4:0 in Serbien: ÖFB-Frauen beginnen WM-Quali mit Sieg

Die ÖFB-Frauen starten mit einem sicheren 4:0-Sieg in Serbien in die Qualifikation für die WM 2019. Im ersten Spiel nach dem im Elfmeterschießen verlorenen EM-Halbfinale zeigte sich Österreich eine Halbzeit lang fokussiert und effizient, danach fehlte aber die Struktur. So war es ein ordentlicher, aber kein überragender Auftakt.

Serbien-Österreich 0:4 (0:3)

Im eigenen Aufbau stabiler werden, dazu das bekannt starke Pressing zeigen, wenig zulassen und möglichst hoch gewinnen – so oder so ähnlich sah der grobe Plan aus. Einiges funktionierte beim WM-Quali-Auftakt in Krusevac ganz gut, anderes weniger.

Das Pressing

Österreich war in einem 4-4-2-ähnlichen System aufgestellt. Dieses bringt Teamchef Dominik Thalhammer meistens zum Einsatz, wenn man den Gegner hoch attackierten will. Das war auch in diesem Spiel der Fall: Die Spitzen Burger und Billa pressten aggressiv auf die serbischen Innenverteidigerinnen und die Torfrau; Puntigam und Zadrazil bildeten die zweite Welle und die Flügel Feiersinger und Prohaska deckten die Außenspielerinnen zu.

Auffällig war die einrückende Positionierung der Außenverteidigerinnen. Schiechtl und Aschauer gingen oft nicht mit nach vorne, sondern besetzten die Halbfelder bzw. das Mittelfeld-Zentrum. Dadurch fungierten sie als zentrale Absicherung für Puntigam und Zadrazil, wenn diese als zweite Pressing-Welle nach vorne aufrückten.

Serbien war sehr anfällig, weil der Sechserraum im Aufbau sehr weit aufgemacht wurde. Die serbische Defensive drosch den Ball vor allem in der Anfangsphase, als Österreich viel Druck ausübte, oft nur blind nach vorne. Damit konnte man die ÖFB-Frauen zwar nicht unter Kontrolle bringen, aber zumindest die Torchancen minimieren.

Das lag allerdings auch daran, dass aus den guten Pressingwegen und der entstehenden serbischen Panik zu wenig gemacht wurde. Auch offensichtliche, individualtaktische Blödheiten seitens des serbischen Teams wurden zwar angebohrt, aber nicht umgemünzt. Torhüterin Milena Vukovic etwa rollte fröhlich immer weiter die Bälle kurz auf die IV aus, obwohl Österreich das jedes einzelne Mal anpresste. Aber der Ball wurde von Österreich in der gefährlichen Zone nicht gesichert.

Die physische Stärke

Besonders auffällig war es bei Verena Aschauer und Laura Feiersinger: Sie gewannen praktisch jeden Zweikampf. Mit ihrer phsyischen Robustheit und ihrem guten Verhalten in Eins-gegen-Eins-Situationen lief Österreich den Serbinnen viele Bälle ab, was schnell für sichtlich Frust beim Heim-Team sorgte.

Und nach 18 Minuten auch für das 2:0. Laura Feiersinger erkämpft sich den Ball, bedient Nici Billa und die trifft.

Die österreichische Kombination aus heftigem Pressing im Angriffsdrittel sowie geschickter Zweikampfführung auf dem restlichen Spielfeld, gepaart mit einem guten Gespür dafür, wann man mit ein, zwei Pässen das Tempo rausnimmt und den Aufbau neu sortiert, ließ Serbien zunächst keinen Fuß ins Spiel bekommen.

Der eigene Aufbau

Das mit dem eigenen Aufbau funktionierte hingegen von Anfang an nicht so wirklich. Da wurden eher die Bälle von hinten heraus – sprich, von Wenninger – weit nach vorne geschlagen. Eines dieser weiten Zuspiele führte zum 1:0 (Prohaska nahm den Ball auf, Burger verwertete in der Mitte), aber es war ansonsten leicht zu berechnen.

Nur: Eine besondere Leistung im Aufbau war auch nicht nötig, weil Serbien – wie von Teamchef Thalhammer angekündigt – sich eben nicht destruktiv im eigenen Strafraum einbunkert. Und: Österreich musste nicht einmal besondere Pressing-Fallen stellen, weil Serbien auch so ständig in die Pressingformationen der ÖFB-Frauen lief.

Das serbische Team

Serbien hatte spielerisch nicht viel anzubieten. Die Pässe in der Eröffnung kamen so gut wie nie an, weil die Abstände oft zu groß wurden. Die einzige Serbin, die einen Überblick hatte und auch die fußballerischen Fähigkeiten, ihr Team zu lenken, war Jelena Cankovic. Der Zehner von Schwedens Zweitliga-Tabellenführer Växjö versuchte vor allem nach der Pause, die Mitspielerinnen mit langen Diagonalbällen einzusetzen.

