Kapitän Glasner nach seiner Not-OP out, Mader zur Austria gewechselt – und doch holt Ried mit dem 0:0 gegen PSV Eindhoven das nächste tolle internationale Resultat! In einem Spiel, in dem Paul Gludovatz vom 3-3-3-1 abrückte, um gegen den Drei-Mann-Sturm und die holländische Windmühle im Zentrum gerüstet zu sein.
Was macht man, wenn man sich einem Drei-Mann-Sturm holländischem Format gegenüber sieht? Wenn man, wie Ried, üblicherweise mit einer Dreier-Abwehrkette agiert, bietet sich eine Umstellung auf Viererkette an – um wieder den einen Mann mehr zu haben, den man als Dreierkette gegen einen Zwei-Mann-Sturm hat. Das macht Paul Gludovatz gegen die Ein/Drei-Mann-Angriffsformationen in der heimischen Liga nicht, weil da die Gegnerschaft nicht um Klassen besser ist als die Innviertler.
Striktes Defensiv-Konzept
Gegen den PSV Eindhoven befand Gludovatz das aber sehr wohl als notwendig, denn die Holländer sind zwar längst kein aboluter internationaler Spitzenverein mehr, aber als Top-Team der Eredivisie dennoch klar über Ried zu stellen. So ging der Ried-Coach erstmals seit etwas mehr als einem Jahr – einem 0:3 gegen Sturm – vom 3-3-3-1 als Startformation ab und schickte ein 4-2-3-1 auf das Feld. Wobei sich der Sechser Hadzic, wie im modernen Fußball üblich, immer wieder zwischen die Innenverteidiger Reifeltshammer und Karner fallen ließ, während sich Ziegl als Achter wann immer möglich nach vorne mit einschaltete.
Um die PSV-Außenstürmer kümmerten sich vornehmlich Riegler (um Lens) und Hinum (um Mertens). Die beiden waren dadurch sehr viel in der Defensive gebunden und wurden von ihren Gegenspielern nicht selten relativ weit in die Mitte gezogen, bis auf zwei, drei Situationen konnten die beiden aber einigermaßen ruhig gehalten werden. Was für Mittelstürmer Ola Toivonen hieß, dass er sich tendenziell eher zurückfallen lassen musste, um Bälle zu sehen – das macht ihm aber nichts, das muss er in der schwedischen Nationalmannschaft als hängende Spitze hinter Ibrahimovic genauso machen.
Hier war Hadzic allerdings sehr umsichtig und die Innenverteidiger ließen sich kaum einmal aus der Position ziehen. Ein größeres Problem waren da schon eher die aufrückenden Außenverteidiger der Holländer. Sobald diese Lexa bzw. Royer überwunden hatten, konnten sie unbedrängt durchgehen – im normalen Rieder System steht da sonst gleich mal der Wing-Back als nächste Instanz da.
Eindhovener Windmühle im Zentrum
Was auf den Außenbahnen von PSV ablief, passierte grundsätlich recht schematisch und immer sehr ähnlich. Womit die Holländer Ried aber so richtig verwirrten, war die sich ständig drehende Windmühle der drei zentralen Spieler von Eindhoven – das ständige Rochieren von Strootman, Ojo und Wijnaldum hebelte den numerischen Gleichstand, der mit 3-gegen-3 um den Mittelkreis eigentlich herrschte, komplett aus.
Gegen den Ball (was bei 75% Ballbesitz in Hälfte eins kaum einmal vorkam) orientierten sich die drei sofort gegen den Mann, im Spielaufbau wurde rochiert, was das Zeug hält. So hatten die Gäste das Spiel relativ problemlos unter Kontrolle und setzten sich schnell in der Rieder Hälfte fest, doch gemessen an der Überlegenheit an Spielanteilen kam dabei relativ wenig dabei heraus: Gebauer musste zwei-, dreimal eingreifen, einmal hatte Ried bei einem verpassten Stanglpass Glück; aber die Null stand.
