Nina Burger: Die Grande Dame tritt ab

Bei 109 Einsätzen ist Schluss: Nina Burger, die Grande Dame des österreichischen Frauenfußballs, beendet am kommenden Dienstag ihre fast 14 Jahre währende Karriere in Österreichs Frauen-Nationalteam. Im Sommer kehrt sie nach vier Jahren in der deutschen Bundesliga auch zurück nach Österreich, beendet ihre Profi-Laufbahn.

Nina Burger debütierte 2005 für die ÖFB-Frauen. Damals waren jene Spielerinnen, die sich am Samstag für die U-17-EM qualifizierten, gerade einmal drei Jahre alt. Sie ist Rekord-Teamspielerin, Rekord-Torschützin, war bei der EM dabei und hat dort getroffen. Sie war die erste und ist (noch) die einzige Österreicherin mit 100 Länderspiel-Einsätzen.

Durchaus passend ist es aber für jene Stürmerin, die für so viele Meilensteine und Bestmarken bei den ÖFB-Frauen gesorgt hat, dass ihr letztes Match im Nationalteam am kommenden Dienstag auch eine Premiere sein wird.

Viel gelaufen, wenig mitgespielt

Erstmals treffen die ÖFB-Frauen nämlich auf Schweden – damit haben sie nun endgültig alle einigermaßen relevanten Nationalteams in Europa zumindest einmal auf ihrem Spielplan gehabt. Für Nina Burger wird des der Abschied im Nationalteam. 13 Jahre, 7 Monate und 8 Tage nach ihrem Debüt als 17-Jährige, die gerade drei Bundesliga-Spiele für Neulengbach absolviert hatte. Gegen Leoben, St. Margarethen und Erlaa.

Nina Burgers Debüt 2005 gegen England

„Viel Laufarbeit, aber wenig Ballkontakte“, sagt Burger heute über ihr erstes Länderspiel, das 1:4 gegen England am 1. September 2005. Wie aus der Pistole geschossen kommt auch der Austragungsort: „Amstetten!“ An viele Details ihres ersten Lehrgangs, damals noch unter Teamchef Ernst Weber, kann sie sich jedoch nicht mehr erinnern. „Ist doch schon a bisserl her“, sagt sie.

Auch, dass sie gemeinsam mit Torhüterin Bibi Reischer (damals 18 und ebenfalls von Neulengbach) und Defensiv-Spielerin Cilli Metzler (die damals 17-jährige Vorarlbergerin spielte bei Wacker Innsbruck) debütierte, hatte die Rekord-Teamspielerin nicht mehr auf dem Schirm.

Sehr wohl weiß sie aber noch, dass ihre zweites Länderspiel in Ungarn deutlich erfreulicher verlief als das erste: „3:0 gewonnen, dabei zwei Tore gemacht!“ Es sollte noch 51 weitere folgen. Rekord für Österreich. Genau wie ihre bisher 108 Länderspiel-Einsätze.

Schon länger nachgedacht

Burger, Jahrgang 1987, hatte sich schon nach der so erfolgreichen EM 2017 mit dem Halbfinal-Einzug mit dem Gedanken getragen, ihre Karriere zu beenden. Es siegte aber doch die Lust darauf, sich vielleicht auch für eine WM zu qualifizieren. Das hat nicht geklappt. Außerdem hatte sie 2018 viel mit kleineren Blessuren zu kämpfen gehabt. „Alles für sich nix Schlimmes, aber es hat mich schon daran gehindert, zu zeigen, was ich kann.“

Also wurde nach Ende der WM-Quali vereinbart: Jetzt wird mal geschaut, dass sie wieder ganz gesund wird, und beim Cyprus Cup Anfang März gibt’s dann eine Entscheidung. „Und die ist jetzt so ausgefallen, dass ich die im Herbst startende EM-Qualifikation nicht mehr absolvieren werde“, so Burger, die bei der PK mit tränenerstickter Stimme zugibt: „Jetzt grad isses ein bissl Herzschmerz.“

Heim in den Wienerwald

Ihr Klub, der Bundesliga-Mittelständler SC Sand, ist längst darüber informiert, dass es im Sommer zurück in die niederösterreichische Heimat gehen wird. Das Ende der Karriere als Berufs-Fußballerin bedeutet auch die Rückkehr ins reguläre Berufsleben – wie schon vor ihrem Wechsel nach Deutschland 2015 bei der Polizei.

Sportlich wird es beim SV Neulengbach weitergehen, jenem Klub, bei dem sie jedes ihrer zehn Bundesliga-Jahre mit dem Meistertitel abgeschlossen hat. „Das ist einfach auch ein Herzensklub für mich, dem ich sehr viel zu verdanken habe“, so Burger, die auch ankündigt: „Ich werde dem Fußball auf jeden Fall erhalten bleiben!“ Für den B-Lizenz-Trainerkurs ist sie schon angemeldet, vor allem das Training im Athletikbereich interessiert sie.

