Österreich und Italien: Die fünf Pflichtspiele seit 1970

Nach vier erfolglosen Versuchen (1990, 1998, 2008 und 2016) hat das ÖFB-Team erstmals seit der WM 1982 bei einem großen Turnier die Vorrunde überstanden. Der Gegner im Achtelfinale der EM ist nun Italien – ein großer Name, gegen den Österreich erstaunlich selten antritt. Hier ein kurzer Überblick über die letzten fünf Pflichtspiel-Duelle.

1:2 und 2:2 in der EM-Quali für 1972

Das letzte Mal, das Italien und Österreich in die gleiche Quali-Gruppe für eine EM oder WM gelost wurden, war für die Europameisterschaft 1972. Bei den letzten 23 Turnieren gab es also stets einen anderen Gruppenkopf für das ÖFB-Team.

EM-Quali für 1972 mit einem 2:1 für Italien in Wien und einem 1:1 in Rom.

Italien kam als frischgebackener Vize-Weltmeister von 1970 zum Match in Wien Ende Oktober und es lief auch praktisch in Vollbesetzung vom WM-Finale gegen Brasilien auf. Bei Österreich war Leopold Stastny gerade dabei, eine junge Truppe zu formen, die den Kern der 1978er-Mannschaft bilden sollte. Koncilia (22), Josef Hickersberger (22), Willy Kreuz (21) und Kurt Jara (20) wurden schon hier ins Team eingebaut; Robert Sara (24) war bereits einige Jahre mit dabei.

Das Match in Wien begann Österreich mutig, das italienische Offensiv-Quartett hatte Probleme gegen die strikte Manndeckung; dem 1:0 von De Sisti (27.) folgte der prompte Ausgleich durch Parits (29.). Nach dem 2:1 durch Mazzola (34.) konnte Italien das Spiel immer mehr kontrollieren, im Laufe der zweiten Hälfte ging Österreich zunehmend die Luft aus. Für Italien gab es in der Schlussphase noch einen Schock, weil sich Riva im Zweikampf mit Hof einen Wadenbeinbruch mit Seitenband-Einriss zuzog. Am Ende hatte Buffy Ettmayer sogar die Chance auf das 2:2, aber er vergab seinen Elfmeter.

Ein Jahr später, vor dem letzten Match, stand Italien schon als Gruppensieger fest und so ließ Ferruccio Valcareggi einige seiner Star-Spieler daheim. Stastny setzte Heli Köglberger auf den sonst gerne nach vorne stürmenden Außenverteidiger Facchetti an, wodurch dieser kaum ein Faktor war; Jara (36.) und Sara (59.) drehten die italienische Führung durch Prati (10.) um. Am Ende gab es zwar noch den 2:2-Ausgleich durch De Sisti (75.), aber Österreich war mit diesem Punkt alleiniger Gruppenzweiter vor Schweden.

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1:0 für Italien bei der WM 1978

Sechseinhalb Jahr später traf man sich in Buenos Aires in der Finalrunde der WM 1978. Österreich hatte den Aufbau in den Jahren zuvor hinter sich, Italien stand am Anfang eines neuen Zyklus, der die Squadra Azzurra vier Jahre später zum WM-Titel führen sollte.

1:0 für Italien bei der WM 1978

Österreich hatte in der Vorrunde in einer kernigen Abwehrschlacht Spanien 2:1 besiegt und war gegen die biederen Schweden zu einem 1:0-Sieg gekommen, begann die Finalrunde aber mit einem 1:5-Debakel gegen die Niederlande.

Gegen die Italiener, die beim 0:0 zuvor gegen Deutschland klar dominierend gewesen waren, gab es hingegen die sicherlich cleverste Vorstellung im ganzen Turnier. Teamchef Helmut Senekowitsch nützte den Systemvorteil, den Österreich gegen Bearzots italinisch-typisches, schiefes 3-5-2 hatte, voll aus. Kreuz und Schachner spielten auf vertauschten Seiten, wodurch Cabrini weit nach hinten gedrückt wurde, dafür stand Gentile oft verloren im Halbfeld herum; Krieger kümmerte sich um Rossi – somit hatte Sara keinen Gegenspieler und war der wahre Spielgestalter. Ein verlorenes Laufduell von Strasser gegen Rossi brachte eine unglückliche 0:1-Niederlage.

Italien profitierte vom folgenden österreichischen Sieg gegen Deutschland und zog ins Spiel um Platz drei ein, für Österreich folgte eben Córdoba. HIER unsere ausführliche Story über Österreich bei der WM 1978.

1:0 für Italien bei der WM 1990

Dass sich Österreich nach den sportlich sehr dürren 1980er-Jahren für die WM 1990 in Italien qualifizierte, lag eher an glücklichen Umständen wie einer billigen Quali-Gruppe und dem Fall der Berliner Mauer wenige Tage vor dem entscheidenden Heimspiel gegen die DDR. Dennoch galt nach beachtlichen Resultaten im Vorfeld das Achtelfinale als erklärtes Ziel. Zum Auftakt-Match musste man im Olimpico von Rom gegen den Gastgeber antreten.

