Großes Risiko – Wenig Hoffnungen

Nach sechs Jahren Quälerei hat sie also ein Ende, die unrühmliche Amtszeit von Friedrich Stickler als höchster Mann im ÖFB. Sechs Jahre, in denen die Aktionen überwiegen, über die man nur den Kopf schütteln kann. Die patscherte Inthronisation von Hickersberger, das weitgehend ahnungslose Auftreten in Fußballfragen und seine Ankündigung, die wichtigen Innovationen (wie Fitness-Trainer usw.) nach der EURO wieder zu streichen, sollen hier nur einmal am Rande erwähnt werden.

Bitter nur: Die einzige wirklich richtige Entscheidung seiner Zeit als ÖFB-Boss, die Bestellung eines Fachmanns wie Karel Brückner, der auf die Medien scheißt und sein Ding durchzieht, droht nach fünf Spielen schon ein abruptes Ende beschieden. Wer Kurt Ehrenberger bei der Auslosung zum ÖFB-Cup-Achtelfinale vor einigen Wochen in ‚Sport am Sonntag‘ sah, der weiß, was für eine komplett degenerierte Pfeife sich nun zumindest vorübergehend auf den Sessel schwingt. Ein Funktionär der alten Schule, am Fußball in Wirklichkeit nicht interessiert, dessen Hauptaufgabe es immer war, möglichst viele seiner Freunde irgendwelche Posten zu verschaffen. Dabei gilt der 75-jährige im Kreis der sesselfurzenden Betonschädel im WFV noch als einer der Frischeren!

Und spätestens seit seinem unwürdigen Auftreten in der „Causa Direktaufstieg“ ist Eherenberger nicht nur für die Wiener Vereine ein rotes Tuch. Nach jahrelangen Lippenbekenntnissen, er wäre natürlich für eine 16er-Liga als 2. Leistungsstufe und den Direktaufstieg für die Regionalligameister, kam es zur vorentscheidenden Sitzung der Landespräsidenten und der Bundesliga. Ehrenberger stimmte für eine 10er-Liga ohne Direktaufstieg – ein Aufschrei der Empörung ging vor allem durch die Wiener Vereine, die ihren wankelmütigen Präsidenten auch prompt zur Rede stellten. Dem peinlichen Auftritt, bei dem Ehrenberger nicht einmal sagen konnte, worüber überhaupt genau abgestimmt worden war, folgte sein zähneknirschendes Versprechen, bei der endgültigen Abstimmung die Interessen der Vereine zu vertreten. Dass er dort den von ihm zu vertretenden Vereine ein weiteres Mal das Messer in den Rücken rammte und erst recht gegen den Direktaufstieg stimmte, ist ja eigentlich selbstverständlich.

Und dass die Entscheidung wegen eines Formalfehlers – die Vereine erhielten trotz oftmaliger Nachfrage NIE schriftliche Unterlagen dazu – noch nicht einmal rechtskräftig ist, spricht zudem für die beinahe überbordende Kompetenz im ÖFB.

Weswegen der Stickler-Rücktritt ein großes Risiko darstellt. Teamchef Brückner könnte gegangen werden, weil er den österreichischen Offiziellen, Vereinen und Medien nicht „Haberer“ genug ist – unter dem Vorwand der schlechten Ergebnisse in den letzten drei Spielen. Nach dieser Logik hätte Hickersberger schon nach drei Monaten gehen müssen – ich erinnere an ein 0:2 gegen Kanada, ein 1:4 gegen Kroatien und ein 1:2 gegen Ungarn, die Hickersbergers erste Spiele als Teamchef waren. Kein Offzieller stellte Hicker ernsthaft in Frage. Kein Wunder: Er hatte eine Austria- UND eine Rapid-Vergangenheit, verstand sich daher mit allen blendend.

Dass befreundeten „Haberern“ wie dem untragbaren Zsak (dem von ÖFB-Seite sogar noch gratuliert wurde) nicht passieren wird – im Gegenteil, er bekommt die nächste U20-Generation anvertraut, damit er auch diese verderben kann – ist klar. Dass die untragbaren Zustände in der Organisation des ÖFB mitsamt neun ebenso sinnlosen wie ahnungslosen und dazu noch viel zu mächtigen Landespräsidenten und einer Bundesliga, die von einem Vereinsfunktionär (!!!) geführt wird und für sämtliche Präsidiumsentscheidungen de facto eine Sperrminorität hat, geändert werden: Genauso dringend notwendig wie leider Gottes völlig ausgeschlossen.

Der ÖFB ist von einem straff und professionell geführten Verband ebenso weit entfernt wie Skiläufer von den Fidchi-Inseln vom Sieg im Gesamtweltcup. Dabei muss man gar nicht weit blicken, um so einen Verband zu finden. Es gibt sogar einen in Österreich: Den ÖSV. Auch wenn ich Peter Schröcksnadel für einen aufgeblasenen Selbstdarsteller halte: Er hat es geschafft, den Prototyp eines schlagkräfrigen Sportverbandes aufzubauen. Ein starker Mann, der großes Fachwissen und das politische und wirtschaftliche Ränkespiel vereint. Landesverbände spielen im ÖSV überhaupt keine Rolle. Es werden diejenigen zu Trainern gemacht, die das auch wirklich können – und nicht die, die die besten Rennläufer waren.

Natürlich ist es im international (zu recht) völlig irrelevanten Skisport leichter, an die Spitze zu kommen, wie im Fußball. Das wird Österreich nie wieder schaffen, dazu geht es uns auch einfach zu gut. Aber der ÖSV kann dem ÖFB als Vorbild dienen, wie man einen Sportverband erfolgsorientiert führt, statt auf die Haberer-Mentalität des ÖFB, wo sportlicher Erfolg zwar schön ist, aber nicht annähernd so wichtig wie das Unterbringen von Freunden auf sichere Posten. Wie sich die dort schlagen – komplett wurscht.

Der ÖSV als Vorbild ist die Chance, die sich dem Nachfolgen von Stickler (und hoffentlich Ehrenberger) bietet, sollte er den ÖFB wirklich auf sportliche Füße stellen wollen. Von den Kandidaten wäre wohl Gigi Ludwig noch der, dem das am ehesten zuzutrauen wäre. Jedweder Landespräsident von  Kapl (der ein Politiker reinsten Wassers ist) über Kaplan (böse Zungen behaupten, der Burgenländer hätte kein Problem damit, wenn alle Vereine seines Landes außer Mattersburg liquidiert würden) bis hin zu Lumper (ein manischer Kämpfer gegen den Direktaufstieg) wäre eine ebensolche Katastrophe wie die reflexartig von den Spezln der Medien ins Spiel gebrachten Herbert Prohaska (nicht optimal) und Hans Krankl (ganz ganz ganz ganz ganz schlimm).

Denn die Landespräsidenten würden einen Teufel tun uns sich selbst entmachten, Prohaska und Krankl würde erst recht wieder nur Freunde (aus der Cordoba-Generation, wie zu vermuten ist) um sich scharen, und nichts würde sich ändern.

Ja, Friedrich Stickler ist weg. Und ja, das is gut so und kommt eigentlich viel zu spät. Aber nein – vieles wird sich nicht ändern. Und es wird erst recht nicht alles besser.

Schade eigentlich. Denn selten war der Zeitpunkt so wichtig wie jetzt.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.