2019/20 also ein Kampf Nina Burger gegen Fanni Vago und Mateja Zver von St. Pölten um die Torjägerinnen-Krone? Burger grinst. „Najo, moi schauen…“

Rekorde mit begrenzter Lebensdauer?

Die vielen Premieren, welche die heute 31-Jährige in ihrere Karriere gesetzt hat, nimmt ihr niemand mehr weg.

  • Erstes Tor für Österreich bei einer Frauen-WM, beim 1:0 gegen die Schweiz? Check.
  • Erste Österreicherin in der besten Liga der Welt, der amerikanischen NWSL? 17 Einsätze und vier Tore für Houston im Jahr 2014, Check.
  • Erste Österreicherin mit 100 Länderspiel-Einätzen? Erreicht im März 2018, Check.
  • Erste Österreicherin mit 31 oder mehr Team-Toren? Nina hat Gerti Stallinger im April 2014 überholt, Check.
  • 72 Länderspiele hintereinander absolviert? Von November 2010 bis Juni 2018, Check.

„Mein großes Glück war, nie schlimm verletzt gewesen zu sein“, ist Burger dankbar. Diese 72 Matches am Stück dürften auch ein Rekord für die Ewigkeit sein. Ihre Aufnahme in den Legenden-Klub des ÖFB hat sie sich redlich verdient. „Sie ist ein echtes Aushängeschild für den Frauenfußball“, bestätigt ÖFB-Präsident Leo Windtner.

Manche ihrer Bestmarken haben aber wohl eine begrenzte Lebensdauer Den Titel der Rekord-Teamspielerin wird sie bei normalem Lauf der Dinge noch vielleicht anderthalb Jahre innehaben, ehe Sarah Puntigam sie eingeholt und überflügelt haben wird.

„Mein Rekord an Einsätze wird sowieso bald erreicht sein, schließlich gibt es jetzt immer zehn bis fünfzehn Länderspiele pro Jahr – als ich ins Team gekommen bin, waren es vier oder fünf“, sagt sie. Das wird auch durch die Tatsache verdeutlicht, dass die neun Spielerinnen mit den meisten Länderspiel-Einsätzen derzeit aktiv sind – während Sonja Spieler 17 Jahre für die ÖFB-Frauen am Ball war und Gerti Stallinger 15 Jahre.

Als Burger 2013 ihren 50. Einsatz absolvierte, war sie die jüngste Spielerin mit dieser Marke. Seither haben elf Teamkolleginnen diese Marke unterboten. Sarah Puntigam hat dabei sogar noch ein ganzes Jahr mit einem Kreuzbandriss verloren, das war 2011.

Und die (bisher) 53 Tore von Nina Burger? „Die werden wohl noch ein bisserl länger halten“, glaubt sie: „Einerseits ist es schon schön, diese Rekorde selbst inne zu haben. Aber andererseits würde ich mir schon wünschen, dass sie auch in absehbarer Zeit gebrochen werden. Wenn jemand meinen Tor-Rekord bricht, hieße das, dass jemand über sehr lange Zeit sehr konstant sehr erfolgreich spielt. Und das wäre gut für das Team!“ Um das sie sich aber ohnehin keine Sorgen macht, wie sie sagt. „Mädels, ihr seid’s a Wahnsinn! Ihr seid zu so viel noch fähig.“

Nici Billa, derzeit 23 Jahre alt, steht bei 20 Treffern in 52 Einsätzen. Burger hat dafür 39 Spiele gebraucht.

Der letzte ÖFB-Kader mit Nina Burger

Tor: Melissa Abiral (24, St. Pölten, 0 Länderspiele/0 Tore), Vanessa Gritzner (21, Sturm Graz, 0/0), Manuela Zinsberger (23, Bayern/GER, 54/0). Abwehr: Verena Aschauer (25, Frankfurt/GER, 63/7), Gini Kirchberger (25, Freiburg/GER, 68/1), Katharina Schiechtl (26, Bremen/GER; 45/6), Viktoria Schnaderbeck (28, Arsenal/ENG, 67/12), Carina Wenninger (28, Bayern/GER, 88/4), Laura Wienroither (20, Hoffenheim/GER, 4/0). Mittelfeld: Barbara Dunst (21, Duisburg/GER, 26/0), Jasmin Eder (26, St. Pölten, 44/1), Laura Feiersinger (25, Frankfurt/GER, 71/12), Julia Hickelsberger (19, St. Pölten, 3/0), Jenny Klein (20, Hoffenheim/GER, 12/1), Nadine Prohaska (28, Sand/GER, 92/7), Sarah Puntigam (26, Montpellier/FRA, 93/13), Sarah Zadrazil (26, Potsdam/GER, 68/8). Angriff: Nici Billa (23, Hoffenheim/GER, 52/20), Nina Burger (31, Sand/GER, 108/53), Lisa Makas (26, Duisburg/GER, 54/18), Elisabeth Mayr (22, Leverkusen/GER, 4/0), Viki Pinther (20, Sand/GER, 23/1). Teamchef: Dominik Thalhammer (48).

