Asiencup, Tag 8: Schuldig gebliebene Antworten

Die Frage, ob Australien oder Südkorea ein größerer Titelkandidat ist, wurde nicht geklärt – auch, wenn die Südkoreaner beim 1:1 leichte Vorteile auf ihrer Seite hatten. Während Bahrain sich eine Halbzeit lang mit den Indern spielte, ehe diese sich tatsächlich massiv steigern konnten!

Australien – Südkorea 1:1 (0:1)

Australien - Südkorea 1:1

Ein echter Test war für Australien das lockerleichte 4:0 gegen Indien nicht – die erste Standortbestimmung gab’s gegen Turnier-Mitfavorit Südkorea. Und nun wird über die wahre Leistungsstärker der Socceroos auch einiges klarer. Was sie zum Beispiel nicht können: Ein Spiel gegen einen gleichwertigen Gegner selbst sinnvoll gestalten. Die Koreaner stellten dem 4-4-2 von Aussie-Teamchef Osieck ihr gewohntes 4-2-3-1 entgegen und reagierten prompt auf das, was die Australier so anboten.

Abweichungen in der Formation und im System gab es bei Osieck gegenüber dem Indien-Spiel nicht. Das heißt: Emerton und vor allem Holman auf den Außenbahnen im Mittelfeld durchaus offensiv, in der Mitte Culina und Jedinak defensiv, zwischen diesen und den beiden Stürmern Kewell und Cahill – das Nichts. Das nützte mit Lee Yong-Rae der vorgeschobenere der beiden koreanischen Sechser dazu, mangels Gegenspieler in der Defensive in die offensive Mittelfeldkette vorzurücken. Das hatte durchaus Effekt: Denn neben Jedinak hatte nun auch Culina einen einigermaßen direkten Gegenspieler, den es zum im Auge behalten galt und der Weg nach vorne war über die beiden in der Zentrale nicht mehr zu beschreiten. Genauso, wie es Cha Du-Ri seinem Widerpart Brett Holman nicht ermöglichte, wirklich ins Spiel einzugreifen.

So hatten die Australier zwar einiges an Ballbesitz, zumeist war das aber nur Geschiebe in der Abwehr auf der Suche nach einer Lücke, durch die nach vorne gespielt werden konnte. Die Koreaner sahen sich das eine Viertelstunde an und beschlossen dann, selbst ein wenig die Daumenschraube anzuziehen. Sie wurden nun aggressiver, standen höher und versuchten, ihre Geschwindigkeitsvorteile auszunützen. Allerdings: Ohne die Hilfe ihrer Außenverteidiger, die sich weiterhin in erster Linie um Emerton und Holman kümmerten, fehlte dem der letzte Nachdruck.

Erstaunlich war in diesem Spiel folgende Tatsache: Die Australier hatten dann ihre besten Szenen im Angriff, wenn es (gegen die als flink, aber nicht besonders robuste koreanische Innenverteidigung) schnelle, flache Querpässe in den Strafraum gab – einmal vergab hier der freistehende Kewell kläglich, kurz darauf klärte Cha im letzten Moment vor Cahill. Auf der Gegenseite allerdings brachte beinahe jeder hohe Ball in den australischen Strafraum eine brenzlige Situtation vor dem Tor; obwohl die Kanten Neill und Ognenovski den kleinen und nicht für ihre Kopfballstärke bekannten Koreaner eigentlich klare Vorteile im Luftkampf hätten haben müssen.

Kein Zufall somit, dass sich in der 24. Minute nach einem 60-Meter-Pass von Cha Du-Ri in den gegnerischen Strafraum Ju Dong-Won gegen beide IV durchsetzte, auf den aus der Etappe heranstürmenden und von Culina sträflich vernachlässigte Koo Ja-Cheol ablegen konnte und es durch den 21-jährigen Jungstar, der noch in der koreanischen Liga bei Jeju United spielt, das 1:0 für die Koreaner fiel. Der zentrale Offensivmann schoss somit auch das dritte Tor Südkoreas bei diesem Turnier.