1:0 für Italien bei der WM 1990

Gleich zu Beginn scheiterte Carnevale im Eins-gegen-Eins an Lindenberger, später spielte Artner einen Rückpass genau in den Lauf von Vialli – aber der schob nicht nur am herauseilenden Lindenberger, sondern auch am Tor vorbei. Ancelotti nagelte den Ball an den Pfosten. Carnevale drosch den Ball aus fünf Metern über das leere Tor. Dass Österreich bis zur Halbzeit das 0:0 hielt, war mehr als schmeichelhaft. Danach ließ der Druck etwas nach, das Match schlief zunehmend ein. Italien hätte aber nach einem Foul von Russ an Donadoni einen Elfmeter zugesprochen bekommen müssen.

Dann wechselte Italiens Trainer Azeglio Vicini in der 75. Minute einen international kaum bekannten Stürmer für Carnavale ein – Totò Schillaci, es war sein erst zweiter Einsatz für Italien. Drei Minuten später ließ ihm Manndecker Robert Pecl einen halben Meter zu viel Platz bei einer Flanke von Vialli. Schillaci traf per Kopf zum 1:0, dem Siegtreffer. Denn Österreich hatte dem nichts mehr entgegen zu setzen.

Für Österreich folgte ein 0:1 gegen die Tschechoslowakei (dank Toni Pfeffers zu kurzem Rückpass, der den entscheidenden Elfer zur Folge hatte) und ein 2:1-Sieg gegen die USA, der aber am Vorrunden-Aus nichts mehr änderte. Italien kam bis ins Halbfinale, scheiterte dort im Elfmeterschießen an Maradonas Argentinien.

2:1 für Italien bei der WM 1998

Als sich das ÖFB-Team, getragen von den starken Rapid- und Salzburg-Spielern dieser Zeit, acht Jahre später das nächste Mal für die WM qualifizierte, war wieder Italien einer der Gegner in der Gruppe. Diesmal war das Match im Stade de France aber nicht das erste, sondern das letzte Spiel. Österreich hatte zuvor gegen Kamerun und Chile jeweils in der Nachspielzeit zum 1:1 ausgeglichen.

2:1 für Italien bei der WM 1998

Österreich musste zum Einzug ins Achtelfinale mehr erreichen als Chile im Parallelspiel gegen Kamerun und war bei einer Niederlage auf jeden Fall ausgeschieden. Italien reichte ein Remis auf sicher zum Aufstieg und so spielte die Squadra Azzurra auch. Umso mehr, nachdem Bergomi früh den mit einem Kreuzbandriss ausgeschiedenen Nesta ersetzte und den Libero-Posten übernahm.

Teamchef Herbert Prohaska ließ zunächst Herzog draußen, der sich außer Form und mit einer Zehenverletzung durch das Turnier geschleppt hatte und bot im dritten Spiel erstmals Spielmacher UND zwei Stürmer auf. Dennoch wurde die Handbremse erst gelockert, als man zu Beginn der zweiten Hälfte mit 0:1 in Rückstand geriet – man hatte sich bei einem Freistoß düpieren lassen. Sehr viele echte Chancen schauten aber nicht heraus und in der 90. Minute machte Roberto Baggio nach einem Konter mit dem 2:0 den österreichischen Hoffnungen endgültig ein Ende. Der in der Schlussphase eingewechselte Herzog markierte in der Nachspielzeit per Elfmeter noch das 1:2, aber das war nur noch Kosmetik.

Das ÖFB-Lager beklagte sich in der Folge auch über Referee Paul Durkin und auch der „kicker“ konstatierte, dass der Engländer „viele Fehler“ machte und „Italien bevorteilte“. Die kreuzbiedere Squadra Azzurra nudelte sich im Achtelfinale über Norwegen drüber und zog im Viertelfinale im Elferschießen gegen Frankreich den Kürzeren.

Seither nur ein Spiel

In den letzten 23 Jahren spielte Österreich auch nur ein einziges Mal in einem Freundschaftsspiel gegen Italien, das war das erste Spiel unter Karel Brückner im August 2008 und es endete mit einem 2:2-Unentschieden.

Der letzte Sieg von Österreich in einem Bewerbsspiel datiert aus dem April 1958, als man im Gerö-Cup – dem mitteleuropäischen Vorläufer der EM – zu einem 3:2-Sieg kam; fünf Monate vor dem legendären 7:0 des Sportclub gegen Juventus im Europacup und zwei Monate, nachdem Italien die WM-Teilnahme 1958 gegen Nordirland versenkt hatte.

Der letzte ÖFB-Bewerbsspielsieg über Italien war 1958

Nachdem der große Giampiero Boniperti letzte Woche 92-jährig verstorben ist, sind vom damaligen italienischen Team nur noch Bruno Garzena und Eddie Firmani am Leben; bei Österreich ist der damals 19-jährige Hans Buzek der letzte noch lebende Spieler.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.