So planen die Ligen die Rückkehr zum Spielbetrieb

Mark Rutte, Premierminister der Niederlande, hat gestern unmissverständlich bekannt gegeben: Die Saison der Eredivisie ist definitiv vorbei. Es gibt keine behördlich zu bewilligende Veranstaltungen bis 1. September, da gehört der Profifußball dazu, Punkt.

Nach dem Nachbarland Belgien ist Holland nun die zweite europäische Liga, welche die Saison vollständig abbricht. Und wie sieht es mit den anderen Ländern aus? Hier eine Übersicht über den Stand vom 22. April 2020, wie die aktuellen Planungen (und Hoffnungen) bezüglich einer Liga-Fortsetzung sind.

Die Ränge des Bernabéu (und aller anderen Stadien) werden noch lange leer bleiben.

Die UEFA meldet sich wieder

Aus Nyon ist in den letzten fünf Wochen, seit es keinen Fußball mehr gibt, ziemlich wenig gekommen – außer einer wütenden Reaktion von UEFA-Präsident Ceferin auf die unilaterale Entscheidung Belgiens am 2. April, es für die Saison 2019/20 sein zu lassen. Gestern gab es eine Videokonferenz mit den Mitgliedsverbänden und folgende Presseaussendung:

„Verschiedene Kalenderoptionen wurden präsentiert, betreffend sowohl Klub- als auch Nationalteam-Fußball. […] Es gab eine starke Empfehlung, die höchsten nationalen Ligen und Pokalbewerbe zu Ende zu spielen, wiewohl Verständnis dafür herrscht, dass es einige Sonderfälle gibt. Dies bedenkend entwickelt die UEFA zur Zeit Richtlinien für die Besetzung der internationalen Startplätze für die kommende Saison, für den Fall, dass eine Liga oder ein Pokalbewerb abgebrochen werden muss.“

Das heißt:

Dies ist in jedem Fall ein erster offizieller Schritt, die abgebrochene Saison 2019/20 zumindest nicht über den Spätsommer hinaus laufen zu lassen und ein starker Hinweis, bis allerspätestens Oktober die Spielzeit 2020/21 beginnen zu lassen. Einen auch nur temporären Umstieg auf Kalenderjahr oder eine halbe Übergangssaison im Frühjahr 2021 will man in Nyon also auf jeden Fall vermeiden.

Dabei verdichten sich die Anzeichen, dass es zumindest bis Frühjahr 2021 überwiegend oder ausschließlich mit Geisterspielen gehen wird müssen. Das will zwar niemand wirklich haben, aber die Alternative wäre wohl eine Armada an zugesperrten Vereinen – und das wäre doch wirklich noch blöder. Die Einnahmen an der Tageskassa sind zumindest für die Klubs der größeren Ligen ein relativ kleiner Posten (rund 15% des Gesamt-Etats). Ohne diese können die meisten Klubs zur Not ganz okay leben. Ohne Spiele im TV aber nicht.

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Österreich: Ab Mitte Mai denkbar

Am Montag startete der LASK als erster Bundesligist mit dem Trainingsbetrieb, weitere Vereine sind seither gefolgt. Die Bundesliga ist in ständigem Austausch mit Gesundheitsminister Werner Kogler (Grüne) und will in den nächsten zehn Tagen einen gangbaren Weg ausgearbeitet haben, wie die Liga fortgesetzt werden kann.

Laut Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer ist eine Fortsetzung der Liga nicht vor Mitte Mai realistisch – der 16. Mai wäre also das frühestmögliche Datum. Zentralisierte Geisterspiele sind offenkundig nicht angedacht, jeder soll im eigenen Stadion keine Zuschauer reinlassen dürfen. In der 2. Liga darf nur Cup-Finalist Lustenau trainieren, einen Aufsteiger (zu 99% wäre das Ried) will die Bundesliga aber nur aufnehmen, wenn die Liga abgeschlossen wird – was ihr aktuell nicht erlaubt ist.

In Österreich sind noch zehn Liga-Spieltage sowie ein drei Spiele umfassendes Europacup-Playoff sowie das Cup-Finale ausständig.

