Herbstsaison 2009 – eine Bilanz

Alle vier Teams in der EuroLeague-Gruppenphase – ein über Jahre hinweg einzigartiges Ereignis. Dennoch ist es nun auch gut, dass einmal Pause ist. Schließlich ist gerade den Spitzenteams der Kräfteverschleiß deutlich anzumerken.

Am besten konnte das noch Rapid kaschieren – weshalb es kein Wunder ist, dass sich die Grün-Weißen, den nach starkem August/September doch deutlich nachlassenden Auftritten auf internationaler Ebene zum Trotz, die Winterkrone aufsetzen durften. Und der Abgang des Sturmduos Maierhofer/Hoffer im August stellte sich im Nahhinein als großer programmatischer Gewinn heraus: Nicht nur, dass durch diese Transfers jede Menge Geld in die Klubkassen gespült wurde. Nein, auch auf dem Feld wirkte sich die dadurch notwendige Systemumstellung äußerst positiv auf die zuvor eher berechenbare und rein auf individuelle Klasse abzielende Spielweise aus. Dass die beiden Abgegebenen bei ihren neuen Vereinen in England und Italien eine untergeordnete bzw. gar keine Rolle spielen, sei hier nur als Fußnote erwähnt.

Wenig überraschend ist Salzburg der einzige Konkurrent, dem es zuzutrauen ist, die Rapidler noch von der Spitze abzufangen. Huub Stevens brauchte zwar lange, um die beste Ausrichtung für seine Mannschaft zu finden (was den Bullen auch die CL-Teilnahme kostete), aber einmal in ihrem Rhythmus, war Salzburg praktisch nicht mehr zu bezwingen – seither gab es nur eine einzige Niederlage und in den letzten elf Ligaspielen nur noch sechs Gegentore. Zudem haben die Salzburger durch den überragenden Herbst im Europapokal noch das Wissen gewonnen, zumindest mit der europäischen Mittelklasse absolut mithalten zu können.

Wohl schon aus dem Rennen um den Titel, aber mit besten Chancen auf einen Platz im internationalen Geschäft schließt die Austria den Herbst als Dritter ab. Die neu geholten Spieler erwiesen sich als gute Investitionen und das Team macht einen recht eingespielten Eindruck. Aber am Verteilerkreis ist nicht alles Gold, was glänzt: Zum einen kosteten die langwierigen Ausfälle des Angriffsduos Okotie/Jun sicherlich einige Punkte und zum anderen steht der Verein den desuktriven Kräften auf der Osttribüne, die besonders bei den Spielen gegen Funchal und Bilbao für Eklats sorgten, recht hilflos gegenüber.

Den vielen Spielen und dem kleinen Kader musste in diesem Herbst Sturm Tribut zollen: Der volle Kalender der letzten Monate setzte keinem der vier Spitzenteams so sehr zu wie den Grazern. Und weil schließlich auch Mannschaftsstützen wie Mario Kienzl und Mario Haas, und am Ende auch Petr Hlinka, lange Zeit nicht zur Verfügung standen, konnte Coach Foda seinen verbliebenen Leistungsträgern (allen voran Beichler und Jantscher) kaum eine Verschnaufpause gönnen. Den internationalen Platz hat Sturm zwar noch nicht ganz aus den Augen verloren, aber es wäre bei sechs Punkten Rückstand aus Sicht der Blackies dennoch angebracht, dem ÖFB-Cup gesteigerte Beachtung zukommen zu lassen, möchte man sich auch in der nächsten Saison international beweisen dürfen.

Hinter Sturm beginnt dann endgültig das Tabellenmittelfeld, fast erwartungsgemäß angeführt von Ried. Die Oberösterreicher spielen genauso diszipliniert und unaufgeregt wie in der letzten Saison und fahren so auch die Punkte ein, die für den fünften Platz reichen und Trainerfuchs Gludovatz die Möglichkeit eröffnet, vermeht auch dem mit einigem Potential ausgestatteten Nachwuchs Chancen zu geben. Nicht enttäuscht, aber auch nicht begeistert hat – ebenso wie erwartet – der Aufsteiger aus Wiener Neustadt. Dass das Team von Trainer Helmut Kraft auf dem sechsten Platz und damit weit weg von allen Abstiegssorgen überwintert, darf als Normalität verbucht werden. Dass er das mit dem jüngsten Team der Liga und der meisten Einsatzzeit von österreichischen Akteuren schafft, ist allerdings bemerkenswert: In die Jahre gekommene vermeintliche Leistungsträger wie die Tschechen Kolousek und Johana spielen kaum eine Rolle, junge Einheimische wie Ramsebner, Reiter und Alex Grünwald jedoch sehr wohl.

