WM 2018: Unsere Notizen zu Runde 1

Alle Mannschaften waren einmal am Feld und wir haben uns während ihren Auftritten unsere Notizen gemacht. Die launigen Kurzfassungen dazu gibt es hier.

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Gruppe A

Russland – Saudi Arabien 5:0

Russland – Saudi Arabien 5:0 (2:0)

Ein nicht besonders aufregender Gastgeber schießt ein ziemlich peinliches WM-Team aus dem Auftaktspiel. Die Saudis sind langsam und technisch, taktisch und körperlich nicht konkurrenzfähig. Russland hingegen hat sich nicht als besser präsentiert, als man das vor dem Turnier gedacht hat. Mit dem möglichen WM-Aus von Dzagoev wird das auch nicht besser. Cavani, Suarez und Salah haben sich das Spiel angesehen und machen sich nun berechtigte Hoffnungen, den ewigen Torrekord von Just Fontaine (13 Treffer bei  einer Weltmeisterschaft) doch noch zu brechen – ein Torreigen gegen die Saudis wäre für niemanden davon überraschend. Es ist nicht sicher, dass die Saudis ihr schlimmstes Spiel schon hinter sich haben.

Ägypten – Uruguay 0:1

Ägypten – Uruguay 0:1 (0:0)

Ein viel besseres Spiel beider Mannschaften, wenn auch Uruguay in der Offensive mehr kann und präziser spielen muss. Aber die Ägypter haben eine Leistung gezeigt, bei der es auch erforderlich ist, das zu nutzen. Am Schluss wurden sie nach einer sehr intensiven Partie etwas müde, deshalb ließen sich auch mehr Freistöße in Tornähe zu und einer davon war ihr Untergang. Ägypten hat gleichermaßen gezeigt, dass es mehr als nur Salah ist, mit einer enorm kompakten defensiven Leistung, und auch warum er ihnen abgeht. Er hätte Uruguay am Schluss nicht so drücken lassen und vorne mehr Gefahr ausgestrahlt. Vielleicht hätte man ihn deshalb zumindest am Schluss aufs Feld stellen sollen, auch wenn es nur gewesen wäre, um die Drohung auszusprechen.

Gruppe B

Marokko – Iran 0:1

Marokko – Iran 0:1 (0:0)

Noch ein nordafrikanisches Heartbreak-Ergebnis. Die Marokkaner haben das Spiel gut begonnen und auch taktisch viel probiert. Sie haben ein sehr fluides System, mit extrem nach vorne preschenden Außenverteidigern und viel Bewegung im Mittelfeld. Das war eigentlich nur schwer in die üblichen Formationszahlen zu fassen, vor allem weil sie so viel Ballbesitz hatten, dass so ein irres 2-2-5-1 ziemlich oft erkennbar war. Konkrete Torgefahr konnten sie gegen den Zerstörerfußball des Irans aber dann trotzdem nur selten erzeugen. Der Iran hat es dann vor allem im letzten Drittel des Spiels auch geschafft, jeden Fluss aus der Partie zu nehmen mit Fouls, Zeitverschwendung und allen anderen unschönen Tricks des Fußballbuchs. Dass schlussendlich ein Eigentor auch noch den Sieg für den Iran gebracht hat, fällt unter fußballerische Ungerechtigkeit.

Spanien – Portugal 3:3

Portugal – Spanien 3:3 (2:1)

Bumm, was für ein Spiel. Portugal tat alles, um nach dem spontanen Trainerwechsel Verunsicherung in die spanische Mannschaft zu bringen – ging zwei mal in Führung und durfte einen CR7 in absoluter Traumform aufstellen, der mit seinen drei Türln auch schon den Anspruch für den Torschützenkönig angemeldet hat (2014 war das James mit 6 Toren). Die Spanier zeigten aber, dass ihnen der Titel jedenfalls weiterhin zuzutrauen ist. Sie spielten überragenden Fußball, hatten auch bei einem eher unglücklichen Spielverlauf für sie fast immer eine Antwort – zumindest bis Ronaldo alle Wut der Welt in diesen letzten Freistoß geprügelt hat. De Gea hat seinen Fehler für dieses Jahrzehnt jetzt schon gemacht. Sowas sollte ihm nach seiner unglaublich guten Saison in Manchester eigentlich kein zweites Mal passieren.

