„Als Teamchef der Nationalmannschaft hätte ich sie gerne hier. Aber für das große Ganze im österreichischen Frauen-Fußball ist es besser, wenn sie in der U-19-Eliterunde spielt – darum macht sie das jetzt auch.“
Dominik Thalhammer über Nicole Billa
Sie ist, wenn nichts schiefgeht, die Nationalteam-Stürmerin der Zukunft, hat im Herbst schon im A-Team gespielt. Dennoch ist Nicole Billa, 17 Jahre alt, nicht im Kader für das WM-Quali-Doppel mit den Spielen in Bulgarien (Samstag) und Frankreich (Mittwoch). Weil zeitgleich die U-19 in der Eliterunde um das Ticket für die EM-Endrunde kämpft – in einer Gruppe, in der das auch alles andere als unmöglich scheint. Es geht gegen Irland, die Türkei und Holland.
Thalhammer hat mit dieser Maßnahme natürlich alles andere als Unrecht. Und natürlich: Bei den „Großen“ wäre ein Punktverlust in Bulgarien ebenso eine Sensation wie ein Punktgewinn in Frankreich, ob nun mit oder ohne die Kapitänin der U-19 von Teamchefin Irene Fuhrmann. Gerade in Frankreich wird es ohnehin hart, nicht nur, weil Frankreich eben so stark ist. Sondern auch, weil bei Österreich mit Flügelspielerin Laura Feiersinger (Schien- und Wadenbeinbruch) und Abwehr-Chefin Carina Wenninger (Kreuzbandriss) zwei absolute Stützen ausfallen.
Auch als krasser Außenseiter Mut zeigen
Beim Gruppenletzten in Lovetch sollte nichts schief gehen, das weiß auch Teamchef Thalhammer: „Da sollte es schon ein klarer Sieg werden. Wir dürfen aber nicht ungeduldig werden und mit Gewalt versuchen, immer sofort vertikal zu spielen!“ Das war beim äußerst mühsamen Heimspiel gegen die Bulgarinnen das Problem. Die Folge war eine hohe Ungenauigkeit und damit zu wenig klare Aktionen. Das 4:0 sieht besser aus als es war – und war doch zu wenig, wenn man bedenkt, dass Bulgarien gegen Frankreich im Herbst 0:10 und 0:14 verloren hat.
In Le Mans ist Österreich natürlich krasser Außenseiter, obwohl das Hinspiel mit 1:3 noch ein akzeptables Resultat brache. Damals waren aber Wenninger und Feiersinger noch dabei und Frankreich ist mittlerweile kein Team mehr, dass abstellt, wenn es schnell 3:0 oder 4:0 führt. „Es gibt zwei Möglichkeiten“, sagt Thalhammer, „entweder, man stellt sich tief und achtet nur darauf, die Räume eng zu machen. Irgendwann fängt man sich gegen ein Klasse-Team wie Frankreich aber garantiert ein Tor ein, wenn man so agiert.“ Darum ist auch vor den zu erwartenden über 10.000 Zusehern in der neuen, modernen Arena in Le Mans die zweite Möglichkeit gefragt: Mut zeigen! Zumal dem Teamchef das im Herbst in Ritzing gegen Frankreich gezeigte Pressing noch zu wenig war.
Anders gesagt: Wenn schon verlieren, dann wenigstens nicht, ohne zumindest versucht zu haben, etwas zu holen.
Die Gruppen-Lage
Finnland spielt nun zweimal gegen Ungarn, es ist zu erwarten, dass Suomi da beide Spiele gewinnt und damit den Vorsprung auch Österreich auf sechs Punkte vergrößert. Das ist aber kein Drama, weil Finnland noch beide Spiele gegen Frankreich vor sich hat, und da vermutlich nichts holen wird. Die Entscheidung, ob es für Österreich den zweiten Platz geben kann, wird beim Heimspiel im Juni gegen Finnland fallen.
Die sieben Gruppensieger sind fix bei der WM in Kanada, die vier besten Zweiten spielen sich einen weiteren Platz aus. In den meisten Gruppen sind die Favoriten voran, ehe nun die Halbzeitmarke in der Quali genommen wird.