Und auch Mattersburg darf mit dem Verlauf des Herbstes durchaus zufrieden sein, vor allem aufgrund der Tatsache, dass der Klassenerhalt in der letzten Saison nur mit viel Zittern erreicht wurde. Dass Ilco Naumoski, das Enfant Terrible im Angriffszentrum, nach langem Hin und Her doch gehalten wurde, sorgte in der Offensive für die notwendigen Tore; Erfolge gegen die direkte Konkurrenz (gegen die Großen Vier gab’s in acht Spielen sieben Niederlagen) die nötigen Punkte – Mattersburg hat den Klassenerhalt längst in der Tasche. Wie auch der Tabellenneunte, Kapfenberg, der ob dem Gezeigten zwar keine Luftsprünge machen, aber zumindest gut leben kann. Der im Sommer geholte Marek Heinz konnte die großen Erwartungen nicht ganz erfüllen und auch in der Mannschaft selbst sind kaum signifikante Fortschritte zu erkennen, aber dank der eigenen Kampfkraft und der Schwäche der Konkurrenz im Abstiegskampf stehen die Obersteirer ganz ordentilch da.

Das Action-Team der abgelaufenen Herbstsaison war zweifelsfrei der LASK. Der Achte ist zwar vorne brandgefährlich, was ein Verdienst des Offensivdreiecks Prager-Mayrleb-Wallner ist. Aber hinten… Die Abwehr der Linzer ist ein Hühnerhaufen, ein Torso, ein Witz. In den 19 Spielen fing man sich sagenhafte 52 Gegentore ein, davon zehn gegen Wr. Neustadt, sieben gegen Ried und ebenso sieben alleine beim Debakel in Kapfenberg, also nicht gerade gegen die Granaten der Liga. Und auswärts sind die Linzer ohnehin gerne gesehene Gäste, nur zwei Punkte gab’s da. Beide extrem glücklich, einer davon beim inferioren Schlusslicht. Nämlich in Kärnten – wo die Zeichen nach einem wirklich schlimmen Herbst recht eindeutig auf „Lichter aus“ stehen. Wie schon im vergangenen Frühjahr schlitterte die Mannschaft des kurz vor Ende der Herbstsaison gestanzten Trainers Frenkie Schinkels in diverse Debakel – 1:7 in Salzburg, 1:5 bei Rapid, 0:4 bei Sturm, 1:4 in Mattersburg. Kein Wunder, dass Kärnten abgeschlagen am Tabellenende liegt. Zur Saisonhalbzeit fehlten zehn Punkte auf das rettende Ufer, zur Winterpause elf, aber kein Team hat jemals einen größeren Halbzeitrückstand als zwei Zähler aufholen können. Also auch, wenn in den drei Spielen unter dem neuen Trainer, dem slowenischen No-Name Joze Prelogar, ein deutlicher Aufwärtstrend zu erkennen ist: Es ist schwer, den Kärntnern die 25 bis 30 Punkte, die realistischerweise wohl notwendig sein werden, zuzutrauen. Und selbst wenn doch, ist Kärnten ein heißer Kandidat auf eine verweigerte Lizenz…