Und, nur so als Gag: Das war der erste ÖFB-Kader mit Nina Burger für die WM-Quali-Spiele gegen England un in Ungarn im September 2005:

Tor: Birgit Leitner (24 Jahre, Bayern/GER, 12 Länderspiele/0 Tore), Bianca Reischer (18, Neulengbach, 0/0). Abwehr: Susi Gahleitner (20, Neulengbach, 1/0), Susanne Just (20, Neulengbach, 5/0), Cäcilia Metzler (17, Innsbruck, 0/0), Katharina Pregartbauer (23, Innsbruck, 23/0), Sonja Spieler (27, Bayern/GER, 47/10). MIittelfeld: Nina Aigner (25, Bayern/GER, 24/5), Natascha Celouch (19, Neulengbach, 3/0), Melanie Fischer (19, Bayern/GER, 8/2), Irene Fuhrmann (24, Landhaus, 11/2), Mariella Rappold (17, LUV Graz, 0/0), Katrin Walzl (18, Landhaus, 1/0). Angriff: Nina Burger (17, Neulengbach, 0/0), Marion Gröbner (19, Kleinmünchen, 1/0), Maria Gstöttner (21, Neulengbach, 15/3), Gertrud Stallinger (37, Kleinmünchen, 52/30). Teamchef: Ernst Weber (56).

Die 2002er sind bei der U-17-EM

Mit einem Kraftakt haben sich die U-17-Mädchen des ÖFB für die EM in Bulgarien qualifiziert. Im letzten Eliterunden-Spiel gegen Belgien musste ein Sieg her, nach 40 Minuten lag Österreich schon 0:2 im Rückstand. Nach einer Stunde hatte man zum 2:2 ausgeglichen, in der 91. Minute gelang das entscheidende 3:2 und in der 94. Minute sogar das 4:2.

Durch diese Last-Minute-Entscheidung sind die 2002er der zweite Jahrgang nach den 1997ern, die zu einer EM fahren – diese waren sowohl bei der U-17 als auch bei der U-19 mit dabei. Dieses Jahr findet das Turnier Anfang Mai statt, am Freitag wird ausgelost.

KADER U-17 (2002): Tor: Kristin Krammer (St. Pölten), Celine Leitner (Neulengbach). Abwehr: Michaela Croatto (St. Pölten), Valentina Kröll (Innsbruck), Julia Magerl (Sturm Graz), Patricia Pfanner (Vorderland), Franziska Pittl (Innsbruck), Leonie Salzgeber (Dornbirn), Viktoria Sommer (Neulengbach). Mittelfeld: Livia Brunmair (Vienna), Katja Dorn (Sturm Graz), Sophie Hillebrand (Bergheim), Vanessa Kraker (Wolfsberg), Lilli Purtscheller (Innsbruck), Ines Sarac (Rottenmann), Cecilija Rados (Bergheim), Laura Wurzer (Innsbruck). Angriff: Chiara D’Angelo (Bodensdorf), Christina Edlinger (St. Pölten), Lara Felix (St. Pölten), Annabel Schasching (St. Pölten), Katja Wienerroither (Bergheim). Teamchef: Markus Hackl (41).

In dieser Woche hat auch die U-19 noch die Chance, sich für die EM-Endrunde in Schottland zu qualifizieren. Das wird allerdings schwierig, weil man dafür an Deutschland vorbei müsste. Die anderen beiden Gruppengegner sind Griechenland und Tschechien, zumindest vor diesen beiden sollte das Team schon landen.

KADER U-19 (2000): Tor: Andrea Gurtner (Altenmarkt), Milena Zink (Neulengbach). Abwehr: Anna Bereuter (Vorderland), Julia Mak (Sturm Graz), Sabina Milovanovic (Neulengbach), Veronika Pototschnig (Altenmarkt), Jana Sachs (Vorderland), Yvonne Weilharter (Sturm Graz, 3 A-Länderspiele). Mittelfeld: Celina Degen (Sturm Graz), Stefanie Großgasteiger (Sturm Graz), Katharina Fellhofer (Neulengbach), Jana Kofler (Bergheim), Maria Plattner (Innsbruck). Lena Triendl (Innsbruck), Claudia Wenger (Neulengbach). Angriff: Melanie Brunnthaler (Landhaus/Austria), Jessica Frieser (Sturm Graz), Lisa Kolb (Sturm Graz), Linda Mittermair (Neulengbach), Stefanie Schneeberger (Altenmarkt). Teamchef: Michael Steiner (44).

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.