Die Strafe für den schlafenden Culina war die Auswechslung für die zweite Halbzeit, für ihn kam Carl Valeri in die Partie. Die Australier starteten aktiver in den zweiten Durchgang, aber spielerisch war das immer noch nicht besonders aufregend. Im Gegenteil, je länger das Spiel lief, desto mehr reduzierte sich die Spielgestaltung bei den Socceroos auf lange Bälle. Nach etwa einer Stunde ließ sich dann kurzfristig Kewell etwas zurückfallen, aber nachdem er schnell gemerkt hatte, dass die Bälle so einfach über ihn drübersegeln, ging er wieder nach vorne.

Auch womöglich, weil die Australier mittlerweile zum Ausgleich gekommen waren: Nach einem Eckball entschloss sich der koreanische Torwart Jung Sung-Ryong zu spät, aus seinem Gehäuse zu kommen, sodass Mile Jedinak an ihm vorbei zum 1:1 einköpfen konnte. Die Koreaner hatten nun zwar die deutlich reifere Spielanlage, kamen aber an der nun präsenter agierenden australischen Defensive kaum einmal vorbei, zudem ließ Schiedsrichter aus Katar, der in der ersten Hälfte noch einigermaßen kleinlich agierte, nun vor allem den Australiern diverse Unsauberkeiten im Zweikampf durchgehen. Nach dem Ausgleich nahm Koreas Teamchef Cho Kwang-Rae dann mit Koo Ja-Cheol seinen Zehner heraus und brachte Yeom einen Neuen, zudem orientierte sich Park Ji-Sung nun immer mehr in die Mitte, um die Rolle des Spielgestalters ganz zu übernehmen.

Mehr als eine richtig gute Chance schaute dann aber nicht mehr heruas – Ki Sung-Yueng verpasste es nach einem feinen Doppelpass im Strafraum, Schwarzer zu überwinden. So stand am Ende ein 1:1-Unentschieden.

Fazit: Das Team aus Südkorea war jenes mit der besseren Spielanlage und dem besseren Fußball, die Australier hielten vor allem in der zweiten Hälfte vor allem mit Kampfkraft dagegen. An jene Klasse, welche die Japaner in ihren ersten beiden Spielen zeigten (auch wenn die Resultate das nicht ausdrücken), reichen aber auch die Koreaner nicht heran. Das Resultat war ein intensives, aber nicht besonders attraktives Spiel, dessen Resultat den Koreanern – die den Sieg zweifellos eher verdient gehabt hätten – wohl mehr hilft als den Australiern, weil somit die Gesamt-Tordifferenz den Gruppensieg entscheiden wird. Und ob die Südkoreaner Indien auch so billig davonkommen lassen wie die Australier…?

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Bahrain – Indien 5:2 (4:1)

Bahrain - Indien 5:2

Salman Sharida hat Video geschaut. Ganz offensichtlich – denn der Teamchef von Bahrain versuchte mit seiner Mannschaft von Beginn an, genau jene Schwächen in der indischen Mannschaft anzubohren, die bei deren 0:4 gegen Australien am Augenscheinlichsten wurden. Also: Konsequentes Spiel über die Außen, die Abseitsfalle zu eigenen Gunsten nützen, gerne auch hohe Flanken in den Strafraum schlagen. Und weil Sharida die Inder hinten sehr massiv unter Druck setzen wollte, beorderte er drei offensive Mittelfeldspieler weiter nach vorne. Wodurch sich ein 4-2-4 ergab, mit Rakea und Al-Safi als theoretischem Bindeglied dazwischen. Theoretisch deshalb, weil die beiden viel zu tief standen und so ein riesiges Loch zwischen den beiden und den Offensivleuten entstand.