Erste Liga
Zwar ist Innsbruck der Herbstmeister in der zweithöchsten Spielklasse – aber die klammen Kassen bei den Tiroler stehen im krassen Gegensatz zu den zumeist starken Auftritten der Mannschaft. Daher muss der Winter-Zweite Admira wohl als Favorit auf den Aufsteig gelten. Nicht nur aufgrund der finanziell deutlich besseren Ausgangslage, sondern auch angesichts der Formkurve. Mäßig in die Saison gestartet, schaffte es in den letzten sieben Spielen niemand mehr, dem Team von Trainer Walter Schachner auch nur ein Tor zu schießen. In Lauerstellung, aber in klaren Außenseiterrollen lauern Austria Lustenau und Absteiger Altach auf Patzer den Spitzenduos.
St. Pölten bekommt in zwei Jahren nun fix ein neues Stadion und hat bis dahin Zeit, eine aufstiegsfähige Mannschaft zu bauen, Gratkorn steht halbwegs sicher im Mittelfeld, sowie auch die Jungbullen, die aber (wie die Kollegen von der Wiener Austria, die Vorletzter sind) unabhängig von der Tabellenposition die Liga nach unten verlassen müssen.
Dahinter beginnt die Abstiegszone: Der FC Lustenau rutschte nach gutem Start weit nach hinten und trennte sich von Coach Bjelica, zusammen mit den drei Aufsteigern balgen sich die Vorarlberger um die rettenden Plätze und gegen den Platz als Fixabsteiger und den in der Relegation. Während die höher eingeschätzte Vienna dabei bislang enttäuschte, holt sich Schießbude Hartberg (16:43 Tore…) doch immer wieder gute Punkte. Abgeschlagen liegen schon jetzt die überforderten Dornbirner – eine kolportierte Fusion mit dem FC Lustenau könnte im Sommer aber doch die Rettung bringen.

Regionalligen
Im Grunde sind zwei der drei Regionalligen jetzt schon entschieden: Im Osten hat sich die Konkurrenz von Herbstmeister Waidhofen (dass Ivo Vastic mit dieser Durchschnitts-Truppe so weit vorne ist, spricht eher gegen die Liga als für Waidhofen) aus Horn, Parndorf und vom FAC auf dem Platz selbst ausgebremst; in der RLM jene des WAC aus Wolfsberg mit Pasching (Statuten) und dem GAK (Finanzen) abseits des Platzes. Da Waidhofen acht Punkte auf den nächsten Konkurrenten (Admira und Rapid Amas dürfen nicht, Neusiedl will nicht so recht) und der WAC sieben Zähler auf selbigen (was für Blau-Weiß Linz zu viel sein sollte) Vorsprung haben, dürften sich diese beiden Teams im Juni um einen Platz in der Ersten Liga duellieren.
Nur im Westen gibt es einen heißen Zweikampf zwischen dem ewigen Aufstiegskandidaten Wattens und dem Erste-Liga-Absteiger aus Grödig, der zur Winterpause die Tabellen anführt. Der Meister muss gegen das Relegationsteam aus der Ersten Liga ran – und darf sich dort sicherlich realistische Chancen ausrechnen.

ÖFB-Cup
Ganz so arg gerupft wie letzes Jahr wurden die Bundesligisten diesmal nicht – im Achtelfinale wird es aber mindestens zwei erwischen, wenn im Spitzenspiel die Salzburger zu Sturm müssen; dazu empfängt der LASK die Austria. Rapid muss zum letzten verbliebenen Regionalliga-Team zu Blau-Weiß Linz, Ried und Wr. Neustadt sind bei den Ländle-Teams der Ersten Liga aus Dornbirn bzw. vom FC Lustenau klarer Favorit, Bundesliga-Prügelknabe Kärnten hat die bislang enttäuschende Vienna zu Gast. Und mindestens zwei Erste-Liga-Teams kommen sicher ins Viertelfinale – das Spitzenduo Innsbruck und Admira ist gegen Austria Lustenau und Gratkorn zu favorisieren.
Der Cup als kürzester Weg ins europäische Geschäft ist nicht nur, aber vor allem auch für die Großen 4 ein nicht zu unterschätzender Faktor. Schließlich kommen nur drei von ihnen über die Liga nach Europa. Für den Vierten bleibt nur der Ausweg Cup!

Nationalteam
Ja, es ist der dritte Gruppenplatz geworden. Gut so. Und ja, die jungen Burschen von Teamchef Constantini (der den Altersschnitt teilweise auf unter 22 Jahre drückte) haben bei guter Entwicklung eine schöne Zukunft vor sich. Doch leider überdeckt der Hype, den der zu oft blinde Boulevard um den Kindergarten Nationalteam machen, dass im ganzen Jahr nur ein einziges wirklich gutes Spiel dabei war (das in Belgrad) und Constantini Woche für Woche wunderlicher wird. Vorläufiger Höhepunkt war seine Ankündigung, künftig auf Außenverteidiger zu verzichten und die Abwehrreihe aus vier echten Innenverteidigern bilden zu wollen.
Mal abwarten, was die Auslosung für die EM-Quali im Februar für Gegner bringt. Sich vorher darüber Gedanken zu machen, ist ohnehin müßig.

So, und jetzt ist erstmal Winterpause. Recht so.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.