So wie etwa Deutschland. Nach der spielerisch äußert mauen EM, in der sich das wegen vielen Verletztungen neuformierte Team vor allem dank der extrem starken Defensive zum Europameister machte, wird nun wieder gewirbelt – man hat zueinander gefunden. Russland wäre auf dem Papier der Haupt-Kandidat für den zweiten Platz, aber ein 0:9 in Deutschland war ein früher Schlag, und die Niederlage gegen Österreich beim Algarve Cup zeigt, dass Russland nicht besser wird – vor anderthalb Jahren setzte sich diese Mannschaft noch im EM-Playoff gegen Österreich durch. Irland hat durchaus Chancen, Zweiter zu werden, ob es aber für das Playoff reicht, ist eher fraglich.
Spanien setzt den klaren Aufwärts-Trend fort, der sich schon durch den ebenso überraschenden wie verdienten Viertelfinal-Einzug bei der EM im letzten Sommer gezeigt hat, ist auf bestem Weg zur ersten WM-Teilnahme. Italien, das Topf-1-Team der Gruppe, hat im Herbst in Madrid schon verloren und wird angesichts der starken Tordifferenz von Spanien Probleme haben, noch Erster zu werden. Dass Italien einer der vier besten Zweiten wird, davon ist allerdings auszugehen.
Die überraschendste Gruppe ist aber sicher jene, in der die Schweiz führt – und zwar dank Auswärtssiegen in Island (EM-Viertelfinalist) und Dänemark (EM-Halbfinalist). Man muss allerdings auch sagen, dass Teamchefin Martina Voss mit Flügelspielerin Dickenmann (Lyon), Stürmerin Bachmann (Malmö), den Außenverteidigerinnen Wälti (Potsdam) und Maritz (Wolfsburg), den Offensiv-Allroundern Bürki (Bayern) und Crnogorcevic (Frankfurt) sowie IV Abbé (Freiburg) über jede Menge Klassespielerinnen verfügt und mit IV-Leuchtturm Rahel Kiwic einen fast schon unfairen Vorteil im Luftkampf hat – sie ist 1,84 m groß. Sicher sollte sich die Schweiz aber noch lange nicht fühlen: Dänemark (5:3 über die USA!) und Island (Norwegen und Schweden besiegt!) zeigten beim Algarve Cup extremen Aufwärtstrend. Israel ist nicht ernst zu nehmen, da gab’s bisher einen leichten Spielplan.
Schweden kämpf mit Post-Heim-EM-Depression und hat die Weiterentwicklungen, die Teamchefin Sundhage seither implementieren will (zB 4-1-3-2 statt flachem 4-4-2) noch nicht so ganz intus – das wurde vor allem beim peinlich knappen 1:0 in Bosnien (wo nur ein Elfeter den Sieg sicherte) deutlich. Natürlich wird man Schottland aber noch überholen und Erster werden, daran besteht kaum ein Zweifel. Schottland ist jedoch trotzdem ein recht sicherer Kandidat für das Playoff der besseren Gruppenzweiten. Schon die EM verpassten die Schottinnen nur durch ein Gegentor in der 122. Minute des Playoff-Rückspiels.
EM-Finalist Norwegen hat ja die auf Sicht anstehende Verjüngung einstweilen verschoben, der Kurs in Richtung WM-Endrunde stimmt allerdings. Die Verfolger Holland und Belgien wurden beide bereits besiegt. Bei Oranje spielt sich mit Vivianne Miedema eines der größte Talente überhaupt in den Vordergrund: Die 17-Jährige (!), die wohl nicht mehr lange in Heerenveen spielen wird, scorte bereits acht Tore. Belgien (im August Testspiel-Verlierer in Österreich) holte in Holland allerdings ein 1:1, ließ sich noch nicht abschütteln. Debütant Albanien hat überraschend bereits einen Sieg in der Tasche (1:0 gegen Griechenland) – Teamchef ist dort übrigens der frühere Unterhaching-Stürmer Altin Rraklli.
