Vercoacht nochmal. Einseitiges Flügelspiel auf zwei Seiten.
Für mich hat Teamchef Hickersberger (unter Vorbehalten) das Match gegen Malta genauso „vercoacht“ wie das Dienstagsspiel gegen Nigeria. Die Anfangsvariante mit den Außenspielern im Mittelfeld war vom Gedanken geprägt, dass Leitgeb und Korkmaz auf beiden Seiten ihren Dienst antreten können. Korkmaz begann links, Leitgeb rechts.
(Wenn rechts, wie Blumenau sagt, Ivanschitz sein sollte, dann war der dort so gut wie gar nicht – nominell war es für mich Leitgeb. Sowas ist aber im TV manchmal freilich schwer genau zu sehen.)
Nach den ersten 20 Minuten kam es zu einem Wechsel. Leitgeb ging nach links, Korkmatz nach rechts. Der Effekt: Der zu Beginn noch engagierte aber unsicherer Christoph Leitgeb ließ die linke Seite absterben (wieder, wenn da Ivanschitz hinsollte, war er dort auch nicht und Leitgeb war dann zusätzlich auch noch halbrechts unsichtbar).
Leitgeb gehört einfach nicht auf die Außenbahn (Ivanschitz auch nicht), ist ein waschechter Halbseitler im Mittelfeld und drängt permanent in die Mitte. Korkmaz, links noch ein reger Unruheherd, konnte rechts auch nicht so recht auf Touren kommen.
Logisch wäre es an dieser Stelle für mich gewesen, Harnik für Leitgeb zu bringen und Korkmaz wieder nach links zu schieben. Teamchef Hickersberger entschied sich in der Pause dafür, Korkmaz runter zu nehmen und an seiner Stelle Harnik zu bringen.
Der Grund muss nicht unbedingt Unfähigkeit gewesen sein – eventuell ist die „junge Flügelzange“ wirklich ein Instrument, dass sich Hicke für die Europameisterschaft aufspart. Die Handlungen des Trainers in den letzten beiden Spielen waren jedenfalls zum Teil so wirr, dass ich nicht anders kann, als für mich unerkennbare Motive dahinter zu vermuten.
Als Resultat seines Eintausches begann Harnik das zu tun, was er immer tut. Er war der beste Mann am Platz und beschäftigte die gegnerische Abwehr (gegen Deutschland war seine Auswechslung der Grund, warum die Deutschen sich hinten um nichts mehr kümmern müssten und die Österreicher an deren 16er festnageln konnten). Und erstmals in den beiden Mai-Spielen machte das Team Druck über die rechte Seite. Ganz beeindruckend ist das sogar auf der Spieler-Durchschnittspositionen-Grafik vom Standard zu sehen.
(Bildmontage basierend auf Ausschnitten von derStandard.at)
Rechts passiert dort bis zur 50. Minute gar nichts, dann werden erste Positionen von Harnik eingeblendet – und plötzlich ist da jemand. Krönung dieses schönen Offensiv-Flügelspiels (auch wenn es ein paar Ballkontakte Eingewöhnungszeit brauchte) war nicht nur der herausgeschundene Elfmeter, sondern vielmehr die „U20-Helden“-Kooperation Prödl-Harnik zum 5:1.
Harnik spielte (wie beauftragt) stark nach vorne ausgerichtet – gegen einen Gegner wie Malta verständlich und notwendig, bei der Euro wird er selbstverständlich ein wenig defensiver agieren müssen. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass auch Hickersberger dieses klar gelöste Stammformations-Ticket nicht übersehen konnte.
Die linke Seite verhungerte ohne Korkmaz in der zweiten Hälfte übrigens völlig. Auch das ist ein klares Statement. Wenn es bei der EM nach vorne gehen soll, dann sind diese beiden jungen Spieler unersetzlich. (Was übrigens auch Chefanalytiker Prohaska richtig erkannte.)
Hickersberger reagierte im Spiel weder auf diese Einseitigkeit mit sinnvollen Wechseln (nachdem Korkmaz ausgetauscht wurde, fehlte da auch die Alternative) noch auf das über weite Strecken ideenlose Spiel mit dem Versuch einer taktischen Umstellung. Er versuchte hingegen das 4-4-2-System zu halten und Vastic als echte Spitze einzusetzen, was ebenso leidlich funktionierte, wie die zurückhängende Variante vom Dienstag.
Sollte Vastic bei der EM spielen rate ich zu seiner Beobachtung, wenn ein Angriff läuft. In den meisten Fällen wird er irgendwann einen Haken schlagen um das Spiel zu verlangsamen, aufschauen und dann versuchen sein gutes Auge einzusetzen. Das war Anfang des Jahrtausends internationale Klasse, heute ist es (meiner bescheidenen Meinung nach) zu langsam.
Um bezüglich der Trainerkritik fair zu bleiben: Hickersberger hat nie behauptet, dass es ihm in dieser Partie um einen großartigen Systemtest geht. Das ist (hoffentlic) auch der Grund, warum eine echte klare Linie heute schwer zu erkennen war.
Wenigstens blieben ganz besonders waghalsige Stunts aus. Der arme Jimmy Hoffer musste sich nicht als Libero versuchen. Dessen Leistung war heute übrigens eher mau. Er ist eben weniger der Belagerungs-Stürmer, sondern braucht Situationen in denen er seine Schnelligkeit ausspielen kann. Bei der EM werden die mit Sicherheit häufiger kommen. Hoffer ist die perfekte Ergänzung zur jungen Flügelzange.
Zu meinem Verdruss ließ der Coach zum Ende dann noch die wandelnde Verstandsprovokation Martin Hiden einige Minuten einlaufen. Das ist für mich unverzeihlich. Ich hoffe, das hatte mit seiner „Die Leute, die bei der EM spielen, sollen Praxis bekommen“-Ankündigung nichts zu tun. (tsc)
PS: Weitere Beobachtungen gibt es bei Georg.