Asiencup, Tag 10: Nervensache

Entscheidend an letzten Gruppenspieltagen: Die Nerven! Die Katar behielt, gegen Kuwait früh 2:0 voran lag und so ins Viertelfinale einziet. Die auch die Usbeken nicht wegwarfen und trotz frühem Rückstand zu einem 2:2 kommen. Gegen China – wo ein Team, das keines ist, dem Druck nicht gewachsen war.

China – Usbekistan 2:2 (1:1)

China - Usbekistan 2:2

Ein Sieg mit zwei Toren Differenz musste es für die Chinesen sein, um noch ins Viertelfinale zu kommen – auf Kosten von Katar; ein höherer Sieg, und die Usbeken wären raus gewesen. Für Ziel „Sieg“ schickte Teamchef Gao Hongbo erneut eine neue Aufstellung ins Spiel, mitvor allem zwei wichtigen Änderungen: Hao Junmin übernahm das rechte Mittelfeld und Wang Song die Position der hängenden Spitze. Und mit dem 1:0 nach fünf Minuten (nach einem Eckball) ging die Partie für China auch gut los.

Wang Song agierte als hängende Spitze im 4-4-1-1 wesentlich agiler als Deng Zhuoxiang in den ersten Partien, der 27-Jähriger bewegte sich sehr viel, versuchte die gesamte Breite des Spielfeldes abzudecken und verlegte sich dann vermehrt daruf, den Platz hinter Kapadze, dem usbekischen Achter, auszunützen. Wesentlich weniger fleißig war da schon der Schalke Hao Junmin – in den ersten Spielen war er jeweils eingewechselt worden und machte dort auch vor allem defensiv einen guten Job, aber gegen die Usbeken war er ein Totalausfall.

Er orientierte sich zu oft zu weit ins Zentrum, sodass Andrejev und Djeparov in seinem Rücken einige Freiheiten genossen. Natürlich fiel auch der Ausgleich über die Seite von Hao Junmin: Er sah nur fasziniert zu, wie ihn die Usbeken umspielten und er lief uch nicht hinterher, um seinen Rechtsverteidiger Zhang Liping zu helfen. So stand es nach einer halben Stunde 1:1. In der Tat hatte der Deutschland-Legionär nur eine wirklich gute Szene, als seine einzige brauchbare Flanke vor der Pause von Gao Lin auf Tor geköpft wurde, Usbeken-Torwart Nesterov aber bravurös hielt.

Aber auch das zentrale Mittelfeld der Chinesen war trotz des guten Starts nicht so recht auf der Höhe – zwar bemühte sich Wang Song, immer anspielbar zu sein, aber dennoch war das perfekt eingespielte und sehr kompakte Mittelfeld der Usbeken hier immer einen Schritt voraus. Die Usbeken bestätigten bei aller Überlegenheit in der Zentrale und auch im Spielaufbau dennoch eine Erkenntnis aus den ersten Gruppenpartien: Torgefahr zu entwickeln fällt ihnen extrem schwer.

Bestes Sinnbild dafür ist Alexander Geinrich. Der Solo-Stürmer läuft extrem viel, ist ein sehr unangenehmer Gegenspieler, schmeißt sich giftig in jeden sich bietenden Zweikampf, ist vor dem Tor aber komplett harmlos. Kein Wunder, dass es 23 Sekunden nach Anpfiff zur zweiten Hälfte ein 30-Meter-Wunderding ins Kreuzeck sein musste, aus der der Sohn deutscher Vorfahren zum 2:1 für seine Mannschaft traf. Das zwang die Chinesen nun natürlich, deutlich mehr Risiko zu gehen: Yu Hai orientierte sich deutlich weiter nach vorne, und auch Hao Junmin bekam seine Seite nun dadurch besser in den Griff, dass er offensiver Spielte und Andrejev mehr hinten beschäftigte; generell stand die Mannschaft nun höher. Der Lohn: Hao Junmins sensationeller Freistoß zum 2:2 nach knapp einer Stunde.

Die Chinesen brauchten nun noch zwei Tore, um doch noch ins Viertelfinale zu kommen – und eine Niederlage mit zwei Toren Differenz hätte auch den Usbeken zum Aufstieg gereicht. Chinas Teamchef Gao Hongbo brachte nun mit Yang Xu einen zweiten echten Stürmer, dafür rückte Wang Song statt des aus dem Spiel genommenen Yu Hai auf die linke Seite; das bedeutete nun ein klares 4-4-2. Worauf auch der usbeikische Teamchef Abramov sofort reagierte und mit Sanjar Tursunov einen neuen Mann für seine rechte Offensivseite brachte. Das Ziel war klar: Den entstehenden Platz hinter dem defensiv eher unbedarften Wang Song auszunützen.

