Die letzte große Vergabezeremonie der Ära Blatter ist also vorbei – Russland und Katar haben erwartungsgemäß die Zuschläge für die WM-Endrunden 2018 bzw. 2022 bekommen. Für die einen ein logischer und nachvollziehbarer Schritt, für andere ein Skandal, der nur auf massiver Bestechung fußen könne. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte.
Keine Frage: Die Entscheidung, die Endrunden genau an diese beiden Länder zu vergeben, hat natürlich in erster Linie sportpolitische Gründe. In beiden Regionen hat es noch nie eine Fußball-WM gegeben, beides sind wirtschaftliche Wachstumsmärkte. Die beiden Länder sind sich einerseits gleich, andererseits unterscheiden sie sich aber auch massiv.
Die Russen haben es in ihrer Präsentation herausgehoben: Zehn Endrunden haben bislang in Westeuropa stattgefunden, noch keine einzige östlich des früheren Eisernen Vorhangs – also haben die Russen durchaus mit Recht darauf gepocht, nun einfach mal dran zu sein. Auch, wenn es noch viel zu tun gibt, vor allem infrastrukturell, ist die Entscheidung für diese Bewerbung für die FIFA ein gute Spagat zwischen dem Betreten von lukrativem Neuland und relativer Planungssicherheit – wenn man bedenkt, was für Sorgen die WM von 2014 in Brasilien derzeit macht. Die Wege zwischen den Stadien sind natürlich groß, 1994 in den Staaten waren sie aber noch um einiges größer.
Da machte es auch nichts, dass die Präsentation der russischen Bewerbung recht lieblos und kühl wirkte; die Fäden waren da schon längst gezogen. Ja, England hätte mit der Aktion „Football United“ die größere Nachhaltigkeit präsentiert und zeigte sich deutlich warmherziger als die Konkurrenz. Aber letztlich konnte das das wirtschaftliche Potenzial, das die Russen in die Waagschale geworfen haben, nicht kompensieren. Die jüngsten Aufdeckungen britischer Journalisten (so wichtig sie auch sind) und die Erinnerung an erschreckend leere Stadien bei der Euro96 haben sicher nicht geholfen.
Der Zuschlag für Katar 2022 ist einerseits kühn und abenteuerlich, andererseits aber auch wiederum mit sehr geringem Risiko und großem wirtschaftlichem Potential verbunden. Die Tatsache, dass praktsich alle Stadien in einem Umkreis von 30 Kilometern stehen werden, birgt eine riesige logistische Herausforderung für ein so kleines Land wie Katar. Der Nahe Osten ist für die FIFA aber ein extrem wichtiger Markt, den es zu erschließen gilt – und die WM ist für Katar eine Chance, sich auch für Bereiche zu empfehlen, die nicht primär mit dem Handel zu tun haben.
Zudem hat die Idee, die hypermodernen (und gekühlten) Stadien nach der WM in Entwicklungsländer zu bringen, um dort Infrastruktur aufzubauen, den FIFA-Granden sicherlich gefallen: Nachhaltigkeit und Stimmen kleinerer Länder, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Generell ist die Entscheidung für Katar eine logische. Auch, weil sie eben nicht nur auf den hervorragenden finanziellen Möglichkeiten basiert – Naher Osten, günstige Zeitzone – sondern auch, weil das generelle Konzept ein sensationelles sein dürfte und von der technischen Kommission mit absoluten Bestnoten ausgezeichnet wurde.
So oder so, bei aller – teils berechtigter, teils aber auch überzogener Kritik – kann man sich bei beiden Ländern zumindest in einem Punkt sicher sein: Ohne ein schlüssiges Konzept ist die beste Lobbying-Arbeit fruchtlos. Es ist also davon auszugehen, dass beide Endrunden gut funktionieren werden.
Immerhin.
(phe)