Den Afrika-Cup legten die Marokkaner in einem plötzlichen Anfall irrationaler Panik zurück, die Klub-WM geht ab Mittwoch aber sehr wohl – wie schon letztes Jahr – in Marrakesh und Rabat über die Bühne. Ein gut gemeinter Bewerb, der aber die ganz große Aufmerksamkeit und auch den ganz großen Stellenwert nicht hat – was auch daran liegt, dass der Klasse-Unterschied zwischen dem europäischen Vertreter und dem Rest in der Regel so groß ist, dass im Grunde von vornherein feststeht, wer gewinnt. Das ist heuer nicht anders.
Dennoch hier mal eine Vorschau: Das sind die sieben Teams, die diesmal teilnehmen.
Real Madrid (Spanien)
Der ganz klare Favorit ist natürlich der Sieger der europäischen Champions League. Nicht nur aus Tradition, weil das UEFA-Team sechs der letzten sieben Titel geholt hat (nur Chelsea verlor 2012 das Finale). Sondern vor allem, weil es neben den Bayern derzeit kein Team weltweit gibt, das so hohe Klasse mit einer so guten Form verbindet. Carlo Ancelotti hat eine solche Masse an Weltklasse-Spielern unter seinen Fittichen, dass er auch problemlos zwischen den verschiedensten Systemen wechseln kann und das auch tut. Ob 4-3-3, wie eher gegen schwächere Gegner, oder ein 4-4-2 mit Ronaldo und Benzema als Doppelspitze – Real kann alles.
Alles andere als der Titel für die Madrilenen wäre eine faustdicke Überraschung und sollte Real sogar schon im Halbfinale starten, wäre das eine Blamage von relativ epischen Proportionen. Deutlich wahrscheinlicher ist jedoch, dass Ronaldo und Co. das Turnier anlegen wie die Bayern letztes Jahr: Seriös, niemanden auf die allzu leichte Schulter nehmen und so eher locker den Titel einfahren.
San Lorenzo (Argentinien)
Es ist das Los von argentinischen Teams, dass die besten Spieler immer wieder nach Europa auswandern. Umso mehr von erfolgreichen Teams. Da war der Aderlass bei San Lorenzo de Almagro – jenem Klub aus Buenos Aires, bei dem auch der Papst Mitglied ist – nach dem Triumph im Finale der Copa Libertadores (1:1 und 1:0 gegen Olimpia Asuncion) noch relativ harmlos. Nur Innenverteidiger Gentiletti ging zu Lazio. Der verletzungsbedingte Ausfall von Spielmacher und Kapitän Leandro Romagnoli (der nach einer Ellbogen-Blessur aber zumindest wieder im Kader ist) hatte die Umstellung vom 4-3-1-2 auf ein 4-3-3 zur Folge.
Dennoch: San Lorenzo ist nur Außenseiter. Die Herbstsaison in der argentinischen Liga absolvierte man im Mittelfeld, aktuell kann von einem Top-Klub bei San Lorenzo keine Rede sein – wie vor zwei Jahren, als der Klub beinahe abgestiegen wäre. Das Finale ist sicher erreichbar und das logische Ziel, weniger wäre auch eine Enttäuschung, aber in Spanien wäre San Lorenzo derzeit bestenfalls ein Mittelständler – wenn überhaupt. Kaum vorstellbar, dass Real da ernsthafte Probleme bekommt.
Cruz Azul (Mexiko)
Der achtfache mexikanische Meister und amtierende Titelträger der CONCACAF Champions League ist ein echter Traditionsklub und hat einen großen Namen. Aber ähnlich wie bei San Lorenzo hat auch das Team aus Mexico City eine mehr als bescheidene Herbstsaison hinter sich. Nur Platz 13 unter 18 Klubs, nur 16 Tore in den 19 Spielen erzielt.
Dabei mangelt es nicht an durchaus bekannten Spielern. Gerardo Torrado etwa hat 146 Länderspiele für Mexiko in den Beinen, Francisco Rodríguez hat in Europa schon bei Eindhoven und Stuttgart gespielt, Mauro Formica hat sich (wenn auch erfolglos) schon bei Blackburn versucht, Torhüter Corona war die bei der WM vor einem halben Jahr die Nummer zwei im mexikanischen Tor. Und Trainer Luis Fernando Tena führte Mexiko 2012 zu olympischem Gold in London, mit einem historischen Finalsieg gegen Neymars Brasilianer.
Im Viertelfinale geht’s gegen die Western Sydney Wanderers – einem Team, das Cruz Azul auf dem Papier überhaupt nicht liegen sollte. Das Erreichen des Halbfinals gegen Real Madrid ist sicherlich das erreichbare Maximum.
Western Sydney Wanderers (Australien)
2012 gegründet, 2013 australischer Meister, 2014 die asiatische Champions League gewonnen: Das in Paramatta (einem Suburb von Sydney) ansässige Team ist der Inbegriff eines Emporkömmlings. Auf dem Feld geht’s aber nicht so ratzfatz: WSW spielt einen sehr defensiv orentierten Fußball. So ließ man im asiatischen CL-Finale Gegner Al-Hilal in beiden Spielen anrennen, kassierte aber kein einziges Tor. So reichte ein eigenes in 180 Minuten zum Titel.
