Warum es gegen Kroatien nicht geklappt hat

Beinahe hätte sich Constantini eines Unentschiedens gegen den 9. der FIFA Weltrangliste brüsten. Beinahe. Gesorgt dafür hätte beinahe Goalie Jürgen Macho im Alleingang, der mehrmals die Kohlen aus dem Feuer holen musste. Dann sorgte Bilic in Minute 86 doch noch für Gerechtigkeit, wenn auch nicht in dem Spielverlauf angemessener Höhe. Es hätte letztlich auch 0:3 oder 0:4 stehen können.

Was ich nicht verstehe – und wohl auch nie verstehen werde – ist die Angstscheisser-Mentalität, die Constantini scheinbar von Hickersberger übernommen hat (in Wahrheit ist sie natürlich viel älter). Zu Hause wollte man gegen eine nicht in A-Formation auflaufende Kroatienauswahl auf Konter spielen, das gab der Bundestrainer schon vor Ankick dem ORF Kommentator mit.




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Dementsprechend kam man auch kaum aus dem eigenen Schneckenhaus. Bis auf sporadische Vorstöße von Wallner, Harnik oder Korkmaz ging man erst in der eigenen Hälfte in die Zweikämpfe. Und wenn die fast immer wackelige Abwehr einmal schnell klären konnte, fehlte die Geschwindigkeit zum Konter – auch weil die Raumaufteilung im Mittelfeld offensichtlich hinten und vorn nicht stimmte.

Logische Konsequenz: Die einzige wirklich große Chance vergab Janko nach einer Harnik-Flanke. Und ausgerechnet der Fast-Assistgeber musste dann 7 Minuten vor Halbzeitende das Feld räumen. Und nicht etwa der blasse Schiemer, dem einige Schnitzer unterliefen. Harnik hatte bis dahin meines Erachtens eine solide Leistung abgeliefert, im Interview nach dem Match behauptete der Nationalcoach allerdings, dass „dem Martin [ist] gar nichts gelungen“ sei. Er muss wohl ein anderes Spiel gesehen haben.

Während Harnik-Ersatz Florian Klein den Kroaten also deutlich weniger Schwierigkeiten bereitete, schwächte Constantini mit einem weiteren Wechsel erneut die Seite. Der stark aufzeigende Ümit Korkmaz, wurde gegen Drazan ausgetauscht. Möglicherweise signalisierte „Ü“ vorher schon Müdigkeit, den Eindruck machte er auf mich jedoch nicht. Mit Schnelligkeit allein war den Gästen jedenfalls deutlich weniger zu zusetzen.

Immerhin, statt die völlig abgemeldeten Stürmer einfach nur auszutauschen stärkte Constantini mit „Wallner raus, Leitgeb rein“ das Mittelfeld. Und wäre das bereits erwähnte (und gegen Ende in die Abwehr ausgeweitete) Problem der mangelhaften Raumaufteilung nicht gewesen, hätte das vielleicht was gebracht. So aber konnte Leitgeb bis auf ein paar Dribblings nicht viel ausrichten – und spätestens in den neu besetzten Flanken versandete der Ball.

Es war hauptsächlich ein taktisches Desaster, denn am Kader kann ich nur wenig aussetzen. Ortlechner war die einzig offensichtliche Fehlbesetzung der Startelf – die Ersatzbank war dafür seltsam besetzt. Fürs Mittelfeld wäre da neben den tatsächlich Eingewechselten nur noch Pehlivan als Alternative im Angebot gewesen.

Das Problem ist nicht der Kader, wenngleich ein Friedensschluss zwischen Constantini und Ivanschitz wünschenswert wäre und man hier und da noch rumschrauben könnte. Und glitzernde Rohdiamanten wie Turgay Bahadir nicht einfach verschenken sollte. Das Problem ist die Mutlosigkeit. Wenn die Abwehr unsicher ist – und das ist sie ja nicht erst seit heute – dann ist eine Konterausrichtung Kamikaze mit Anlauf. Wenn hinten ein Loch ist, muss man es im Fußball vorne stopfen, dann ist Angriff die beste Verteidigung.

Da kann man, wie heute, noch so oft betonen, wie hochklassig der Gegner doch ist. Es ist auch beim tausendsten Mal nicht mehr als eine Ausrede für das Versagen von Trainer und Verband.

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Über Georg Pichler

Journalist und zumindest digitaler Superkicker. In echt hütet er meistens das Kastl und das recht gut. Zukünftiger ÖFB-Präsident. Kein Fan, mag aber Sturm Graz.