In der Gruppe 6 lässt sich bedingt durch den Spielplan noch nicht allzu viel sagen – außer, dass sich England nach der Horror-EM (peinliches Gruppen-Aus) und dem Ende der 15-jährigen Amtszeit von Hope Powell als Teamchefin ein wenig erfangen hat. Unter Neo-Trainer Mark Sampson gab’s vier Siege, allerdings ist dieses wohl auch die leichteste aller Gruppen. Laut Papierform müsste eigentlich die Ukraine Zweiter werden, hier ist allerdings die Frage, wie sich die politische Lage im Land auf das Umfeld auswirkt. Das Spiel am Samstag gegen Weißrussland, das ursprünglich auf der Krim in Simferopol angesetzt war, wurde erst nach Soporoshje im „Hauptland“ verlegt und dann ganz abgesagt.
In den anderen Kontinenten ist die Quali teils noch gar nicht angelaufen, teils noch nicht so richtig in die Gänge gekommen. In Asien werden die fünf Plätze beim Asien-Cup in Vietnam im Mai verteilt (vermutlich Weltmeister Japan, dazu Australien, China, Südkorea und ein weiterer – Nordkorea wurde ja wegen der Doping-Vergehen 2011 ausgeschlossen). In Ozeanien holt sich Neuseeland im September seinen Startplatz ab, die drei Plätze in Afrika (vermutlich Nigeria, Äquatorialguinea und einer aus dem Trio Ghana, Kamerun, Südafrika) werden im Oktober in Namibia ausgespielt. In der Concacaf-Zone geht es im Oktober um drei Fix- und einen Playoff-Platz (neben Veranstalter Kanada werden sich wohl USA, Mexiko und ein weiterer fix qualifizieren), ehe im November auch Südamerika zwei Fix-Tickets (so gut wie sicher Brasilien und Kolumbien) und ein Team für das Playoff ermittelt.
(phe)
Kader von Österreich
A-Nationalteam, WM-Quali: Tor: Anna-Carina Kristler (26 Jahre, Sturm Graz, 20 Länderspiele), Manuela Zinsberger (18, Neulengbach, 5). Abwehr: Verena Aschauer (20, Cloppenburg/GER, 17), Romina Bell (20, AIC Yellow Jackets/USA, 7), Gini Kirchberger (20, Cloppenburg/GER, 20), Heike Manhart (21, Szombathely/HUN, 23), Jenny Pöltl (20, St. Pölten, 18), Julia Tabotta (19, St. Pölten, 4). Mittelfeld: Jasmin Eder (21, St. Pölten, 13), Nadine Prohaska (23, St. Pölten, 41), Sarah Puntigam (21, Kriens/SUI, 39), Viktoria Schnaderbeck (23, Bayern München/GER, 31), Lisi Tieber (23, Sturm Graz, 15), Katja Trödthandl (24, Landhaus, 14). Angriff: Nina Burger (26, Neulengbach, 55), Lisa Makas (21, St. Pölten, 31), Jelena Prvulovic (19, Landhaus, 3), Sarah Zadrazil (21, ETSU Buccaneers/USA, 14).
U-19-Team, EM-Quali-Eliterunde: Tor: Carolin Größinger (St. Pölten), Jasmin Pal (Innsbruck). Abwehr: Tina Charwat (Landhaus), Marina Georgieva (St. Pölten), Maria Hasler (Innsbruck), Simone Krammer (Kleinmünchen), Sophie Maierhofer (LUV Graz), Katharina Naschenweng (Kärnten), Irina Wurzinger (Sturm Graz). Mittelfeld: Katharina Aufhauser (Neulengbach), Isabella Dujmenovic (Neulengbach), Barbara Dunst (LUV Graz), Teresa Knauseder (Kleinmünchen), Carina Mahr (St. Pölten), Franziska Sottner (Landhaus). Angriff: Nicole Billa (St. Pölten), Annelie Leitner (U. Guatemala), Valentina Schwarzlmüller (Innsbruck).