Drogba UND Torres? Schwierig.

In der Meisterschaft ist der Titelzug abgefahren. Im FA-Cup war Chelsea gegen Everton schon im Achtelfinale rausgeflogen. Bleibt als letzte Titelhoffnung die in der Champions League – aber diese ist nach dem 0:1 daheim gegen Manchester United auch so gut wie weg. Auch, weil Ancelotti zu spät reagierte.

Chelsea - Man United 0:1

Drogba, Torres und Anelka – so viele Plätze hat Chelsea-Trainer Ancelotti in seinem Team nicht, dass alle drei zum Einsatz kommen und die Mannschaft dennoch funktioniert. So entschloss sich der Italiener im Heimspiel gegen United dazu, Anelka draußen zu lassen und mit einem 4-4-2 mit flachem Mittelfeld zu spielen. Bei United setzte Sir Alex auf ein 4-4-1-1, in dem Rooney hinter Hernandez als hängende Spitze agierte.

Die überrschendste Maßnahme in den Formationen war, dass Ryan Giggs im defensiven Mittelfeldzentrum agierte. Dafür beackerte Park Ji-Sung den linken Flügel. Auf die Schnelligkeit kann man ja bei Giggs immer noch in einzelnen Aktionen bauen, aber für das dauerhafte Bearbeiten der Seitenlinie hat der Koreaner einfach mehr Luft. Zudem kann Giggs auch aus dem Zentrum heraus seine Spielübersicht einbringen.

So oder so, keine der beiden Mannschaften schaffte es, wirklich Konstruktives mit dem Ball anzustellen. Bei Manchester war zuerst das Verteidigen des eigenen Strafraums angesagt und Vorstöße kamen in vielen Fällen auch über lange Bälle auf Rooney bzw. Park und Valencia an den Flanken, immer wieder aber kamen diese nicht an oder wurden gut verteidigt. Auffällig bei Valencia: Er ging nicht mit dem Ball am Fuß steil, sondern verlagerte oft mit hohen Pässen Richtung Spitze oder gar mit Seitenwechseln das Spiel wieder weg von ihm. Dennoch hatte United gegenüber Chelsea einen großen Vorteil im Spiel nach vorne: Die Positioniertung von Wayne Rooney als hängender Spitze.

Klassisches Problem bei Chelseas flachem 4-4-2

Chelsea hatte durch das flache 4-4-2 nämlich mit dem altbekannten Problem dieses Systems zu kämpfen: Wie kommt der Ball zu den Stürmern? Torres und Drogba spielten beide sehr hoch und hinter ihnen tat sich ein großes Loch auf. So mussten Lampard und Essien aus dem Zentrum erst einmal an drei Gegenspielern vorbei (Rooney, Giggs und Carrick), ehe auf die Sputzen immer noch Ferdinand und Vidic aufpassten. So blieb mehr Verantwortung an den Außenverteidigiern hängen, die hinte den einrückenden Shirkov bzw. Ramires nach vorne gingen.

Das Problem dabei: Rückten sie zu weit auf, waren wiederum Park und Valencia frei für lange Anspiele aus der Verteidigung heraus. So pläterschte das Spiel auf nicht allzu unterhaltsamem Niveau dahin – ehe Giggs doch einmal einen schnellen Antritt nach vorne wagte. Er nahm den tollen Pass des heute sehr starken Carrick an, ging bis zur Grundlinie durch, legte zurück und aus der Tiefe kam Rooney angeschossen und drückte die Kugel zum 1:0 über die Linie.

Wenig Reaktion bei Chelsea

Die Hausherren reagierten zunächst kaum auf den Rückstand, eher zogen sich die Gäste nun ein wenig zurück. Lampard orientierte sich im Gegenzug etwas weiter nach vorne, was sich in einer geisteigerten Passquote manifestierte. Außerdem versuchte Chelsea nun auch häufiger, aus der Distanz zum Abschluss zu kommen – denn Zugriff auf den Strafraum bekamen sie nicht. So hätte es kurz vor dem Seitenwechsel den Ausgleich geben können, doch dieser gelang nicht.

Erstaunlicherweise nahm Ancelotti in der Pause keine Veränderungen vor, sondern beorderte lediglich Lampard weiterhin nach vorne. Juri Shirkov indes blieb auf der linken Seite blass und dieser Eindruck verstärkte sich noch, als sein Gegenspieler Rafael verletzt vom Platz musste. Ferguson nämlich brachte nun Nani, dafür ging Valencia zurück auf die Rechtsverteidigier-Position – somit sah sich der Russe nun zwei offensiven Leuten gegenüber und konnte gar nicht mehr ins Spiel eingreifen.

Chelsea - Man Utd (Schlussphase)

Ancelotti stellt doch noch um – nicht ohne Wirkung

Erst in der 70. Minute konnte sich Chelsea-Coach Ancelotti zu einer Veränderung seiner Grundordnung durchringen: Er brachte Anelka für Drogba, und der Franzose orientierte sich auf den rechten Flügel, bzw. immer wieder auch ganz weit zurück, um sich die Bälle im defensiven Mittelfeld schon zu holen. Die Blues agierten in den letzten 20 Minute mit einem etwas schiefen 4-2-3-1, mit Torres vorne und dem Trio Malouda/Lampard/Anelka dahinter. Durchaus mit Erfolg, denn nun bekam Chelsea den Gegner unter Kontrolle und drückte ihm endlich das eigene Spiel auf.

Das sichtbare Zeichen des Umstellens bei United war der Tausch von Berbatov für Hernandez, aber Ferguson stellte für die Schlussphase auch sein System um: Rooney ging vom Zentrum auf die linke Seite, dafür gesellte sich Park Ji-Sung ins Zentrum, um gemeinsam mit Carrick und Giggs dort zuzumachen. Das gelang aber nicht wirklich, Chelsea kam in der Schlussphase zu einigen guten Möglichkeiten (zumeist wiederum aus durchaus gefährlichen Weitschüssen) und hätte auch in der Nachspielzeit noch zumindest einen Elfmeter bekommen können, wenn nicht müssen…

Fazit: Ancelotti reagierte zu spät

Es ist eine viel diskutierte Frage, vor allem seit Torres bei Chelsea ist: Stellt Ancelotti wirklich nach Leistung auf und dem Versuch, eine funktionierende Formation zu finden, oder doch eher nach Name und Ego? Denn das Duo Torres/Drogba mit einem flachen Mittelfeld dahinter hat überhaupt nicht funktioniert. Chelsea schaffte es nich in ausreichendem Maße, die beiden Stoßstürmer mit den nötigen Bällen zu versorgen. Erst, als Anelka kam und deutlich mehr aus der Tiefe kam, wurde Chelsea wirklich gefährlich.

United verteidigte gegen ein lange Zeit zu einfallsloses Chelsea recht gut und brachte den Ball vor allem durch Park Ji-Sung und den tief spielenden Rooney immer wieder schnell vor das gegnerische Tor. Es war sicherlich keine weltbewegende Leistung, die auf ewig in Erinnerung bleiben wird, aber grundsolide und auf die Schwächen des Gegners gut eingestellt. Erst in der Schlussphase kam United wirklich unter Druck, so aber sieht alles nach einem Semifinale gege Schalke aus.

(phe)

Link-Tipp: Im Liga-Spiel am 1. März hat Chelsea noch 2:1 gewonnen.

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.