Es gab also kaum einen Angriff der Bahrainis, der nicht im Laufe seines Entstehens mal einen langen, hohen Pass nach vorne beinhaltete. War die Kugel allerdings mal vorne und kamen dann auch die Außenverteidiger aus der ebenso viel zu tief stehenden Abwehrreihe mit nach vorne, kamen die Inder mächtig ins Schwitzen. Das frühe 0:1 konnten sie noch postwendend ausgleichen (die Hintermannschaft von Bahrain hatte wohl nicht damit gerechnet, dass tatsächlich mal ein Ball in ihre Richtung geflogen kommt), nach dem schnellen 2:1 (nach einem Torwartfehler) war Bahrain aber wieder im Fahrersitz. Bei Tor Nummer drei und vier (beide, wie schon das zweite, durch Abdulatif) hebelten sie jenes Abseits, in das die Australier noch fast im Minutentakt getappt waren, aus.

Die Inder? Nun ja. Die beiden Viererketten schoben sich wie in der Auftaktpartie statisch hin und her und einen schlüssigen Plan im Spiel nach vorne suchte man vergeblich. Aber immerhin waren die Räume, die man dem Gegner überließ, nicht ganz so massiv wie im ersten Spiel und außerdem versuchte man zumindest, in die Zweikämpfe zu kommen. So gesehen war es schon ein kleiner Fortschritt.

Und ein großer Fortschritt war es dann, was die Inder nach der Pause zeigten. Denn plötzlich bekam ihr Spiel so etwas wie eine Struktur: Kapitän Climax Lawrence blieb eher zurück, wenn die anderen drei im Mittelfeld aufrückten; die Außenverteidiger gingen plötzlich vermehrt nach vorne, es wurde nun der Gegner aktiv angegangen – kurz gesagt, die Inder verbreiteten auf einmal einen Hauch von Fußball. Die Bahrainis hatten mit derlei Gegenwehr überhaupt nicht gerechnet, und bevor sie es sich versahen, hatten die Inder den Anschluss zum 2:4 geschafft.

Die Spieler aus Bahrain wussten überhaupt nicht, wie ihnen geschah. Dadurch, dass sich Indien-Stürmer Yadav eher etwas hängender spielte, konnten die vier im Mittelfeld selbiges breiter machen, ohne allzu große Löcher zu offenbaren. In der Tat drehten sie sogar die Ballbesitzstatistik zu ihren Gunsten! Die vier Bahrainis vorne waren so sehr vom Spiel abgeschnitten, dass drei von ihnen wieder ein halbwegs nominelles Mittelfeld bildeten; und sie warfen auch die Nerven weg: Faouzi Aaish, der linke offensive Mittelfeldmann, holte sich innerhalb weniger Augenblicke wegen eines sinnlosen Fouls am Mittelkreis Gelb und wegen einer plumpen Schwalbe Gelb-Rot.

Bahrain stellte kurzzeitig auf eine Dreierabwehr um (Isa nahm den Platz von Aaish ein), ehe Mahmud Abdulrahman (statt Stürmer Al-Dakeel) für diese Position kam und Bahrain sich in einem 4-1-3-1 aufstellte. Und als dann Abdulatif (wer sonst?) zu einem beherzten Sololauf ansetzte und in der 76. Minute sein viertes Tor zum 5:2 erzielte, war das Spiel dann doch entschieden.

Fazit: Auch, wenn es bei einem Endresultat von 5:2 etwas seltsam klingen mag – aber Bahrain hat in der Tat keine überzeugende Leistung geboten. In der ersten Hälfte haben sie die Fehler der indischen Hintermannschaft recht clever ausgenützt, aber schon da waren Schwächen im Spielaufbau nicht zu übersehen. Und als die Inder nach dem Seitenwechsel überraschenderweise tatsächlich eine klare Leistungssteigerung erkennen ließen, gingen die Bahrainis völlig ein. Die Inder können trotz der Niederlage erhobenen Hauptes in das letzte Spiel gehen; Bahrain wird sich trotz des Sieges etwas einfallen lassen müssen.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.