Gruppe C

Frankreich – Australien 2:1

Frankreich – Australien 2:1 (0:0)

Frankreich enttäuscht die Erwartungen vorerst einmal mit einer extrem behäbigen Leistung, die zwar in einen Sieg mündet, aber nicht unbedingt in einen verdienten. Die Australien bekamen die Franzosen nach 15 Minuten in den Griff, bei Frankreich ging fast nichts. Deschamps brauchte 70 Minuten um etwas zu verändern. Bei allen offensiven Aktionen hatte aber Pogba seine Beine im Spiel – bei der Vorlage zum per VAR entschiedenen Elfmeter und dem per Torlinientechnologie anerkannten Siegestor. Australien hat gezeigt, dass es einen guten Defensivplan hat, aber nur bescheidene Offensivideen. Als klarer Underdog hat das okay funktioniert, ob das auch reicht, wenn man auf Punkte spielen muss, wird man sehen. Was jetzt mal bleibt: Man hat sich für eine gute Leistung schlussendlich nicht belohnt.

Peru – Dänemark 0:1

Peru – Dänemark 0:1 (0:0)

Die Anfangs nervösen Dänen versuchten über weite Strecken mehr für das Spiel zu tun, als die extrem kompakten Peruaner, die taktisch gewieft alles aus ihren spielerisch limitierten Möglichkeiten herauskitzeln. Einzig, so richtig klappen wollte es nicht, denn das Zentrum rund um Superstar Christian Eriksen blieb dicht und engmaschig verteidigt. Poulsen und Sisto halfen aus und erzeugten Dynamik über die Flügel, aber Peru strahlte im Gegenstoß eher mehr Gefahr aus. Cueva vergab vor der Pause den per VAR zugesprochenen Elfmeter kläglich, zog in der zweiten Hälfte mit dem Mut der Verzweiflung aber eine starke Partie ab. Peru öffnete sich, wollte mehr vom Spiel und lief mit einem übermotivierten Angriff schließlich ausgerechnet über den sonst abgemeldeten Eriksen in den entscheidenden Konter. Der Ausgleich war mehrmals in der Luft, aber Schmeichel & Co. warfen ihm alles entgegen, was in der Mannschaft steckte. Beide Teams haben in der Form Chancen gegen das lahmende Frankreich und damit auch auf den Aufstieg.

Gruppe D

Argentinien – Island 1:1

Argentinien – Island 1:1 (1:1)

Ein neues Kapitel im isländischen Märchen. Die Mannschaft aus der Mini-Nation hat mit einer konsequenten Abwehrleistung Messi & Co die Schneid abgekauft. Wobei Argentinien nicht wie ein funktionierendes Team wirkt. Spieler stehen sich auf den Zehen, schaffen keine Räume füreinander, die Außenverteidiger sind nicht gut genug, viel lauft über den aus seinem chinesischen Prä-Ruhestand angereisten Mascherano. Messi vergab einen Elfmeter zum trotzdem möglichen Sieg, hat nach anfänglicher Spielfreude in ständiger Mehrfachbewachung zunehmend frustriert ausgesehen, gab aber zumindest nicht auf: Seit 44 Jahren ist niemand bei so vielen Torversuchen glücklos geblieben wie er in diesem Auftaktspiel. Trotzdem: Wenn sein Team ihn nicht rausreißen kann, wenns bei ihm mal einfach nicht klappen will, wird das nichts mit einem Weltmeistertitel für La Pulga.

Kroatien – Nigeria 2:0

Kroatien – Nigeria 2:0 (1:0)

Wenn man nicht die Mittel hat, um einem Gegner weh zu tun, dann sollte man sich besser nicht allzu patschert bei dessen Standardsituationen anstellen. Nigeria neutralisierte das theoretisch überragende kroatische Mittelfeld zwar über weite Strecken (im Prinzip indem man den klug agierenden John Obi Mikel als Wachposten zwischen die kroatische Abwehr und das defensive Mittelfeld aus Modric und Rakitic steckte), geriet aber mit einem ersten größeren Fehler und etwas Pech obendrauf trotzdem in Rückstand. Die Supereagles liefen dann verzweifelt gegen eine in allen Belangen einfach etwas bessere kroatische Mannschaft an. Die präsentierte sich zwar ihrerseits nicht weltmeisterlich, aber als eine der besser balancierten Truppen im Turnier hat es nun in der Hand, als Gruppensieger weiterzukommen.

