Die Herren starten in ein paar Tagen in ihre EM, die ÖFB-Frauen haben die ihre mit dem lockeren 4:0 über Israel in Horn de facto erreicht: Es braucht schon einige üble mathematische Verrenkungen und eine ganze Reihe an Sensationen (die im Frauenfußball die Angewohnheit haben, nicht zu passieren), um das noch zu verhindern.
Nachdem das Hinspiel (1:0 für Österreich) eine furchtbar zähe Angelegenheit war, fiel diesmal die österreichische Führung schon mit dem ersten echten Angriff nach vier Minuten – Laura Feiersinger kam zwischen die Linien, passte den Ball vertikal kurz in den Strafraum, von Nina Burger abdrückte und die israelische Keeperin nicht gut aussah.
In dieser Szene allein war schon praktsich alles vereint, war letzten Herbst nicht gelang, in diesem Spiel aber sehr gut; auch natürlich, weil Israel all das, was im Hinspiel gut war, diesmal praktisch überhaupt nicht zeigte.
In Lod spielte Österreich mit gefühlt 95 Prozent Ballbesitz den Ball hinten hin und her und wartete auf die Lücke, die sich nicht auftat; wartete auf eine freie Mitspielerin, die es kaum gab, weil alles geschickt zugedeckt war; wartete auf Platz zwischen den Reihen, zu dem es nicht kam, weil die beiden israelischen Ketten extrem eng zusammen standen.
Fast alles anders…
Im Rückspiel nun brachte Österreich schon durch das System (4-1-4-1 statt 4-2-3-1, wie in Lod) mehr Personal in höhere Bereiche. Israel reagierte darauf, indem man selbst den umgekehrten Weg wählte und Österreich wiederum spiegelte. So, mit nur einem israelischen Zehner statt zwei auf einer Höhe stehenden Spielerinnen, fiel es Österreich viel leichter, zwischen die Linien zu kommen.
Ein weiterer Move, den die ÖFB-Frauen nun gerne und oft zeigten, waren kurze Pässe aus dem Halbfeld in Richtung Außenbahn, um die israelischen Außeverteidigerinnen per Hinterlaufen in den Passweg hinein auf dem falschen Fuß zu erwischen. Durch diesen an sich simplen Spielzug schaffte es Österreich fast im Minutentakt, aus seitlicher Richtung in den Strafraum zu kommen. Vor allem Linksverteidigerin Adva Tvill (eigentlich im ZM daheim) sah da recht oft recht alt aus.
So kam die Innenverteidigung von Israel (die im Herbst noch hervorragend abgeschirmt war) kräftig ins Schleudern und die ausnehmend unsichere Torfrau Merav Shamir tat das Übrige. Beim 1:0 war sie nicht schnell genug unten, beim 2:0 irrte sie bei einer Ecke vogelwild durch den Strafraum, beim 3:0 reagierte sie mit einem unbeholfenen Luftloch; dazwischen gab’s auch mal einen komplett sinnfreien Ausflug. Nach einer Stunde war Shamir mental so gebrochen, dass sie nicht einmal mehr die Ausschüsse vornahm.
…nur die Ballbesitz-Statistik nicht.
Was sich gegenüber dem Hinspiel nicht geändert hat, ist der exorbitante Ballbesitz von Österreich. Mit den frühen Führung und danach dem lockeren 3:0 im Rücken herrschte keinerlei Hektik, schon nach einer Viertelstunde war das Spiel gewonnen, und entsprechend locker lief der Ball in den österreichischen Reihen.
Es wurde auch nicht um drei Gänge zurück geschalten, wie zuletzt nach der 5:0-Pausenführung gegen Kasachstan, sondern konzentriert und ohne einen Schlendrian einreißen zu lassen weiter gespielt. Natürlich war der ultimative Nachdruck nicht mehr da – wozu auch, die Höhe des Sieges ist irrelevant, weil die Spiele gegen den Gruppenletzten Israel aus der Wertung der besten Gruppenzweiten rausfallen – und es hätten schon noch ein paar mehr Tore sein können, aber das ist in diesem Fall und in diesem Kontext Jammern auf hohem Niveau.
