Das österreichische Nationalteam hat sich zum zweiten Mal sportlich für eine Europameisterschaft qualifiziert. Das freut uns und wird uns einen schönen Sommer im Jahr 2020 bescheren.
Das auf den ersten Blick vielleicht gleiche Ergebnis wie vor der EM 2016 sollte aber nicht mit einer ähnlich guten Leistung wie damals verwechselt werden.
Die erfolgreiche Quali 2020 liegt an zwei Dingen.
- Man hat in einer sehr schwachen Gruppe das Minimum der Erwartungen erfüllen können. Spielerisch unkonstant zu bleiben und gute und schwachen Leistungen abzuwechseln, genügte gegen Zwerge wie Slowenien, Nordmazedonien und Israel – eine peinliche Niederlage änderte daran nichts. Es half, dass die Gegner einander auch noch selbst Punkte wegnahmen.
- Was bei der ersten gelungenen Quali 2016 keine Rolle gespielt hat, war diesmal entscheidend: die Europameisterschaft wurde seit damals auf 24 Teams erweitert. Platz 2 in einer Sechsergruppe genügt zur Teilnahme anders als bei jede anderen Quali davor. War Österreich 2016 auf Platz 10 der FIFA Weltrangliste vorgestoßen und hatte seine Gruppe mit neun Siegen und nur einem Remis gewonnen, dabei dominiert und begeisternd gespielt, so war diesmal ein selbst nicht in Topform befindliches Polen zu weit weg. Das ÖFB Team gab nicht 2, sondern 11 Punkte ab. Und das war auch leistungsgerecht.
Bevor man jetzt überschießt und das jetzt zu negativ sieht: Das ist zwar nicht geil, aber es ist immerhin okay. Wir haben im Team schon schlimmere Zeiten erlebt.
Aber die Dramaturgie der Qualifikation täuscht. Das Team unter Franco Foda hat damit genau das erreicht, was von Tag 1 an die Mindestanforderung in dieser Gruppe gewesen ist. Man hat zwar die ersten beiden Spiele verloren. Das aber war, anders als die offizielle PR das schon damals darstellen wollte, keine echte Ergebniskrise. Denn auf dem Papier waren das zwei der drei Spiele, die man als Topf-2-Team verlieren durfte – das Heimspiel gegen das Topf-1-Team und das Auswärtsspiel beim Topf-3-Team. Auch das dritte erwartungsmäßig schwierige Spiel, auswärts bei Polen, konnte man nicht gewinnen. Alle anderen Spiele musste man auf dem Papier gewinnen und hat man auch gewonnen – bis auf die zweite hochpeinliche Niederlage der Quali, die aber wenigstens in der bereits gleichgültigen Partie in Lettland stattfand. Nicht immer schön, alles andere als begeisternd und inspirierend – aber eben doch. Gut so.
Das war aber eben kein spektakulärer Turnaround, und auch keine starke Leistung. Hinter Slowenien, Israel oder Nordmazedonien zu landen wäre nicht weniger als das peinlichste Erlebnis seit Landskrona 1990 gewesen. Es nicht zu tun war: das Minimum.
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Ähnlich stellte sich davor der andere echte Bewerb dar, den man unter Foda spielte. Die Nations League, in der man als Topf 1-Team in der zweiten Klasse eine ebenfalls schwache Gruppe mit Bosnien und Nordirland nur auf Platz zwei abschloss. Wie auch in der EM-Quali wäre personell durchaus das Potential da gewesen, beide Gruppen zu gewinnen. Wie auch in der zu Ende gehenden EM-Quali waren die Leistungen aber nie so, dass das verdient gewesen wäre. Man erreichte auch dort bestenfalls: das Minimum.
Souveranes 1:0 in Slowenien. Im ORF-Studio kennen die Superlative kein Limit mehr.
— Tom Schaffer (@schaffertom) October 13, 2019
Anders sehen das jetzt Pundits und Fodas Habschis in manchen Redaktionen. Dort wird das Erreichen der EM nun schon als Grund getrommelt, um den Vertrag mit dem Trainer bis zur WM 2022 zu verlängern. Eine logische Begründung und eine sachlich zumindest skeptische Auseinandersetzung mit der Leistung gibt es dafür nicht. Das Ergebnis soll genügen.
Manche Dinge ändern sich nie. Eine kritische Auseinandersetzung mit Franco Foda wird es in der @KLZSport einfach nicht geben. pic.twitter.com/IuinzvvgQi
— Philipp (@ThePS22) November 17, 2019
Klar ist: Foda hat sich für das ÖFB-Team bisher nicht als katastrophaler Trainer erwiesen. Er macht seinen Job okay. Und man kann zumindest angesichts der finalen Alternativen bei seiner Bestellung immer noch froh sein, dass er damals der Trainer wurde (die Experten, die nach der Niederlage in Israel schon wieder Herzog forderten, sind hoffentlich mittlerweile endlich in der Realität angekommen – falls ja: willkommen).
Aber ein Team wie Österreich kann mit der Standardleistung nichts gewinnen. Es braucht jemanden, der es auch besser machen kann. Es nicht unter das Minimum fallen zu lassen, ist nicht genug.
Der ÖFB sollte sich davor hüten, auf diese Art von Zurufen zu hören. Er sollte den Vertrag mit Foda nicht verlängern, bevor er etwas erreicht, was nicht nur dem absoluten Minimum der Erwartungen entspricht. Foda hatte dafür bereits zwei Chancen und hat sie beide nicht genützt. Bei der EM2020 in der Gruppenphase gibt es die nächste Gelegenheit und er hat sie sich durchaus verdient. Nutzt er sie, wird man mit ihm die WM-Quali 2022 angehen. Aber nutzt er seine Chance zu glänzen ein drittes Mal nicht, wäre es an der Zeit, die Konsequenzen daraus zu ziehen, sich nach einer Alternativen umzusehen und (wenn die nicht Herzog heißt), die Zusammenarbeit zu beenden – mit Dank und in aller Freundschaft, aber doch.
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