Nach dem 2:0-Pflichtsieg auf den Färöern gab es für das ÖFB-Team in Dänemark ein 0:1. Ein Ergebnis, der den Grad der völligen dänischen Kontrolle und der kompletten Harmlosigkeit des ÖFB-Teams nicht einmal im Ansatz ausdrückt. Denn während der EM-Halbfinalist und nunmehr fixe Gruppensieger nach einer überlegen gestalteten Stunde mehrere Gänge zurück schaltete, kam Österreich nicht einmal ordentlich in den gegnerischen Strafraum.
Beim 0:4 im Frühjahr ist es schon in der vordergründig recht ereignisarmen ersten Halbzeit deutlich geworden: Dänemark ist ein annähernd perfekt aufeinander abgestimmtes Kollektiv, in dem immer zwei, drei Schritte weiter gedacht wird. Jeder weiß, was der andere macht, die Absicherung im Anlaufen passt, die Pressingstrukturen sitzen. Damit kann auch das Tempo hochgehalten werden, wenn man das möchte.
So ließ es sich auch im Parken an: Alleine in den ersten zwei Spielminuten wurden schon drei österreichische Ballverluste durch den früh ausgeübten dänischen Druck provoziert. Schon die ÖFB-Außenverteidiger konnten nicht aufdrehen, weil sie sofort mit zwei Gegenspielern konfrontiert waren. Und Martin Hinteregger war der Einser-Ziel des dänischen Angriffspressings: Er ist der Chef-Spieleröffner, und wenn man ihn angeht, hat man Österreich schon so gut wie neutralisiert. Auffällig: Stefan Posch wurde im Gegensatz dazu eher in Ruhe gelassen.
Österreich auf Zerstören aus
Franco Foda hatte das ÖFB-Team offensiv in die Defensiv-Rolle geredet und so spielte man auch. Gegen den Ball stellte man sich in einem 4-4-2 auf und ließ das dänische Geschehen über sich ergehen; mit Ilsanker im zentralen Mittelfeld und Sabitzer de facto neben Kara ganz vorne. Im Grunde spielte Österreich so wie Sturm vor zehn Jahren – nur eben mit David Alaba und Marcel Sabitzer statt Martin Ehrenreich und Imre Szabics (und in der Schlussphase mit Flo Kainz statt… naja, statt Flo Kainz).
Aber selbst das machte man gar nicht so gut. Vor allem die linke Seite war extrem anfällig: Die Schnittstelle zwischen Alaba (den es als Unterstüzung für Debütant Grüll nach vorne zog) und Hinteregger passte gar nicht. Andererseits war es in Abwesenheit von Hintereggers öffnenden Pässen wiederum Alaba, über den Österreich zumeist ins Angriffsdrittel kam. Dabei wurde er aber zumeist isoliert. Die einzige echte Torchance für Österreich resultierte aus einem Freistoß.
Da das Aufrücken nach Ballgewinnen nicht im Block passierte, sondern oft eher unkoordiniert, ergaben sich zwischen den Linien wiederum Räume. Wenn die Färinger dieser erkennen und finden, können das die Dänen erst recht und sie taten das auch. Mit hohem Tempo und hoher Passsicherheit wurde das österreichischen Defensiv-Umschalten immer wieder ausgehebelt.
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Hohe Ungenauigkeit
Das ÖFB-Team hingegen war durch den Druck gezwungen, die Kugel schnell laufen zu lassen, und das geht nur, wenn man aufeinander abgestimmt ist. Die Realität waren aber mittellange Bälle, die immer wieder recht ungenau ankamen und vor allem jegliches eigenes Tempo unmöglich machten. Sabitzer, der in Tórshavn auf der Acht noch an vielen aussichtsreichen Aktionen beteiligt war, hing vorne auf der Zehn bzw. als hängender Stürmer in der Luft. Wenn Alaba zur Verstärkung ins Zentrum einrückte, wurde es außen gefährlich: Grüll war bemüht, er hatte aber sichtbare Schwierigkeiten mit der dänischen Geschwindigkeit.
Hinzu kam, dass auch Laimer auf der anderen Seite die Defensivläufe gegen Mæhle nicht konsequent durchzog. Das fiel Österreich nach 52 Minuten auf den Kopf: Hinteregger ging den nach vor stürmenden Delaney an, Posch blockte Mittelstürmer Dolberg (statt Damsgaard gekommen) weg, Trimmel kümmerte sich um Linksaußen Poulsen – und niemand war bei Mæhle, der völlig blank stand und mühelos zum 1:0 versenkte. Schon bis dahin vereitelte Keeper Bachmann einige gute Chancen, hier war er machtlos.
Personal-Geschiebe bei Österreich…
In der Folge – genau als Kara in der 60. Minute behandelt wurde – ging Ilsanker von der Sechs in die Abwehrkette, wodurch sich ein 5-4-1 ergab. Foda erklärte nach dem Spiel, dass man damit die lange dänischen Bälle besser verteidigen wollte. Doch die Dänen ließen nach der Führung ein wenig von der Daumenschraube ab, dafür fehlte Österreich nun vollends jede Struktur nach vorne. Anstatt gegen Luft holende Dänen selbst Geschwindigkeit aufzunehmen, zerfiel jeglicher Spielfluss in einem Stop-and-Go-Geholze.