Debüt mit Assist
So konnte Teamchef Thalhammer auch noch Katharina Naschenweng debütieren lassen. Die junge Außenverteidigerin von Sturm Graz ist Teil des U-19-Teams, das sich für die EM qualifizieren konnte und sie führte sich, kaum drei Minuten auf dem Feld, schon mit dem Assist zum 4:0-Endstand (die ebenfalls eingewechselte Gini Kirchberger traf per Kopf) ein.
Die Überlegenheit von Österreich in Zahlen: 26:0 Torschüsse, 16:0 Eckbälle, 4:0 Tore. Die „schware Partie“, von der Seiler & Speer via Stadionlautsprecher nach dem Spiel sangen, war es nicht. Eher schon galt: „Dass des a Erfoig wird, woa von Anfang an kloa.“ Zumindest ab der 4. Minute.
Rechenschieber
So, und was heißt das nun für die EM-Qualifikation? Nach Norwegens 2:0-Sieg in Wales ist für Österreich nun auch rechnerisch der zweite Gruppenplatz nicht mehr zu nehmen. Norwegen wird die Gruppe vor Österreich gewinnen, Wales wird Dritter bleiben. Vize-Europameister Norwegen ist schon fix qualifiziert, weil die Fotballjentene, selbst wenn die noch Zweiter würden, auf jeden Fall einer der sechs besseren der acht Zweiten werden.
Selbiges gilt zu 99% auch für Österreich. Denn: Die ÖFB-Frauen sind einer von nur noch drei prognostizierten Gruppenzweiten (mit Schottland und Italien; Finnland hat sich mit einem 0:0 gegen Portugal aus dieser Gruppe verabschiedet), die gegen die „Kleinen“ noch nichts hergegeben haben und der einzige dieses Trios, der gegen den Gruppenkopf sogar einen Punkt holte. Zur Erinnerung: Nur die beiden schlechtesten Zweiten müssen ins Play-Off, alle anderen sind fix qualifiziert.
Die aktuelle Hochrechnung der Gruppenzweiten: Österreich 13 Punkte (+9 Tore), Schottland 12 pts (+9), Italien 12 pts (+1), Belgien 11 pts (+11), Dänemark 10 pts (+10), Finnland 10 pts (+4), Russland 10 pts (+2), Ukraine 10 pts (-3).
Die Ukraine kann (genauso wie Rumänien, der Gegner um Platz zwei) Österreich nicht mehr aus eigener Kraft überholen – das verhindert das Restprogramm. Selbiges gilt für Italien. Die anderen fünf Zweiten haben noch ein Spiel gegen den Gruppenkopf, könnten also noch Punkte gegenüber der Hochrechnung gut machen. Alleine Russland aber wird von Deutschland eher höher verlieren als knapper – es sieht also immer noch nach einem Play-Off zwischen Russland und der Ukraine aus.
Am letzten Doppelspieltag im September hat Österreich zunächst spielfrei und spielt dann auswärts gegen Wales. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Fix-Qualifikation schon am ersten Teil des Doppelspieltages ausgeht (dazu müsste sicher einer aus dem Trio Finnland, Belgien und Italien in ihren Spielen gegen schwache Teams blamieren). Reduziert auf das, was es ist, gilt aber:
Selbst eine fürchterliche Niederlage von, sagen wir, 0:7 in Wales würde höchstwahrscheinlich immer noch reichen, um sich fix zu qualifizieren. Jeder Punktegewinn der ÖFB-Frauen in Wales sowieso. Und mit einem Sieg ist man wahrscheinlich sogar der beste Gruppenzweite.
Die Bilanz unter Thalhammer in Pflichtspielen gegen im Ranking schwächere Teams: 15 Spiele, 15 Siege, 51:8 Tore.