Den Chinesen fehlte nun aber die Ruhe und auch sichtlich der Plan, wie es tatsächlich noch zwei Tore geben sollte. Zwar übernahm Hao Junmin jetzt vermehrt Verantwortung nach vorne, indem er so ein wenig die freigewordene Spielmacher-Position zu besetzen versuchte, aber die umsichtige usbekische Defensive ließ nun kaum mehr Standardsituationen zu (und anders wurden die Chinesen nun mal kaum gefährlich), zum anderen ließen nicht nur beim Team aus China, sondern auch beim direkten Umfeld immer mehr die Nerven aus. So musste kurz vor Schluss Teamchef Gao Hongbo sogar noch auf die Tribüne, weil er sich über eine Nichtigkeit allzu sehr beim vierten Offiziellen beschwerte (indem er ihn etwa 20 Mal lautstark nach dem „Why???“ befragte).

Fazit: Das 2:2 entspricht dem Spielverlauf durchaus. Die Chinesen waren zwar bemüht, aber man hatte auch in diesem Spiel nie den Eindruck, dass eine funktionierende Mannschaft auf dem Platz stand. Das war generell die Schwäche dieses Teams in diesem Turnier (dazu im Vorrundenfazit mehr). Die Usbeken spielten im Grunde genauso wie in den ersten beiden Spielen: Kompakt, aber auch bieder und ohne wirkliche Torgefahr zu versprühen. Und auch nach dem frühen Rückstand verließen sie nie die Nerven – anders als beim Gegner.

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Katar – Kuwait 3:0 (2:0)

Katar - Kuwait 3:0

Warum verändern, was funktioniert hat? Katars Teamchef Bruno Metsu schickte geneu  jene Formation wieder aufs Feld, die sich gegen China gefunden hatte und sich die Chance erspielt hat, nach dem schlechten Start gegen Usbekistan doch noch ins Viertelfinale einzuziehen. Mit dem Unterschied, dass sich das Offensivduo etwas nach links verschuben hat – Yusuf Ahmed spielte sehr zentral statt über halbrechts; Soria war beinahe ein echter Linksaußen. Die Kuwaitis, die schon auf ein größeres Wunder für den Aufstieg hoffen mussten, legten es etwas defensiver an als zuletzt – mit einem 4-1-4-1, bei dem Al-Mutwa über halbrechts gerne nach vorne stieß.

Der Plan war klar: Aus einer sicheren Defensiver heraus Katar dazu zu zwingen, das Spiel zu gestalten, und dann über die schnellen Außen Walied und vor allem Fahad Al-Enezi zu kontern. Das klappte in den Anfangsminuten ganz gut, denn Katar wurde wenn, dann nur aus Standards gefährlich. Und aus Kontern – denn im Ballbesitz rückte Kuwait auf, was Yusuf Ahmed mit seiner Schnelligkeit bestrafen konnte. Die frühe Entscheidung in diesem Spiel fiel allerdings aus groben Abwehrschnitzern: Erst ließ die Kuwaitische Abwehr Bilal Mohamed und Yusuf Ahmed nach einer Soria-Flanke völlig frei zum Kopfball hochsteigen, wenige Minuten später liefen sich Al-Taher, Fadel und Al-Rashidi vor dem eigenen Tor fast gegenseitig um, sodass El-Sayed mühelos zum 2:0 verwandel konnte.

Das reichte den Kataris erst einmal und sie sahen sich nun an, was Katar anzubieten hatte. Wenig überraschend, angesichts des eigenen klaren Rückstands, der gleichzeitigen Führung der Chinesen und dami damit so gut wie besiegeltem Aus war das bis zur Pause äußerst wenig. Auch die umstellungen, die Kuwait-Teamchef in der Halbzeit vornahm, brachten da keinen echtem Umschwung mehr – mit Ajab brachte er statt Linksverteidiger Al-Taher einen zweiten echten Strürme, Sechser Al-Amer ging nach links hinten und Kuwait spielte in einem 4-4-2.

Doch ohne ein echtes Ziel vor Augen fehlte es den geschlagenen Kuwaitis am nötigen Esprit und die Mannschaft aus Katar musste ja nichts mehr machen – nur noch hoffen, dass die Chinesen nicht mir zwei Toren Vorsprung gewinnen, die Höhe des eigenen Sieges war ja irrelevant. So hatte Kuwait am Ende zwar fast 60 Prozent Ballbesitz – aber nach dem direkt verwandelten Freistoß des eingewechselten Fábio César nahm Katar den in den letzten 75 Minuten nie mehr gefährdeten 3:0-Sieg und damit das Viertelfinal-Ticket mit.

Fazit: Das Spiel war nach einer Viertelstunde entschieden, plätscherte danach nur noch dem Schlusspfiff entgegen. Die Kuwaitis zeigten einmal mehr, woran es ihnen fehlt – nämlich an einem wirklich schlüsseigen Plan nach vorne. Katar profitierte davon, den Gegner mit zwei frühen Toren zu demoralisieren, danach war nur noch Uhr runterspielen angesagt.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.