In Mattersburg stimmt einfach alles…

…wenn man davon ausgeht, dass der SVM alles daran legt, immer wieder Schlagzeilen zu machen – und wenn es negative sind, umso besser. Es ist nichts Falsches daran, wenn eine Mannschaft sich nicht als philosophische Einheit von Akademikern präsentiert. Aber die offensichtliche Anhäufung von Undiszipliniertheiten gibt selbst denen zu denken, denen Mattersburg relativ wurscht ist. Der Vollsuff-Ausraster von Cem Atan ist da nur der (vorläufige?) Höhepunkt.

Allen voran steht natürlich Didi Kühbauer. Dass er ein guter Kicker ist, steht außer Frage. Doch man hat den Eindruck, dass je älter er wird, desto weniger er sich unter Kontrolle hat. Der (unverständlicherweise) nicht geahndete Stoß im Spiel gegen Kärnten und seine uneinsichtige Haltung dazu nach dem Spiel („Wos wollts ihr eigentlich vo mir? Longsom wird’s peinlich, wie’s es mir immer oiss unter d’Nosn reibm wollts!“) bestätigten einmal mehr alle, die Don Didi für einen personifizierten Burgenländerwitz halten. Die Weigerung von Kapitän Kühbauer, bei Schiri Steiner zur Platzwahl zu gehen (und Goalie Borenitsch vorschickte), war ein weiterer Puzzleteil, der gut reinpasst. Und sein demonstrativ skandalöses Verhalten nach dem Ausschluss im Spiel gegen Sturm war hoffentlich die letzte Aktion von Kühbauer auf einem Fußballplatz.

Denn wenn ein Spieler sich nicht im Griff hat, meinetwegen. Aber Kühbauer hatte ganz offensichtlich einen schlechten Einfluss auf seine Mitspieler. Da wäre beispielsweise Michl Mörz, der sich auch hin und wieder gehen lässt („Der Ivo Vastic ist hinterlistig, hoffentlich schenken ihm die Gegenspieler in Zukunft ordentlich ein!“), dabei aber noch nie Leistung gebracht hat, wenn es aus dem beschaulichen Mattersburg hinausgeht (ich erinnere mich an mehr als nur einen unsichtbaren Auftritt im ÖFB-Team).

Oder auch Cem Atan. Der Wiener Neustädter, der an guten Tagen ein guter Kicker sein kann (wenn auch kein Teamkicker), fällt ebenso immer häufiger durch Schlägereien und Saufgelage auf, als durch gelungene Aktionen auf dem Platz – wie neuester Vorfall eindrucksvoll zeigt. Man muss sich allerdings auch die Frage stellen, was Trainer Lederer damit zu tun haben könnte. Es ist ein bekannter Umstand, dass Lederer Schiedsrichter und Gegenspieler an der Seitenlinie permanent auf das Übelste beschipft und beflegelt. Hat doch einmal ein Schiri die Courage, Lederer auf die Tribüne zu verweisen, steht er nicht nur lediglich einen halben Meter hinter und einen Meter über der Bank und flegelt fleißig weiter, er (und nicht nur er) beklagt sich danach auch noch lautstark über die ach so schlimmen Schiris, die ja alle was gegen Mattersburg haben; das hat er von Peter Pacult schon sehr gut gelernt. Dass Lederer in keinem seiner Interviews durch wirklich intelligente Aussagen besticht, ist aber generell nichts Neues.

Tatsache ist: Seit Lederer im Herbst 2004 das Traineramt bekleidet, fällt der Verein immer häufiger als übertrieben harter Haufen disziplinloser Spieler auf. Einen positiven Einfluss auf die Kicker hat Lederer offenbar nicht – obwohl sein Vor-Vorgänger Werner Gregoritsch, der Mattersburg in die Bundesliga führte, auch kein feiner Mann an der Seitenlinie ist. Der Unterschied: Gregoritsch zeigte seither auch beim LASK und in Kapfenberg, dass er aus kaputten Mannschaften disziplinierte Einheiten machen kann, in denen keiner aus der Reihe tanzt – und zeigt sich bei Interviews vor und nach dem Spiel als korrekter und fairer Sportsmann. Man hört ihn praktisch nie über Schiris klagen.

Und über allem steht Martin Pucher, der einem fast ein wenig Leid tun kann. Er steht zum einen einem Verein vor, der seit geraumer Zeit nur noch Negativschlagzeilen außerhalb des Spielfeldes macht, und er steht zum anderen eine Bundesliga vor, in der (abgesehen von ihrer sinnlosen Form als 10er-Liga) von Vereinen, die im Halbjahrestakt krachen gehen, über Verschiebungen auf der Fußball-Landkarte napoleonischen Ausmaßes, bis hin zu angesetzten und wieder abgesetzten Neuaustragungen in jedes theoritisch möglich Fettnäpchen konsequent hineingetragen wird. Jede Funktion für sich ist schon nicht schön – aber der (durchaus bemühte) Pucher ist mit der Kombination aus beidem sichtlich überfordert.

Und die Frage nach der Zukunft wird man sich in Mattersburg bald stellen müssen. Mit Kühbauer hört die zentrale Spielerfigur auf, unter Lederer ging es spielerisch nur rückwärts, Atan droht an seinen Skandalen zu zerbrechen, Michael Mörz ein kein Typ, der eine solche Mannschaft führen kann, Carsten Jancker wird nicht mehr ewig spielen, und ob man wirklich gute Spieler nach Mattersburg lotsen kann, ist fraglich. Auch wenn es mit Kapfenberg (so sie aufsteigen), Innsbruck und Altach (so sie nicht absteigen) und Ried auch im nächsten Jahr Vereine gibt, die man noch weiter hinten erwarten kann – aber das Kapitel „Bundesliga in Mattersburg“ neigt sich wohl dem Ende zu.

(phe)

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.