So ließ man die Serbinnen wieder zurück ins Spiel kommen und hatte mehr Mühe, den knappen 1:0-Sieg über die Zeit zu arbeiten, als nach der wirklich guten ersten Spielhälfte notwendig gewesen wäre. Wieder wurde man zu ungenau, zu schlampig, war man im Umschalten nicht gedankenschnell genug und traf im Angriffsdrittel die falschen Entscheidungen. Aus dem Spiel heraus hat man sich keine echte Torchance mehr erarbeitet. Es mussten ruhende Bälle herhalten.
Für das Ranking der Gruppenzweiten, das zu diesem frühen Zeitpunkt noch keine wirkliche Aussagekraft hat, ist Österreich nun zumindest weiterhin auf Kurs zu den laut Papierform erwarteten Punkten (also null gegen Frankreich und alle gegen die anderen). Von den möglichen Zweiten hat bisher nur Wales (mit einem 2:2 daheim gegen Nordirland) und die Ukraine (mit einem 2:3 in Irland) Federn gelassen.
Bei den Gruppenzweiten gilt: Man kann sich den Platz in den Top-3 nicht in den ersten Spielen sichern (zumal davon auch nur Tschechien und Russland gegen ihre jeweiligen Gruppenköpfe gespielt haben – und die Ukraine, die zweimal 0:8 gegen Deutschland unterging). Man kann ihn aber jetzt schon verlieren. Ausrutscher gegen die „Kleinen“ sind und bleiben verboten.
Darum war es auch so wichtig, dass es zumindest das 1:0 in Serbien gegeben hat. WM-Viertelfinalist Italien (3:2 in Israel, 1:0 in Georgien, 2:0 gegen Malta und Bosnien) tut sich etwa schon gegen die Nachzügler unendlich schwer. Allerdings: Die wirklich wichtigen Spiele – also jene gegen die Gruppenköpfe und jene gegen die direkten Konkurrenten um den dritten Platz – haben praktisch alle noch vor sich. Auch Island und Dänemark, die sich bisher nur gegen die Nachzügler warmgeschossen haben.
Und Polen hat überhaupt noch gar nicht eingegriffen. Also.