ÖFB-Frauen nach 8:1 und 6:0 nun gegen Luxemburg: Muss das sein?

8:1 in Lettland, 6:0 in Nordmazedonien – und nun steht für die ÖFB-Frauen am Freitag in Wr. Neustadt das Heimspiel gegen Luxemburg an. Und man muss nichts schönreden: Dieses Team ist noch schwächer als die ersten beiden Kontrahenten in der WM-Quali, ehe es am Dienstag nach Belfast zum ersten wirklichen Match geht. Das dramatische Leistungsgefälle in der Gruppe legt die Frage nahe: Wäre nicht ein leistungsbezogenes Ligen-System wie in der Nations League vernünftiger?

Schließlich messen sich ja nun auch in der neuen Champions-League-Gruppenphase regelmäßig gute Teams mit vergleichbarem Leistungsvermögen untereinander. Davon profitieren auch die Österreicherinnen.

Es fing recht holprig an, die erste Halbzeit in Liepaja verlief für Österreich ziemlich stückwerkig und zwischenzeitlich lag man in Lettland sogar 0:1 im Rückstand. Nach dem Seitenwechsel wurden die Aktionen sicherer, die Pässe genauer, die Laufwege besser ausgeführt und auch die Chancen genützt. Lettland war zunehmend überfordert und zunehmend stehend k.o., der Endstand lautete 8:1 für Österreich.

In Skopje ging es von Beginn an mit jenem Ernst und jener Genauigkeit zur Sache, die in Liepaja in der ersten Hälfte gefehlt hat. Nordmazedonien versuchte zwar, den Rhythmus durch viele Spielunterbrechungen zu brechen, aber Mazedonien lag nach einem Einwurf 0:1 und einem reichlich un-intelligenten Elfmeter-Foul 0:2 zurück, noch ehe das Match 20 Minuten alt war. Österreich kam zumeist gut ins Gegenpressing und Barbara Dunst konnte auf der linken Angriffsseite nach Belieben marodieren.

Lettland-Österreich 1:8 (1:2) und Nordmazedonien-Österreich 0:6 (0:3)

Was in Skopje passierte, war keine fehlerfreie Gala-Vorstellung, sondern eine seriöse Leistung mit einem 6:0-Auswärtssieg gegen jenes Team, dass den Dreikampf der „Kleinen“ wahrscheinlich gewinnen wird. Österreich hat auf dem Weg zu Platz zwei, der für das Playoff reicht (der Gruppensieger fährt direkt zur WM) die ersten beiden Auswärtsreisen standesgemäß und auch angemessen hoch siegreich bestritten.

Aber wer hat etwas von solch üblen Mis-Matches? Der Sieger nicht, weil er nicht gefordert wird. Der Besiegte nicht, weil er keinen Ball sieht und hoffen muss, vielleicht nicht zweistellig zu verlieren.

Leistungsgruppen?

Da auch England und Nordirland schon ihre Duftmarken gegen die Punktelieferanten setzten, sieht man schon nach dem ersten Doppelspieltag, was man befürchten musste: Die Gruppe mit sechs Teilnehmern ist eigentlich eine Drei-Team-Gruppe und für Nordirland wäre jeder Punkt gegen England (am Samtag in London) und Österreich (am Dienstag in Belfast) ein großer Erfolg.

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Bis zur WM 2007 gab es in Europa eine „1. Kategorie“, in der um die EM- bzw. WM-Tickets gespielt hat, und eine „2. Kategorie“, in der es um den Aufstieg in die obere Klasse ging. Dann wurde bis zur WM 2019 eine Vorqualifikation unter den 12 schlechtesten UEFA-Teams ausgespielt, von denen vier bis fünf in die Hauptrunde kamen und dort nicht selten punktelos blieben. Nun wurden zum zweiten Mal alle Teilnehmer – diesmal sind es 51 – auf die Gruppen verteilt

Für und wider

ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann sieht es aus rot-weiß-roter Innensicht „zwiespältig“, wie sie sagt: „Einerseits sind diese Gegner nicht ideal, wenn wir uns auf eine EM vorbereiten und dort nur starke Gegner auf uns warten“, meint sie mit Blick auf die Endrunde im kommenden Sommer, für die kommende Woche am Donnerstag die Gruppen ausgelost werden. „Andererseits sind wir in einem gewissen Umbruch. Da ist es gut, auch Gegner zu haben, die wir bespielen können. Das macht für unsere Entwicklung schon Sinn!“

Schließlich war die erste Hälfte in Lettland schon ausgesprochen holprig und man brauchte diese gewisse Zeit, um sich einzugrooven. Und auch beim Spiel in Skopje gab es „viele Situationen, in denen wir uns individualtaktisch falsch verhalten haben. Das fällt in so einem Match nicht gleich auf, weil es nicht bestraft wird. Man muss es aber genauso ansprechen und daraus lernen“, fordert Fuhrmann.