So ging Ilsanker wie Kara nach 71 Minuten raus, es kamen Schaub und Onisiwo, womit sich wie gegen die Färöer ein 4-3-3 ergab: Sabitzer und Lainer auf der Acht, Onisiwo ganz vorne, Grüll links und Schaub rechts. So krallte sich Österreich ein wenig die Kontrolle über das Zentrum, zumal Schaub und auch Alaba situativ einrückten. Für die letzten zehn Minuten kamen dann noch Kainz (für Grüll) und Gregoritsch (für Laimer), womit wiederum jede Ordnung dahin war.
…und Dänemark schaltet auf Cruise Control
Die Dänen schalteten nun endgültig in den dritten Gang zurück. Die Wing-Backs Mæhle und Wass (bzw. in der Schlussphase Stryger) komplettierten eine Fünferkette mit einer Viererreihe im Mittelfeld davor. Man ließ Österreich den Ballbesitz-Anteil von knapp über 40 Prozent in der ersten Hälfte auf am Ende 51% hochschrauben, ließ aber überhaupt nichts zu.
Es gelang dem ÖFB-Team nicht, kollektive Ideen zu entwickeln. Es gab ein paar Weitschüsse, die die Statistik aufblasen, aber nichts bringen. Es gab ein paar Chip-Bälle von hinten, die aber keine Chance hatten, einen österreichischen Abnehmer zu finden. Dänemark verwaltete das Spiel trocken runter und kam dabei nicht einmal ins Schwitzen.
Fazit: Sang- und klanglos
Ohne jede Torgefahr, ohne Struktur im Aufbauspiel. Dadurch kein Tempo, kein Zug zum Tor, kaum Vertikalität. Österreich hatte Dänemark rein gar nichts entgegen zu setzen, obwohl der EM-Halbfinalist nach der hochverdienten Führung eigentlich nichts anderes mehr getan hat, als sich anzusehen, was Österreich denn so anbietet. Es war nicht viel.
Die Nonchalance, mit der Dänemark in der letzten halben Stunde das Match austrudeln ließ, verpasst dem hilflosen ÖFB-Auftritt nochmal eine besonders bittere Note. Natürlich sind Arnautovic, Lainer, Baumgartner und Kalajdzic nicht zur Verfügung gestanden. Aber es war immer noch genug Qualität auf dem Platz, mit der man auch ernsthaft etwas anfangen kann.
Es ist müßig geworden, sich über die völlig Abwesenheit eines durchdachten Offensivspiels zu beklagen. Man weiß einfach, dass es ein solches unter Foda in diesem Leben nicht mehr geben wird. Jetzt steht Österreich da, auf Platz vier der vermutlich wieder leichtesten WM-Quali-Gruppe, endgültig ohne theoretische Chance auf Platz zwei, und das zwei Spiele vor Schluss.
Am Sonntag übernimmt der neue ÖFB-Präsident Gerhard Milletich sein Amt. Vorgänger Leo Windtner hat sich 2009 eingeführt, indem er ein gigantisches Missverständnis von Teamchef verräumt hat (Karel Brückner war das damals). Mal sehen, was Milletich macht.
Der 2:0-Sieg in Tórshavn
Drei Tage vor dem 0:1 im Parken gab es den 2:0-Sieg im Tórsvøllur. Dabei ärgerten die Färinger das ÖFB-Team schon in der ersten Hälfte damit, dass aufgerissene Löcher zwischen den Linien sehr rasch entdeckt und bespielt wurden. So hatte Österreich zwar viel Ballbesitz, aber die Chancen verbuchte zunächst das Team von den Färöer-Inseln.
In dem Spiel, das eine Stunde nach dem Kurz-Rücktritt begann und wohl auch ob der politischen Ereignisse deutlich weniger Zuseher hatte als die zeitgleiche Sondersendung auf ORF 2, war Österreich in einem 4-3-3 angetreten. Man hatte relativ viel Ballbesitz und relativ wenig Idee, wie man in den Färöer-Strafraum kommen sollte. So lief man immer wieder in Ballverluste und Konter der Färinger, die deutlich mehr Gefahr ausstrahlten als das meiste, was das ÖFB-Team zeigte. Wenn bei Österreich Konstruktives passierte, hatte fast immer der auf der Acht eingesetzte Marcel Sabitzer seine Füße im Spiel.
Wie sehr die Vertikalität fehlte, wurde nach einer halben Stunde deutlich, als man die Färöer einmal selbst erwischte und Laimer nach Kara-Zuspiel einen Konter zum 1:0 verwertete. Eine frappante Parallele zum Heimspiel im Frühjahr, als man beim 3:1-Sieg ja auch zwei Kontertore gebraucht hat. In Tórshavn brachte ein abgefälschter Weitschuss von Sabitzer kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit das 2:0 und damit die Vorentscheidung.
Das Traurige aber war, dass in der Folge das Team der Färöer-Inseln den reiferen Eindruck machte und wesentlich besser abgestimmt wirkte, als man selbst aktiver werden musste. Die Gastgeber nahmen den Österreichern die Zeit am Ball und reduzierten sie auf Mitteldistanz-Pässe. Anstatt den Ballbesitz zu sichern, das Spiel zu beruhigen und etwas Zeit von der Uhr zu nehmen, gestattete Österreich den Färingern, das Tempo selbst zu bestimmen.
Die individuelle Klasse reichte zwar nicht aus, um noch etwas am Spielstand zu ändern und man muss mit einem Sieg auf den Färöer-Inseln immer froh sein. Besondere Zuversicht für das Match in Dänemark verbreitete das ÖFB-Team in Tórshavn aber nicht.
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