Die nach einer Stunde als neue Sturmspitze eingewechselte Tenkov war eine geschickte Adressatin für solche Pässe, Gini Kirchberger und Carina Wenninger spielten aber zumeist ihre größere Klasse gegenüber der Stürmerin von Roter Stern Belgrad aus. Einem Torerfolg am nächsten kam Serbien mit einem 50-Meter-Schuss von Nevena Damjanovic beim Anstoß nach dem 0:2. Dieser war allerdings nicht im TV zu sehen, weil hier noch die Wiederholung vom Tor lief.

Auch versuchte Serbien, die österreichische Spieleröffnung zu stören. Das sah im Vergleich mit dem wilden Pressing der ÖFB-Frauen ziemlich zaghaft aus, sorgte aber dafür, dass – wie erwähnt – auch Carina Wenninger eher auf den langen Ball zurückgreifen musste.

Fehlende Struktur in 2. Hälfte

Der Sieg war schon zur Halbzeit gesichert. Mit Blick auf das Ranking der Gruppenzweiten, das für Österreich wichtig werden kann, war ein höherer Sieg allerdings ratsam (Norwegen und Dänemark gewannen jeweils 6:1 gegen das jeweilige Topf-4-Team in ihrere Gruppe).

Dazu kam es aber nicht. Serbien stellte die Ketten nun enger und überließ Österreich vermehrt den Ball, um nicht permanent angepresst zu werden. Die ÖFB-Frauen ließen in dieser Phase die Spielstruktur vermissen: Viele Aktionen im Angriffsdrittel wirkten überhastet und nicht durchdacht. Es sah eher improvisiert als zielgerichtet aus.

Serbien schwamm im eigenen Strafraum zuweilen zwar immer noch, aber wirkliche Torgefahr entstand selten. Im Gegenteil aber konnte Cankovic nun mit mehr Platz und Zeit am Ball das serbische Spiel mehr nach vorne tragen. Anstatt das vierte und fünfte Tor zu erzielen, musste Österreich eher aufpassen, kein Gegentor zu kassieren.

Natürlich hätte das im Sieg nichts mehr geändert. Schon klar. Aber noch einmal: Im Rennen um einen Playoff-Platz kann in der Tat jedes Tor in jedem Spiel (bis auf das gegen den Gruppenletzten) entscheiden. Umso wichtiger war es, dass Nina Burger in der Nachspielzeit einen Fehlgriff der serbischen Keeperin doch noch zum 4:0 genützt hat.

Fazit: Es war ordentlich. Nicht mehr, nicht weniger

Dominik Thalhammer war vor ein paar Jahren nach einem 6:1-Auswärtssieg in Bulgarien stinksauer, weil die Leistung – dem hohen Sieg zum Trotz – nicht gut war. Ich war damals im Gespräch mit ihm ähnlich überrascht über die Unzufriedenheit wie es Daniel Teissl vom ORF diesmal war. Ein 4:0 sieht doch gut aus.

Ja, eh.

Es war eine routinierte Vorstellung gegen ein relativ schwaches Team. Serbien hatte ein paar kluge Ideen, beging aber zu viele (auch taktische) Dummheiten und war zudem weder physisch noch technisch annähernd stark genug, um Österreich wirklich ins Wanken zu bringen. Die ÖFB-Frauen machten in der zweiten Hälfte einen geistig müden Eindruck. Es ist für sie alle das erste Mal, dass die Sommerpause wegen der EM gestrichen wurde. Das merkte man.

Es ist also sicher nicht verkehrt, dass man beim Oktober-Doppeltermin spielfrei ist.

Und es ist nun schon über längere Zeit ein gewisses Muster zu erkennen: Wenn Österreich gegen einen unterlegenen Gegner eine klare Pausenführung hat, geht in der zweiten Hälfte nicht mehr viel. Ein 4:0 in der Nachspielzeit nach 3:0 zur Pause in Serbien. Ein spätes 4:0 nach 3:0 zur Pause gegen Israel. Ein 6:1 nach 5:0 zur Pause gegen Kasachstan, wo es sogar ein Gegentor gegeben hat.

Das ist Jammern auf hohem Niveau, ja, und es hat alles keine Punkte gekostet. Aber: Wenn es bei den Gruppenzweiten wirklich eng werden sollte, dann hat Dänemark halt 6:1 in Ungarn gewonnen, und Norwegen 6:1 gegen die Slowakei. Und genau dieses Nachlassen hat vor genau diesem Hintergrund sicher dazu beigetragen, dass Dominik Thalhammer im ORF-Interview so unzufrieden war.

Also: Es war in Ordnung, aber nicht übertrieben gut. Das Ergebnis ist für sich gesehen okay, es wäre aber mehr möglich gewesen. Es wird immer noch mehr darauf ankommen, Finnland möglichst zweimal zu besiegen und gegen Spanien zu punkten, als auf die Höhe des Sieges gegen Serbien.

Und: Die ÖFB-Frauen waren meilenweit davon entfernt, sich zu blamieren. Selbst Deutschland hat beim mühseligen 1:0 in Tschechien ein Eigentor zum Sieg gebraucht.

 

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.