Und kann man solche Spiele, wie auch das anstehende gegen Luxemburg, quasi als zusätzliche Trainingseinheiten nehmen, in denen man Sachen ausprobiert? Schließlich hat man durch die Doppel-Spieltage nicht viele Einheiten, in denen man wirklich inhaltlich mit dem Team arbeiten kann. „Hm“, überlegt Fuhrmann, wie sie es formulieren soll, ehe sie sagt: „Eigentlich nicht, nein. Zumindest nicht von Beginn an, da will ich schon die beste Formation haben – wir haben ja in Lettland gesehen, dass man schon von Beginn an seriös an die Sache heran gehen muss.“ Wenn man in der Halbzeit aber, wie zuletzt England beim 10:0-Sieg gegen Luxemburg, 4:0 führt, könne man schon daran denken, Optionen zu ziehen.

Duelle auf Augenhöhe

Bei den Männern hat Normazedonien klar davon profitiert, in der Nations League auf Gegner zu treffen, die nicht von Haus aus zu favorisieren waren. Nicht nur hat man sich über diesen Umweg das EM-Ticket gesichert, sondern wurde nach dem Nations-League-Gruppensieg auch Dritter in seiner regulären EM-Quali-Gruppe (hinter Polen und Österreich).

Und schließlich messen sich ja auch im neuen Format der Women’s Champions League, erstmals mit Gruppenphase ausgetragen, gute und sehr gute Teams. Sicher, auch in den vier Gruppen zeichnen sich jene acht Mannschaften, die ins Viertelfinale einziehen, schon relativ früh ab. Aber der Leistungsunterschied ist nicht übertrieben gigantisch.

Davon profitieren auch zahlreiche ÖFB-Kickerinnen, alleine bei Hoffenheim sind drei von ihnen Stammkräfte – Nici Billa, Laura Wienroither und Kathi Naschenweng. So kam Wienroither, 22 Jahre und 13 Länderspiele alt, gegen Arsenal in den (zweifelhaften?) Genuss eines direkten Duells mit der zweifachen Weltmeisterin Tobin Heath aus den USA.

Arsenal – Hoffenheim 4:0 (2:0)

„Sie ist auf jeden Fall die beste Spielerin, gegen die ich je gespielt habe“, sagt Wienroither, die richtig zu Tun hatte und sie schwärmt von „Heaths Mischung aus Erfahrung und Technik und der Schnelligkeit in ihren Ballaktionen“. Hoffenheim, letztes Jahr Dritter in der Bundesliga und wenige Tage zuvor mit einem Liga-Sieg über Vizemeister Wolfsburg, bekam deutlich die Grenzen aufgezeigt. Das 0:4 war etwas gar hoch, die Niederlage war aber verdient.

Irene Fuhrmann sagt zwar, dass „auch die Spiele in der deutschen Bundesliga die Spielerinnen fordern – auch bei Mittelständlern ist da Qualität vorhanden. Dass internationale Matches jetzt auch dazukommen, ist eine neue Situation.“ Auch Wienroither gibt zu: „Es ist eine große Herausforderung, was Belastung und auch Organisation angeht. Aber für uns ist das neue Champions-League-Format ein Glücksfall. Das ist die beste Bühne und wir genießen das einfach.“ Hoffenheim hat sich zum ersten Mal überhaupt für den internationalen Bewerb qualifziert, hat schon in der Qualifikation den AC Milan und den nunmehr frischgebackenen schwedischen Champion FC Rosengård eliminiert.

Und dann war da ja noch Kathi Naschenwengs Tor im ersten Gruppenspiel gegen den dänischen Meister HB Køge.

Was es bei den Nationalteams nicht gibt, gibt es im neugestalteten Klub-Bewerb auch nicht: Die Möglichkeit für die „Kleinen“, sich auf Augenhöhe zu messen. Mazedoniens Meister Kamenica wurde in ein 0:12 gegen Juventus geschickt, Georgiens Titelträger Nike Tiflis in ein 0:9 gegen Twente Enschede und Beşiktaş in ein 0:7 gegen St. Pölten. Für sie alle war der Europacup nach einem einzigen Spiel schon wieder beendet.

Die Gestaltung des Europacups ist auf jeden Fall ein Statement der UEFA in Richtung Elitenförderung (wiewohl auch vermehrt Geld für kleinere Ligen ausgeschüttet wird). Dass man nicht konkurrenzfähige Teams gegen Top-Nationalmannschaften in sportliche Hinrichtungen schickt, mag in der Marketingabteilung in Nyon als Fördermaßnahme angesehen werden.