Gruppe E

Costa Rica – Serbien 0:1

Costa Rica – Serbien 0:1 (0:0)

Ein defensiv gut eingestelltes Costa Rica begann das Spiel gut. Läufe von Ureña machten Serbien im Konter immer wieder zu schaffen. Die Serben bekamen das aber nach etwa 15 Minuten in den Griff, indem sie Passgeber Ruiz aus dem Spiel pressten. Sie übernahmen das Spielgeschehen, wenn auch selten Chancen erspielt werden konnten. Nach der ereignisarmen erste Hälfte ließen die Serben den Costaricanern plötzlich mehr Raum im Mittelfeld. Die Mittelamerikaner rückten weiter auf und damit prompt in die serbische Falle. Immer wieder verloren sie Bälle im Mittelfeld, gaben dabei Preis im Zwischenraum frei und liefen in Konter. Einer endete mit einem Foul von Guzman, den Freistoß verwertete Kolarov perfekt. Serbien hatte Chancen auf mehr, scheiterte aber an Unvermögen und Navas. Costa Rica warf in der Verzweiflung immer mehr nach vorne, ohne dabei mehr Druck erzeugen zu können.

Brasilien – Schweiz 1:1

Brasilien – Schweiz 1:1 (1:0)

Brasilien begann so stark, wie erwartet. Mit viel Selbstverständlichkeit und Verve und auch im Angesicht schweizerischer Härte. Mit dem 1:0 durch Coutinho (20.) war damit aber plötzlich Schluss. Schien die Zurücknahme vor der Pause noch bewusst zu passieren, schienen die Brasilianer nach der Pause von der Intensität der Schweizer überrascht. Dass ihnen schon nach 5 Minuten der Ausgleich aus einer Ecke gelang (auch mit einem kleinen Schubbser, den die VAR-Zentrale lieber ignorierte) half natürlich. Es brauchte aber weitere fünfzehn Minuten, bis Brasilien die Partie wieder in den Griff bekam. Am Schluss hatte die Selecao ihre Chancen (und einen legitimen Elfer-Protest, den die VAR-Zentrale lieber ignorierte), aber die Eidgenossen warfen alles dagegen und brachten das Ergebnis über die Zeit. Es hat alles gepasst bei der Schweiz. Dass der Schiedsrichter die Schweizer Neymar durch den Fleischwolf drehen ließ, war nicht hinderlich. Brasilien hat aufblitzen lassen, warum es Favorit ist und obwohl noch nichts Tragisches passiert ist und man das in Ruhe abhaken kann, vielleicht doch auch wieder den Keim gestreut, der im falschen Moment in Zweifel wachsen kann.

Gruppe F

Deutschland – Mexiko 0:1

Deutschland – Mexiko 0:1 (0:1)

Das Spiel begann furios mit Offensive auf beiden Seiten, nach und nach gewannen aber die Mexikaner die Oberhand. Mit konsequenter Manndeckung gegen Kroos (durch Vela und später Herrera) schien das Mittelfeld überraschend einfach gewonnen und im Konter strahlten die auch unter Druck ballsicheren Mexikaner immer wieder Gefährlichkeit aus. Der Kontertreffer in der 35. Minute war durchaus folgerichtig aus dem Spielverlauf und brachte Deutschland nun vollkommen aus dem Tritt. In der zweiten Hälfte fiel Deutschland lange nichts ein und Mexiko vergab zahlreiche Möglichkeiten, das Spiel im Konter zuzumachen teilweise kläglich. Als die Kräfte von La Tri schließlich schwanden (ein Tag mehr Regeneration als der nächste Gegner zu haben, wird ihr nicht schaden) und Löw wechselte, wackelte die Führung noch ein wenig, aber wurde schließlich doch verdient über die Zeit gebracht. Mexiko kann die Gruppe gewinnen, Deutschland muss sich deutlich steigern.

