Gleichheit?

Nennt mich einen träumerischen Idealisten, aber ich habe ernsthaft geglaubt, dass nicht wegen jedem Pipifax, den ein Schiedsrichter mal verzapft, ein komplettes Spiel neu ausgetragen wird. Natürlich war der Elfmeter, den Brugger den Altacher zusprach, ein Geschenk. Natürlich war die Ausführung desselben umstritten. Keine Frage. Aber deswegen gleich das komplette Spiel wiederholen? Stellen wir uns die Situation umgekehrt vor. Rapid geht daheim gegen Altach durch einen ebensolchen Elfer in Führung. Altach kann zwar noch ausgleichen, bekommt aber kurz vor Schluss noch das 1:2 und fährt ohne Punkte heim ins Ländle.
Die Reaktionen wären wohl irgendwo zwischen „Pech gehabt“ und „dumm gelaufen“. In Altach regt man sich noch ein wenig darüber auf, aber da man ja noch wichtige Spiele im Abstiegskampf vor sich hat, lässt man sie Sache auf sich beruhen und schaut wieder nach vorne. Auf die Idee einer Neuaustragung wäre wohl im Traum keiner gekommen. Aber nun ist das arme, arme Rapid der Leidtragende einer solchen Fehlentscheidung, und es wird so lange ein Wirbel gemacht, bis der Senat-1 (mal wieder) Gusi-gleich einknickt und einer Neuaustragung zustimmt. Schließlich ist Rapid auch nicht blöd und weiß, dass dort lauwarme und (fußball-)weltfremde Schreibtischtäter sitzen, die in ihrem Leben noch auf keinem Fußballplatz waren – geschweige denn, aktiv.

Ob Helge Payer besagten Elfer gehalten hätte, wenn er parat gewesen wäre (was ich bezweifle), ist seltsamerweise nie ein Thema gewesen. Ebensowenig wie die Tatsache, dass Rapid nach dem Rückstand noch über eine Stunde Zeit gehabt hat, das Spiel zu drehen, den Ausgleich sogar schon geschossen hat und im Endeffekt ziemlich selbst Schuld daran war, dass man mit Null punkten aus dem Spiel geht. Wenn Altach in gleicher Situation eine Neuaustragung gefordert hätte, wären sie sehr wahrscheinlich vom Arlberg bis zum Neusiedlersee ausgelacht worden. Aber Rapid, ja bei Rapid, da ist es was anderes. Das arme Rapid, wo kommen wir denn dahin, wenn die mal benachteiligt werden?

So, und nun denken wir uns die Geschichte mal weiter. Angenommen, Rapid gewinnt das Wiederholungsspiel. Nicht unrealistisch. Und jetzt nehmen wir weiter an, dass Altach am Ende wegen einem oder zwei Punkten absteigen – ich will nicht wissen, was die dann für ein Gezeter machen. Ähnlich wie vor mittlerweile 10 Jahren, als schon einmal eine ähnliche Situation war, als es um den Abstieg aus der RedZac-Liga ging. Auch damals schaute Altach ein. Auch damals gingen sie vor ein Gericht, und bekamen Recht – die Bundesliga kaufte sich frei. Es käme der Bundesliga auf Sicht sicher billiger, wenn man einfach konsequent wäre.

Und wenn Rapid am Ende wegen dieser Punkte auch noch Meister wird, wäre ich dafür, der Bundesliga einen Lynchmob zu schicken. Von Gleichheit haben die ehrenwerten Herren nämlich offensichtlich noch selten etwas gehört.

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.