Die Realität ist aber eher: Weder hilft es den schwächeren Teams beim besser werden noch den größeren Teams, ihre Spiele seriös über den Fan-Kern hinaus als ernsthaften Wettbewerb zu verkaufen.

KADER ÖSTERREICH: Tor: Isabella Kresche (22 Jahre, St. Pölten, 0 Länderspiele/0 Tore), Jasmin Pal (25, Sand/GER, 1/0), Manuela Zinsberger (26, Arsenal/ENG, 70/0). Abwehr: Marina Georgieva (24, Sand/GER, 7/0), Verena Hanshaw (27, Frankfurt/GER, 76/10), Virginia Kirchberger (28, Frankfurt/GER, 84/2), Katharina Naschenweng (23, Hoffenheim/GER, 21/0), Katharina Schiechtl (28, Bremen/GER, 55/6), Carina Wenninger (30, Bayern/GER, 106/5), Laura Wienroither (22, Hoffenheim/GER, 14/0). Mittelfeld: Celina Degen (20, Hoffenheim/GER, 0/0), Barbara Dunst (24, Frankfurt/GER, 44/5), Jasmin Eder (29, St. Pölten, 52/1), Laura Feiersinger (28, Frankfurt/GER, 85/15), Marie Höbinger (20, Potsdam/GER, 11/4), Maria Plattner (20, Potsdam/GER, 2/0), Sarah Puntigam (29, Montpellier/FRA, 111/15), Sarah Zadrazil (28, Bayern/GER, 85/11). Angriff: Nicole Billa (25, Hoffenheim/GER, 70/34), Stefanie Enzinger (30, St. Pölten, 21/1), Lisa Makas (29, St. Pölten, 66/18), Viktoria Pinther (23, Altach-Vorderland, 28/1), Katja Wienerroither (19, GC Zürich/SUI, 5/2). Teamchefin Irene Fuhrmann (41).

KADER LUXEMBURG: Tor: Natascha Kremer (24, Diekirch), Lucie Schlimé (18, Itzig-Cebra). Abwehr: Isabel Albert (26, Wormeldingen), Jessica Becker (21, Munsbach), Jessica Berscheid (24, Mamer), Jill de Bruyn (27, Wormeldingen), Cathy Have (25, Wormeldingen), Emma Kremer (21, Junglinster), Marianna Lourenco (17, Diekirch), Noémie Tiberi (30, Junglinster). Mittelfeld: Gabriela Crespo (24, Racing Luxemburg), Marta Estevez (24, Wormeldingen), Caroline Jorge (15, Munsbach), Edina Kocan (19, Racing Luxembourg), Kelly Mendes (24, Junglinster), Laura Miller (19, Standard Lüttich/BEL), Noémie Raths (31, Wormeldingen), Marisa Soares (28, Memer). Angriff: Kimberley dos Santos (23, Racing Luxemburg), Joanna Lourenco (17, Diekirch), Julie Marques (17, Standard Lüttich/BEL), Kim Olafsson (23, Elversberg/GER 2), Kate Thill (19, Bridgeport University/USA NCAA 2). Teamchef Daniel Santos (40).

KADER NORDIRLAND: Tor: Jackie Burns (24, Glentoran, 32/0), Becky Flaherty (23, Huddersfield/Eng 3), Maddy Harvey-Clifford (19, Crusaders, 0/0). Abwehr: Kelsie Burrows (20, Cliftonville, 3/0), Rebecca Holloway (26, Birmingham/ENG, 5/0), Rebecca McKenna (20, Lewes/ENG 2, 15/0), Julie Nelson (36, Crusaders, 118/8), Laura Rafferty (25, Southampton/ENG 3, 31/0), Demi Vance (30, Rangers/SCO, 68/3). Mittelfeld: Joely Andrews (19, Glentoran, 3/0), Nadene Caldwell (30, Glentoran, 64/2), Marissa Callaghan (36, Cliftonville, 66/9), Rachel Furness (33, Liverpool/ENG 2, 78/33), Caragh Hamilton (25, Glentoran, 24/5), Chloe McCarron (23, Glentoran, 18/1), Louise McDaniel (21, Cliftonville, 6/1), Sarah McFadden (34, Durham/ENG 2, 79/6), Ciara Watling (29, Southampton/ENG 3, 25/0). Angriff: Kerry Beattie (18, Glentoran, 3/0), Simone Magill (26, Everton/ENG, 64/16), Kirsty McGuinness (26, Cliftonville, 50/8), Lauren Wade (27, Glentoran, 34/3), Emily Wilson (20, Crusaders, 7/1). Teamchef Kenny Shiels (65).

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.