Einrücken ohne Hinterlaufen
Lexa und Royer ziehen normalerweise relativ früh nach innen und lassen sich von den aufrückenden Wing-Backs hinterlaufen – so entsteht im 3-3-3-1 die so gut funktionierende Überzahl auf den Flügeln. Im 4-2-3-1 gegen Eindhoven rückten die beiden Rieder Außen zwar genauso nach innen, aber es fehlte an den aufrückenden Außenverteidigern, die den freien Raum hätten nützen können.
So blieben Standardsituationen, aus denen die Innviertler vor allem gegen Ende der ersten Hälfte gefährlich wurden, und Daniel Royer. Der kleine Blondschopf konnte, anders als der etwas überforderte Hammerer und der viel defensiv geforderte Nacho, den Ball immer wieder ganz gut behaupten und suchte auch den Abschluss. In die Kabinen ging es aber ohne Tore auf beiden Seiten.
Umklammerung lässt nach
Nach dem Seitenwechsel gelang es den Rieder zunehmend besser, die Flügel unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Außenstürmer der Holländer konnten Karner und Hinum nun nicht mehr wie zuvor in die Mitte zeihen, auch weil Lexa und Royer nun etwas mehr nach hinten arbeiteten. Zudem wurde das holländische Dreigestirn im Zentrum vor allem von Hadzic und Nacho nun deutlich mehr unter Druck gesetzt, die Windmühle also praktisch zum Stillstand gebracht.
So löste sich die Umklammerung, in der die Rieder vor der Pause noch waren, immer mehr und Gebauer musste in der kompletten zweiten Halbzeit nur noch dreimal eingreifen – ansonsten hing Toivonen komplett in der Luft und auch seine Ausflüge in tiefere Gefilde waren mangels Unterstützung aus der Mittelfeld nicht von Erfolg gekrönt.
Mehr Präsenz, mehr Kräfte
Für die Rieder war es kein Nachteil, dass Hammerer kurz nach der Pause verletzt vom Platz musste. Einen Gegner vom Kaliber eines PSV Eindhoven hatte der Bursche noch nie, das mekte man – und Casanova, der für Hammerer eingewechselt wurde, zeigte in der Spitze mehr Präsenz und war eher in der Lage, auch mal Bälle zu halten, bis Mitspieler nachgerückt waren.
Hinzu kam noch, dass die Rieder – und das war schon im Rückspiel bei Brøndby deutlich sichtbar geworden – konditionell in einer unglaublichen Verfassung sind. Ließen die Kräfte bei Eindhoven, je länger das Spiel ging, immer deutlicher nach, waren körperliche Verschleißerscheinungen bei den Innviertlern kaum auszumachen. So konnte der Cupsieger in der Schlussphase sogar noch in einem Maße aufdrehen, dass sie vor dem Schlusspfiff einem eventuellen Siegtreffer sogar näher waren.
Fazit: Umstellungen zahlten sich aus
In der ersten Halbzeit war es den Riedern deutlich anzumerken, dass sie es überhaupt nicht gewohnt sind, hinten mit Viererkette zu spielen – defensiv stand man gegen die drei Stürmer zwar zumeist recht ordentlich, aber die andere Raumaufteilung wirkt sich natürlich auch auf das restliche Spielfeld aus. Dazu muss man natürlich erwähnen, dass die individuelle Klasse bei Eindhoven deutlich höher ist als in der heimischen Liga und auch über jene von Brøndby zu stellen ist.
Vor allem der Druck über die Flügel fehlte komplett, dafür war es gegen das vor allem vor der Pause unglaublich rochierende Zentrum der Holländer absolut notwendig, mehr Manpower als beim 3-3-3-1 im und um den Mittelkreis zu haben. Das wirkte sich nach der Pause immer positivier aus, je mehr die Kraftvorteile bei den Riedern zum Vorschein kamen.
Letztlich haben sich die Innviertler gegen einen übermächtig scheinenden Gegner wieder mit Hirnschmalz, guten Adjustierungen in der Halbzeit und extremer Kondition das Unentschieden redlich verdient. Und das alles, wohlgemerkt, ohne Glasner und ohne Mader. Und mit einem Defensiv-Sextett, das im Schnitt nur 21,8 Jahre alt ist!
(phe)