Schweden – Südkorea 1:0

Schweden – Südkorea 1:0 (0:0)

Schweden versuchte in diesem Außenseiterduell dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken, scheiterte aber im Abschluss an eigenem Unvermögen. Südkorea schien mit dem schwedischen Spiel eher überfordert, konnte aber seine Gefährlichkeit im schnellen Konter mehrmals andeuten. So entwickelte sich ein offenes, unterhaltsames, wenn auch defensiv nicht gerade hochklassiges Spiel, bei dem die Schweden schließlich verdient mit dem dritten VAR-Elfmeter der Weltmeisterschaft in Führung gingen.

Gruppe G

Belgien – Panama 3:0

Belgien – Panama 3:0 (0:0)

Belgien startete nervös ins Spiel und brachte in der ersten Hälfte lange keinen geraden Pass zustande – erschwert durch eine defensiv kompakte Leistung von Panama. Nach dem 1:0 durch einen Glanzmoment von Mertens merkte man, dass dem Favoriten ein Felsbrocken von der Seele gefallen war und der Underdog schlicht und ergreifend mit dem Versuch überfordert war, hier doch noch irgendwas rauszuholen. Der Lukaku-Doppelpack hinten raus brachte Belgien in einen guten Groove für das Turnier. Es darf aber ein bisserl mehr sein.

Tunesien – England 1:2

Tunesien – England 1:2 (1:1)

England machte es genau umgekehrt wir Belgien. Die Mannschaft von Gareth Southgate startete beeindruckend ins Turnier und hätte eigentlich 4:0 statt 1:0 führen müssen. Doch die Chancenauswertung von Lingard und Sterling nahm zwischenzeitlich komische Züge an und so genügte eine unbedachte Bewegung von Walker, um den Tunesiern einen Elfmeter aus dem Nichts und den Ausgleich obendrauf einzubringen. Den Engländern ging daraufhin der Schmäh aus und Tunesien verteidigte gut. Dass der Schiedsrichter zwei Elfer zu Gunsten der Europäer ignorierte und auch sonst eine inkonsistente Leistung darbot, half nicht. Am Ende war das Glück dann aber doch verdient auf der Seite der Engländer, als Kane zu seinem Doppelpack traf. England wie zu erwarten: Mit Potential, aber aus dem Tritt zu bringen.

Gruppe H

Kolumbien – Japan 1:2

Kolumbien – Japan 1:2 (1:1)

Wenn ein Team nach vier Minuten einen Verteidiger verliert und durch einen Elfer in Rückstand gerät, ist es schwierig, seine Leistung verallgemeinernd zu bewerten. Den Kolumbianern ist das passiert und sie wirkten in der Folge vom japanischen Gewusel zeitweise überfordert. Trotzdem konnte man erkennen, dass in der Mannschaft einiges drinnen steckt und weil die Japaner eine tragischkomische Chancenauswertung zeigten, kam sie sogar zum Ausgleich. Das Spiel glich dann irgendwie wie dem eines anstürmenden U17-Teams, das an einer Wand an fertigen Altherren abprallt, die aber ihre Körper einzusetzen wissen. Doch am Ende holte sich Japan den Auftaktsieg – ausgerechnet per Kopf nach einer Ecke. Der Gruppenfavorit ist unter Druck.

Polen – Senegal 1:2

Polen – Senegal 1:2 (0:1)

Es war keine wirklich aufregende Partie zwischen den erwartet eher spröden Polen rund um Lewandowski und dem auch nicht allzu aufregenden Senegal-Team rund um Mane. Senegal aber ging mit einem abgefälschten Schuss glücklich in Führung und wusste das dann gut auszuspielen. Das 2:0 fiel trotzdem eher kurios nach einem schlimmen Fehler der Polen, die einen ins Spiel zurückkehrenden Niang übersahen und ihm die perfekte Vorlage lieferten. Der Anschlusstreffer war Makulatur. Ein Unentschieden wäre in Ordnung gegangen, aber auch so ist das Ergebnis okay und zumindest hat damit auch ein afrikanisches Team mal das Glück auf seiner Seite.

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