England: Sicher nicht vor 6. Juni

Einen möglichen Start-Termin Anfang Mai hat die Premier League schon vor Wochen gekübelt und auch Sportminister Oliver Dowden (Tories) hat klargestellt, dass es keine Abenteuer bezüglich einer allzu frühen Aufhebung der Unterbrechung geben soll. Seit 5. April gibt es aber kein offizielles Statement seitens der Liga mehr, das Vereinigte Königreich ist bis mindestens 3. Mai im Lockdown

Spekuliert wurde indes über die Durchführung von zentralisierten Geisterspielen im Wembley und auf der FA-Verbandsanlage in Burton. Genau das soll der Plan für die englische Frauen-Liga sein, die im St. George’s Park ab 6. Juni die restlichen 45 Partien abwickeln soll – sofern zwei Wochen vorher ein Trainingsstart möglich ist. Aus Kreisen der FA verlautet, dass dies tatsächlich ein angedachtes Szenario ist.

Letzte Woche wurde von den 20 Klubs einstimmig festgelegt, die laufende Saison, wenn irgendwie möglich, auf sportlichem Wege zu beenden. Die FA hat die Frist für die Beendigung der Saison 2019/20 ohne Zeitlimit ausdehnt. Aber selbst, wenn die Beschränkungen Anfang Mai gelockert werden: Bis ein geregelter Trainingsstart möglich ist, wird es mindestens Mitte Mai sein und es heißt, dass vor dem 6. oder 13. Juni so gut wie sicher nicht gespielt wird.

In Englands Top-Liga fehlen noch neun Spieltage plus ein Termin für Nachtragspartien sowie drei Cup-Runden.

Italien: Allerfrühestens Ende Mai

Am Dienstag haben sich alle 20 Klubs in einer Telefonkonferenz committed, die Saison 2019/20 zu Ende zu bringen – was erstaunlich ist, weil sieben Klubs (Sampdoria, Genoa, Torino, SPAL, Brescia und Udinese aus dem stark betroffenen Norden sowie Cagliari) sich bisher dezidiert dagegen positioniert haben. Der Ball liege nun bei den Behörden und dem Verband, wenn ein möglicher Spielbetrieb wieder freigegeben wird.

Das Land befindet sich nach aktuellem Stand bis 3. Mai im Lockdown-Modus und optimistische Hoffnungen nennen den 24. Mai als möglichen Starttermin für Geisterspiele, sofern gleich nach Ende des Lockdowns trainiert werden kann. Heute Mittwoch ist ein Treffen der Liga-Verantwortlichen mit Sportminister Vincenzo Spadafora (Cinque Stelle) anberaumt, in der die Klubs auf einen einigermaßen haltbaren Fahrplan drängen werden.

Da Spadafora bereits lieber Anfang als Mitte März die Serie A unterbrochen hätte – was man angesichts der Entwicklung der Lage speziell in der Lombardei weitsichtig gewesen wäre – liegt die Vermutung nahe, dass der 24. Mai eher ein theoretischer als ein realistischer Termin ist.

Die Serie A hat noch zwölf Spieltage, einen Nachtragstermin und zwei Cuptermine auf dem Programm.

Deutschland: Der 9. Mai soll’s sein

Deutlich offensiver in Richtung Wiederaufnahme des Spielbetriebes geht die Politik in Deutschland. Die Ministerpräsidenten von Bayern (Markus Söder, CSU) und Nordrhein-Westfalen (Armin Laschet, CDU) haben einen Liga-Start am 9. Mai als dezidiert für möglich in Aussicht gestellt. DFL und Sky würden ebenfalls lieber früher als später mit Geisterspielen starten; es wurde sogar schon eine 41-seitige Anleitung ausgearbeitet, wie ein sicherer Ablauf bewerkstelligt werden soll.

Die Bundesligisten sind teilweise seit letzter Woche schon wieder im Kleingruppentraining aktiv. Auch für sie ist eine baldige Fortsetzung der Liga überlebenswichtig: Es heißt, dass 13 der 36 Klubs (darunter etwa Schalke 04) in erster und zweiter Liga vor der Insolvenz stehen, wenn das verbleibende TV-Geld für diese Saison nicht ausbezahlt wird.

Es gibt aber noch einige Ungereimtheiten. So haben bisher eben nur zwei Bundesländer die Möglichkeit ausdrücklich in den Raum gesetellt, zentralisierte Geisterspiele sind aber nicht Teil der Diskussion. Doch auch, wenn der 9. Mai nicht halten sollte – und das Innenministerium ist hier noch vorsichtig – kann man doch davon ausgehen, dass es in Deutschland früher losgeht als in Italien.

Die Bundesliga hat noch neun Spieltage und einen Nachtragstermin sowie zwei Cup-Termine offen.

