Freiburg zeigt, wie’s gehen könnte

Vierter gegen Erster – wer vor der Saison gewettet hätte, dieses Attribut würde auf Freiburg gegen Dortmund zutreffen, wäre jetzt wohl reich. In diesem Spiel hatte Freiburg die bessere erste Hälfte, aber weil BVB-Coach Klopp in der Pause richtig reagierte, drehte sich das Spiel danach komplett.

SC Freiburg - Borussia Dortmund 1:2 (1. Hälfte)

Als „Überraschungsteams“ kann man beide Mannschaften in dieser Bundesliga-Saison betrachten. Zugegeben, bei Dortmund war zu erwarten, dass das Team von Jürgen Klopp eine gute Rolle spielen würde – nun ist der BVB aber überlegener Tabellenführer. Und Freiburg war als Abstiegskandidat in die Saison gegangen, dank der starken Arbeit von Trainer Robin Dutt – auch er einer der jungen, modernen Generation von Trainern, die sich in Deutschland in den letzten Jahren immer mehr durchsetzten – liegt der als kleiner Klub mit begrenzten finanziellen Mitteln mitunter etwas belächelte Klub nach 12 Spieltagen auf einem sensationellen vierten Tabellenplatz.

Freiburg hatte zu Beginn allerdings einiges an Problemen. Vor allem der Sechser Julian Schuster stand immer so ein wenig zwischen den Stühlen. Denn wenn Kagawa sich weiter in die Spitze orientierte, ließ er sich weiter fallen – was vor allem Nuri Sahin, aber auch den nach innen ziehenden Großkreutz und Götze Raum gab. Ließ er von Kagawa ab und stand höher, hatte der qurilige und enorm spielintelligente Japaner den Platz, den er benötigte. Vor allem Toprak ließ sich dadurch immer wieder aus der Innenverteidigung ziehen, was Barrios wiederum Räume ermöglichte.

Zudem zog Dortmund das gefürchtete Pressing bis zur gegnerischen Torlinie oftmals so konsequent durch, dass Bastians diverse Male parallel zur Linie riskante Rückpässe auf Freiburg-Goalie Oliver Baumann spielen musste. Wirklich in echte Torchancen ummünzen konnte der Tabellenführer diese grundsätzliche Überlegenheit aber nicht. Im Gegenteil, Freiburg spielte sich vor allem über die rechte Seite des Weißrussen Anton Putsila immer wieder schön nach vorne, auch der extrem laufstarke Solo-Stürmer Papiss Cissé konnte sich immer wieder anbieten.

Dennoch war die Leistung beider Teams lange geprägt von großer Ungenauigkeit, es kam kaum ein flüssiges Spiel zu Stande. Das änderte sich erst, als Freiburg in Führung ging – durch ein Tor, das nie hätte fallen dürfen. Erst wurde ein simpler Ausrutscher mit einem Freistoß belohnt, dann wurde Dortmund-Goalie Weidenfeller an der Fünfmeterraum-Grenze gerempelt, und zu guter Letzt traf Subotic beim Rettungsversuch Hummels, von dem der Ball ins Tor ging.

Freiburg fand mit der Führung im Rücken deutlich besser ins Spiel. Mit Makiadi und Abdessadki rückten die beiden zentralen Spieler der Mittelfeldkette etwas nach vorne, konnten so Sahin und Bender beschäftigen und somit kontrollieren konnten. Somit hatte Schuster nun die Sicherheit, ohne allzu große Gefahr Kagawa zu vernachlässigen – weil der Japaner von den Versorgungswegen abgeschnitten war. Das Heimteam kontrollierte das Spiel bis zur Halbzeit recht sicher und brachte die 1:0-Führung in die Kabine.

Freiburg - Dortmund 1:2 (2. Hälfte)

Dort reagierte Klopp auf die Tatsache, dass Kagawa zunehmend isoliert war. Er zog Götze zum Japaner in die Zentrale, um den vor der Pause immer stärker werdenden Schuster mit zwei Spielern zu überfordern. Die so frei gewordene linke Seite füllten nund Schmelzer und Sahin in Gemeinschaftsarbeit. Mit sofortiger Wirkung: Dortmund drückte die Freiburger nun brutal hinten hinein und kam schnell zu einigen wirklich guten Ausgleichschancen. Zudem war durch die nun deutlich offensivere Ausrichtung Makiadi nun deutlich mehr mit Bender beschäftigt – umgekehrt zur ersten Hälfte. Auch Abdessadki hatte nun kaum noch Gelegenheiten, Cissé in Szene zu setzen. Von einigen Kontern abgesehen, war Dortmund am Drücker.

Klopp änderte seine neue Formation auch nicht wirklich, als Blaszczykowski (statt des diesmal eher schwachen Großkreutz) und Lewandowski (statt Kagawa) eingewechselt wurden. Freiburg-Coach Dutt versäumte es, auf das deutlich verschobene Gleichgewicht im Mittelfeld zu reagieren, und so war es nur verdient, als Dortmund in der 75. Minute dann doch zum Ausgleich kam. Der weit aufgerückte Linksverteidiger Schmelzer flankte einen Ball in die Mitte, wo der eben erst eingewechselte Lewandowski den Ball zum 1:1 verwerten konnte.

Nun stellte Dutt doch um: Mit Reisinger (für Makiadi) kam ein zweite echter Stürmer, die Formation wurde ein 4-1-3-2. Was ein Zeichen hätte sein sollen, dass man mit einem Remis nicht ganz zufrieden ist, wurde allerdings von der ersten Aktion nach dem Wechsel torpediert – diesmal war es Rechtsverteidiger Piszczek, der nach innen flankte, und Mujdza per Eigentor vor Barrios und Götze ins eigene Tor zum 2:1 für Dortmund. Innerhalb von drei Minuten hatten die Borussen das Spiel gedreht. Mit Pech für Freiburg, denn hinter Mujdza stand Götze auf eine Weise im Abseits, die sicher nicht als „passiv“ bezeichnet werden kann.

Freiburg warf mit dem zweiten Stürmer (und neuen Flügelspielern) nun noch alles nach vorne, was Dortmund den Raum zur vermeintlichen Entscheidung gab. Aber den Konter schließt Blaszczykowski mit einem unglaublichen Fehlschuss über das Tor ab. Was sich beinahe gerächt hätte – denn in der Nachspielzeit hatte Julian Schuster mit einem Kopfball noch die Riesenchance auf den Ausgleich. Weil er aber nur die Latte traf, blieb es beim 2:1-Sieg für Dortmund.

Fazit: Dortmund hat das Spiel verdient gewonnen, weil Klopp mit seinen Umstellungen in der Halbzeit alles richtig gemacht hat und Robin Dutt mit seiner Reaktion viel zu lange gewartet hat – nämlich, bis der Ausgleich gefallen war. Freiburg machte in der ersten Hälfte vieles richtig, war aber nach dem Seitenwechsel zu lange nicht in der Lage, sich vom Dortmunder Druck zu befreien. Der SCF zeigte, wie man Dortmund schlagen könnte – hielt es aber nicht durch.

Wiederum sichtbar wurde allerdings, warum der BVB die Bundesliga mit sieben Zählern Vorsprung recht ungefährdet anführt.

(phe)

Cool? Sag das doch anderen!

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.