Der ÖFB-Cup lebt!

Nein, der Cup hat keine eigenen Gesetze. Ein Spiel dauert auch hier 90 Minuten, auch im Cup gewinnt das Team, das die meisten Tore schießt, und auch in Cupspielen gewinnt meistens der Favorit. Was macht aber nun den Reiz des Cups aus? Ist es das ewig junge Duell zwischen David und Goliath? Ich sage: Ja, ist es. Und die Tatsache, dass es dem David in Heimspielen, die nicht selten zu Volksfesten werden, hin und wieder auch gelingt, dem Goliath ein Bein zu stellen. Am 15. August ist es endlich wieder so weit: Eine echte Cuprunde, mit allen Europacup-Vertretern – an einem Wochenende!

Vor neun Jahren war es, als Rapid bei Nobody Ranshofen schmählich aus dem Bewerb schied. Vor zwei Jahren musste Sturm schon in der 1. Runde beim kleinen Grazer Vorort-Landesligisten Kalsdorf die Segel streichen. Im August 2002 gewann Blau-Weiß Linz gegen den LASK mit 3:1 – vielen Blau-Weißen Fans gilt das meistbesuchte Spiel der Clubgeschichte (8.000) bis heute als der größte Sieg des Vereins. Wenn die „Großen“ wie Rapid, Austria, Salzburg, Innsbruck und Sturm in die Provinz müssen, sorgen sie auf diversen Landesliga-Plätzen für Massenauflauf und für viele Amateur-Spieler sind es die Spiele ihres Lebens. Über viele Jahre hinweg wurde der Cup aber vom ÖFB immer weiter beschnitten und in seiner Beteutung untergraben. Nach der angesprochenen Rapid-Blamage im oberösterrichischen Innviertel am Staatsfeiertag 1999 wurde durchgesetzt, dass die Europacup-Starter erst im März in den Bewerb einsteigen müssen (Zufall?). Die TV-Berichterstattung ging immer weiter zurück – vom letzten „echten“ Cup in der Saison 2006/07 gab es erst ab dem Viertelfinale TV-Bilder, und das nach Mitternacht. Das Finale wurde übertragen – das Minimal-Sparprogramm. Wenn ein Bewerb, der in fast jedem sich selbst halbwegs ernst nehmenden Fußballland große Akzeptanz und enorme Bedeutung hat, derart mit Füßen getreten wird, so ist es kein Wunder, wenn sich auch das Interesse daran bei den Fans in Grenzen hält. Bei denen der Bundesliga-Teams, wohlgemerkt: Nicht wenige der „Städter“ sahen im Cup eine sinnlose Dörfertour, auf der man sich nur blamieren kann – nicht aber als den kürzesten Weg ins internationale Geschäft. Denn auch, wenn nun alle wieder von Anfang an spielen müssen: In nur sechs Spielen kann man sich eine komplette Saison retten, zwei bis drei davon noch dazu gegen unterklassige Mannschaften.

Das romantisierte Bild von den reinen Hobby-Kickern vom Lande, die den Fußball nur aus Spaß an der Freud‘ betreiben und dafür vielleicht einmal im Leben mit einem Spiel gegen einen Profi-Verein aus der Bundesliga belohnt werden, stimmt natürlich schon lange nicht mehr – selbst in den Landesligen geht es schon recht geld- und zeitintensiv zu, in der Regionalliga muss man schon fast einen Halb-Profi-Betrieb aufrechterhalten, um sich etablieren zu können. Aber dennoch: Der Cup ist für diese Vereine und deren Fans eine große und wichtige Sache. Groß war daher das Geschrei bei den „kleinen“ Vereinen aus den Regional- und Landesligen, als im Vorjahr der Bewerb aus dem Kalender gestrichen wurde und mit einem sportlich wertlosen und finanziell uninteressanten bis defizitären Amateur-Cup notdürftig ersetzt wurde. Der niederösterreischische Regionalligist aus Horn gewann diesen – viele Fotos vom Triumph gab es nicht zu sehen, geschweige denn bewegte Bilder. Die Waldviertler dürfen sich über eine Geldprämie und über ein Freundschaftsspiel gegen Rapid freuen, und steigen in diesem Jahr im Achtelfinale des Bewerbs ein. Alle anderen haben keine „Wildcard“ mehr – und so dürfen alle Bundesligisten am mittleren Olympia-Wochenende mit Auswärtsspielen in den neu aufgewerteten ÖFB-Cup starten. Und einige haben es mit durchaus unbequemen Gegnern zu tun, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich einer oder zwei auch diesmal früh verabschieden müssen. Altach zum Beispiel muss zum GAK: Die Grazer wollen nach einem Jahr des finanziellen Überlebenskampfes und der sportlichen Konsolidierung in der Regionalliga nun wieder angreifen, und haben sich dafür unter anderem die Dienste von Roland Kollmann und Enrico Kulovits gesichert. Gegen Altach dürfen die Anhänger der Roten (von denen in der vergangenen Regionalliga-Saison über 2.000 pro Spiel dabei waren) nun nach 15 Monaten wieder Bundesligaluft schnuppern. Auch auf den LASK freuen sich die gegnerischen Fans: Der SC Bregenz, Nachfolger des vor drei Jahren liquidierten Ex-Bundesligisten, empfängt Vastic und Co.; der aus der Ersten Liga abgestiegene FC Kärnten darf sich gegen Rapid versuchen, Leidensgenosse Bad Ausse empfängt die Austria. Den Vogel schoss aber Pasching ab: Die Profitruppe um Glieder, Brunmayr und Grozdic, die in der vergangenen Saison die 2. Landesliga in Oberösterreich kaputt geschossen hat, empfängt die Roten Bullen aus Salzburg. Es wird nicht nur ein brisantes Spiel werden, sondern auch die Frage nach den Zusehern verspricht erwähnenswert zu sein. Denn in Ligaspielen verirren sich kaum mehr als 300 Zuschauer in das Bundesliga-Stadion südlich von Linz.

Und sonst? Auch wenn die Auslosung nicht im Rahmen von „Sport am Sonntag“ im TV übertragen, sondern in irgend einem Bierbeisl am Montag Mittag abgehalten wurde, hat sie einige Spiele hervorgebracht, die nicht zu verachten sind. Seekirchen beispielsweise empfängt ihre Salzburger Kollegen aus Grödig, Hallein darf sich gegen die Red Bull Juniors versuchen, und Sollenau darf gegen den großen Nachbarn von Magna Wiener Neustadt ran. Auch ein Fünfligist (Pöllau in der Steiermark, gegen die Admira) ist dabei und selbst zwei Vereine aus der sechsten Spielklasse haben sich über die Landescups qualifiziert – Neuhofen/Ried Amateure muss nach Schwaz in Tirol, und auch der SC Unterfrauenhaid ist in der 1. Runde dabei. Das 600-Einwohner-Dörfchen aus dem Bezirk Oberpullendorf (Burgenland) wird Gäste aus der Regionalliga empfangen – die Frage, ob man bei einem attraktiveren Gegner als Amstetten in das nahegelegene Schmuckkästchen von Ritzing ausgewichen wäre, stellt sich nun aber eher nicht mehr.

Freuen wir uns also auf den neuen ÖFB-Cup. Am Wochenende vom 15. bis 17. August werden die 30 Spiele von Dornbirn bis Horitschon, von Fehring bis Linz über die Bühne gehen. Es wird klare Siege geben, auch Verlängerungen, und wohl auch die eine oder andere neue Heldengeschichte vom Underdog, der den Favoriten besiegt hat!

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.