Lokalaugenschein beim rot-weiß-roten Quartett des FC Bayern München

Am 1. und 5. April stehen wieder zwei wichtigen Partien für die ÖFB-Frauen an. Da werden auch vier Spielerinnen von Bayern München im Kader sein – und alle vier waren an diesem Wochenende auch im Einsatz. Ballverliebt hat einen genauen Blick auf Carina Wenninger, Laura Feiersinger, Viki Schnaderbeck und Sarah Puntigam geworfen.

Erste Anlaufstelle für österreichische Fußball-Spielerinnen im Ausland? Ganz klar Bayern München! Ein rot-weiß-rotes Quartett steht beim Münchner Klub unter Vertrag, und ehe Nadine Prohaska im Winter nach Spratzern gewechselt war, war es sogar ein Quintett. Zwei Wochen vor den EM-Quali-Spielen in Armenien (1. April) und gegen Portugal (in Wr. Neustadt am 5. April, dem Gründonnerstag) kamen alle vier auch zum Einsatz – IV Carina Wenninger, DM Viki Schnaderbeck und Flügelstürmerin Laura Feiersinger im Bundesliga-Team gegen Essen, ZM Sarah Puntigam in der „Zweiten“ gegen Bad Neuenahr II.

Bayern – Essen 1:0 (Formationen ab der 33. Minute)

Doch auch, wenn „Bayern München“ draufsteht und der Verein 2009 nur hauchdünn nicht Meister wurde (mit den inzwischen zurückgetretenen Österreicherinnen Nina Aigner und Sonja Spieler) – Top-Adresse im Frauen-Fußball sind die Münchner nicht. Vielmehr spielt im Stadion von Aschheim vor den Toren der bayerischen Landeshauptstadt ein Mittelständler – weit weg vom Titelkampf, aber deutlich zu stark, um sich vor dem Abstieg fürchten zu müssen.

Beim etwas glücklichen 1:0-Sieg gegen den Tabellennachbarn SG Essen-Schönebeck (nicht nur mit Ex-DFB-Team-Torfrau Ursula Holl, sondern auch mit zwei Portugiesinnen im Kader – nicht uninteressant für die EM-Quali) standen zwei davon in der Start-Formation (Wenninger und Schnaderbeck), während Laura Feiersinger nach einer halben Stunde für die verletzte Sylvie Banecki in die Partie kam.

Bombensicher: Carina Wenninger

Die 21-jährige Steirerin ist im dritten Jahr Stammkraft bei den Bayern, hat schon 25 Länderspiele in den Beinen und ist aus der Innenverteidigung nicht wegzudenken. Was auch in diesem Spiel deutlich wurde: An Wenninger gab’s kein vorbeikommen.

Carina Wenninger war wie eine Wand – an ihr gab’s kein Vorbeikommen

Mit ihren 1.78m hatte sie gegenüber ihren Gegenspielerinnen klar Vorteile im Luftkampf, ihr Stellungsspiel war gut und ihre Spielübersicht ausgezeichnet. Immer wieder half sie auch Nebenfrau Rebecca Huyleur aus, wenn sich bei dieser Schwächen zeigten.

Gemeinsam mit ihrer routinierten Partnerin in der Innenverteidigung, Sandra de Pol, und der überragenden Torfrau Kathrin Längert, sorgte sie dafür, dass die Gäste nicht noch den Augleich schafften, der nicht ganz unverdient gewesen wäre. Denn während die Zentrale einen staubtrockenen Job machte, blieben die AV der Bayern praktisch immer hinten – die Viererkette bestand tatsächlich aus vier Leuten auf einer Linie, die zwischen sich und den eigenen Offensiv-Kräften unfassbar riesige Löcher ließ (siehe Bild ganz oben).

Die logische Folge: Essen hatte viel Platz, die Angriffe aufzuziehen und kam immer wieder mit Tempo auf die Abwehr zu.