Frankreich: 17. Juni als Absichtserklärung

Auch in Ligue 1 und Ligue 2 schwitzen die Vereine, weil beIN Sports und Canal+ TV-Zahlungen in Höhe von rund 150 Millionen Euro seit der Unterbrechung nicht an die Vereine überwiesen haben. Am Montag hat die LFP in einem Communiqué bekannt gegeben, dass man als Datum für eine Fortsetzung der Ligen den 17. Juni ins Auge gefasst hat. Die LFP geht sogar schon einen Schritt weiter und sagt: Die Saison 2020/21 soll planmäßig am 21. August losgehen.

Gesundheitsminister Olivier Véran (En Marche) hat jedoch letzte Woche noch einmal betont, dass es für die Ligue 1 keine Extrawürste in Form von Trainingserlaubnis vor Lockdown-Ende geben wird. Sportministerin Roxana Maracineanu (parteilos) stellt auch keine Testkapazitäten zum Zweck einer Wiederaufnahme in Aussicht. Da die Neuinfektionen in Frankreich immer noch unberechenbare Sprünge machen und die Ausgangsbeschränkungen aktuell bis 11. Mai anberaumt sind, erscheint der Plan mit dem 17. Juni zumindest… optimistisch.

Zehn Liga-Runden plus ein Nachtragsspiel sowie das Cupfinale (PSG gege St.-Étienne) stehen noch aus.

Neuinfektionen auf logarhythmischer Skala (Quelle: aatishb.com/covidtrends)

Spanien: 6. Juni? Nur wenn alles passt

Man sollte Sportministerin Irene Lozano (PSOE) für den Friesensnobelpreis vorschlagen, schrieb die „Marca“: Nachdem sich die Präsidenten von Fußballverband (Luis Rubiales) und der Liga (Javier Tebas) in der „Wer soll das alles zahlen?“-Diskussion wochenlang wie zwei pubertäre Halbstarke öffentlich beflegelt hatten, schnürte die resolute Ministerin ein Maßnahmenpaket, mit dem nicht nur die beiden Streithanseln leben können, sondern das obendrein auch noch andere Sportarten unterstützen soll.

Das Abkommen beinhaltet auch einen Fahrplan zur Rückkehr des Sports. Sollten die aktuell bis 9. Mai geltenden Ausgangsbeschränkungen tatsächlich wie geplant danach gelockert werden, gehören die Fußballer auf jeden Fall zu jenen, die danach sofort das Training wieder aufnehmen können. Tebas peilt einen Liga-Start am 6. Juni an, was angesichts der immer noch äußerst angespannten Situation in Spanien kaum haltbar sein dürfte.

Dass im Sommer gespielt wird, ist aber allgemeines Ziel und Lozano hat auch erklärt, dass der Spielplan jedenfalls mit Rücksicht auf klimatische Bedingungen erstellt wird (sprich: Keine Mittagsspiele im Hochsommer) und, dass es Zuschauer erst geben wird, wenn es einen Impfstoff gibt.

Das Cup-Finale (Bilbao gegen Real Sociedad) wird fix nicht in diesem Sommer stattfinden, die Frist hierfür wurde bis zum Ende der kommenden Saison verlängert. In Spanien fehlen noch elf Spieltage.

Europacup: Bitte warten

Am Donnerstag will die UEFA auch Ideen vorlegen, wie es mit den Europacup-Bewerben weitergehen soll. Es erscheint aber logisch, dass dies angesichts der verschiedenen Lockdown-Bestimmungen, der unterschiedlichen Pandemie-Verläufe in den einzelnen Ländern und den damit einhergehenden strikten Ein- und Ausreisebestimmungen kaum auf dem regulären Weg der Fall sein wird können.

Und auch nicht, bevor die Klubs aus den elf noch vertretenen Staaten (Spanien, Vereinigtes Königreich, Deutschland, Italien, Frankreich, Ukraine, Türkei, Österreich, Dänemark, Griechenland und die Schweiz) alle halbwegs sinnvoll trainieren können. Ein schnelles Playoff-Turnier an einem neutralen Ort erscheint sinnvoll, aber das ist jetzt noch alles Spekulation.

All das gilt nur, wenn…

Alle diese Planungen gehen sich natürlich nur dann aus, wenn die Infektionszahlen nach Lockerung der Beschränkungen nicht wieder signifikant nach oben gehen. Und niemand sollte sich wundern, wenn sie wieder steigen – zumal die WHO bereits empfohlen hat, alle internationalen Wettbewerbe bis Ende 2021 zu streichen.

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.