Um die Offensive zu Stärken, sicherte man sich die Dienste von Teamspieler Nikita Rukavytsya (der in Deutschland bei Hertha BSC und zuletzt beim FSV Frankfurt unter Vertrag war) und Romeo Castelen. Der Holländer, der bei Feyenoord und Hamburg spielte, verlor den vielversprechenden Teil seiner Karriere an den Verletzungsteufel, kann aber in dieser Saison regelmäßig spielen. Was jedoch nicht verhindert, dass der Vorjahres-Vizemeister der A-League aktuell auch nach acht Spielen noch auf den ersten Saisonsieg wartet.
Wie für Viertelfinal-Gegner Cruz Azul geht es für die Australier nur darum, ins Halbfinale gegen Real Madrid einzuziehen. Das wäre für den Klub in seiner sportlichen Krise ein schöner Erfolg.
ES Sétif (Algerien)
Bei der WM war Algerien eine der positiven Erscheiungen, und zum allgemeinen Aufwärtstrend passt auch der kontinentale Titel, den sich der sechsfache nationale Meister aus der achtgrößten Stadt Algeriens sicherte. Ein Titel, der – auch im Finale gegen AS Vita Club aus der DR Kongo – ohne einen einzigen Spieler aus dem WM-Kader zustande kam.
Dennoch: Wie bei vielen anderen Teilnehmern läuft es in der Liga für die „Schwarzen Adler“ bisher nicht nach Wunsch. Nur Platz fünf steht zu Buche, mit vielen Punkteteilungen und nur 13 Toren aus 12 Spielen. Was für Sétif spricht, ist allerdings die Auslosung: Man ist im vermutlich leichteren der beiden Viertelfinals und sollte dieses überstanden werden, wartet nicht Real Madrid, sondern San Lorenzo. Und schon letztes Jahr hat der Vertreter aus Südamerika das Halbfinale gegen ein afrikanisches Team verloren.
Für Hasan Hamar, Präsident des Klubs, ist die Teilnahme an der Klub-WM im Übrigen ein Abschiedsgeschenk: Er hat nach dem Champions-League-Triumph angekündigt, am Ende der Saison sein Amt niederzulegen.
Auckland City (Neuseeland)
Zwei Viererketten, dazwischen ein routinierter Sechser. Dem Gegner möglichst wenig Platz lassen und hoffen, dass es nicht allzu oft einschlägt. Sehr viel mehr sollte man von Auckland City, dem Dauer-Sieger der ozeanischen Champions League, auch diesmal nicht erwarten. Das Team des katalanischen Trainers Ramon Tribulietx spielt in einer Liga, die offiziell nicht einmal Profistatus hat, vom Niveau her de facto die 2. Liga der australisch-neuseeländischen A-League darstellt. Heimspiele haben in der Regel dieselbe Kulisse wie jene beim TSV Hartberg.
Bei den letzten drei Auftritten bei der Klub-WM (’11, ’12, ’13) flog Auckland jeweils im ersten Spiel gegen den Vertreter des Gastgeberlandes aus dem Turnier und es ist nicht zu erwarten, dass dies 2014 anders ist. Der bekannteste Spieler ist Ivan Vicelich, der 2010 alle drei WM-Spiele für Neuseeland absolviert hat und mittlerweile 38 Jahre alt ist. Der Rest sind Spieler, die nicht gut genug für die A-League sind.
Moghreb Tétouan (Marokko)
Bei der Klub-WM gibt es sechs kontinentale Meister – und einen Klub, der nicht mehr tun muss, als nationaler Titelträger zu werden und das Glück zu haben, dass der Verband den Zuschlag für die Klub-WM bekommen zu haben. So durfte letztes Jahr Raja Casablanca aus Marokko teilnehmen und stieß sensationell ins Finale gegen die Bayern vor, diesmal versucht sich Moghreb Tétouan.
Es handelt sich dabei um ein grundsätzlich offensiv ausgerichtetes Team, dessen Spielanlage nicht unähnlich jener von Salzburg ist: Vier hoch stehende Offensivkräfte, die durchaus die gegnerische Spieleröffnung angehen; flinke Außenspieler. In der laufenden Meisterschaft steht zwar bisher nur ein guter Mittelfeld-Platz zu Buche, aber zumindest im Vorrunden-Spiel gegen Auckland City ist man fraglos der klare Favorit. Und Sétif in der nächsten Runde ist ja auch nicht viel besser drauf als man selbst.
Der Spielplan
Vorrunde am Mittwoch, 10. Dezember: Moghreb Tétouan – Auckland City
Viertelfinale am Samstag, 13. Dezember: Cruz Azul – Western Sydney Wanderers
Viertelfinale am Samstag, 13. Dezember: ES Sétif – Tétouan/Auckland
Semfinale am Dienstag, 16. Dezember: Real Madrid – Cruz Azul/WSW
Semifinale am Mittwoch, 17. Dezember: San Lorenz – Sétif/Tétouan/Auckland
Finale und Spiel um Platz drei am Samstag, dem 20. Dezember