Fleißig, aber ohne Unterstützung: Laura Feiersinger

Ein weitere, mindestens ebenso Sorge bereitender Effekt: Den Flügelspielerinnen fehlte es komplett an der Hilfe von hinten. Daran krankte das Spiel der Bayern, weil es Bürki und Banecki – und ab der 33. Minute eben auch Laura Feiersinger – damit auf den Flügeln permanent mit 1-gegen-2-Situationen zu tun hatten.

Laura Feiersinger war sehr aktiv, aber auf sich alleine gestellt

Die 18-jährige Tochter von Ex-Team-Libero Wolfgang Feiersinger, selbst mit bislang zehn Einsätzen im ÖFB-Team, spielt ihre zweite Saison bei den Bayern und profitierte in dieser Partie von der frühen Verletzung von Sylvie Banecki. Mit ihr kam merklich Schwung ins etwas statische Spiel der Münchnerinnen, was nicht zuletzt mit dem 1:0 kurz vor der Pause (durch die Schweizerin Vanessa Bürki) belohnt wurde.

Aber je länger die Partie dauerte und je mehr das Team aus Essen den vielen Raum zwischen Defensive und Offensive nutzen wollten, desto mehr war Feiersinger isoliert. Es war in der zweiten Hälfte fast nur noch sie, die die Bälle nach vorne trug – erst über die linke Seite, ab etwa der 70. Minute über die rechte (gegen die Portugiesin Carole, gegen die es wohl auch im Länderspiel gegen wird). Von Katharina Baunach hinter ihr kam gar nichts, die US-Amerikanerin Hagen im Sturmzentrum wurde von der Essener Defensive gut aus dem Spiel genommen. So verpufften viele Aktionen der in dieser Phase klar Aktivsten im Bayern-Trikot.

Unauffällig und solide: Viki Schnaderbeck

Die 21-jährige Cousine von Sebastian Prödl hat einen undankbaren Job: Nicht nur, dass die eher schmächtige Steirerin auf dem Feld eine recht unscheinbare Figur ist, nein, im defensiven Mittelfeld hatte sie als Absicherung für Petra Wimbersky auch noch eine Aufgabe, in der sie nicht allzu oft am Ball war.

Viki Schnaderbeck zeigte gute Übersicht und machte wenig Blödsinn

Ein unauffällige Job Description, aber eine umso wichtigere Aufgabe. Die die 12-fache Nationalspielerin sehr anständig löste: Sie hielt Wimbersky, die aus der Zentrale heraus für spielerische Akzente sorgen sollte und sich weiter nach vorne orientierte, gut den Rücken frei und schloss Löcher, die sich im Mittelfeld ergaben – was angesichts der system-immanenten Unterzahl im Mittelfeld eines 4-4-2-Teams gegen einen Gegner im 4-2-3-1 ergibt.

Zudem verlieb sie, wenn das (taktisch wohl eher fragwürdige) Mega-Loch zwischen Abwehr und Angriff in der zweiten Hälfte immer mehr auftrat, als Sechser vor der wie auf einer Perlenkette aufgefädelten Viererkette. Hier hätte sie zwar womöglich etwas höher stehen können, um nicht erst auf konternte Gegenspielerinnen zu treffen, wenn diese schon im voll Lauf waren, es ging aber letztlich alles gut.

Was man von Schnaderbeck jedoch nicht sah: Torschüsse. Wenn sie aufgerückt war und auch mal aus der zweiten Reihe hätte schießen können, kam praktsich immer ein kurzer Querpass, auch wenn sie nicht unter akutem Druck stand – und auch, wenn ein eigener Schuss wohl die bessere Option gewesen wäre.

Erst ganz okay, dann ausgeschlossen: Sarah Puntigam

Anders als die Kampfmannschaft in der 1. Bundesliga ist die Reserve-Mannschaft in der 2. Liga in den Abstiegskampf verstrickt. Die Lage verschäfte sich durch das 1:2 gegen den direkten Konkurrenten SC Bad Neuenahr II noch – damit steht das Team auf einem Relegationsplatz.

Bayern München II – SC Bad Neuenahr II 1:2

Auffällig war nicht nur, dass selbst bei der 2. Mannschaft der Bayern-Frauen mehr an Betreuer-Personal am Werk sind als bei vielen österreichischen Herren-Bundesliga-Teams. Sondern auch, dass sich – abgesehen von den in der Kampfmannschaft gar passiven AV – die taktische Ausrichtung gleich präsentierte wie bei der „Ersten“. Heißt: 4-4-2 mit einer Tendenz zum 4-4-1-1, eine klar defensive und eine offensiver orientierte Spielerin im zentralen Mittelfeld.

Diese Position – also die offensivere im Mittelfeld – nahm Sarah Puntigam ein. Die 19-Jährige, genau wie Wenninger und Schnaderbeck aus der schier unerschöpflichen Talente-Schmiede des LUV Graz, tastet sich nach einem Kreuzbandriss wieder heran. Nach der Verletzung, die der 18-fachen Teamspielerin das komplette Jahr 2011 gekostet hat, war sie in einer nicht besonders guten Mannschaft noch eine der besseren.

Alles aus: Sarah Puntigam sieht kurz vor Schluss die rote Karte – leider zu Recht

Dennoch: Es fehlte der Mannschaft eindeutig an der Kreativität und man lag nicht unverdient 0:2 im Rückstand. Über die Flügel kam wenig und die durch die gut gestaffelte Abwehr des Teams aus dem Rheinland kam man nicht durch. Daran konnte auch Puntigam nichts ändern.

Was sie offensichtlich ähnlich frustrierte wie allzu lästige Gegenspielerinnen. So ließ sich die Österreicherin fünf Minuten vor Schluss – kurz, nachdem ihrem Team der Anschlusstreffer zum 1:2 gelungen war und man die Schlussoffensive gestartet hatte – dazu hinreißen, ihre Gegenspielerin nach einem Zweikampf mit beiden Händen zu Boden zu stoßen. Eine klare Tätlichkeit, die die Unparteiische auch als solche erkannte hat und, leider absolut zu Recht, die rote Karte zückte. Damit war die Luft ein wenig raus, wirkliche Chancen auf den Ausgleich gab es nicht mehr.

Fazit: Österreicherinnen zeigen durchaus auf

Eine verdiente Niederlage der Zweiten, ein glücklicher Sieg der Ersten – für die Bayern-Frauen generell kein superguter, aber auch kein furchtbarer Tag. Erfreulich aus rot-weiß-roter Sicht kann man verbuchen, dass die vier eingesetzten Österreicherinnen durch die Bank zumindest ordentliche Leistungen gebracht haben. Am ehesten fällt wohl noch Sarah Puntigam ab, vor allem wegen ihrer Unbeherrschtheit vor dem Ausschluss. Was das Spielerische angeht, muss man bei ihr nach ihrer schweren Verletzung aber sicher noch ein wenig Nachsicht haben. Zwölf Monate praktsich ohne Spielpraxis gehen nicht spurlos an einem vorbei.

Das Trio in der Kampfmannschaft sorgte – und das sei hier nicht nur mit der rot-weiß-roten Brille betrachtet – gemeinsam mit der extrem starken Torfrau Längert dafür, dass es den Sieg gegen Essen gab. Carina Wenninger war eine absolute Wand in der Innenverteidigung. Viki Schnaderbeck zeigte eine unauffällige, aber sehr solide Leistung im defensiven Mittelfeld-Zentrum. Und Laura Feiersinger war mit Fortdauer des Spiels die einzige, die konstanten Zug nach vorne zeigte.

Was man alles als gutes Omen für die zwei anstehenden Spiele in der EM-Qualifikation sehen kann.

(phe)

Alle Fotos von @A.E.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.